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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache des R in F, vertreten durch Dr. Armin Bammer, Rechtsanwalt in Wien I, Kärntner Straße 37, gegen den Bescheid des Militärkommandos Oberösterreich vom 31. Juli 1997, Zl. 684070318-1100/90/97, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid des Militärkommandos Oberösterreich, mit dem der Beschwerdeführer in Abänderung des Einberufungsbefehles vom 12. Juni 1997 zur Ableistung des Grundwehrdienstes in der Dauer von acht Monaten ab 7. Jänner 1998 einberufen wurde. Der Beschwerdeführer führt aus, er habe seinen Hauptwohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland. An diese Adresse sei ihm aufgrund der Zustellverfügung der belangten Behörde der angefochtene Bescheid als eingeschriebener Brief durch die Post übermittelt worden. Nach einem erfolglosen Zustellversuch am 9. August 1997 habe der Beschwerdeführer die Sendung am 11. August 1997 behoben. Die Übersendung des angefochtenen Bescheides durch die Post verstoße gegen Art. 10 Abs. 2 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990. Dieser völkerrechtswidrige Eingriff in die Hoheitsrechte eines anderen Staates sei kein Zustellmangel, auf den § 7 ZustellG angewendet werden könne. Mangels rechtsgültiger Zustellung sei der angefochtene Bescheid demnach nicht erlassen worden und die Beschwerde daher zurückzuweisen. Aus Gründen der Vorsicht werde auch geltend gemacht, daß die belangte Behörde das ihr im Zusammenhang mit der Einberufung eingeräumte Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes ausgeübt und den dafür maßgebenden Sachverhalt aktenwidrig festgestellt habe.
Mit Berichterverfügung vom 30. September 1997 wurde die belangte Behörde aufgefordert, zum behaupteten Zustellvorgang und zu der in der Beschwerde aufgeworfenen Frage der Unwirksamkeit der Zustellung Stellung zu nehmen. Dem Bundesminister für Landesverteidigung wurde anheimgestellt, innerhalb der der belangten Behörde gesetzten Frist gleichfalls eine Stellungnahme abzugeben. Dieser hat mit Schriftsatz vom 28. Oktober 1997 Stellung genommen und ist darin der Auffassung des Beschwerdeführers beigetreten, daß infolge Verstoßes gegen Art. 10 Abs. 2 des genannten Abkommens keine wirksame Zustellung vorliege und eine Heilung gemäß § 7 ZustellG in einem solchen Fall nicht möglich sei.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die vom Beschwerdeführer und vom Bundesminister für Landesverteidigung vertretene Auffassung, daß der angefochtene Bescheid mangels rechtswirksamer Erlassung keine Rechtswirkungen entfaltet. Gemäß Art. 10 Abs. 2 des oben genannten Abkommens ist eine unmittelbare Zustellung durch die Post u.a. bei Bescheiden, die eine Person zur militärischen Dienstleistung heranziehen, nicht zulässig. Der unbestrittene Verstoß gegen diese Vorschrift ist kein bloßer Zustellmangel, der nach § 7 ZustellG heilen könnte. Dabei kann dahinstehen, ob § 7 ZustellG bei Zustellungen im Ausland, die gemäß § 11 Abs. 1 leg. cit. primär nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen vorzunehmen sind, überhaupt anwendbar ist. Denn schon die Bedachtnahme auf die allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes, die gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG als Bestandteile des Bundesrechtes gelten und zu denen der Grundsatz, daß Verträge nach Treu und Glauben zu erfüllen sind, gehört (vgl. die Präambel und Art. 26 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969), verbietet es, § 7 ZustellG den Inhalt beizumessen, daß damit auch Verstöße gegen in Staatsverträgen enthaltene ausdrückliche Zustellverbote und damit unerlaubte Eingriffe in die Hoheitsrechte eines anderen Staates saniert werden und sohin jedenfalls innerstaatlich sanktionslos bleiben.
Da nach dem Gesagten ein Bescheid, gegen den nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG Beschwerde erhoben werden könnte, mangels rechtswirksamer Erlassung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Die Entscheidung erging in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenGrundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur RechtsverletzungsmöglichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997110274.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
12.10.2011