TE Vwgh Erkenntnis 1997/12/18 96/06/0280

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Veröffentlicht am 18.12.1997
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Index

L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Tirol;
L82007 Bauordnung Tirol;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §69 Abs4;
AVG §7 Abs1 Z4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
AVG §70 Abs1;
BauO Tir 1989 §53 Abs1 lith;
VStG §22 Abs1;
VStG §31 Abs2;
VStG §44a Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Schrefler-König, über die Beschwerde des T in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 28. Oktober 1996, Zl. 16/77-6/1996, 17/130-2/1993, betreffend Verwaltungsübertretung gemäß § 53 Abs. 1 lit. h Tiroler Bauordnung (weitere Partei gemäß § 21 VwGG: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in zweiter Instanz ergangenen Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. Februar 1994 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe in der Zeit vom 1. Jänner 1975 bis 10. Februar 1993 den auf einer näher bezeichneten Grundparzelle und einer näher angeführten Bauparzelle, KG G., errichteten und mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G. vom 24. Juni 1969 baubehördlich bewilligten An- und Aufbau am bestehenden Wohnhaus vor Erteilung der Benützungsbewilligung benützt bzw. bewohnt. Wegen der dadurch begangenen Verwaltungsübertretung gemäß § 53 Abs. 1 lit. h Tiroler Bauordnung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- verhängt. In der in diesem Verfahren erhobenen Berufung hatte der Beschwerdeführer angeführt, er stelle nicht in Abrede, daß bisher keine Benützungsbewilligung für den angeführten An- und Aufbau des bestehenden Wohnhauses vorgelegen sei und daß er diesen An- und Aufbau auch benützt habe. Nach Auffassung des Beschwerdeführers in dieser Berufung sei jedoch allein die "Aufnahme der Benützung" gemäß der damals geltenden Tiroler Landesbauordnung strafbar gewesen, sodaß Verjährung vorgelegen sei. Gegen den angführten Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 1994 wurde kein Rechtsmittel ergriffen.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 29. März 1996 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe seit zumindest 22. Februar 1994 bis 29. Februar 1996 den angeführten im Jahr 1969 baubehördlich bewilligten An- und Aufbau am bestehenden Wohnhaus vor Erteilung der Benützungsbewilligung benützt bzw. bewohnt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 53 Abs. 1 lit. h i.V.m. § 43 Abs. 3 Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von S 10.000,-- bzw. eine Ersatzarreststrafe von zehn Tagen verhängt werde.

In diesem Verfahren behauptete der Beschwerdeführer erstmals, es sei ihm vom ehemaligen Bürgermeister nach einer Überprüfung an Ort und Stelle eine mündliche Kollaudierung erteilt worden, wofür Zeugen vorhanden seien. Die Behörde erster Instanz war der Auffassung, das Argument, der Akt des Gemeindeamtes G. sei betreffend die Benützungsbewilligung nicht auffindbar, sei nicht stichhältig, da der Akt vorhanden und in diesem nur kein Hinweis auf eine erteilte Benützungsbewilligung zu finden sei. Es liege weder ein Ansuchen des Beschwerdeführers noch ein entsprechender Bescheid vor. Läge eine Benützungsbewilligung vor, hätte dieser Bescheid vom Beschwerdeführer vorgelegt werden können.

