TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/29 W118 2219088-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.04.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.04.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §10 Abs1
Direktzahlungs-Verordnung §11 Abs2
MOG 2007 §19 Abs3
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W118 2219088-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gernot ECKHARDT als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/18-11665563010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2018 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass kein Abzug wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen gem. Art. 43 Abs. 2 VO 1307/2013 vorgenommen wird.

II. Die AMA hat gemäß den Vorgaben in diesem Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis der Beschwerdeführerin bescheidmäßig mitzuteilen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) stellte mit Datum vom 07.05.2018 einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2018, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2018 und spezifizierte zu diesem Zweck in der Internet-Applikation INVEKOS-GIS eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen. Eine Ausweisung von Flächen als "ökologische Vorrangflächen" (OVF) erfolgte nicht. Die Angabe, dass es sich beim Betrieb der BF um einen Bio-Betrieb handle, unterblieb.

2. Mit Bescheid der AMA vom 09.01.2019, AZ II/4-DZ/18-11665563010, wurde der BF eine Prämie in Höhe von EUR 10.747,21 gewährt. Dabei kam es zu einer deutlichen Kürzung der Greeninprämie. Begründend wurde dazu entscheidungswesentlich ausgeführt, die BF habe es unterlassen, Flächen als OVF auszuweisen, obwohl die Ackerfläche mehr als 15,00 Hektar betragen habe.

3. Mit Beschwerde vom 28.01.2019 führte die BF im Wesentlichen aus, sie sei zum Zeitpunkt der Antragstellung der Meinung gewesen, aufgrund der Teilnahme an der ÖPUL-Maßnahme "Biologische Wirtschaftsweise" die Förderungsvoraussetzungen für die Gewährung der Greeningprämie zu erfüllen. Aufgrund der Ablehnung der Maßnahmenübernahme sei die geforderte Teilnahme an einer ÖPUL-Maßnahme zur Erfüllung der Greening-Auflagen (entweder "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung" oder "Biologische Wirtschaftsweise") allerdings nicht gegeben und so die Erfüllung der Greening-Auflagen nicht gewährleistet.

In diesem Zusammenhang wurde auf eine Sachverhaltsdarstellung zur ÖPUL-Maßnahmenübernahme verwiesen. Dieser sei entscheidungswesentlich zu entnehmen, dass der Betrieb der BF mit Wirksamkeitsbeginn 27.03.2018 gegründet worden sei. Die betriebliche Flächenausstattung sei von mehreren Betrieben gekommen. Nachdem der Großteil der Flächen von bestehenden Bio-Betrieben gekommen sei, habe die BF eine ÖPUL-Maßnahmenübernahme eingereicht, um die Weiterführung der ÖPUL-Verpflichtungen von den anderen Betrieben zu gewährleisten.

4. Die AMA legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte dabei im Wesentlichen aus, Betriebsinhaber, die die Anforderungen gemäß Art. 29 Abs. 1 VO 834/2007 für die ökologische/biologische Landwirtschaft erfüllten, seien von den Greening-Auflagen befreit (Art. 43 Abs. 11 VO 1307/2013). Als Nachweis dafür, ob ein Biobetrieb vorliege, müsse ganzjährig ein Vertrag mit einer Bio-Kontrollstelle abgeschlossen werden.

Die BF habe jedoch erst ab 16.04.2018 über einen Vertrag mit einer Bio-Kontrollstelle verfügt. Diesbezüglich verwies die AMA auf eine Mitteilung der burgenländischen Lebensmittelbehörde.

Die ÖPUL-Maßnahmenübernahme für die Maßnahme "Biologische Wirtschaftsweise" habe wegen Überschreitung der maximalen Zugangsfläche abgelehnt werden müssen. Der Vollständigkeit halber würden aber auch dazu Dokumente übermittelt.

5. Mit Datum vom 12.02.2020 erfolgte ein Richterwechsel.

6. Mit Schreiben vom 14.02.2020 wurde der BF Parteiengehör gewährt und dieser unter Verweis auf die rechtlichen Grundlagen im Wesentlichen mitgeteilt, dass es zum Bezug der Greeningprämie dann keiner Ausweisung ökologischer Vorrangflächen bedürfe, wenn ein Betrieb ganzjährig über einen aufrechten Kontrollvertrag mit einer anerkannten Bio-Kontrollstelle verfüge. Werde ein Betrieb unterjährig gegründet, müsse der Kontrollvertrag ab Betriebsgründung vorliegen.

