TE Lvwg Erkenntnis 2020/7/2 LVwG-2020/37/1215-1

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Veröffentlicht am 02.07.2020
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Entscheidungsdatum

02.07.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZustG §2
ZustG §22
ZustG §26a
AVG §32
AVG §33
VStG §49
VwGVG §44
VwGVG §50

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 03.06.2020, Zl ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Y),

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 21.02.2020, Zl ***, hat die ASFINAG Maut Service GmbH gegen AA, geboren am xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, Anzeige wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach dem Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) erstattet.

Mit Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y AA, Adresse 1, Z, zur Last gelegt, er habe den Personenkraftwagen (PKW) mit dem amtlichen Kennzeichen *** am 08.10.2019 um 13:29 Uhr im Gebiet der Gemeinde X in Richtung W auf der Adresse 2 bei km ***, sohin auf einem mautpflichtigen Straßennetz, gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege. Die zeitabhängige Maut sei vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer gültigen Klebevignette am Fahrzeug oder durch Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeuges im Mautsystem der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (Digitale Vignette) zu entrichten. Zum Zeitpunkt der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes sei am Kraftfahrzeug weder eine gültige Klebevignette angebracht noch für das Kennzeichen des Fahrzeuges eine gültige Digitale Vignette registriert gewesen, wodurch die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Die zum Zeitpunkt der Benützung am Kraftfahrzeug angebrachte Klebevignette sei nicht gültig gewesen, da sie nicht ordnungsgemäß entsprechend den Vorgaben der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs angebracht worden sei und durch eine Beschädigung nicht die erforderlichen Sicherheitsmerkmale einer gültigen Klebevignette aufgewiesen habe. Dadurch habe er die Rechtsvorschriften der §§ 10 Abs 1 und 11 Abs 1 BStMG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 20 Abs 1 BStMG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt wurde.

Mit dem am 27.05.2020 bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingelangten Schriftsatz hat AA Einspruch gegen die Strafverfügung vom 26.02.2020, ***, erhoben. Diesen Einspruch hat die Bezirkshauptmannschaft Y mit Bescheid vom 03.06.2020, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen.

Gegen den Bescheid vom 03.06.2020, Zl ***, hat AA, Adresse 1, Z, mit Schriftsatz vom 18.06.2020 Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen vorgebracht, dass er die Strafe zu Zl *** als „gemeinsam“ mit der Strafe zu Zl *** angesehen und gegen letztere auch rechtzeitig Einspruch eingelegt habe. Darüber hinaus ersuche er um eine Herabsetzung der Strafe, zumal er als Lagerarbeiter/Paketfahrer Alleinverdiener und seine Frau mit dem dritten Kind schwanger sei. Die Bezahlung der verhängten Geldstrafe in Höhe von Euro 305,00 sei ihm momentan nicht möglich.

Mit Schriftsatz vom 18.06.2020, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Gegenstandsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 03.06.2020, Zl ***, dem Landesverwaltungsgericht Tirol vorgelegt.

II.      Sachverhalt:

AA, geboren am xx.xx.xxxx, ist an der Adresse „Adresse 1, Z“ wohnhaft.

Mit der Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, hat die Bezirkshauptmannschaft Y dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen *** am 08.10.2019 um 13:29 Uhr im Gebiet der Gemeinde X in Richtung W auf dem mautpflichtigen Straßennetz Adresse 2 bei km *** gelenkt zu haben, ohne die für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, vorgesehene zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, zumal zum Tatzeitpunkt am Kraftfahrzeug weder eine gültige Klebevignette angebracht noch eine für das Kennzeichen des Kraftfahrzeuges gültige Digitale Vignette registriert war. Dadurch habe er die Rechtsvorschriften der §§ 10 Abs 1 und 11 Abs 1 BStMG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 20 Abs 1 BStMG eine Geldstrafe in Höhe von Euro 300,00 und eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 33 Stunden verhängt wurde.

