TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/18 97/06/0153

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

BauO Stmk 1968 §3a;
BauRallg;
B-VG Art18 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schrefler-König, über die Beschwerde der D in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 14. Mai 1997, Zl. 03-12.10 S 76-97/5, betreffend Einwendungen gegen eine Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. E GmbH in S, 2. Gemeinde Seiersberg, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,- und dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren der erstmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. Dezember 1995 wurde der erstmitbeteiligten Partei die Widmungsänderungsbewilligung für das Grundstück Nr. 544/2, EZ 2503, KG S, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Durch diesen Bescheid wurde die seinerzeit mit Bescheid vom 19. November 1993 erteilte Widmungsbewilligung abgeändert.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, welcher mit dem Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. März 1997 keine Folge gegeben wurde. Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab.

Begründend führt die belangte Behörde insbesondere aus, daß das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. 544/2, EZ 2503, KG S, vor der Revision des Flächenwidmungsplanes im Bauland der Kategorie Reines Wohngebiet mit einer Bebauungsdichte von 0,1 bis 0,3 gelegen sei, wobei im Rahmen des Revisionsverfahrens die Baulandkategorie beibehalten, jedoch der obere Dichtewert auf 0,4 erhöht worden sei.

Gleichzeitig mit der Anhebung der Maximaldichte seien im Revisionsverfahren auch Baulanderweiterungen im Bereich des Gedersberges vorgenommen worden, weshalb im Wortlaut zum Flächenwidmungsplan 2.0 unter § 8 Abs. 2 für die Gebiete westlich des E-Weges bzw. der B-Straße im Wege der Baulandzonierung das Erfordernis der Erstellung von Bebauungsrichtlinien festgelegt worden sei. Diese Bebauungsgrundlagen seien bis zum Zeitpunkt der Erlassung der Widmungsänderungsbescheide nicht rechtsverbindlich geworden. Gleichzeitig sei die früher erlassene Bebauungsrichtlinie Gedersberg auf Grundlage des Gemeinderatsbeschlusses vom 22. Mai 1989, welche schon vor der Flächenwidmungsplanrevision für das verfahrensgegenständliche Grundstück anzuwenden gewesen sei, nicht aufgehoben worden. Es sei damit davon auszugehen, daß die Bebauungsrichtlinie Gedersberg aus dem Jahre 1989 für den in Vorstellung gezogenen

Widmungsänderungsbewilligungsbescheid anzuwenden gewesen sei.

Die Festlegungen der Bebauungsrichtlinie Gedersberg stünden "in keiner Abhängigkeit zu einem bestimmten Minimal- bzw. Maximaldichtewert des Baugebietes", sodaß deren Anwendung im Zusammenhang mit dem neuen Maximaldichtewert von 0,4 keinen offensichtlichen Widerspruch darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf einige Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes mit der Begründung, daß der Nachbar einen Anspruch auf Handhabung des Planungsermessens im Sinne des Gesetzes habe.

Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, daß der Bauwerber gemäß § 3a Steiermärkische Bauordnung 1968 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. Nr. 43/1992 einen Anspruch auf die Ausschöpfung der für Baugebiete im Flächenwidmungsplan festgesetzten höchstzulässigen Bebauungsdichte besitzt, sofern ein Bebauungsplan oder Bebauungsrichtlinien nichts Näheres bestimmen. Dieser Anspruch besteht nur dann nicht, wenn der Ausschöpfung der höchstzulässigen Bebauungsdichte andere baurechtliche Bestimmungen entgegenstehen. Die von der Beschwerdeführerin zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes betreffen die Rechtslage vor der genannten Novelle zur Steiermärkischen Bauordnung 1968.

Entscheidungswesentlich ist daher im Beschwerdefall, ob hinsichtlich des im Flächenwidmungsplan nach der Revision festgelegten höchstzulässigen Dichtewertes von 0,4 in den im Beschwerdefall anzuwendenden Bebauungsrichtlinien "Gedersberg" eine abweichende Festlegung getroffen wurde.

Für das verfahrensgegenständliche Grundstück Nr. 544/2, EZ 2503, KG S, ist die Dichte im Flächenwidmungsplan 2.0 mit 0,2 bis 0,4 festgelegt.

Die Beschwerdeführerin weist jedoch darauf hin, daß in der - auch nach Ansicht der belangten Behörde anzuwendenden - Bebauungsrichtlinie Gedersberg die Bebauungsdichte für das verfahrensgegenständliche Grundstück mit 0,1 bis 0,3 festgelegt sei.

Wie sich aus der im Akt erliegenden Bebauungsrichtlinie Gedersberg der mitbeteiligten Gemeinde ergibt, enthält diese Verordnung keine Festlegung hinsichtlich der Bebauungsdichte. Die von der Beschwerdeführerin zitierte Passage stammt aus dem Erläuterungsbericht und gibt die zum Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung gegebene Situation wieder.