In der dagegen erhobenen Berufung stellte der Beschwerdeführer auch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens, das mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Februar 1994 abgeschlossen worden war, weil damals aufgrund der lange verstrichenen Zeit von 22 Jahren zunächst irrtümlich davon ausgegangen worden sei, daß die Erlaubnis zur Benützung nicht erteilt worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen und der Wiederaufnahmeantrag gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 sowie § 70 Abs. 1 AVG abgewiesen. Die Entscheidung wird im wesentlichen damit begründet, daß sich aufgrund des Ermittlungsverfahrens ergebe, es liege keine mündliche Benützungsbewilligung vor. Es habe auch keine Kollaudierungsverhandlung stattgefunden. Bei der Beweiswürdigung sei dem Umstand, daß der Beschwerdeführer die Behauptung einer mündlichen Benützungsbewilligung erst im fortgesetzten Verfahren - erstmals am 16. März 1996 - aufgestellt habe und nicht bereits im erstangeführten Verwaltungsstrafverfahren, sowie der Tatsache, daß sich im baupolizeilichen Akt kein Hinweis auf eine Kollaudierung finde und sich der frühere Gemeindesekretär H. nicht ausdrücklich an eine mündliche Kollaudierungsverhandlung erinnern könne, mehr Bedeutung beigemessen worden als den entlastenden Aussagen der Verwandten des Beschwerdeführers. Im übrigen enthielten deren Aussagen Widersprüche, da die Frau des Beschwerdeführers von einer dreiköpfigen Kommission, die Großmutter des Beschwerdeführers hingegen nur von zwei anwesenden Amtspersonen gesprochen habe. Die Mutter des Beschwerdeführers behaupte auch, der Bürgermeister habe den Beschwerdeführer aufgefordert, lediglich noch eine Stempelmarke mitzubringen, um sich das Schriftstück zu holen. Wenn es nun tatsächlich nur an einer Stempelmarke gemangelt habe, daß der Beschwerdeführer keine Kollaudierungsniederschrift bekommen hätte, sei es mehr als verwunderlich, daß der Beschwerdeführer diese Niederschrift der Behörde bisher nie vorgelegt habe. Die Entlastungszeugen könnten daher nicht die Wahrheit gesagt haben. Überdies habe der frühere Bürgermeister nach den Aussagen des jetzigen Bürgermeisters kein bautechnisches Wissen und habe daher nicht die fachliche Befähigung gehabt, die korrekte Ausführung einer Wasserreinigungsanlage zu überprüfen. Es werde daher als erwiesen angesehen, daß die Behauptung des Beschwerdeführers, ihm sei eine mündliche Benützungsbewilligung im Dezember 1969 ausgestellt worden, eine bloße Schutzbehauptung sei. Es könne nicht mit der Übersiedlung von Unterlagen der Gemeinde erklärt werden, daß sich im Bauakt kein Hinweis auf die Kollaudierungsverhandlung befinde. Immerhin finde sich im Bauakt die wesentlich weniger relevante Korrespondenz zwischen dem Beschwerdeführer und der Baubehörde, ob der Austausch von Fenstern anzeigepflichtig wäre oder verhandlungspflichtig. Es widerspreche jeder Logik, daß das wichtige Schriftstück der Kollaudierung im Unterschied zu jenem unwichtigen Schriftstück des Fensterstockwechsels abhanden gekommen sein solle. Die Tatsache, daß Hinweise auf eine Kollaudierung im Bauakt fehlten, könne nur damit erklärt werden, daß keine Kollaudierungsverhandlung stattgefunden habe. Entgegen den Angaben des Beschwerdeführers habe der Bürgermeister bei der Lokaleignungsüberprüfung nicht mitgewirkt, auch nicht an dem Augenschein für die Berufungsbehörde. Als Verschuldensgrad sei Vorsatz anzunehmen, da der Beschwerdeführer immer gewußt habe, daß er keine Benützungsbewilligung habe. Als erschwerend seien das lange Ausmaß der Übertretung und eine einschlägige Vormerkung zu werten. Die Geldstrafe erscheine auch unter Zugrundelegung ungünstiger Einkommensverhältnisse angemessen. Sie werde daher bestätigt. In der damaligen Berufung habe er ausdrücklich zugestanden, daß keine Benützungsbewilligung bestehe.

Die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme wurde damit begründet, daß es der Beschwerdeführer verschuldetermaßen unterlassen habe, im vorangegangenen Verfahren die Behauptung einer mündlichen Kollaudierung aufzustellen bzw. Zeugen dafür zu nennen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes, die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und die Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, daß entgegen

§ 51i und § 51g Abs. 3 VStG die Zeugen M.T. und P.A. nicht unmittelbar vor der belangten Behörde, sondern nur im Rechtshilfewege einvernommen worden seien.