Die Bezirkshauptmannschaft Y hat die Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, dem Beschwerdeführer an der Adresse „Adresse 1, Z“ am 30.03.2020 nachweislich zugestellt.

Der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 26.02.2020 ist am 27.05.2020 um 8:00 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Y auf digitalem Weg (E-Mail) eingelangt. Diesen Einspruch hat die Bezirkshauptmannschaft Y mit Bescheid vom 03.06.2020, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen.

Der Bescheid vom 03.06.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer an der Adresse „Adresse 1, Z“ nachweislich am 05.06.2020 zugestellt. Der als Beschwerde zu qualifizierende Schriftsatz (E-Mail) vom 18.06.2020 ist an diesem Tag um 10:17 Uhr bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingelangt.

III.     Beweiswürdigung:

Die Wohnadresse des Beschwerdeführers ? Adresse 1, Z ? ist nicht strittig. Insbesondere hat der Beschwerdeführer die an diese Adresse zugestellten behördlichen Dokumente erhalten.

Die weiteren Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde zu Zl ***. Die Feststellung betreffend die Zustellung der Strafverfügung vom 26.02.2020 sowie des Bescheides vom 03.06.2020 stützen sich insbesondere auf die im Akt befindlichen Zustellungsurkunden. Insbesondere ist der „Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments“ betreffend die Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, zu entnehmen, dass das Dokument an den Empfänger zugestellt und dieser Vorgang durch elektronische Beurkundung des Zustellers bestätigt wurde.

IV.      Rechtslage:

1.       Verwaltungsstrafgesetz 1991:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 49 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 57/2018, lautet wie folgt:

„§ 49. (1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. Der Einspruch gilt als Rechtfertigung im Sinne des § 40. Wenn im Einspruch ausdrücklich nur das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten angefochten wird, dann hat die Behörde, die die Strafverfügung erlassen hat, darüber zu entscheiden. In allen anderen Fällen tritt durch den Einspruch, soweit er nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, die gesamte Strafverfügung außer Kraft. In dem auf Grund des Einspruches ergehenden Straferkenntnis darf keine höhere Strafe verhängt werden als in der Strafverfügung.

(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.“

2.       Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes (COVID-19-VwBG), BGBl I Nr 16/2020 idF BGBl I Nr 24/2020, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Unterbrechung von Fristen

§ 1. (1) In anhängigen behördlichen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, und Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53/1991) anzuwenden sind, werden alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen. Sie beginnen neu zu laufen. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 1 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll. Bei der Berechnung einer Frist nach § 32 Abs. 2 AVG gilt der 1. Mai 2020 als Tag, an dem die Frist begonnen hat. Die vorstehenden Sätze gelten nicht für Fristen in Verfahren nach dem Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186/1950.

[…]“

[Kundmachung im BGBl I Nr 16/2020 am 21.03.2020]

3.       Zustellgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl Nr 200/1982 in den Fassungen BGBl I Nr 33/2013 (§ 22), BGBl I Nr 40/2017 (§ 2) und BGBl I Nr 16/2020 (§ 26a), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1.   „Empfänger“: die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solcher bezeichnete Person;

3.   „Zustelladresse“: eine Abgabestelle (Z 4) oder eine elektronische Zustelladresse
(Z 5);

[…]

5.   „Abgabestelle“: die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort;

[…]“

„Zustellnachweis

§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

(3) An die Stelle der Übersendung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises oder der sich daraus ergebenden Daten treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens fünf Jahre nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übersenden.

