TE Vwgh Beschluss 2020/7/21 Ra 2020/02/0028

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.07.2020
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
KFG 1967 §102 Abs10
KFG 1967 §102 Abs11
KFG 1967 §98a
KFG 1967 §98a Abs1
VwGG §34 Abs1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des S in M, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12, gegen die Spruchpunkte II. und III. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 31. Oktober 2019, LVwG-603073/28/MS, betreffend Übertretung des KFG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 25. März 2019 wurde dem Revisionswerber - soweit in diesem Verfahren relevant - zur Last gelegt, er habe am 6. Jänner 2019 zu einem näher genannten Zeitpunkt an einem näher bestimmten Ort als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf Verlangen eines Polizeibeamten die zumutbare Mitwirkung an einer technischen Fahrzeugkontrolle verweigert, indem er trotz mehrmaliger Aufforderung die Öffnung der Motorhaube verweigert und so die Überprüfung des Fahrzeuges oder seiner Teile, Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände verhindert habe, obwohl die Kontrolle zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderlich gewesen sei, weil der Verdacht des Mitführens eines verbotenen Laserblockers bestanden habe. Er habe dadurch die Bestimmung des § 102 Abs. 11 KFG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von € 1.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 196 Stunden) verhängt wurde (Spruchpunkt 2.). Weiters wurde der Revisionswerber einer - hier nicht relevanten - Übertretung des § 52 lit. a Z 1 StVO schuldig erkannt (Spruchpunkt 1.).

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde des Revisionswerbers gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses als unbegründet ab (Spruchpunkt I.), gab der Beschwerde zu Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses insoweit statt, als es die Geldstrafe auf € 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 5 Tage und 12 Stunden herabsetzte (Spruchpunkt II.), verpflichtete den Revisionswerber zu Spruchpunkt 1. zum Kostenersatz (Spruchpunkt III.) und setzte die Kosten für das Verfahren vor der belangten Behörde mit € 110,-- fest (Spruchpunkt IV.). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig (Spruchpunkt V.).

3        Gegen die Spruchpunkte II. und IV. des Erkenntnisses wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die Spruchpunkte I. und III. des Erkenntnisses werden ausdrücklich nicht bekämpft.

4        Das Verwaltungsgericht stellte - soweit im gegenständlichen Revisionsverfahren relevant - fest, der Revisionswerber habe am 6. Jänner 2019 an einem konkret genannten Ort einen näher bestimmten PKW gelenkt und dabei eine Betriebsumkehre befahren. Dabei seien zwei Polizeibeamte, die bei der Betriebsumkehre Lasermessungen durchgeführt hätten, auf den Revisionswerber, welcher die Betriebsumkehre benutzt habe, aufmerksam geworden und hätten eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt. Im Zuge dieser Kontrolle habe der Revisionswerber die Warneinrichtung, Warnkleidung sowie das Verbandszeug vorgewiesen, habe sich aber geweigert, die Motorhaube zu öffnen. Die Beamten hätten einen Sensor im Kühlergrill bemerkt, welcher deren Ansicht nach nicht serienmäßig in diesem Fahrzeug eingebaut gewesen sei. Es habe bei den Beamten der Verdacht bestanden, es liege ein Verstoß gegen § 98a KFG (Laserblocker) vor, welcher auch zur Anzeige gebracht worden sei.

