Entscheidungsdatum
09.06.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W247 2184397-1/13E
W247 2142967-2/6E
W247 2142969-2/6E
W247 2142962-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. HOFER, als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, 2.) XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, 3.) XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, 4.) XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, alle vertreten durch die XXXX , gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017, 1.) Zl. XXXX , 2.) Zl. XXXX , 3.) Zl. XXXX , 4.) Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, idgF., stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Erster Antrag von BF1, BF2 und BF3 auf internationalen Schutz:
1.1. Am 21.06.2007 reisten XXXX (BF1) mit seiner Gattin ( XXXX alias XXXX alias XXXX ) und deren beiden Töchtern ( XXXX und XXXX ) illegal in Österreich ein, wo sie am selben Tag ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz stellten. Ihre Anträge wurden nach Konsultationen mit Polen und der erfolgten Zustimmung seitens Polen mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 08.10.2007 gemäß § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen, sowie wurden der BF1, seine Gattin und seine Töchter gemäß § 10 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen. Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden mit Bescheiden des unabhängigen Bundesasylsenates jeweils vom 06.12.2007 abgewiesen. Die Behandlung der gegen diese Bescheide erhobenen Revision wurde sodann mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.08.2009 abgelehnt.
1.2. Am 16.09.2008 wurde der Sohn XXXX (BF2) im Bundesgebiet geboren. Über seinen gesetzlichen Vertreter stellte der BF2 am 17.10.2008 einen Asylantrag, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.11.2008 gemäß § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen wurde und zudem wurde der BF2 gemäß § 10 AsylG nach Polen ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 29.09.2009 abgewiesen.
1.3. Am 28.09.2009 wurde der zweite Sohn XXXX (BF3) im Bundesgebiet geboren. Über seinen gesetzlichen Vertreter stellte er am 12.10.2009 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.12.2009 gemäß § 5 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und der BF3 gemäß § 10 AsylG nach Polen ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 18.12.2009 abgewiesen.
2. Zweiter Antrag von BF1, BF2 und BF3 auf internationalen Schutz:
Am 05.05.2010 stellten der BF1 und seine Gattin für sich und für ihre beiden Töchter und für die beiden Söhne, BF2 und BF3, weitere Anträge auf internationalen Schutz. Allerdings haben sie seit ihrer erstmaligen Asylantragstellung in Österreich das österreichische Bundesgebiet nicht verlassen. Sie wurden in weiterer Folge am 19.05.2010 nach Polen überstellt. Ihre Asylanträge wurden sodann mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 07.06.2010 zurückgewiesen und erwuchsen in Rechtskraft.
3. Dritter Antrag von BF1, BF2 und BF3 auf internationalen Schutz, erste Asylantrag des BF4:
3.1. Am 30.08.2011 stellten der BF1 und seine Frau für sich, sowie für deren vier Kinder nach einer illegalen Einreise weitere Anträge auf internationalen Schutz.
3.2. Am 05.10.2011 wurde der dritte Sohn XXXX (BF4) im Bundesgebiet geboren. Über seinen gesetzlichen Vertreter stellte der BF4 am 14.10.2011 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz.
3.3. Die Anträge auf internationalen Schutz wurden nach Konsultationen mit Polen und der erfolgten Zustimmung seitens Polen mit den Bescheiden der belangten Behörde vom 06.12.2011 gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und die BFs gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 13.01.2012 gemäß §§ 5, 10 AsylG abgewiesen. Am 03.05.2012 reisten die Beschwerdeführer freiwillig aus dem Bundesgebiet in den Herkunftsstaat aus.
4. Vierter Antrag von BF1 bis BF3 auf internationalen Schutz, zweiter Asylantrag von BF4:
4.1. Am 21.12.2013 reisten der BF1 und seine Tochter XXXX wieder illegal in das Bundesgebiet ein und stellten 22.12.2013 weitere Anträge auf internationalen Schutz.