(4) Liegen die technischen Voraussetzungen dafür vor, so kann die Beurkundung der Zustellung auch elektronisch erfolgen. In diesem Fall hat der Übernehmer auf einer technischen Vorrichtung zu unterschreiben; an die Stelle der Unterschriftsleistung kann auch die Identifikation und Authentifizierung mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 des E-Government-Gesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) treten. Die die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten sind dem Absender unverzüglich zu übermitteln.“

„Zustellrechtliche Begleitmaßnahmen zu COVID-19

§ 26a. Solange die Fristen gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 in der Justiz, BGBl. I Nr. 16/2020, oder die Fristen gemäß
§ 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, BGBl. I Nr. 16/2020, unterbrochen sind, gelten für die Zustellung mit Zustellnachweis der von Gerichten bzw. von Verwaltungsbehörden zu übermittelnden Dokumente sowie die durch die Gerichte bzw. die Verwaltungsbehörden vorzunehmende Zustellung von Dokumenten ausländischer Behörden (§ 1) folgende Erleichterungen:

1.   Das Dokument wird dem Empfänger zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird; die Zustellung gilt in diesem Zeitpunkt als bewirkt. Soweit dies ohne Gefährdung der Gesundheit des Zustellers möglich ist, ist der Empfänger durch schriftliche, mündliche oder telefonische Mitteilung an ihn selbst oder an Personen, von denen angenommen werden kann, dass sie mit dem Empfänger in Verbindung treten können, von der Zustellung zu verständigen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

2.   Ist das Dokument anderen Personen als dem Empfänger zuzustellen oder kann es diesen zugestellt werden (§ 13 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 4 und §§ 14 bis 16), ist Z 1 sinngemäß anzuwenden.

3.   Die Zustellung, die Form der Verständigung von der Zustellung sowie gegebenenfalls die Gründe, aus denen eine Verständigung nicht möglich war, sind vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden; § 22 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.
§ 22 Abs. 4 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die elektronische Beurkundung anstatt durch den Übernehmer durch den Zusteller zu erfolgen hat.“

4.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl Nr 33/2013 in den Fassungen BGBl I Nr 24/2017 (§ 44) und BGBl I Nr 57/2018 (§ 50), lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

[…]

(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

[…]

4.   sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

[…]“

„Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

[…]“

V.       Erwägungen:

1.       Zur Zustellung:

Im Einklang mit der Bestimmung des § 26a ZustG, BGBl Nr 200/1982 in der Fassung BGBl I Nr 16/2020, welche im Zuge des 2. COVID-19-Gesetzes im Bundesgesetzblatt I Nr 16/2020 am 21.03.2020 kundgemacht und am 22.03.2020 in Kraft getreten ist, wurde die Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, nachweislich dem Beschwerdeführer an seiner Wohnadresse am 30.03.2020 zugestellt. Die elektronische Beurkundung der Zustellung durch den Zusteller anstatt des Empfängers war gemäß § 26 a Z 3 iVm § 22 Abs 4 ZustG zulässig. Im Übrigen wurde die ordnungsgemäße Zustellung vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

2.       In der Sache:

Gemäß § 49 Abs 1 VStG kann gegen eine Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erhoben werden. Gemäß § 1 Abs 1 des am 22.03.2020 in Kraft getretenen Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes (COVID-19-VwBG), BGBl I Nr 16/2020 idF BGBl I Nr 24/2020, wurden unter anderem Einspruchsfristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fielen, bis zum Ablauf des 30.04.2020 unterbrochen und haben mit 01.05.2020 neu zu laufen begonnen. Ausgehend von § 32 Abs 2 AVG endete die in § 49 Abs 1 VStG normierte Frist unter Beachtung der Fristunterbrechung im Sinne des § 1 Abs 1 COVID-19-VwBG mit Ablauf des 15.05.2020.

Der Beschwerdeführer hat seinen Einspruch gegen die Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, am 27.05.2020 ? also nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 49 Abs 1 VStG (gerechnet ab 01.05.2020) ? auf digitalem Wege (E-Mail) bei der Bezirkshauptmannschaft Y eingebracht und damit nicht rechtzeitig erhoben. In seinem Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 03.06.2020, Zl ***, bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, er habe die verfahrensgegenständliche Strafverfügung, Zl ***, als „gemeinsam“ mit der zu Zl *** ergangenen Strafverfügung angesehen und gegen letztere rechtzeitig Einspruch erhoben. Damit zeigt der Beschwerdeführer keinen für das verspätete Einbringen des Einspruchs relevanten Umstand und damit auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Behauptung des Beschwerdeführers, gegen eine andere Strafverfügung rechtzeitig Einspruch erhoben zu haben, vermag an der verspäteten Einbringung des verfahrensgegenständlichen Einspruchs nichts zu ändern (vgl VwGH 29.09.2000, 99/02/0356).

Da sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid über die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet richtet, war auf das weitere Beschwerdevorbringen betreffend Herabsetzung der Strafe nicht weiter einzugehen.

3.       Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

In der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides vom 03.06.2020, Zl ***, heißt es ausdrücklich:

„[…] In der Beschwerde kann die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht beantragt werden […].“

Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Die Bezirkshauptmannschaft Y hat in ihrem Vorlageschreiben vom 18.06.2020, Zl ***, auf die Teilnahme an einer allfälligen mündlichen Verhandlung verzichtet.

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung eines Einspruches als verspätet und damit gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG konnte daher die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

4.       Ergebnis:

Die Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer nachweislich am 30.03.2020 zugestellt.

Der Beschwerdeführer hat seinen Einspruch am 27.05.2020 und damit ? auch unter Berücksichtigung der Fristunterbrechung im Sinne des § 1 Abs 1 COVID-19-VwBG ? nach Ablauf der zweiwöchigen Frist des § 49 Abs 1 VStG bei der Bezirkshauptmannschaft Y auf digitalem Wege (E-Mail) eingebracht. Sein Einspruch war daher verspätet.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Y den Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, als verspätet zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hatte somit die Möglichkeit, im Rahmen seines Rechtsmittels zu der im angefochtenen Bescheid vorgehaltenen Verspätung seines Einspruches ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten.

Der Beschwerdeführer hat in seinem Rechtsmittel lediglich vorgebracht, er habe die gegenständliche Strafverfügung als „gemeinsam“ mit der Strafverfügung zu Zahl *** angesehen und gegen letztere rechtzeitig Einspruch erhoben. Damit zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Auch unter Berücksichtigung der aufgrund der COVID-19-Pandemie gesetzlich verankerten Fristunterbrechung bis einschließlich 30.04.2020 ist der Einspruch des Beschwerdeführers gegen die Strafverfügung vom 26.02.2020, Zl ***, als verspätet zu qualifizieren. Die Bezirkshauptmannschaft Y hat diesen Einspruch folglich zu Recht mit dem angefochtenen Bescheid als verspätet zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen (vgl Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Der angefochtene Bescheid ? Zurückweisung eines Einspruches als verspätet ? ist als verfahrensrechtliche Entscheidung im Sinne des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG zu qualifizieren. Mangels eines entsprechenden Antrages konnte die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß der zitierten Bestimmung entfallen.

Kosten im Sinne des § 52 Abs 1 und 2 VwGVG waren nicht vorzuschreiben, da das gegenständliche Erkenntnis die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid behandelt.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Im gegenständlichen Fall war zu klären, ob der Einspruch des Beschwerdeführers gegen eine näher bezeichnete Strafverfügung als verspätet zu qualifizieren ist. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur geprüft, ob Zustellmängel vorliegen sowie ob aufgrund der im Zuge der COVID-19-Pandemie eingeführten Fristunterbrechung der Einspruch rechtzeitig eingebracht wurde. Bereits die Bezirkshauptmannschaft Y hat dem Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid die Verspätung seines Einspruches vorgehalten.

Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG liegt nicht vor. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erklärt daher die ordentliche Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis:

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Verspätetes Einbringen eines Einspruchs;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.37.1215.1

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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