TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/18 97/18/0073

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Index

21/03 GesmbH-Recht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/05 Reisedokumente Sichtvermerke;

Norm

AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §1 Abs2 Z2;
AufG 1992 §1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs4;
FrG 1993 §15 Abs1 Z1;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
GmbHG §15;
Sichtvermerkspflicht Aufhebung Polen 1972 Art1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Dr. Lukas Kozak, Rechtsanwalt in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 47-49, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Dezember 1996, Zl. SD 1335/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. Dezember 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein polnischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei nach der Aktenlage erstmals im März 1990 in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Sichtvermerk bis 30. August 1990 erhalten. Sein am 26. November 1990 eingebrachter Sichtvermerksantrag sei ebenso wie jener vom 7. Mai 1992 abgewiesen worden. Die zahlreichen Grenzkontrollstempel im Reisepaß des Beschwerdeführers zeigten, daß er in den Jahren 1992 und 1993 das Bundesgebiet immer wieder verlassen habe, um kurze Zeit später wieder einzureisen. Am 16. April 1993 sei er an der Grenzkontrollstelle Hohenau zurückgewiesen worden. Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 9. Februar 1994 abgewiesen worden. Gleichfalls abgewiesen worden sei ein weiterer Antrag des Beschwerdeführers nach dem Aufenthaltsgesetz vom 17. Jänner 1995.

Fest stehe einerseits, daß der Beschwerdeführer durch seine Anträge auf Erteilung eines Sichtvermerkes bzw. einer Aufenthaltsbewilligung seine Absicht zum Ausdruck gebracht habe, seinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zu begründen, und andererseits, daß er bisher nicht in den Besitz einer dafür erforderlichen Bewilligung gelangt sei. Sein Einwand, er sei lediglich als Tourist eingereist und sei demnach zum sichtvermerksfreien Aufenthalt in der Dauer von drei Monaten berechtigt, gehe insofern ins Leere, als nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das kurzfristige Verlassen des Bundesgebietes den unrechtmäßigen Aufenthalt eines Fremden nicht unterbreche. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben zur Arbeitsaufnahme nach Österreich eingereist sei. Der Umstand, daß er als geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter einer GesmbH keiner arbeitsrechtlichen Bewilligung bedürfe, ändere nichts daran, daß der Beschwerdeführer für seinen Aufenthalt in Österreich einer entsprechenden Bewilligung bedürfe. Angesichts dieses Sachverhaltes sei die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung nach § 19 leg. cit. betreffe, sei festzuhalten, daß der Beschwerdeführer keinerlei familiäre Bindungen zum Bundesgebiet habe und solche auch nicht behaupte. Da er bisher lediglich für einen kurzen Zeitraum aufenthaltsberechtigt gewesen sei, könne auch von einem Eingriff in sein Privatleben keine Rede sein. Es sei daher im vorliegenden Fall nicht zu überprüfen, ob die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei.

2. In der dagegen gerichteten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und das Begehren gestellt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Soweit sich die Beschwerde gegen die - vermeintliche - Ansicht der belangten Behörde wendet, der Beschwerdeführer wäre in Österreich "illegal erwerbstätig gewesen" und dazu rügt, daß ihm zum Themenbereich "angebliche illegale Erwerbstätigkeit in Österreich" keine Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden sei, ist festzuhalten, daß die belangte Behörde eine derartige Auffassung an keiner Stelle des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebracht hat, weshalb das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ins Leere geht.

2.1. Die Beschwerde vertritt weiters die Meinung, die Beurteilung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig i.S. des § 17 Abs. 1 FrG in Österreich aufgehalten hätte, sei unrichtig. Es sei nicht zutreffend, daß der Beschwerdeführer zur Arbeitsaufnahme nach Österreich eingereist sei. Soweit die belangte Behörde sich insoweit auf den Inhalt der Anzeige vom 4. Oktober 1995 stütze, sei darauf hinzuweisen, daß der Beschwerdeführer "dort lediglich zitiert wird" und daß kein Dolmetsch der polnischen Sprache der "diesbezüglichen Amtshandlung" beigezogen worden sei. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer auch nach seiner "dortigen" Zitierung" nicht angegeben, in Österreich erwerbstätig zu sein, "was auch wahrheitswidrig wäre". Die betreffende Feststellung der belangten Behörde sei somit aktenwidrig.

2.2. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Vielmehr ergibt sich aus der einen Bestandteil der vorgelegten Akten bildenden "Niederschrift über die Vernehmung eines Beschuldigten" (aufgenommen am 4. Oktober 1995 vor der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Ottakring), daß der Beschwerdeführer zum Zweck seiner Einreise befragt "Arbeitsaufnahme bei eigener Firma" angegeben hat. Diese Niederschrift ist vom Beschwerdeführer, aber auch von einem namentlich genannten Dolmetsch für Polnisch eigenhändig unterfertigt. Wenn die belangte Behörde es angesichts dessen als erwiesen angenommen hat, daß der Beschwerdeführer zwecks Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach Österreich eingereist sei, so erscheint dem Gerichtshof dieses Beweisergebnis durchaus nicht unschlüssig.

3.1. Unter Zugrundelegung dieser maßgeblichen Sachverhaltsfeststellung aber stößt die Rechtsansicht der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 1 Abs. 2 Z. 2) benötigt hätte, mit der Folge, daß das Fehlen einer solchen seinen Aufenthalt unrechtmäßig mache, auf keine Bedenken. Vielmehr hatte die belangte Behörde für ihre Ansicht die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für sich, derzufolge in Fällen, in denen ein Fremder eine Bewilligung gemäß § 1 AufG benötigt, die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes nur auf eine solche Bewilligung gestützt und die aufgrund eines Sichtvermerksabkommens sichtvermerksfrei erfolgte Einreise nicht als Basis für die Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes i.S. des § 15 Abs. 1 Z. 1 FrG herangezogen werden kann (vgl. das Erkenntnis vom 10. Februar 1994, Zl. 93/18/0626). Von daher gesehen war es dem Beschwerdeführer verwehrt, sich zur Begründung eines rechtmäßigen inländischen Aufenthaltes auf das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Volksrepublik Polen über die gegenseitige Aufhebung der Sichtvermerkspflicht (BGBl. Nr. 330/1972) zu berufen.

3.2. Das in der Beschwerde dagegen ins Treffen geführte Argument, die Voraussetzungen des § 1 AufG seien in seinem Fall nicht gegeben, weil er einen Aufenthalt i.S. dieser Bestimmung "lediglich beabsichtigt und deshalb bereits mehrmals um eine Bewilligung nach den §§ 1 (1), 6 (1) AufG angesucht hat", ist verfehlt. Denn bereits die Absicht, sich zur Ausübung einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufzuhalten (§ 1 Abs. 2 Z. 2 AufG) begründet das Erfordernis einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. An diesem Verständnis läßt § 6 AufG (idF BGBl. Nr. 351/1995) keinen Zweifel, demzufolge in dem "vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus" zu stellenden Antrag (Abs. 2 erster Satz), über den der nach dem "beabsichtigten Aufenthalt" zuständige Landeshauptmann entscheidet (Abs. 4 erster Satz), der "Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes in Österreich genau anzugeben ist (Abs. 1 zweiter Satz).

4. Da sich der Beschwerdeführer - unbestrittenermaßen - im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung, ohne über die erforderliche Aufenthaltsbewilligung zu verfügen, in Österreich aufgehalten hat, war die Voraussetzung für die Ausweisung gegeben (§ 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG).

5. Was die Beschwerdemeinung anlangt, mit der Ausweisung sei ein relevanter Eingriff in sein Privatleben verbunden, der durch die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele nicht dringend geboten und daher nach § 19 FrG unzulässig sei, so ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß er nach den Feststellungen der belangten Behörde - die in der Beschwerde nicht nur unbestritten bleiben, sondern deren Richtigkeit geradezu unterstrichen wird - seit Ablauf der Gültigkeitsdauer seines Sichtvermerkes (30. August 1990) nur mit zahlreichen Unterbrechungen in Österreich aufhältig gewesen ist (in der Beschwerde ist die Rede davon, daß er sich "im wesentlichen in seinem Heimatland Polen" aufhalte). Auf dem Boden dieses Sachverhaltes kann auch die von ihm geltend gemachte Eigenschaft als geschäftsführender Gesellschafter einer GesmbH nicht als ein i.S. des § 19 FrG relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers gewertet werden (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. September 1995, Zl. 94/18/0934). Daß mangels jeglicher familiärer Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich - so die unbestrittene Feststellung im bekämpften Bescheid - nicht von einem Eingriff in das Familienleben durch die Ausweisung gesprochen werden kann, bedarf keiner näheren Darlegungen.

Das Fehlen eines mit der Ausweisung verbundenen Eingriffes in das Privat- oder Familienleben hat es für die belangte Behörde entbehrlich gemacht, zu prüfen, ob die Ausweisung im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 MRK dringend geboten sei (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 95/18/1140).

6. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997180073.X00

Im RIS seit

13.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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