4.2. Mit Bescheiden vom 14.09.2015 wurde diese Anträge gemäß §§ 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Es wurde kein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilt, Rückkehrentscheidungen erlassen und ein zweiwöchige Frist zur freiwilligen Ausreise gewährt. Dagegen wurde am 01.10.2015 Beschwerde erhoben.
4.3. Am April 2016 reisten die BF2 bis BF4 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten über ihre gesetzliche Vertretung am 25.04.2016 Anträge auf internationalen Schutz. Mit Bescheiden des BFA vom 17.11.2016 wurden diese Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten, als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Es wurde den BF2 bis BF4 auch kein Aufenthaltstitel gemäß §§ 57 und 55 AsylG erteilt. Gegen sie wurden Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 FPG erlassen, sowie festgestellt, dass deren Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Ihnen wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt. Auch gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben.
4.4. Die Beschwerden von BF1-BF4 wurden mit Erkenntnissen vom Bundesverwaltungsgericht vom 20.04.2017 als unbegründet abgewiesen. Mit 20.04.2017 erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft. Gegen diese Erkenntnisse wurde eine außerordentliche Revision erhoben, welche vom Verwaltungsgerichtshof am 22.06.2017 zurückgewiesen wurde.
5. Gegenständliche Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK
5.1. Am 24.08.2017 brachte der BF1 für sich und für seine drei minderjährigen Söhne die gegenständlichen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK ein.
5.2. Mit Entscheidung vom 28.12.2017 wurden diese Anträge gem. § 58 Abs. 10 AsylG zurückgewiesen. Weiters wurde gegen den BF1 und gegen seine Söhne Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen, deren Abschiebung in die Russische Föderation für zulässig erklärt und es wurde erneut eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tage ab Rechtskraft der Entscheidung gewährt.
5.3. Dagegen wurden am 23.01.2018 fristgerecht Beschwerden erhoben.
5.4. Die Beschwerdevorlage vom 24.01.2018 und die Verwaltungsakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 26.01.2018 ein.
6. Fünfter Antrag von BF1, BF2, BF3 auf internationalen Schutz, dritter Asylantrag vom BF4:
6.1. Am 21.02.2019 stellte der BF1 für sich und für BF2 bis BF3 die fünften Anträge auf internationalen Schutz und für den BF4 dessen dritten Asylantrag.
6.2. Mit Eingabe vom 20.09.2019 reichte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu den laufenden Beschwerdeverfahren bezüglich der Anträge von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen die Folgenanträge von BF1-BF4 auf internationalen Schutz nach.
6.3. Die Anträge hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten wurden mit Bescheiden des BFA vom 21.04.2020 abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), Aufenthaltstiteln gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), Rückkehrentscheidungen erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei (Spruchpunkt V.) und eine Frist für die freiwillige Ausreise binnen 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).
6.4. Dagegen wurden am 18.05.2020 fristgerecht Beschwerden eingebracht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. wiedergegebene Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte und unter Punkt II.1. festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A)
3.1. In seiner Rechtsprechung führte der Verwaltungsgerichtshof aus (vgl. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0101, Rz 14 und 15), dass "gemäß § 52 Abs. 9 FPG das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen [hat], dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Liegt eine Konstellation nach § 75 Abs. 20 AsylG 2005 vor, so ist diese Feststellung, soweit sie sich auf den Herkunftsstaat bezieht, regelmäßig nur die Konsequenz der Nichtgewährung von Asyl und von subsidiärem Schutz. Das gilt allerdings nur bei unveränderter Sachlage (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2015, Ra 2015/21/0119, Punkt 2.3. der Entscheidungsgründe). Steht dagegen im Raum, dass sich die Verhältnisse maßgeblich verändert - aus der Sicht des Fremden: verschlechtert - haben, so ist eine Überprüfung dahingehend vorzunehmen, ob eine Abschiebung in den Herkunftsstaat vor dem Hintergrund (insbesondere) des Art. 3 EMRK (noch) zulässig ist. Grundlage einer solchen Überprüfung werden meist entsprechende Behauptungen des Fremden sein, mit dem im Fall eines ausreichend substantiierten Vorbringens - aber auch dann, wenn von vornherein notorische Umstände bestehen, die gegen die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat sprechen - mit Blick auf § 51 Abs. 2 FPG die Stellung eines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz zu erörtern sein wird (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 28. August 2014, Zl. 2013/21/0218, insbesondere Punkte 4.1. und 5.1. der Entscheidungsgründe)."
Unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung sprach der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31.08.2017, Ra 2016/21/0367-7, weiters aus, dass "mit dem Revisionswerber [...] mit Blick auf § 51 Abs. 2 FPG zu erörtern gewesen [wäre], ob darin die Stellung eines neuerlichen Antrags auf internationalen Schutz zu erblicken sei (siehe in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom 15. September 2016, Ra 2016/21/0234, Rz 19 ff.). Es ist nämlich, zumal in Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, nicht Aufgabe des BFA bzw. des BVwG, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt. Die Überlegung, es sei im Rahmen eines Rückkehrentscheidungsverfahrens in eine abschließende Prüfung eines allfälligen Gefährdungsszenarios einzusteigen, erweist sich daher, solange der Führung eines dafür vorgesehenen Verfahrens auf internationalen Schutz nicht ausreichend deutlich entgegengetreten wird, als verfehlt (siehe auch das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2016, Ra 2016/21/0109 und 0247, Rz 14)."
Mit Entscheidung vom 15.03.2018, Ra 2017/21/0138, hielt der Verwaltungsgerichtshof fest, dass er die oben dargestellte Rechtsprechung auch infolge der mit 01.11.2017 erfolgten Novellierung des § 52 Abs. 9 FPG weiterhin für maßgeblich erachte. In diesem Zusammenhang führte der Verwaltungsgerichtshof in der angeführten Entscheidung insbesondere aus: "Schon aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Bestimmung folgt, dass die besagte Feststellung "gleichzeitig" mit der Rückkehrentscheidung zu ergehen hat. Demzufolge hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ohne eine Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG - außer im Fall, dass die Feststellung aus vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich ist - auf Grund des vom Gesetzgeber seit 1. Jänner 2014 geschaffenen Systems nicht in Betracht kommt (vgl. das schon genannte Erkenntnis VwGH 5.10.2017, Ra 2017/21/0157, 0158, Rn. 9, mit dem Hinweis auf VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0162, Rn. 12, und VwGH 24.5.2016, Ra 2016/21/0101; siehe in diesem Sinn auch die ErläutRV zum FrÄG 2017, aaO., 32, wonach aus der Verwendung des Wortes "gleichzeitig" folge, "dass eine Rückkehrentscheidung grundsätzlich - dh. wenn kein Fall der vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Unmöglichkeit gemäß Satz 2 vorliegt - nicht ohne die Feststellung zur Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit der Abschiebung erlassen werden kann."). Vor diesem - insoweit grundsätzlich weiterhin gültigen - rechtlichen Hintergrund wurde bereits im Erkenntnis VwGH 4.8.2016, Ra 2016/21/0162, Rn. 12 und 13 iVm Rn. 11, mit näherer Begründung dargelegt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (allenfalls auch samt darauf aufbauendem Einreiseverbot) nicht zulässig ist, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde. Auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, dürfe die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen. Zugleich mit der Rückkehrentscheidung sei nämlich - wie in Rn. 15 bereits erwähnt - die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu treffen, dass (nunmehr: ob) die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies würde aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - bedeuten, das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, in unzulässiger Weise vorwegzunehmen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist daher grundsätzlich nicht zulässig. Im Übrigen kann dazu noch ergänzend gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen werden. Die dort angestellten Erwägungen gelten aber auch für ein - wie hier - anhängiges Verfahren über einen Asylfolgeantrag (so schon VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0078, Rn. 7). Wie schon im Verfahren vor dem BFA und dem BVwG macht der Revisionswerber auch