Auf die erfolgreiche Teilnahme an der ÖPUL-Maßnahme "Biologische Wirtschaftsweise" komme es in diesem Zusammenhang nicht an. Lediglich bei Teilnahme an der ÖPUL-Maßnahme "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung" als "gleichwertige Methode" sei eine erfolgreiche Teilnahme am ÖPUL zu fordern.

Daraus folge nach aktuellem Ermittlungsstand, dass zwischen dem 27.03.2018 und dem 16.04.2018 kein aufrechtes Kontrollverhältnis bestanden habe, weshalb sich die Beurteilung durch die AMA bis dato als nachvollziehbar erweise.

7. Mit Datum vom 26.02.2020 teilte die BF im Wesentlichen mit, ihr Betrieb sei am 27.03.2018 bei der AMA gemeldet/gegründet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe die BF noch keine Flächen bewirtschaftet. Erst ab dem 16.04.2018 habe die BF sowohl Umstellungsflächen als auch anerkannte biologische Flächen bewirtschaftet. Zum Nachweis verwies die BF auf den Kontrollbericht der Bio-Kontrollstelle sowie diverse Pachtverträge, die sie in der Beilage zu ihrer Stellungnahme übermittelte.

8. Mit Schreiben des BVwG vom 02.03.2020 wurden der AMA die angeführten Unterlagen zur Kenntnis gebracht.

9. Mit Datum vom 12.03.2020 teilte die AMA im Wesentlichen mit, aus Ihrer Warte hätten die Betriebsflächen sämtlich ab 01.01.2018 der Kontrolle durch eine Bio-Kontrollstelle unterliegen müssen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Mit Datum vom 27.03.2018 zeigte die BF die Gründung ihres Betriebs bei der AMA an.

Die BF stellte in der Folge für das Antragsjahr 2018 einen Mehrfachantrag-Flächen. Die Angabe, dass es sich beim Betrieb der BF um einen Bio-Betrieb handle, unterblieb. Ebenso unterblieb die Ausweisung von Flächen als "ökologische Vorrangflächen" (OVF), obwohl der Betrieb über deutlich mehr als 15 Hektar Ackerfläche verfügte.

Der Betrieb der BF verfügte erst ab 16.04.2018 über eine Flächenausstattung im Ausmaß von 59,6587 ha. Ab diesem Zeitpunkt unterlag der Betrieb auch einem Kontrollverhältnis mit einer anerkannten Bio-Kontrollstelle gemäß VO (EG) 834/2007.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unbestritten. Die Angaben zur Flächenausstattung ergeben sich aus den seitens der BF vorgelegten, unbedenklichen Urkunden. Die AMA ist dem diesbezüglichen Vorbringen nicht entgegengetreten. Dem Umstand, dass die Flächen nicht zur Gänze seit 01.01.2018 einem Kontrollverhältnis mit einer Bio-Kontrollstelle unterlagen, sondern lediglich im Ausmaß von 35,84 ha, da diverse Flächen von konventionellen Betrieben übernommen wurden, kommt, wie unten noch zu zeigen sein wird, keine Bedeutung zu.

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

2.2. In der Sache:

a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013:

"Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a) jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, [...].

[...].

(4) Die Flächen gelten nur dann als beihilfefähige Hektarflächen, wenn sie - außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände - jederzeit während des Kalenderjahres die Begriffsbestimmung für die beihilfefähige Hektarfläche erfüllen.

[...].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[...]."

"Artikel 43

Allgemeine Vorschriften

(1) Betriebsinhaber, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung haben, müssen auf allen ihren beihilfefähigen Hektarflächen im Sinne von Artikel 32 Absätze 2 bis 5 die in Absatz 2 des vorliegenden Artikels genannten dem Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden oder die in Absatz 3 des vorliegenden Artikels genannten gleichwertigen Methoden einhalten.

(2) Als dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden gelten Folgende:

a) Anbaudiversifizierung;

b) Erhaltung des bestehenden Dauergrünlands; und

c) im Rahmen der landwirtschaftlichen Flächen Ausweisung einer Flächennutzung im Umweltinteresse.

