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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallSpruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch die angefochtenen Bescheide wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.520,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der beschwerdeführenden Partei wurde mit im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, gemäß §3 Abs1 Z7 iVm §1 Abs1 Z2 ErbStG Schenkungssteuer vorgeschrieben.
2. Dagegen richten sich die gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerden, in denen die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte sowie die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide beantragt wird.
3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 15. Juni 2007, G23/07 ua., §1 Abs1 Z2 ErbStG als verfassungswidrig aufgehoben.
2. Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlassfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlassfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrunde gelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlassfall (im engeren Sinn), anlässlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988). Im - hier allerdings nicht gegebenen - Fall einer Beschwerde gegen einen Bescheid, dem ein auf Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist, muss dieser verfahrenseinleitende Antrag überdies vor Bekanntmachung des dem unter Pkt. II.1. genannten Erkenntnis zugrunde liegenden Prüfungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes eingebracht worden sein (VfSlg. 17.687/2005).
3. Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren begann am 15. Juni 2007. Die vorliegenden Beschwerden sind beim Verfassungsgerichtshof am 7. Mai 2007 eingelangt, waren also zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihnen zugrunde liegende Fall ist somit einem Anlassfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung der angefochtenen Bescheide die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Partei nachteilig war. Die beschwerdeführende Partei wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt.
Die Bescheide waren daher aufzuheben.
III. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. Der Pauschalsatz war nur einmal zuzusprechen, weil es der beschwerdeführenden Partei sowohl in zeitlicher als auch in sachverhaltsmäßiger und rechtlicher Hinsicht möglich gewesen wäre, gegen die - vom Sachverhalt und von der rechtlichen Beurteilung her - gleichgelagerten Bescheide eine gemeinsame Beschwerde einzubringen. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-
sowie die zweifach (für jede Beschwerde) entrichtete Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 360,- enthalten.
Schlagworte
VfGH / Anlaßfall, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2007:B731.2007Dokumentnummer
JFT_09929372_07B00731_00