in der vorliegenden Revision entsprechend seinem Vorbringen zur Begründung des Asylfolgeantrags zusammengefasst geltend, ihm drohe aufgrund der Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung der Ahmadiyya bei einer Rückkehr nach Pakistan eine Verletzung der Rechte nach Art. 2 und Art. 3 EMRK. Demgegenüber kam das BVwG unter Einbeziehung diesbezüglicher Länderberichte im angefochtenen Erkenntnis in Bezug auf die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG zu dem Ergebnis, es sei nicht anzunehmen, dass jeder Ahmadi in Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der landesweiten Gefahr ausgesetzt sei, Opfer von Gewalt zu werden. Vielmehr ging das BVwG "nach Würdigung und Bewertung der Berichtslage im Wege einer Gesamtschau der maßgeblichen Kriterien" davon aus, dass Ahmadis allein aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit, also ohne hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale, in Pakistan keiner hieran anknüpfenden "gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung" durch extremistische Sunniten oder durch die pakistanische Regierung ausgesetzt seien. Damit wird deutlich, dass im gegenständlichen Verfahren, das nur mehr die Erlassung der fremdenpolizeilichen Maßnahme Rückkehrentscheidung (samt Nebenaussprüchen) zum Gegenstand hatte, die - bisher noch nicht getroffene - Entscheidung über den vom Revisionswerber gestellten Asylfolgeantrag vorweggenommen wurde. Diese Vorgangsweise war am Maßstab der in Rn. 14 bis 16 dargestellten - wie erwähnt: auch für die aktuelle Gesetzeslage gültigen - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht rechtskonform. Vielmehr hätte das BVwG die vom BFA erlassene Rückkehrentscheidung und die weiteren damit verbundenen Nebenaussprüche ersatzlos beheben müssen. Darüber wird letztlich im anhängigen Verfahren über den am 5. Juli 2016 vom Revisionswerber gestellten Antrag auf internationalen Schutz - dann zeitaktuell - zu entscheiden sein."
3.2. Die Beschwerdeführer (BF1-BF4), welche am 24.08.2017 die verfahrensgegenständlichen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln aus Gründen des Art. 8 EMRK eingebracht haben, haben am 21.02.2019 weitere (Folge)-Anträge auf internationalen Schutz gestellt.
3.3. In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof mit Blick auf die Verschränkung von § 10 AsylG 2005 und § 52 FPG zum einen festgehalten, dass die Abweisung oder Zurückweisung eines Antrags auf internationalen Schutz (mit Ausnahme einer Zurückweisung gemäß § 4a oder § 5 AsylG 2005), sohin auch eines Folgeantrags gemäß § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005, grundsätzlich mit einer Rückkehrentscheidung oder gegebenenfalls mit einem Ausspruch über die dauernde Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist. Umgekehrt ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über einen - hier: zwischenzeitig anhängig gemachten - Antrag auf internationalen Schutz nicht zulässig, vielmehr ist ein bereits anhängiges Rückkehrentscheidungsverfahren einzustellen oder - wie im gg. Fall - eine bereits erlassene erstinstanzliche, mit Beschwerde bekämpfte Rückkehrentscheidung (vom Bundesverwaltungsgericht) ersatzlos zu beheben (vgl. u.a. Ra 2016/21/0162 v. 04.08.2016; 15.03.2018, Ra 2017/21/0138).
3.4. Aufgrund der Einbringung (neuerlicher) Anträge auf internationalen Schutz durch die Beschwerdeführer (BF1-BF4) am 21.02.2019 waren die mit o.a. Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.12.2017 gegen diese erlassenen Rückkehrentscheidungen, einschließlich der Feststellung der Zulässigkeit von deren Abschiebung in die Russische Föderation und sowie die Festsetzungen einer Frist für die freiwillige Ausreise aufzuheben.
3.5. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Folgeantrag Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W247.2142969.2.00Im RIS seit
27.08.2020Zuletzt aktualisiert am
27.08.2020