§ 51e Abs. 1 VStG in der Fassung des BG BGBl. Nr. 620/1995, sieht vor, daß dann, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen oder wenn nicht bereits aus der Aktenlage oder aufgrund ergänzender Erhebungen ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen ist. Zu dieser sind die Parteien und die zu hörenden Personen, insbesondere Zeugen und Sachverständige, zu laden. § 51i VStG sieht im Falle, daß eine Verhandlung durchgeführt wird, vor, daß bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen ist, was in der Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51c Abs. 3 dritter Satz entfallen ist. Gemäß § 51g Abs. 3 VStG dürfen Niederschriften über die Vernehmung des Beschuldigten oder von Zeugen sowie die Gutachten der Sachverständigen u.a. nur verlesen werden, wenn

"1. die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind, ihr Aufenthalt unbekannt ist oder ihr persönliches Erscheinen wegen Ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen nicht verlangt werden kann."

Aus dem Akt ergibt sich, daß die Zeugen P.H. und M.T. zu der Verhandlung der belangten Behörde vom 8. Juli 1996 wegen Krankheit (Herzinfarkt bzw. Augenoperation) nicht erschienen waren. In der Folge wurde die Einvernahme beider Zeugen im Rechtsmittelwege beantragt, die vor der Bezirkshauptmannschaft Schwaz am 4. September 1996 erfolgte, wobei in beiden Fällen dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt wurde, daß er oder eine Person seines Vertrauens an diesen Vernehmungen teilnehmen könnten. Der Beschwerdeführer nahm an beiden Vernehmungen teil. Die vorliegende Verlesung der Einvernahmen der Zeugen P.H. und M.T. war somit gemäß § 51g Abs. 3 Z. 1 VStG wegen Krankheit der beiden Zeugen gerechtfertigt. Daß sich der Gesundheitszustand dieser Zeugen bis zur abschließenden Verhandlung maßgeblich gebessert hätte, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Überdies hat der Beschwerdeführer der Verlesung dieser Zeugenaussagen - wie sich dies aus dem Protokoll der abschließenden Verhandlung im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren am 28. Oktober 1996 ergibt - zugestimmt. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde aber, es werde im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer die Behauptung, es sei eine mündliche Benützungsbewilligung erteilt worden, erst im vorliegenden Verfahren vorgebracht habe, sich weiters im baupolizeilichen Akt kein Hinweis auf eine Kollaudierung finde und sich auch der frühere Gemeindesekretär, der Zeuge P.H., nicht ausdrücklich an eine mündliche Kollaudierungsverhandlung erinnern könne, entgegen den entlastenden Aussagen der Verwandten des Beschwerdeführers angenommen, daß keine Benützungsbewilligung vorliege, erweist sich als schlüssig und nachvollziehbar.

Weiters meint der Beschwerdeführer, der die angeführten Zeugeneinvernahmen durchführende Beamte der Bezirkshauptmannschaft Schwaz sei gemäß § 7 AVG befangen gewesen, weil er Sachbearbeiter des erstinstanzlichen Bescheides des ersten in dieser Sache abgeführten Verwaltungsstrafverfahrens gewesen sei. Der Zeuge P.H. hätte eingehender zu der geübten Praxis von mündlichen Kollaudierungsbescheiden befragt werden müssen, ob tatsächlich der frühere Bürgermeister keine bautechnischen Sachkenntnisse gehabt habe und ob J.K. tatsächlich nichts mit dem Bauvorhaben zu tun gehabt habe.

Zunächst ist klarzustellen, daß im Hinblick darauf, daß der die Einvernahme im Rechtshilfewege vornehmende Beamte in dem eingangs angeführten Verwaltungsstrafverfahren in erster Instanz als Sachbearbeiter mitgewirkt hat, nicht der Tatbestand des § 7 Abs. 1 Z. 5 AVG erfüllt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. April 1984, Slg. Nr. 11.405/A, betreffend die Einvernahme eines Zeugen für die Berufungsbehörde durch jenen Beamten der ersten Instanz, der den erstinstanzlichen Bescheid erlassen hat). Im Zusammenhalt der im Gesetz vorgesehenen Befangenheitstatbestände des § 7 Abs. 1 Z. 4 und 5 AVG kann auch nicht angenommen werden, es liege ein sonstiger wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 AVG vor, der geeignet sei, die volle Unbefangenheit der belangten Behörde in Frage zu stellen.