[...].

(11) Betriebsinhaber, die die Anforderungen gemäß Artikel 29 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 für die ökologische/biologische Landwirtschaft erfüllen, haben automatisch Anrecht auf die Zahlung nach diesem Kapitel.

Unterabsatz 1 gilt nur für diejenigen Einheiten des Betriebs, die im Sinne von Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 der ökologischen/biologischen Produktion dienen.

[...]."

Erwägungsgrund 38 dieser Verordnung lautet:

"[38] Angesichts des anerkannten Umweltnutzens der Produktionssysteme der ökologischen Landwirtschaft sollten Betriebsinhaber für die Einheiten ihres Betriebs, für die sie die Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates(1) einhalten, ohne, dass sie weitere Verpflichtungen erfüllen müssen, in den Genuss der "Ökologisierungskomponente" der Direktzahlungen kommen."

"Artikel 46

Flächennutzung im Umweltinteresse

(1) Beträgt das Ackerland eines Betriebs mehr als 15 Hektar, so müssen die Betriebsinhaber ab dem 1. Januar 2015 eine Fläche, die mindestens 5 % des vom Betriebsinhaber gemäß Artikel 72 Absatz 1 Unterabsatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 angemeldeten Ackerlands des Betriebs, [...], entspricht, als im Umweltinteresse genutzte Fläche ausweisen.

[...]."

Durchführungsverordnung (EU) Nr. 809/2014 der Kommission vom 17. Juli 2014, ABl. L 227 vom 31.7.2014, S. 69, im Folgenden VO (EU) 809/2014:

"Artikel 14

Inhalt des Sammelantrags oder des Zahlungsantrags

(1) Der Sammelantrag oder Zahlungsantrag muss alle zur Feststellung der Beihilfe- und/oder Förderfähigkeit erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere

a) die Identität des Begünstigten;

b) Einzelheiten zu den betreffenden Direktzahlungsregelungen und/oder Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums;

c) für die Zwecke der Basisprämienregelung die Bestimmung der Zahlungsansprüche entsprechend dem System zur Identifizierung und Registrierung gemäß Artikel 7 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014;

d) zweckdienliche Angaben zur eindeutigen Identifizierung aller landwirtschaftlichen Parzellen des Betriebs, ihre Fläche ausgedrückt in Hektar auf zwei Dezimalstellen genau, ihre Lage und, wenn gefordert, genauere Angaben zur Nutzung der landwirtschaftlichen Parzellen;

[...]."

"Artikel 17

Besondere Anforderungen an Beihilfeanträge für flächenbezogene Beihilferegelungen

und Zahlungsanträge für flächenbezogene Stützungsmaßnahmen

[...].

(5) Der Begünstigte gibt die Fläche jeder einzelnen landwirtschaftlichen Parzelle und gegebenenfalls Art, Größe und Lage der im Umweltinteresse genutzten Flächen eindeutig an. Auch hinsichtlich der Ökologisierungszahlung muss der Begünstigte die Nutzung der angemeldeten landwirtschaftlichen Parzellen angeben.

[...]."

Die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28.06.2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91, ABl. L 189 vom 20.07.2007, S. 1, im Folgenden VO (EG) 834/2007, lautet auszugsweise:

"Artikel 29

Bescheinigungen

(1) Die Kontrollbehörden und Kontrollstellen nach Artikel 27 Absatz 4 stellen jedem Unternehmer, der ihren Kontrollen unterliegt und in seinem Tätigkeitsbereich die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt, eine entsprechende Bescheinigung aus. Diese Bescheinigung muss zumindest über die Identität des Unternehmers und die Art oder das Sortiment der Erzeugnisse sowie über die Geltungsdauer der Bescheinigung Aufschluss geben."

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:

"Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[...].

23. "ermittelte Fläche":

a) im Rahmen flächenbezogener Beihilferegelungen die Fläche, die alle Förderkriterien oder anderen Auflagen im Zusammenhang mit den Voraussetzungen für die Beihilfegewährung erfüllt, ungeachtet der Zahl der Zahlungsansprüche, über die der Begünstigte verfügt, [...]."

"Artikel 26

Kürzung der Ökologisierungszahlung bei Verstoß gegen die Anforderungen hinsichtlich der Flächennutzung im Umweltinteresse

(1) Die gemäß Artikel 46 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 als im Umweltinteresse genutzt auszuweisende Fläche (im Folgenden: "vorgeschriebene ökologische Vorrangfläche") wird auf der Grundlage der ermittelten Gesamtackerfläche berechnet, die im Falle der Anwendung von Artikel 46 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 auch die gemäß Artikel 46 Absatz 2 Unterabsatz 1 Buchstaben c, d, g und h der genannten Verordnung festgelegten Flächen umfasst.

(2) Ist die vorgeschriebene ökologische Vorrangfläche größer als die ökologische Vorrangfläche, die unter Berücksichtigung des in Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 vorgesehenen Gewichtungsfaktors für ökologische Vorrangflächen ermittelt wurde, so wird von der Fläche, anhand deren die Ökologisierungszahlung gemäß Artikel 23 der vorliegenden Verordnung berechnet wird, das Zehnfache der nicht vorgefundenen ökologischen Vorrangfläche abgezogen. Für die Zwecke des Unterabsatzes 1 kann die ermittelte ökologische Vorrangfläche die im Rahmen der gemeldeten Gesamtackerfläche gemeldeten ökologischen Vorrangflächen nicht übersteigen.

[...]."

"Artikel 28

Verwaltungssanktionen im Zusammenhang mit der Ökologisierungszahlung

(1) Weicht die Fläche, anhand deren die Ökologisierungszahlung gemäß Artikel 23 berechnet wird, von der Fläche ab, anhand deren die Ökologisierungszahlung nach Anwendung der Artikel 24 bis 27 berechnet wird, so wird die Ökologisierungszahlung auf der Grundlage der letzteren Fläche, verringert um das Doppelte der festgestellten Differenz, berechnet, wenn die Differenz über 3 % oder 2 ha liegt, aber nicht mehr als 20 % der Fläche ausmacht, anhand deren die Ökologisierungszahlung nach Anwendung der Artikel 24 bis 27 berechnet wird.

Beträgt die Differenz mehr als 20 %, so wird keinerlei Beihilfe gewährt.

Beläuft sich die Differenz auf mehr als 50 %, so wird keinerlei Beihilfe gewährt. Darüber hinaus wird der Begünstigte mit einer zusätzlichen Sanktion in Höhe des Beihilfebetrags belegt, der der Differenz zwischen der Fläche, anhand deren die Ökologisierungszahlung gemäß Artikel 23 berechnet wird, und der Fläche, anhand deren die Ökologisierungszahlung nach Anwendung der Artikel 24 bis 27 berechnet wird, entspricht.

[...].

(3) Gemäß Artikel 77 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 findet die gemäß den Absätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels berechnete Verwaltungssanktion in den Antragsjahren 2015 und 2016 keine Anwendung. Im Antragsjahr 2017 wird die gemäß den Absätzen 1 und 2 berechnete Verwaltungssanktion durch 5 geteilt und ist auf 20 % des Betrags der Ökologisierungszahlung begrenzt, auf die der betreffende Betriebsinhaber gemäß Artikel 23 Anspruch gehabt hätte; im Antragsjahr 2018 und in den folgenden Antragsjahren wird sie durch 4 geteilt und ist auf 25 % dieses Betrags begrenzt.

[...]."

Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015), BGBl. II Nr. 368/2014:

"Flächennutzung im Umweltinteresse

§ 10. (1) Als im Umweltinteresse gemäß Art. 46 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 genutzte Flächen ("ökologische Vorrangflächen") sind anzusehen:

1. brachliegende Flächen gemäß Abs. 2,

2. im Rahmen von Cross Compliance geschützte Landschaftselemente (§ 15 Abs. 1 Z 4 Horizontale GAP-Verordnung),

3. Flächen mit Niederwald mit Kurzumtrieb gemäß Abs. 3,

4. Flächen mit Zwischenfrüchten gemäß Abs. 4 und

5. Flächen mit stickstoffbindenden Pflanzen gemäß Abs. 5.

[...].

Gleichwertige Methoden

§ 11. (1) Für das Antragsjahr 2015 ist die der Anbaudiversifizierung gemäß Art. 44 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 gleichwertige Methode die Einhaltung der Fruchtfolgeauflagen auf Ackerflächen im Rahmen der Vorhabensart "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung (01)" im Rahmen der Agrarumwelt- und Klimamaßnahme gemäß dem Österreichischen Programm für ländliche Entwicklung 2014-2020.