Punkt 1.2 des Erläuterungsberichts zur Bebauungsrichtlinie lautet wie folgt:

"1.2 Bestehende Situation nach dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan (Planbestandsaufnahme):

Im Planungsraum sind großflächige Bereiche als Aufschließungsgebiet für Reines Wohngebiet mit einer Bebauungsdichte von jeweils 0,1 bis 0,3 festgelegt. Im Bereich S-Weg und V-Straße sind zwei Bereiche als Dorfgebiet mit einer Bebauungsdichte von 0,1 bis 0,3 festgelegt. Die Grundstücke Nr. 1003/2 und 1003/3 sind als Wasserhoffnungsbereich ersichtlich gemacht. Die übrigen Grundflächen sind als Wald ersichtlich gemacht bzw. als Freiland - landwirtschaftlich genutzte Flächen - festgelegt worden. Die genaue Abgrenzung der einzelnen Baugebiete ist dem Plan Bestandsaufnahme zu entnehmen."

Die Beschwerdeführerin verkennt zum einen, daß die von ihr genannte - oben wiedergegebene - Passage aus der Bebauungsrichtlinie nicht aus dem normativen Teil der Verordnung stammt, und zum anderen, daß diese Passage lediglich den Bestand, wie er bei Erlassung der Verordnung vorgefunden wurde, beschreibt.

Da die Verordnung des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. Mai 1989 somit keinerlei Festlegungen über die Bebauungsdichte enthält, ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die Übernahme des Dichtewertes in dem 1992 erlassenen Flächenwidmungsplan 2.0 der mitbeteiligten Gemeinde bei Erlassung des Widmungsänderungsbescheides als rechtmäßig qualifiziert hat. Im Hinblick auf § 3a Steiermärkische Bauordnung 1968 ist der belangten Behörde im Gegenteil darin beizupflichten, daß die Gemeindebehörden verpflichtet waren, diesen Wert zugrundezulegen. Die Ausführungen in der Beschwerde zu einer Begründungspflicht betreffend die Ausübung des Planungsermessens gehen daher ins Leere.

Soweit die Ausführungen zur Festlegung der Bebauungsdichte im Flächenwidmungsplan 2.0 der mitbeteiligten Gemeinde dahingehend zu verstehen sind, daß diese Planungsänderung begründungspflichtig gewesen wäre, richtet sich das Vorbringen gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung; aus dem Gesichtspunkt des Beschwerdefalles hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch keine Bedenken an der Gesetzmäßigkeit der Festlegung der Bebauungsdichte, die Anlaß zu einer Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof auf Aufhebung des Flächenwidmungsplanes geben könnten.

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft die Beschwerdeführerin den angefochtenen Bescheid dahingehend, daß die belangte Behörde der Begründungspflicht gemäß § 58 Abs. 2 AVG nicht entsprochen habe. Die belangte Behörde habe lediglich apodiktisch festgestellt, daß der Rechtsmittelwerberin kein subjektiv-öffentliches Recht, in dem sie beschwert sei, zukomme.

Dieses Vorbringen ist aktenwidrig. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid in dem von der Beschwerdeführerin angesprochenen Zusammenhang unter Wiedergabe des § 61 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 ausgeführt, daß der Nachbar gemäß § 61 Abs. 2 lit. a Steiermärkische Bauordnung 1968 ein subjektiv-öffentliches Recht auf gesetzmäßige Handhabung des Planungsermessens habe. Aufgrund der Einsichtnahme in die maßgeblichen Verordnungsgrundlagen kam die belangte Behörde jedoch im angefochtenen Bescheid zum Ergebnis, daß durch den angefochtenen Bescheid Rechte der Vorstellungswerberin nicht verletzt wurden. Die belangte Behörde hat sohin der Beschwerdeführerin nicht schlechthin subjektive Rechte im Zusammenhang mit der beschwerdegegenständlichen Widmungsänderungsbewilligung abgesprochen, sondern das Vorliegen einer Rechtsverletzung verneint.

Soweit sich die Beschwerdeführerin gegen die Feststellungen der belangten Behörde zum Inhalt der Bebauungsrichtlinie Gedersberg wendet, ist darauf hinzuweisen, daß sich der von der Beschwerdeführerin zitierte § 2 Abs. 1 mit der Größe von Einzelgrundstücken (Festlegung einer Mindestgröße von 1.000 m2) befaßt. Soweit auf die Punkte 1.2 und 3.1 "der Bebauungsrichtlinie" hingewiesen wird, ist darauf zu verweisen, daß diese Punkte Teil des Erläuterungsberichtes sind. Punkt 1.2 stellt - wie oben bereits ausgeführt - lediglich eine Bestandsaufnahme dar. Punkt 3.1 erläutert die Zielsetzungen, die mit der Zonierung des Planungsgebietes verbunden sind. Auch diesem Punkt kommt insoweit keine normative Bedeutung zu; eine solche Bedeutung könnte dem Erläuterungsbericht allenfalls im Zusammenhang mit der Auslegung einer unklaren Festlegung in der Bebauungsrichtlinie zukommen.

Soweit unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften neuerlich auf frühere Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Ausübung des Planungsermessens hingewiesen wird, ist auf die obigen Ausführungen zu § 3a Steiermärkische Bauordnung 1968 in der Fassung LGBl. Nr. 43/1992 zu verweisen.

Das Beschwerdevorbringen vermag somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens der erstmitbeteiligten Partei betrifft zuviel verzeichneten Stempelaufwand (für die nur in zweifacher Ausfertigung vorzulegende Gegenschrift).

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3 Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997060153.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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