Der Beschwerdeführer meint weiters, J.K. habe zu Unrecht behauptet, er habe mit dem verfahrensgegenständlichen Bauverfahren nichts zu tun gehabt und sei daher auch bei einer Begehung für eine mündliche Benützungsbewilligung beim Beschwerdeführer nicht dabei gewesen. Dies sei unrichtig, weil sich auf dem Einreichplan die Unterschrift dieses Zeugen befinde, der im Auftrag des Bürgermeisters das Aufliegen des Bauaktes zur Einsicht und bei der Verhandlung bestätigt habe, sowie weil dessen Unterschrift auf der Baubewilligung vom 24. Juni 1969 aufscheine. Dieser Zeuge hätte nach Auffassung des Beschwerdeführers eingehender befragt werden müssen. Diesen Rügen genügt es entgegenzuhalten, daß die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels vom Beschwerdeführer nicht dargetan wurde. Es ist nicht ersichtlich, was aus der allfälligen Teilnahme eines Organwalters im Baubewilligungsverfahren für die Frage einer allfälligen Kollaudierung gewonnen werden könnte.

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, daß es ihm bei der letzten mündlichen Verhandlung am 28. Oktober 1996 vom Verhandlungsleiter verwehrt worden sei, noch zu den Aussagen der Zeugen P.H. und J.K. Stellung zu nehmen. Der Hinweis auf die unrichtigen Angaben des Zeugen J.K. hätte die belangte Behörde zu Nachforschungen veranlassen müssen, die zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis geführt hätten.

In diesem Zusammenhang ist noch einmal im besonderen darauf zu verweisen, daß die Gründe für die für die belangte Behörde maßgebliche Beweiswürdigung, daß keine Benützungsbewilligung vorliege, die folgenden waren: der Beschwerdeführer habe erst im vorliegenden (sozusagen fortgesetzten) Verfahren überhaupt die Behauptung aufgestellt, es liege eine mündliche Benützungsbewilligung vor, im davor geführten rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend dieselbe Verwaltungsübertretung in der Zeit von 1975 bis 1993 sei das Nichtvorliegen der Benützungsbewilligung vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden; weiters der Umstand, daß sich im baupolizeilichen Akt keine Hinweise auf eine Kollaudierung fänden und die Aussage des Gemeindesekretärs P.H., daß er sich ausdrücklich an eine mündliche Kollaudierungsverhandlung nicht erinnern könne. Die Aussage des Zeugen J.K. hat somit bei der in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit maßgeblichen Beweiswürdigung der belangten Behörde keine Rolle gespielt. Der Umstand, daß dieser Zeuge nicht neuerlich einvernommen wurde, kann somit jedenfalls keinen wesentlichen Verfahrensmangel darstellen.