(2) Die der Flächennutzung im Umweltinteresse gemäß Art. 46 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 gleichwertige Methode ist die Anlage von Biodiversitätsflächen auf Ackerflächen im Rahmen der Vorhabensart "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung (01)" im Rahmen der Agrarumwelt- und Klimamaßnahme gemäß dem Österreichischen Programm für ländliche Entwicklung 2014-2020."

b) Rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. "Greeningprämie"), abgelöst.

Die Gewährung der Greeningprämie setzt gemäß Art. 43 Abs. 1 und 2 VO (EU) 1307/2013 die Anwendung von dem Klima- und Umweltschutz förderlichen Landbewirtschaftungsmethoden - bestehend aus Anbaudiversifizierung, Erhaltung des bestehenden Dauergrünlands und Flächennutzung im Umweltinteresse (ökologische Vorrangflächen) - oder von gleichwertigen Methoden voraus.

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat die BF tatsächlich keine ökologischen Vorrangflächen mittels "OVF-Code" ausgewiesen. Die ausgesprochene Kürzung wurde daher grundsätzlich zu Recht verhängt.

Gemäß Art. 43 Abs. 11 VO (EU) 1307/2013 haben Betriebsinhaber, die die Anforderungen gemäß Art. 29 Abs. 1 der VO (EG) 834/2007 für die ökologische/biologische Landwirtschaft erfüllen, jedoch automatisch Anrecht auf die Greening-Zahlung. Bei solchen Betriebsinhabern ist demnach die Einhaltung der Greening-Auflagen keine notwendige Voraussetzung dafür, dass ihnen die Greening-Prämie zusteht.

Aus den Anforderungen gemäß Art. 29 der VO (EG) 834/2007 ergibt sich, dass einem Unternehmer eine entsprechende Bescheinigung betreffend die Bewirtschaftung seines Betriebs als Bio-Betrieb auszustellen ist, wenn er den Kontrollen der Kontrollbehörden (in Österreich Bio-Kontrollstellen) unterliegt. Die BF unterwarf sich diesen Kontrollen und lag ein aufrechter Vertrag mit einer Bio-Kontrollstelle ab 16.04.2018 vor.

Zwar gab die BF der AMA die Gründung ihres Betriebes mit Wirksamkeitsbeginn vom 27.03.2018 bekannt. Der Betrieb der BF verfügte allerdings erst ab 16.04.2018 über eine entsprechende Flächenausstattung.

Aus den zitierten Vorschriften der Art. 43 VO (EU) 1307/2013 und Art. 29 VO (EG) 834/2007 ergibt sich kein Zeitpunkt, ab dem der Kontrollvertrag vorliegen muss, damit die Ausnahmebestimmung schlagend wird. Das BVwG hat allerdings bereits wiederholt entschieden, dass der AMA zu folgen ist, wenn diese verlangt, dass der Kontrollvertrag ganzjährig vorliegen muss (und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung). Gemäß Art. 32 Abs. 4 der VO (EU) 1307/2013 wird nämlich festgelegt, dass eine landwirtschaftliche Fläche nur dann als beihilfefähig gilt, wenn sie grundsätzlich jederzeit während des Kalenderjahres die Begriffsbestimmung für die beihilfefähige Hektarfläche erfüllt. Damit wird klargestellt, dass sämtliche Voraussetzungen für die Beihilfefähigkeit, somit auch jene des Art. 43 VO (EU) 1307/2013 iVm Art. 29 VO (EG) 834/2007, während des gesamten Kalenderjahres vorliegen müssen; BVwG 07.05.2019, W113 2213061-1, sowie BVwG 13.06.2017, W113 2144761-1. Erfolgt die Betriebsgründung allerdings erst unter dem Jahr, muss der Kontrollvertrag ab dem Zeitpunkt der Betriebsgründung vorliegen.