5        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht - soweit hier relevant - aus, der Revisionswerber habe den Beamten die Öffnung der Motorhaube verweigert und so die Kontrolle unmöglich gemacht, ob im Fahrzeug ein Laserblocker eingebaut gewesen sei. § 98a Abs. 1 KFG verbiete, dass Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können, an Kraftfahrzeugen angebracht oder in solchen mitgeführt werden. Im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1986, 86/18/0111, 0112, sei davon auszugehen, dass der Revisionswerber verpflichtet gewesen sei, den kontrollierenden Organen die Motorhaube zu öffnen, da das Vorhandensein von in § 98a KFG genannten Geräten in Kraftfahrzeugen untersagt sei und somit der Gegenstand „Laserblocker“ kraftfahrrechtlichen Bestimmungen (Verbot nach § 98a Abs. 1 KFG) unterliege. Ob es sich bei dem vom Beamten wahrgenommenen Sensor mit davon abgehenden Kabel tatsächlich um einen Bestandteil eines Laserblockers gehandelt habe oder nicht, sei gegenständlich nicht relevant. Daher habe auch die Einholung eines Gutachtens zur Feststellung, ob der Sensor Teil eines Laserblockers oder eines Laser- bzw. Radarwarners sei, zu unterbleiben. Auch, dass der Sensor ein anderes Aussehen gehabt habe wie sonst bei Laserblockern übliche Sensoren, sei nicht von Bedeutung. Der Revisionswerber habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver und mangels Vorliegen von Entschuldigungsgründen auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. In weiterer Folge begründete das Verwaltungsgericht die Höhe der verhängten Strafe.

6        Gegen die Spruchpunkte II. und IV. des Erkenntnisses wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit vorgebracht wird, der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 24. Oktober 1986, 86/18/0111, 0112, ausgesprochen, dass der Lenker eines Kraftfahrzeuges jene in § 102 Abs. 10 KFG genannten und vom Lenker mitzuführenden Teile und Ausrüstungsgegenstände bzw. Ausstattungsgegenstände einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes zugänglich zu machen habe. Dieser Verpflichtung habe der Revisionswerber vollinhaltlich entsprochen und dem Beamten die Warneinrichtung, die Warnbekleidung und das Verbandszeug vorgewiesen sowie die Überprüfung des Pickerls, der Reifen, der Felgen etc. ermöglicht und daran nach Kräften mitgewirkt. Einzig und allein sei er der Aufforderung nicht nachgekommen, die Motorhaube bzw. den Aschenbecher zu öffnen, worin das Verwaltungsgericht in Widerspruch zur zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen Verstoß gegen § 102 Abs. 11 KFG erblickt habe, obwohl sich aus keinerlei kraftfahrrechtlicher Vorschrift ergebe, dass auf Verlangen eines Polizeibeamten auch die Motorhaube zu öffnen sei bzw. sich innerhalb des Motorraums befindliche (nicht im Gesetz angeführte) Ausrüstungs- oder Ausstattungsgegenstände einem Polizeibeamten vorzuweisen oder zugänglich zu machen seien. Eine konkrete Aufforderung, dem Polizeibeamten bestimmte Gegenstände vorzuweisen, sei nicht ausgesprochen worden. Weitergehende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Pflichten im Sinne des § 102 Abs. 11 KFG existiere nicht.

7        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt nach der ständigen hg. Rechtsprechung keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor (vgl. etwa VwGH 22.7.2019, Ra 2019/02/0107, 0108; VwGH 19.6.2019, Ro 2018/02/0024, jeweils mwN). Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt (zu einer bestimmten Rechtsnorm) fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. VwGH 6.9.2018, Ra 2018/02/0259, mwN).

12       § 102 Abs. 11 Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) bestimmt:

„Der Lenker hat auf Verlangen der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht diesen, sofern dies zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderlich ist, das Fahrzeug oder Teile, Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände des von ihm gelenkten Fahrzeuges und des mit diesem gezogenen Anhängers auf dem einfachsten Weg und ohne diese oder dritte Personen zu gefährden, zugänglich zu machen, insoweit ihm dies ohne Verwendung von Werkzeugen und ohne besondere Fertigkeiten und Kenntnisse möglich und zumutbar ist. Verweigert der Lenker die ihm zumutbare Mitwirkung an technischen Fahrzeugkontrollen und verhindert so die Überprüfung des Fahrzeuges oder seiner Teile, Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände, so ist die Annahme gerechtfertigt, dass das Fahrzeug nicht den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entspricht und dass die Verkehrssicherheit durch die weitere Verwendung des Fahrzeuges gefährdet wird. In diesen Fällen sind die Bestimmungen des § 57 Abs. 8 anzuwenden.“