Auch soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung im Recht auf Parteiengehör geltend macht, weil die belangte Behörde einen nach Auffassung des Beschwerdeführers unvollständigen Akt ohne irgendeinen Vorhalt der Entscheidung zugrundegelegt habe, ist darauf zu verweisen, daß ein solches Beschwerdevorbringen nur dann von Bedeutung ist, wenn die Wesentlichkeit dieses allfälligen Verfahrensmangels in der Beschwerde dargetan wird. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde im Hinblick darauf, es sei nicht von einem unvollständigen Akt betreffend die Kollaudierung auszugehen, wurde damit begründet, mit der Übersiedlung von Unterlagen der Gemeinde könne nicht erklärt werden, daß sich im Bauakt kein Hinweis auf die Kollaudierungsverhandlung befinde, da sich im Bauakt etwa die Korrespondenz aus dem Jahre 1987 zwischen dem Beschwerdeführer und der Baubehörde befinde, ob der Austausch von Fenstern anzeigepflichtig oder verhandlungspflichtig sei. Es sei nicht ersichtlich, daß das wichtige Schriftstück der Kollaudierung im Unterschied zu jenem unwichtigen Schriftstück des Fensterstockwechsels abhanden gekommen sein solle. Diese Beweiswürdigung kann nicht als unschlüssig und nicht nachvollziehbar erkannt werden. In diesem Zusammenhang ist dem Beschwerdeführer vor allem auch entgegenzuhalten, daß er selbst gar nicht behauptet, ein entsprechendes Ansuchen auf Erteilung der Benützungsbewilligung je bei der Behörde eingereicht zu haben. Der Beweiswürdigung der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden. Die von der Behörde gezogenen Schlüsse erweisen sich sehr wohl als denklogisch und nachvollziehbar.

Der Beschwerdeführer bestreitet weiters, daß eine mündliche Verkündung des angefochtenen Bescheides gemäß § 57g (gemeint wohl § 67g) AVG (in Verbindung mit § 24 VStG) stattgefunden hätte. Im Akt liegt ein Protokoll über die Verhandlung vom 28. Oktober 1996 ein, an der der Sohn des Beschwerdeführers als dessen Vertreter und der Verhandlungsleiter teilgenommen haben. Gemäß diesem Protokoll war die letzte Äußerung des Beschwerdeführers, daß er die Einstellung des Verfahrens bzw. die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens und dessen Einstellung beantrage. Im Zusammenhang mit den Unterschriften ist festgehalten, daß der bei der Verhandlung anwesende Sohn des Beschwerdeführers die Unterschrift verweigert habe. Der Verhandlungsleiter hat im Sinne des § 15 AVG daraufhin die Richtigkeit der Verhandlungsschrift ausdrücklich bestätigt. Am Ende dieser Verhandlung erfolgte - wie dies aus dem angeführten Protokoll hervorgeht - die Verkündung des Bescheides. Auch nach den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift habe am 28. Oktober 1996 eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Sohnes des Beschwerdeführers als dessen Vertreter stattgefunden. Der Vertreter des Beschwerdeführers habe nicht erkennen lassen, daß er noch weitere Beweisanträge stellen wolle. Es sei in den Konzessionsakt Einsicht genommen worden. Gegen eine Verlesung der Zeugenaussagen P.H. und M.T. hätte der Vertreter des Beschwerdeführers keinen Einwand erhoben. Er sei am Ende der Amtshandlung zur Unterschrift aufgefordert worden, mit der seine Anwesenheit bekundet werden sollte. Der Verhandlungsleiter habe den Vertreter des Beschwerdeführers gefragt, ob abschließend protokolliert werden solle, daß er die Einstellung des Verfahrens beantrage. Dem habe der Vertreter des Beschwerdeführers zugestimmt. Er habe nicht zu erkennen gegeben, daß er eine ausführliche Stellungnahme machen wolle. Nach der Verkündung des angefochtenen Bescheides, mit dem der Vertreter des Beschwerdeführers offensichtlich nicht einverstanden gewesen sei, habe der Vertreter des Beschwerdeführers weitere Ausführungen vortragen wollen, die der Verhandlungsleiter nicht mehr zugelassen habe. Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung an den Vorgängen betreffend die öffentliche und mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 1996, wie sie sich aus dem angeführten Protokoll über diese Verhandlung und den Ausführungen der belangten Behörde in der Gegenschrift dazu ergeben, zu zweifeln. Auch dieser Rüge des Beschwerdeführers kommt somit keine Berechtigung zu.

Weiters ist es nicht zutreffend, wenn der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte das Vorliegen einer schriftlichen Benützungsbewilligung verlangt. Die belangte Behörde ist vielmehr aufgrund der angeführten Beweiswürdigung zur Auffassung gelangt, daß vom Vorliegen einer mündlich erteilten Benützungsbewilligung im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden kann.

Der Beschwerdeführer meint weiters, § 53 Abs. 1 lit. h Tiroler Bauordnung stelle ein bloßes "Herbeiführungsdelikt" dar, das wegen Verjährung nicht mehr bestraft werden könne.

Gemäß § 53 Abs. 1 lit. h TirolerBauordnung, LGBl. Nr. 33/1989, begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, wer eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage vor der Erteilung der Bewilligung benützt. Maßgebliche Voraussetzung für diesen Verwaltungsstraftatbestand ist somit die Benützung einer bewilligungspflichtigen baulichen Anlage ohne Benützungsbewilligung. Es handelt sich dabei - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - um ein Dauerdelikt. Das strafbare Verhalten endet erst in dem Augenblick, in dem die rechtswidrige Benützung beendet wird. Aus dem Umstand, daß die Baubehörde nicht von sich aus tätig geworden ist, kann für den Beschwerdeführer nichts gewonnen werden. Es wäre vielmehr an ihm gewesen, ein entsprechendes Ansuchen um Erteilung der Benützungsbewilligung zu stellen, in bezug auf das er dann die Möglichkeit gehabt hätte, die Entscheidungspflicht der Behörde gemäß § 73 Abs. 1 AVG wahrzunehmen.

Sofern sich der Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. Nr. 10.596/A beruft, ist darauf hinzuweisen, daß das diesem Erkenntnis zugrundeliegende Verwaltungsstrafverfahren einen anderen Straftatbestand des früher geltenden § 53 Abs. 1 lit. h Tiroler Bauordnung 1974, LGBl. Nr. 42, betroffen hat, nämlich daß eine bauliche Anlage zu einem anderen als dem bewilligten Verwendungszweck verwendet wird. In diesem Fall war maßgeblich, daß für den angenommenen rechtmäßigen Baubestand keine Beschränkung eines Verwendungszweckes festgelegt war.

Aus dem Gesetz über die ausnahmsweise Zulässigkeit von Gebäuden im Freiland, LGBl. Nr. 11/1994, dessen Heranziehung von der belangten Behörde nach Auffassung des Beschwerdeführers zu Unrecht nicht geprüft worden sei, hat für das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren nichts gewonnen werden können, weil dieses Gesetz keine Regelungen betreffend die Benützung ohne Benützungsbewilligung, sondern nur betreffend bestehende Gebäude im Freiland, für die eine Bewilligung nicht vorliegt bzw. nicht nachgewiesen werden kann bzw. die ohne Bewilligung zu einem anderen als dem bewilligten oder aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck verwendet werden, trifft.

Aus dem Umstand, daß die Bezirkshauptmannschaft Schwaz mit Bescheid vom 29. März 1977 bzw. die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 7. Dezember 1977 der Mutter des Beschwerdeführers die Gastgewerbekonzession gemäß § 189 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 erteilt haben, kann für die Frage, ob von der Baubehörde eine Benützungsbewilligung erteilt wurde, nichts gewonnen werden.

Der Beschwerdeführer ist aber auch nicht im Recht, wenn er meint, die belangte Behörde hätte unzuständigerweise über den Wiederaufnahmeantrag entschieden. Gemäß § 69 Abs. 2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Gemäß § 69 Abs. 4 AVG steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem. In der Verwaltungsstrafsache, dessen Wiederaufnahme der Beschwerdeführer beantragt hat, hat in zweiter und letzter Instanz die belangte Behörde, also ein unabhängiger Verwaltungssenat, entschieden. Gemäß § 69 Abs. 4 AVG war somit die belangte Behörde zuständig, über den Wiederaufnahmeantrag abzusprechen. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, welche Behörde nach einer allfälligen bewilligten Wiederaufnahme für die neuerliche Entscheidung in der Sache zuständig ist, ist von der Frage, welche Behörde gemäß § 69 Abs. 4 AVG zur Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme zuständig ist, zu unterscheiden.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet, sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Dauerdelikt Befangenheit innerhalb der Gemeindeverwaltung Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996060280.X00

Im RIS seit

24.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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