Dem Standpunkt der AMA, sämtliche Flächen hätten ganzjährig der Bio-Kontrolle unterliegen müssen, ist nicht zu folgen. Art. 43 Abs. 11 VO (EU) 1307/2013 knüpft nämlich an der Person des Bewirtschafters, nicht an den Flächen an. Auch Erwägungsgrund 38 der zitierten Verordnung hat den Bewirtschafter im Auge. Ausnahmebestimmungen sind zwar grundsätzlich eng auszulegen. Die hier gegenständliche Regelung beinhaltet jedoch eine Anreizkomponente, die in die Förderung von Bio-Betrieben im Allgemeinen eingebettet ist, sodass es angemessen erscheint, die BF in den Genuss der Privilegierung kommen zu lassen, auch wenn nicht alle Flächen ganzjährig einem Kontrollverhältnis mit einer Bio-Kontrollstelle unterlagen. Anders könnte es sich allenfalls verhalten, wenn der Verdacht bestünde, dass etwa ein Bewirtschafterwechsel nur deshalb angezeigt wurde, um Art. 43 Abs. 11 VO (EU) 1307/2013 zu unterlaufen. Dies trifft hier jedoch nicht zu.

Im vorliegenden Fall war ferner zu berücksichtigen, dass die Betriebsgründung mit 27.03.2018 angezeigt wurde, während der Betrieb erst ab 16.04.2018 über eine entsprechende Flächenausstattung verfügte. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass sich die Bestimmungen der VO (EG) 834/2007 grundsätzlich nicht nur auf Flächen, sondern auf den Betrieb in seiner Gesamtheit beziehen. Beim Betrieb der BF handelt es sich allerdings um einen reinen Ackerbaubetrieb. Darüber hinaus bezieht sich die Regelung des Art. 32 Abs. 4 VO (EG) 1307/2013 auf die "Flächen" des Betriebs. Schließlich hat das BVwG bereits in verschiedenen Zusammenhängen judiziert, dass die Angaben zum Wirksamkeitsbeginn eines Bewirtschafterwechsels/Neuanlage durch Vorlage entsprechender Urkunden widerlegt werden können, auch wenn sich die Antragsteller vorerst an ihren Angaben festhalten lassen müssen.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die BF im Antragsjahr 2018 die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 43 Abs. 11 VO (EU) 1307/2013 erfüllte. Selbst wenn man der AMA folgte, müssten allerdings jene Flächen, die ganzjährig der Bio-Kontrolle unterlagen, weil sie von Bio-Betrieben übernommen wurden, nach der angeführten Bestimmung bei der Verhängung der Kürzungen außer Betracht bleiben.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass der Frage, ob die ÖPUL-Maßnahme "Biologische Wirtschaftsweise" von der BF erfolgreich weitergeführt werden konnte, keine Bedeutung zukommt. Im Gegensatz zu den "gleichwertigen Methoden" zur Erfüllung der Voraussetzungen gemäß Art. 43 Abs. 2 VO (EU) 1307/2013, bei denen in § 11 Abs. 2 Direktzahlungs-Verordnung 2015 auf die Teilnahme an der ÖPUL-Maßnahme "Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung (01)" verwiesen wird (vgl. zu einer solchen Konstellation BVwG 27.10.2017, W114 2142782-1), setzt die Anwendung der Ausnahmeregelung des Art. 43 Abs. 11 VO (EU) 1307/2013 eine solche Teilnahme nicht voraus. Gerade für solche Betriebe, die zwar biologisch bewirtschaftet werden, die aber nicht an der ÖPUL-Maßnahme "Biologische Wirtschaftsweise" teilnehmen wollen, wurde offensichtlich im Rahmen des Mehrfachantrags-Flächen ein Ankreuzfeld "Biobetrieb" geschaffen. Somit stellt es auch kein Problem dar, dass die BF dieses Feld nicht angekreuzt hat, zumal auch diese Angabe - zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden - nur deklaratorisch sein kann bzw. der Mangel einer Verbesserung im Rahmen der Anerkennung eines offensichtlichen Irrtums zugänglich wäre.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534) sowie VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117-5.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage erscheint jedoch so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH 28.02.2014, Ro 2014/16/0010 sowie VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Schlagworte

Abzug Ausnahmebestimmung beihilfefähige Fläche Berechnung Bescheidabänderung Bewirtschaftung Direktzahlung Gleichwertigkeit INVEKOS Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Mitteilung Prämiengewährung Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W118.2219088.1.00

Im RIS seit

27.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

27.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten