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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Achim Maurer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Graben 27-28/2/19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. September 1997, Zl. SD 1173/97, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. September 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 5 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer, der sich seit Juni 1991 im Bundesgebiet aufhalte, sei am 8. September 1994 vom Bezirksgericht Hernals wegen unbefugten Besitzes verbotener Waffen zu einer Geldstrafe und am 15. Juli 1996 wegen gewerbsmäßiger Schlepperei gemäß § 81 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 FrG zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, 8 Monate davon bedingt, rechtskräftig verurteilt worden. Die Erstbehörde sei demnach zu Recht davon ausgegangen, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei.
Aus den wesentlichen Entscheidungsgründen des in Rechtskraft erwachsenen Urteiles des Landesgerichtes für Strafsachen Wien ergebe sich, daß der Beschwerdeführer, um seine finanzielle Situation aufzubessern, gemeinsam mit einem Mittäter beschlossen habe, Landsleute, die über keine Aufenthaltsbewilligung bzw. keinen Sichtvermerk für das Bundesgebiet, und zum Teil auch über keine Reisedokumente, verfügt hätten, durch Schlepperei auszubeuten. Diesem Vorhaben entsprechend habe der Beschwerdeführer am 24. Jänner 1995 versucht, acht "kosovo-albanische Staatsangehörige" von Österreich nach Deutschland zu schleppen. Jede geschleppte Person hätte "etwa 1500 DM" bezahlen müssen.
Es könne kein Zweifel bestehen, daß dieses Fehlverhalten des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zukomme, im hohen Maße beeinträchtige, sodaß vorliegend (auch) die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG entgegenstünden.
Aufgrund des langjährigen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und im Hinblick auf seine familiären Bindungen (Ehegattin, drei Kinder und Vater) liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vor. Dessen ungeachtet sei die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes aufgrund des Dringend-geboten-seins dieser Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zu bejahen.
Einerseits sei die "Schlepperei" einer ordnungsgemäßen Handhabung der Fremdenpolizei hinderlich und andererseits entstünden der Republik Österreich aus der Rücknahmeverpflichtung hinsichtlich der "geschleppten Personen" und infolge anfallender Schubkosten hohe finanzielle Aufwendungen. Außerdem dürfe nicht übersehen werden, daß der Ausbeutung der an der rechtswidrigen Ein- oder Ausreise interessierten Personen durch "Schlepper" mit der Verhängung von Aufenthaltsverboten gegen diese entgegengewirkt werden könne, woran ebenfalls ein wichtiges öffentliches Interesse im Sinn des Art. 8 Abs. 2 MRK bestehe. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer, der die Notlage von Landsleuten hemmungslos ausgenützt habe, sei daher zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als dringend geboten zu erachten.
Im Rahmen der nach § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung sei auf den etwa sechsjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen gewesen. Gleichzeitig sei aber zu berücksichtigen gewesen, daß der daraus ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers im erheblichen Maß beeinträchtigt worden sei. Einer allfälligen Unterhaltsverpflichtung gegenüber seinen Familienangehörigen könne der Beschwerdeführer auch aus dem Ausland nachkommen. Diesen - solcherart geschmälerten - privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers sei das hoch zu veranschlagende öffentliche Interesse in der "Bekämpfung der Schlepperkriminalität" gegenüberzustellen gewesen. Bei Abwägung dieser Interessen sei die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keineswegs schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Sohin erweise sich das Aufenthaltsverbot auch im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG als zulässig.
Zutreffend habe die Erstbehörde diese Maßnahme auf unbestimmte Zeit (unbefristet) ausgesprochen. In Anbetracht des aufgezeigten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers, vor allem aber im Hinblick auf die gewerbsmäßige Tatbegehung, könne derzeit nicht vorher gesehen werden, wann der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Grund, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, weggefallen sein werde.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die im Spruch des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebrachte Auffassung der belangten Behörde, daß der Beschwerdeführer durch das seiner gerichtlichen Verurteilung zugrunde liegende Fehlverhalten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 5 FrG verwirklicht habe, unbekämpft. Aufgrund der unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen besteht gegen diese Beurteilung kein Einwand. Im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens durch das Schlepperunwesen ist die Ansicht der belangten Behörde, es sei im Beschwerdefall auch die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, nicht rechtswidrig.
2. Die Beschwerde bekämpft die Beurteilung der belangten Behörde im Grunde der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG.
Mit seinem diesbezüglichen - nicht näher substantiierten - Vorbringen, die belangte Behörde habe die familiären Bindungen des Beschwerdeführers "und daher sein rechtlich geschütztes Interesse am Verbleib im Bundesgebiet zu wenig gewichtet" und hätte "bei richtiger Gewichtung der öffentlichen und privaten Interessen" seiner Berufung gegen den Erstbescheid Folge geben und das Verfahren zur Erlassung seines Aufenthaltsverbotes einstellen müssen, tut der Beschwerdeführer aber keinen konkreten Umstand dar, der eine Rechtswidrigkeit der von der belangten Behörde nach § 19 und § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen rechtlichen Beurteilung aufzuzeigen vermag. Die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe - anders als die Erstbehörde - keine Feststellungen zur Berufstätigkeit des Beschwerdeführers getroffen, weswegen der angefochtene Bescheid mangelhaft begründet sei, ist nicht zielführend, weil die Beschwerde nicht die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels dartut (§ 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG).
Im übrigen bestehen aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes gegen die von der belangten Behörde getroffene Beurteilung nach § 19 und § 20 Abs. 1 FrG keine Bedenken. Die Behörde hat zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Ebenso zutreffend ist die Behörde aber zu dem Ergebnis gelangt, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG dringend geboten ist, weil im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 MRK die Notwendigkeit eines Aufenthaltsverbotes in dem besonders großen öffentlichen Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens begründet ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1997, Zl. 97/18/0444, mwH). Wenn die belangte Behörde bei der nach § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung die Auffassung vertreten hat, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung, die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG zu Ungunsten des Beschwerdeführers vorgenommen hat, ist dies ebenfalls nicht als rechtsirrig zu erkennen, wiegt doch die im Fehlverhalten des Beschwerdeführers - dem gewerbsmäßige Begehung der Schlepperei und somit die Absichten zur wiederkehrenden Begehung dieses Deliktes, um sich daraus eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), zur Last liegt - begründete nachhaltige Gefährdung des genannten maßgeblichen öffentlichen Interesses entschieden schwerer als die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie. Was die Integration des Beschwerdeführers betrifft, wurde von der belangten Behörde zutreffend auf die erhebliche Beeinträchtigung der für eine Integration wesentlichen sozialen Komponente durch das schwerwiegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers hingewiesen; dies gilt auch in bezug auf eine aus seiner beruflichen Tätigkeit (allenfalls) abzuleitende Integration. Daß die belangte Behörde dem Gesichtspunkt der aus der Verfolgung der Schlepperei entstehenden Kosten (wie etwa die aus einer Rücknahmeverpflichtung und einer (allfälligen) Schubhaft von geschleppten Personen entstehenden Kosten) bei der im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Interessenabwägung besonderen Raum eingeräumt hat, die dabei nach Meinung des Verwaltungsgerichtshofes aber nicht im Vordergrund stehen, ändert nichts daran, daß das Ergebnis dieser Beurteilung zutreffend ist.
3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 FrG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180577.X00Im RIS seit
20.11.2000