13       Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass sich der Nebensatz in § 102 Abs. 11 KFG „... sofern dies zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften auf Straßen mit öffentlichem Verkehr erforderlich ist“ nicht auf den Zweck des Verlangens, sondern auf die Teile, Ausrüstungsgegenstände und Ausstattungsgegenstände des Fahrzeuges bezieht. Der Kraftfahrzeuglenker ist demnach nicht gehalten, einem Organ jeden Teil, jeden Ausrüstungsgegenstand und jeden Ausstattungsgegenstand des Fahrzeuges zugänglich zu machen, sondern nur solche Gegenstände, die bestimmten kraftfahrrechtlichen Vorschriften unterliegen oder deren Vorhandensein durch solche Vorschriften angeordnet wird (vgl. das vom Revisionswerber oben zitierte Erkenntnis VwGH 24.10.1986, 86/18/0111, 0112).

14       Gemäß § 98a Abs. 1 KFG dürfen Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können, weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden.

15       Dem Revisionswerber ist somit zuzustimmen, dass die Beamten nicht schlechthin das Verlangen stellen dürfen, ihnen jeden Teil des Fahrzeuges und jeden Ausstattungs- bzw. Ausrüstungsgegenstand zugänglich zu machen. Im vorliegenden Fall bestand jedoch - ausgehend vom insofern unbestrittenen festgestellten Sachverhalt - der Verdacht einer Übertretung des § 98a Abs. 1 KFG, weil die Beamten einen ihrer Ansicht nach nicht serienmäßig eingebauten Sensor im Kühlergrill des Fahrzeuges bemerkten.

16       Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, unterliegen Geräte und Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden können (Laser- oder Radarblocker) der kraftfahrrechtlichen Vorschrift des § 98a KFG. Zum Zweck der Überwachung der Einhaltung dieser kraftfahrrechtlichen Bestimmung, welche das Anbringen bzw. das Mitführen von derartigen Geräten und Gegenständen verbietet, war das Verlangen der Beamten, die Motorhaube zu öffnen, um eine Anbringung derartiger verbotener Geräte überprüfen zu können, jedenfalls gerechtfertigt und von der Bestimmung des § 102 Abs. 11 KFG gedeckt.

17       Die erforderliche Mitwirkung war dem Revisionswerber auch zumutbar, da das Öffnen der Motorhaube weder besondere Fertigkeiten und Kenntnisse erfordert noch hierfür Werkzeuge erforderlich sind.

18       Entgegen dem Revisionsvorbringen umfasst die Bestimmung des § 102 Abs. 11 KFG nämlich nicht bloß die Ausstattungsgegenstände iSd § 102 Abs. 10 leg. cit., sondern stellt der Gesetzeswortlaut auf das Zugänglichmachen des Fahrzeuges, seiner Teile und der Ausrüstungs- und Ausstattungsgegenstände zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der kraftfahrrechtlichen Vorschriften im Generellen ab. Den Beamten war daher auch zum Zweck der Überwachung der Einhaltung des § 98a Abs. 1 KFG auf deren Verlangen der Motorraum zugänglich zu machen, um die Anbringung eines verbotenen Radar- bzw. Laserblockers überprüfen zu können.

19       Soweit der Revisionswerber darüber hinaus vorbringt, die Aufforderung des Polizeibeamten den Aschenbecher zu öffnen, sei nicht vom Umfang des § 102 Abs. 11 KFG gedeckt gewesen, ist dem entgegenzuhalten, dass der Revisionswerber fallgegenständlich lediglich aufgrund der Weigerung der Öffnung der Motorhaube, nicht hingegen aufgrund einer Weigerung der Öffnung des Aschenbechers einer Übertretung des § 102 Abs. 11 KFG schuldig erkannt wurde. Mit diesem Vorbringen entfernt sich der Revisionswerber auch vom festgestellten Sachverhalt (vgl. dazu VwGH 6.7.2018, Ra 2017/02/0106, mwN), in welchem von einer Aufforderung der Beamten zur Öffnung des Aschenbechers keine Rede ist.

20       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 21. Juli 2020

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020020028.L00

Im RIS seit

03.09.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.09.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten