TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/9 L501 2143374-3

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Veröffentlicht am 09.07.2019
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Entscheidungsdatum

09.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs1a

Spruch

L501 2143374-3/5E

im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Irene ALTENDORFER als Einzelrichterin über die Beschwerde von Frau XXXX , geboren XXXX , Staatsangehörigkeit Armenien, vertreten durch RA Dr. Malena STÜRZENBECHER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.04.2019, Zl. 1051205707/190023843, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte II. bis V. des angefochtenen Bescheides gemäß §§ 10 Abs 1 Z 3, 15b Abs 1, 57 AsylG, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52 Abs 2 Z 2, 53 Abs 1 und 2 sowie 55 Abs 1a FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Die beschwerdeführende Partei (in der Folge bP) stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 3.2.2015 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz und wurde hierzu am selben Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Dabei führte sie im Wesentlichen aus, sie sei im Jahr 1999 von einem taubstummen Jesiden entführt worden und habe diesen gegen ihren Willen geheiratet. Sie sei von ihrem Ehemann geschlagen und misshandelt worden. Nach der Geburt eines Sohnes im Jahr 2000 habe sie im Jahr 2004 ihren Ehemann gemeinsam mit dem Sohn verlassen und sei zu ihren Eltern zurückgekehrt. Kurz darauf habe der Ehemann ihr den Sohn "weggerissen" und habe sie ihn seither nicht mehr gesehen. Die Polizei habe ihr nicht helfen können. Die bP habe weiterhin Morddrohungen von ihrem Ehegatten erhalten und sei von ihm immer wieder mit einem Messer bedroht worden. Aus Angst um ihr Leben habe sie Armenien verlassen.

Die bP wurde am 12.10.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) niederschriftlich einvernommen und gab dabei zusammengefasst an, dass sie der taubstumme Mann ohne Hochzeit zur "Frau" genommen habe. Er und seine Familie hätten sie regelmäßig geschlagen, sie sei auch während ihrer Schwangerschaft verprügelt worden. Eines Tages habe ihr Ehemann sie so stark geschlagen, dass die bP zu ihren Eltern geflüchtet sei. Ihr Ex-Ehegatte und dessen Onkel, ein Polizist, seien gekommen und hätten den Sohn im Zuge eines Streites einfach mitgenommen. Die Polizei habe der bP gesagt, sie solle sich an das Gericht wenden und hätte ihr nicht helfen wollen. Der Ex-Ehegatte sei öfters zum Elternhaus der bP gekommen und habe dort Fenster und Türen kaputtgemacht. Die bP habe Armenien verlassen, weil er sie nicht in Ruhe gelassen habe.

Dieser erste Antrag auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid des BFA vom 2.12.2016, Zl. 1051205707/150125221 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch des Status der subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung gegen die bP erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3.4.2018, Zl. L 523 2143374-1/13E, abgewiesen; das Erkenntnis erwuchs in Rechtskraft.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete es zwar als glaubhaft, dass die bP in ihrer (ersten) Ehe Gewalt erfahren habe und es auch nach der Trennung noch zu Drohungen durch ihren Ex-Ehegatten gekommen sei, hielt aber unter Pkt. II.1.3. der in Rechtskraft erwachsenen Entscheidung fest, dass die bP ihren Herkunftsstaat nicht aufgrund aktueller Gewalttätigkeiten und asylrelevanter Bedrohungen durch ihren Ex-Mann verlassen habe. Unter Pkt. II.2.3. wurde hierfür u.a. begründend wie folgt angeführt: "[...] aufgrund der langen Dauer zwischen der Trennung im Jahr 2003 oder 2004 und der Ausreise der Beschwerdeführerin im Jänner 2015 (mehr als zehn Jahre!) in denen es nie zu einer Umsetzung der von der Beschwerdeführerin dargelegten Drohungen durch ihren Ex-Ehegatten gekommen ist, wohl offensichtlich davon auszugehen ist, dass der Ex-Ehegatte auch nie die Absicht gehabt hat, etwaige (Mord-) Drohungen umzusetzen." Weiters: Eine asylrelevante Bedrohung oder Verfolgung habe nicht festgestellt werden können; ein Sachverhalt im Sinne des Art 2 oder 3 EMRK liege nicht vor. Das Recht der bP auf Privat- und Familienleben gemäß Art 8 EMRK werde durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht verletzt.

I.2. Am 8.1.2018 stellte die bP den gegenständlichen Folgeantrag auf Zuerkennung von internationalem Schutz. Zu den Gründen ihrer neuerlichen Antragstellung führte sie in ihrer Erstbefragung am selben Tag aus, dass sie hierbleiben wolle, da ihre Familie hier lebe und sie psychisch krank sei. Neue Fluchtgründe habe sie nicht. Im Falle einer Rückkehr nach Armenien fürchte sie um ihr Leben. Ihr erster Ehemann sei aufgrund seiner politischen Tätigkeit verfolgt worden. Seitdem werde auch sie bedroht. Die Gründe, die sie bei ihrem ersten Asylantrag angegeben habe, seien nach wie vor vollinhaltlich aufrecht. Neue Fluchtgründe gebe es nicht.

Mit Schriftsatz ihrer rechtsfreundlichen Vertreterin vom 29.1.2019 brachte die bP vor, sie würde an einer chronifizierten Posttraumatischen Belastungsstörung, einer Angststörung und einer schweren depressiven Episode mit suizidalen Gedanken und Impulsen leiden. Ihr Zustand sei äußerst labil, eine Rückführung nach Armenien würde die Symptomatik noch verschlimmern. Eine adäquate medikamentöse und therapeutische Behandlung dieser gravierenden psychischen Erkrankung sei in Armenien nicht möglich bzw. wäre für sie nicht leistbar, sodass die Erkrankungen gänzlich unbehandelt bleiben würden. Ihr Leben und ihre Gesundheit wären bei einer Rückführung nach Armenien daher massiv gefährdet. Zudem wäre ihr Leben in Armenien auch aufgrund der Bedrohungen ihres Ex-Mannes erheblich gefährdet. Ihr Ex-Mann habe ihren Schwager bei einem Aufenthalt in Armenien aufgesucht und mit dem Tode bedroht, weil sie die Ehre der Familie ihres Ex-Mannes verletzt habe, da sie wieder geheiratet habe. Daher hätte der Ex-Ehegatte sich an ihrem Schwager rächen wollen und sei auch handgreiflich geworden, der Angriff habe jedoch abgewehrt werden können.

Beigelegt wurde die gutachterliche Stellungnahme jener deutschen Fachärztin für Psychiatrie vom 18.9.2018, aus der im Schriftsatz einleitend zitiert wird, ein Attest einer Dipl. Psych. von Xenion psychosoziale Hilfen politisch Verfolgte Berlin vom 13.12.2018, eine Bescheinigung über die besondere Schutzbedürftigkeit vom 16.1.2019 sowie der Ambulanzbefund einer niederösterreichischen Landesklinik vom 24.1.2019. Der Status psychicus wird in diesem Ambulanzbefund wie folgt beschrieben: Die Pat. wach, ausreichend orientiert, klar, Auffassung ausreichend, Aufmerksamkeit und Konzentration imponieren reduziert, die Mnestik ist erhalten, der Ductus tlw. auf Fragen vorbeiredend, insgesamt aber als kohärent und inhaltlich nachvollziehbar zu werten, eingeengt auf die verzweifelte psychische Situation, klare Halluzinationen oder Ich-Störungen oder wahnhafte Erlebnisverarbeitung lassen sich nicht erheben, die Pat. beschreibt aber Zustände, die als Flashbacks zu werten sind sowie illusionäre Verkennungen, der Appetit reduziert, DSST, ESST mit massiv verkürzter Schlafdauer, die Befindlichkeit neg. getönt, die Stimmungslage verzweifelt, tlw. weinerlich, im Affekt deutlich vermehrt im neg. SKB affizierbar, Impulsko. erhalten, SMG kämen lt. Pat. in verzweifelten Phasen immer wieder vor, tlw. auch mit Konkretisierung. Pat. distanziert sich aber klar von Suizidabsichten, dzt. paktfähig, dzt. keine akute Selbst- oder Fremdgefährdung. Diagnose: PTSD, anamn. Rezid. depress. Störung, anamn. generalisierte Angststörung

In ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.1.2019 gab die bP an, sie werde immer noch von ihrem Ex-Mann bedroht, er bedrohe sie über ihren Schwager. Dieser lebe in Russland. Am 20.6.2017 sei er zu einem Gedenktag oder Begräbnis am Friedhof nach Armenien gefahren. Der Ex-Mann habe ihn bei der Beerdigung gesehen. Am Abend habe er die Wohnung des Schwagers aufgesucht, wo es zu einer Rauferei gekommen sei. Der Ex-Mann hätte sich an ihrem Schwager rächen wollen. Er habe ihn und auch sie bedroht, weil sie den Bruder des Schwagers geheiratet habe. Er habe gedroht, sie umzubringen. Sie stelle einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz weil sie nirgendwo hinfahren könne, weil sie hier eine Familie habe, weil sie krank sei und weil ihrem Leben Gefahr drohe. Zu den Fluchtgründen in ihrem ersten Asylverfahren gab sie an, dass ihr Ex-Mann der Grund gewesen sei. Die alten Fluchtgründe seien noch aufrecht. Ihre neuen Gründe seien ihre Erkrankung und ihre Familie. In Armenien habe sie keine Verwandten. Wenn sie zurückkehre, werde ihr Ex-Mann sie sicher umbringen. Er ärgere sich jetzt noch mehr über sie und habe eine wilde Rauferei mit ihrem Schwager veranstaltet. Der Grund dafür sei, weil sie wieder geheiratet habe. Zu ihrem Privat- und Familienleben in Österreich gab die bP zusammengefasst an, ihr Ehemann und dessen Sohn würden sich um sie kümmern. Sie würde diese jeden Tag sehen, aber in der BS-Ost schlafen. Ihr Mann rufe sie laufend an. Geld würde sie von ihm nicht bekommen, manchmal bringe er ihr etwas zu essen oder Kleidung. Früher habe sie mit ihrem Mann und ihrem Stiefsohn in einem gemeinsamen Haushalt gelebt.

Am 25.3.2019 gab die von der belangten Behörde beauftragte Allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige eine gutachterliche Stellungnahme ab, in der eine depressive Störung F 32.1, derzeit mittelgradig, ohne Suizidalität diagnostiziert wird, Hinweise auf eine extrovertierte Persönlichkeit mit überschießenden Affekt liegen vor. Diagnostiziert wird des Weiteren eine Anpassungsstörung, Reaktion auf die Ereignisse im Rahmen des Asylverfahrens. Das Nichtvorliegen einer PTSD wird näher ausgeführt.

In ihrer Stellungnahme vom 28.3.2019 bestritt die bP das Nichtvorliegen einer PTSD, behauptete das Vorliegen suizidaler Gedanken, verwies auf die bereits vorgelegten ärztlichen Befunde und Atteste und legte den Ambulanzbefund einer niederösterreichischen Landesklinik vom 1.2.2019 vor. Auszug aus dem Status psychicus: [...] Aufmerksamkeit und Konzentration heute nur dezent reduziert, Mnestik erhalten, Ductus kohärent, zielführend, inhaltlich nachvollziehbar, keine produktive Symptomatik erhebbar, Flashbacks werden noch beschrieben, seien aber schwächer und deutlich weniger, [...], der Schlaf mit Med. subjektiv deutlich gebessert, beschreibt nunmehr Tagesmüdigkeit, Befindlichkeit neg. getönt, die Stimmungslage tlw. auch weinerlich, deprimiert, im Affekt deutlich vermehrt im neg. SKB affizierbar, Impulsko. erhalten, Suizidgedanken nunmehr verneint distanziert sich klar von Suizidabsichten, dzt. Paktfähig, keine Selbst- oder Fremdgefährdung

Im Schriftsatz ihrer rechtsfreundlichen Vertreterin vom 4.4.2019 wird erneut auf die psychischen Probleme eingegangen, ein Befundbericht vom 2.4.2019 und ein Ambulanzbefund einer niederösterreichischen Landesklinik vom 8.4.2019 beilegt, in dem festgehalten wird, dass Suizidgedanken verneint würden und sie sich von Suizidabsichten distanziere und keine akute Gefährdung im Sinne des UbG verifizierbar sei. Lt. Diagnose liegen Hinweise auf eine PTSD vor.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid wurde der Folgeantrag auf internationalen Schutz vom BFA wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückgewiesen (Spruchpunkt I.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde der bP nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG gegen die bP erlassen. Gemäß § 52 Abs 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der bP gemäß § 46 FPG nach Armenien zulässig sei (Spruchpunkt II.). Gemäß § 55 Abs 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt III.). Gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 FPG wurde gegen die bP ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Weiters wurde ausgesprochen, dass der bP gemäß § 15b Abs 1 AsylG aufgetragen worden sei, ab 8.1.2019 in einem genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt V.).

Die belangte Behörde stellte nach Darstellung des Verfahrensganges zusammengefasst fest, dass die Identität der bP nicht feststehe. Die bP leide an einer Anpassungsstörung und mittelgradigen depressiven Episode und zeige Hinweise auf exzentrische Persönlichkeitsanteile. Das gesamte Vorverfahren der bP habe auf einem nicht glaubhaften Vorbringen beruht. Auch im gegenständlichen Verfahren habe die bP keinen glaubhaften Sachverhalt vorgebracht, welcher nach rechtskräftigem Abschluss des Vorverfahrens entstanden sei. Einer Rückkehrentscheidung würden keine Umstände entgegenstehen. Eine besondere Integrationsverfestigung der Person der bP in Österreich habe nicht festgestellt werden können. Die die bP betreffende allgemeine Lage im Herkunftsland habe sich seit dem rechtskräftigen Abschluss des Vorverfahrens nicht geändert. Die bP beziehe sich im gegenständlichen Verfahren nach wie vor auf ihre Fluchtgründe, welche bereits im Vorverfahren behandelt worden seien und darüber negativ entschieden worden sei. Aufgrund der im Vorverfahren festgestellten Unglaubhaftigkeit und mangels Nachweis für das tatsächliche Bestehen der behaupteten Rückkehrbefürchtungen gehe die belangte Behörde davon aus, dass diese nicht den Tatsachen entsprechen würden. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der bP begründete die belangte Behörde damit, dass keine Zweifel an der Richtigkeit des Untersuchungsergebnisses und des Gutachtens vom 25.3.2019 bestünden. Aus den vorgelegten Befunden ergebe sich, dass sich der Gesundheitszustand der bP immer weiter verbessert habe. Zum Privat- und Familienleben der bP führte die belangte Behörde aus, dass sie seit 11.3.2016 verheiratet sei; die Eheschließung habe in Österreich stattgefunden. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem Ehegatten bestehe nicht.

Mit Schriftsatz ihrer rechtsfreundlichen Vertreterin vom 8.5.2019 erhob die bP fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin monierte die bP, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, den verfahrensgegenständlichen Sachverhalt vollständig und fehlerfrei zu ermitteln. Die belangte Behörde gehe fälschlicherweise von einem unwahren Sachverhalt aus. Sodann wiederholte die Beschwerde zum Gesundheitszustand der bP die Ausführungen im Schriftsatz vom 29.1.2019 und in der Stellungnahme vom 4.4.2019. In der Folge stellte die Beschwerde das im Folgeverfahren erstattete Fluchtvorbringen (Bedrohung des Schwagers und der bP selbst durch ihren Ex-Ehegatten) dar und führte dazu aus, dass dieser Vorfall im Vorverfahren noch nicht berücksichtigt hätte werden können, weil die bP erst am 27.1.2019 davon erfahren habe. Es sei hierin auch eine mangelnde Beweiswürdigung und inhaltliche Rechtswidrigkeit zu erblicken. Zum Einreiseverbot führte die Beschwerde aus, dass die bP ihre Asylanträge keinesfalls rechtsmissbräuchlich gestellt habe und im Folgeantrag auch neue Asylgründe geltend gemacht hätte. Die bP habe kein weiteres Fehlverhalten gesetzt und es könne keinesfalls eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit bzw. anderer öffentlicher Interessen erblickt werden.

I.3. Am 16.5.2019 wurde der Akt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt, am 23.05.2019 langte er bei der Gerichtsabteilung L 501 ein. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.5.2019, Zl. L501 2143374-3/4Z, wurde der Beschwerde gemäß § 17 Abs 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zum Verfahrensgang:

Der Sachverhalt hinsichtlich der Anträge auf internationalen Schutz sowie des Vorbringens der nunmehrigen bP im Vorverfahren und im Folgeverfahren sowie der ergangenen Entscheidungen des BFA und des Bundesverwaltungsgerichts entspricht dem unter Punkt I. geschilderten Verfahrensgang und wird diesbezüglich darauf verwiesen.

II.1.2. Zur Person und zum Privat- und Familienleben der bP:

Die bP trägt in Österreich den im Spruch angeführten Namen. Ihre Identität steht nicht fest. Die bP ist Staatsangehörige Armeniens und gehört der Volksgruppe der Jesiden an. Sie spricht muttersprachlich Armenisch und verfügt über beginnende Kenntnisse der deutschen Sprache.

In Armenien hat die bP bis zur achten Klasse die Grundschule besucht, diese jedoch nicht abgeschlossen. Bis ins Jahr 1999 hat sie in ihrem Elternhaus gelebt und in der Landwirtschaft gearbeitet. Im Jahr 1999 hat sie in Armenien traditionell geheiratet, der Ehe entstammt ein gemeinsamer Sohn. Während der Ehe hat die bP bei ihrem (nunmehr Ex-)Ehegatten gelebt und in der Landwirtschaft mitgeholfen. Aufgrund von Gewalttätigkeiten in der Ehe hat sich die bP von ihrem ersten Ehemann getrennt, der gemeinsame Sohn ist beim Ex-Ehegatten der bP aufgewachsen und lebt in Armenien. Nach der Trennung hat die bP wieder im Elternhaus gelebt, ehe sie für einige Monate zu einer Tante mütterlicherseits gezogen ist. Die Mutter und der Bruder der bP leben nunmehr in Russland. Mehrere Tanten und Onkel der bP halten sich in Armenien auf.

Die bP reiste spätestens am 3.2.2015 in das Bundesgebiet ein, wo sie sich - unterbrochen durch ihren Aufenthalt (September 2018 - 08.01.2019) in Deutschland - seither aufhält. Ab 04.05.2015 bestand ein gemeinsamer Wohnsitz mit ihrem zweiten Ehemann, einem armenischen Staatsbürger, den sie in Österreich im März 2016 ehelichte. Ein gemeinsamer Haushalt besteht nicht mehr, nunmehr lebt die bP in der Betreuungsstelle Ost, wo sie von ihrem Ehegatten, zu dem sie täglich Kontakt hat, und ihrem Stiefsohn regelmäßig besucht wird. Die bP wird von ihrem Ehegatten finanziell nicht unterstützt, bei Besuchen erhält sie von ihm Essen und mitunter Kleidung. Ein Abhängigkeitsverhältnis zu einer Person in Österreich besteht nicht. Die bP ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation. Sie hat an einem Deutschkurs teilgenommen. Die bP ist nicht erwerbstätig und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Sie ist unbescholten.

Die bP leidet an einer Anpassungsstörung, mittelgradigen depressiven Episode ohne Suizidalität und zeigt Hinweise auf exzentrische Persönlichkeitsanteile; die Einnahme eines Antidepressivums wird gutachterlich empfohlen. Eine Gefährdung im Sinne des UbG liegt nicht vor. Eine lebensbedrohliche Erkrankung besteht nicht.

II.1.3. Zu den Fluchtgründen der bP:

Der bP droht in Armenien keine individuelle Gefährdung oder Verfolgung durch staatliche Organe oder durch Dritte. Eine relevante Änderung des Sachverhalts im maßgeblichen Zeitraum konnte nicht festgestellt werden.

II.1.4. Zur Lage der bP im Falle einer Rückkehr:

Es kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel nicht festgestellt werden, dass eine Abschiebung der bP nach Armenien eine reale Gefahr einer Verletzung der EMRK bedeuten oder für die bP als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass die bP im Fall einer Rückkehr nach Armenien in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde. Die bP ist eine grundsätzlich arbeitsfähige Person, die über acht Jahre Schulbildung und über Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft verfügt. Sie hat verwandtschaftliche Beziehungen in Armenien.

II.1.5. Länderfeststellungen:

Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der bP werden - im Hinblick auf die erst kürzlich ergangene Entscheidung - die bereits von der belangten Behörde im verfahrensgegenständlichen Bescheid getroffenen länderkundlichen Feststellungen auch der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde gelegt. Eine entscheidungsmaßgebliche Änderung der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat der bP ist seit der Rechtskraft des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts nicht eingetreten.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorlegten Verfahrensakten. Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang sowie die Feststellungen unter Punkt II. ergeben sich aus den Verfahrensakten zum Vorverfahren und zum gegenständlichen Antrag der bP auf internationalen Schutz. Der Aufenthalt von Tanten und Onkeln im Herkunftsland stützt sich auf die Aussage der bP in der mündlichen Verhandlung und ist ein Fehlen aller Verwandten innerhalb eines Jahres mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht zu vereinbaren.

II.2.2. Dass die Identität der bP nicht feststeht, ergibt sich aus dem Umstand, dass sie weder im Vorverfahren noch im gegenständlichen Verfahren unbedenkliche Identitätsdokumente vorgelegt hat.

II.2.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der bP gründen sich auf die vorgelegten Befunde sowie insbesondere das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten vom 25.3.2019. Die amtlich beauftragte Sachverständige hat sich im Zuge der Gutachtenserstattung mit den Vorbefunden der bP, u.a. auch der Stellungnahme vom 18.09.2018, auseinandergesetzt, diese einer fachlichen Würdigung unterzogen und ist zu dem Schluss gekommen, dass die Kriterien einer Posttraumatischen Belastungsstörung derzeit nicht erfüllt sind. Einerseits gäbe es keinen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Symptome und den ev. potentiell traumatischen Ereignissen sowie andererseits keinen kausalen Zusammenhang zwischen den Symptomen und den Ereignissen. Die im Gutachten hierfür dargelegten Gründe werden vom erkennenden Gericht als plausibel und nachvollziehbar erachtet. Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, aus dem vorgelegten Befundbericht vom 02.04.2019 gehe hervor, dass die bP an einer PTBS leide, und des Weiteren ausführt, die vorgelegten Befunde stammten allesamt von Fachärzten, die aufgrund ihrer behandelnden Tätigkeit einen wesentlich intensiveren Einblick in die Krankengeschichte, Beschwerden und Symptome der bP hätten, so ist darauf hinzuweisen, dass aus den vorgelegten Befunden eine zeitlich länger andauernde Behandlung nicht hervorgeht. So ist insbesondere dem genannten Befund vom 02.04.2019 zu entnehmen, dass der Facharzt die bP erst seit dem Tag des Befundberichts behandelt. Eine länger andauernde bzw. besonders intensive Behandlung durch den befundenden Facharzt kann darin nicht erblickt werden. Hinzu kommt, dass der Arzt seine fachlichen Schlussfolgerungen zur Diagnose einer PTBS nicht nachvollziehbar offen legte, sondern sich nach Darstellung der von der bP geschilderten Symptome auf die Diagnosestellung beschränkte. Auch der gutachterlichen Stellungnahme der deutschen Fachärztin für Psychiatrie vom 18.9.2018 geht keine vor diesem Datum liegende Behandlung voraus. Den vorgelegten Ambulanzbefunden einer niederösterreichischen Landesklinik liegen gleichfalls keine längerfristigen Therapien zu Grunde, vielmehr handelt es sich um Kontrollbesuche bzw. ambulante Begutachtungen, denen (vgl. unter Punkt I.2. die Auszüge aus dem jeweiligen Status psychicus) aber zudem eine Stabilisierung des Gesundheitszustandes zu entnehmen ist. So wurde schließlich im Ambulanzbefund vom 8.4.2019 ausgeführt, dass die bP Suizidgedanken verneine, sich von Suizidabsichten distanziere und keine akute Gefährdung im Sinne des UbG verifizierbar wäre. Hervorzuheben ist, dass nunmehr auch PTBS nicht mehr definitiv diagnostiziert, sondern nur mehr Hinweise auf eine PTBS festgestellt wurden.

Dem Vorbringen, die von der belangten Behörde beauftragte Sachverständige sei als Allgemeinmedizinerin zur Gutachtenserstattung ungeeignet, ist zu entgegnen, dass diese als allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige insbesondere für das Fachgebiet Psychotraumatologie in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen ist. Die fachliche Eignung der herangezogenen Gutachterin kann daher nicht in Zweifel gezogen werden. Insgesamt vermochte die Beschwerden den von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand der bP nicht entgegenzutreten.

II.2.4. Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, insbesondere dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation. Das BFA hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt, die in ihren Kernaussagen ein übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, sodass für das erkennende Gericht kein Grund besteht, an der Richtigkeit der Länderberichte zu zweifeln. Angesichts der erst kürzlich ergangenen Entscheidung der belangten Behörde weisen die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität auf. Das BFA hat der bP die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihr zur Wahrung des Rechts auf Parteiengehör die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben, wovon sie jedoch keinen Gebrauch gemacht hat. Auch die gegenständliche Beschwerde trat den Länderberichten nicht entgegen und konnte nicht aufzeigen, dass die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat falsch oder unvollständig seien.

II.2.5. Der Sachverhalt steht folglich bereits aufgrund der Aktenlage außer Zweifel. Das Bundesverwaltungsgericht ist somit in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z 2).

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Zu A)

II.3.1. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides (Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache):

Gemäß § 68 Abs 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs 2 bis 4 AVG findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht die Rechtskraft einer Entscheidung einem neuerlichen Antrag entgegen, wenn keine relevante Änderung der Rechtslage oder des Begehrens vorliegt und in dem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt keine Änderung eingetreten ist (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

Die objektive (sachliche) Grenze dieser Wirkung der Rechtskraft wird durch die entschiedene Sache, also durch die Identität der Verwaltungssache, über die bereits mit einem formell rechtskräftigen Bescheid abgesprochen wurde, mit der im neuen Antrag intendierten bestimmt (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029). Identität der Sache als eine der Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 68 Abs 1 AVG ist dann gegeben, wenn sich der für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt, der dem rechtskräftigen Vorbescheid zugrunde lag, nicht geändert hat. Im Übrigen ist bei der Überprüfung, ob sich der Sachverhalt maßgeblich verändert hat, vom rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne dass dabei dessen sachliche Richtigkeit nochmals zu ergründen wäre, weil die Rechtskraftwirkung ja gerade darin besteht, dass die von der Behörde entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf. Eine andere fachliche Beurteilung unverändert gebliebener Tatsachen berührt die Identität der Sache nicht.

Erst nach Erlassung des Bescheides hervorgekommene Umstände, die eine Unrichtigkeit des Bescheides dartun, stellen keine Änderung des Sachverhaltes dar, sondern bilden lediglich unter den Voraussetzungen des § 69 AVG einen Wiederaufnahmegrund (VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

In Hinblick auf wiederholte Anträge auf internationalen Schutz kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen - berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Relevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Die behauptete Sachverhaltsänderung muss zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Relevanz zukommt (VwGH 09.03.2015, Ra 2015/19/0048). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrages auf Grund geänderten Sachverhalts hat nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Im Rechtsmittelverfahren ist ausschließlich zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass keine wesentliche Sachverhaltsänderung eingetreten ist. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH 29.06.2015, Ra 2015/18/0122).

II.3.2. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren:

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des BFA wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die letzte in der Sache ergangene Entscheidung, gegenständlich das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3.4.2018, Zl. L523 2143374-1/13E.

Wie sich bei einem Vergleich der Verfahrensinhalte des ersten sowie des gegenständlichen Verfahrens zeigt, stützt die bP auch ihren Folgeantrag im Wesentlichen auf Drohungen durch ihren Ex-Ehegatten. Nunmehr bezieht sich die bP allerdings auf einen Vorfall am 20.6.2017, bei dem ihr Schwager im Zuge eines Besuches in Armenien von ihrem Ex-Ehegatten bedroht worden sei und dieser auch gedroht habe, die bP umzubringen. Die bP habe von diesem Vorfall erst am 27.1.2019 erfahren, weshalb er im vorangegangenen Asylverfahren noch nicht berücksichtigt hätte werden können.

Dazu ist auszuführen, dass nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Folgeverfahren nur neu entstandene Tatsachen, die einen im Vergleich zum rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren geänderten Sachverhalt begründen, zu einer neuen Sachentscheidung führen können, nicht aber solche, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorlagen, aber erst später bekannt wurden ("nova reperta"). Diese sind von der Rechtskraft der über den Erstantrag absprechenden Entscheidung erfasst; die zur Zeit der Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört.

Die geltenden gemachten Sachverhaltsänderungen (Drohungen durch den Ex-Ehegatten der bP) sind - ihren Angaben zufolge - bereits vor der zuletzt ergangenen rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3.4.2018 eingetreten, sodass sie bereits von der Rechtskraft der genannten Entscheidung erfasst werden und allenfalls eine Wiederaufnahme des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 32 VwGVG in Betracht kommt. Der von der bP am 8.1.2018 gestellte Folgeantrag auf internationalen Schutz war daher bereits aus diesem Grund hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs 1 AVG zurückzuweisen.

Soweit die bP in ihrer niederschriftlichen Einvernahme vom 29.1.2019 ihre im Vorverfahren getätigten Sachverhaltsbehauptungen aufrechterhält, ist darauf zu verweisen, dass damit kein wesentlich geänderter Sachverhalt dargetan wird und lediglich die Würdigung des Bundesverwaltungsgerichtes in der vorangegangenen Entscheidung in Frage gestellt und der damals vorgebrachte Sachverhalt bekräftigt wird. Wenn sich die bP weiters auf ihre Erkrankung bezieht, so wird dadurch keine asylrelevante Verfolgung oder Bedrohung behauptet und kommt diesen Umständen damit eine rechtliche Relevanz im Hinblick auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten nicht zu.

Durch die Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.4.2018 wurde rechtskräftig darüber abgesprochen, dass der bP im Falle ihrer Rückkehr nach Armenien weder ein reales Risiko einer Verletzung der durch die Art 2 und 3 EMRK gewährleisteten Rechte drohe, noch die Gefahr der Todesstrafe oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der bP als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestehe bzw. exzeptionelle Umstände vorliegen würden. Die Rechtskraft dieser Entscheidung wäre daher nur durchbrochen, wenn die bP im gegenständlichen Folgeverfahren den Beweis des - in ganz Armenien bestehenden - realen Risikos einer derartigen Behandlung bzw. des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände erbracht hätte.

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art 2 oder 3 MRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Nach der ständige Judikatur des EGMR obliegt es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde - grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 MRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 MRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 MRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Die bP hat derartige Umstände in ihrem Herkunftsstaat Armenien nicht behauptet. Auch sonst sind im Verfahren keine Hinweise auf eine Änderung der Sicherheits- und Versorgungslage in Armenien hervorgekommen, die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde. Besondere, in ihrer Person gelegene Umstände, aus denen gerade im Falle der bP ein höheres Risiko einer Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung bzw. einer Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der bP gegeben wäre, sind nicht ersichtlich.

Hinzutritt, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Statusrichtlinie 2011/95/EU widerspricht, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen (VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461). Die bP hat keine derartige Bedrohung dargelegt.

Mit dem gegenständlichen Folgeantrag auf internationalen Schutz wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche entscheidungsrelevante Änderung der Sach- und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs 1 AVG verhindert werden soll.

II.3.3. Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Nichterteilung eines Aufenthaltstitels, Rückkehrentscheidung, Abschiebung nach Armenien):

II.3.3.1. Auszug aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften

Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. (Abs 1)

Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. (Abs 1a) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. (Abs 2) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt. (Abs 3) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde. (Abs 4)

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; 4. der Grad der Integration; 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit; 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren; 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß § 57 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (Abs 1 Z 1 bis 3 leg. cit.) zu erteilen

II.3.3.2. Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren

Die bP befindet sich seit Februar 2015 im Bundesgebiet, wobei ihr Aufenthalt nicht im obigen Sinne geduldet ist. Sie ist weder Zeugin noch Opfer strafbarer Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt, sodass die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung auch nicht zum Schutz vor weiterer Gewalt notwendig ist. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen daher nicht vor; dies wurde im Verfahren auch nicht behauptet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass eine Entscheidung nach § 68 AVG als eine solche zu betrachten ist, die (auch) in Anwendung der §§ 3 und 8 AsylG 2005 ergangen ist, und mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082).

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

Hinsichtlich der im konkreten Fall vorzunehmenden Interessenabwägung aufgrund der durch eine Abschiebung in den Herkunftsstaat bewirkten Trennung der bP von ihrem Ehegatten und Stiefsohn bzw. dessen Familie ist grundsätzlich auf das in Rechtskraft erwachsene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.04.2018 zu verweisen.

Für die bP spricht, dass sie strafrechtlich unbescholten ist und mit einem in Österreich aufenthaltsberechtigten armenischen Staatsangehörigen verheiratet ist, der einen leiblichen, aus einer früheren Beziehung stammenden, erwachsenen Sohn hat.

Dem stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, wobei im konkreten Fall Folgendes miteinzubeziehen ist: Die bP reiste spätestens am 3. Februar 2015 unrechtmäßig in Österreich ein und stellte ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz. Ab diesem Zeitpunkt stützte sich ihr Aufenthalt ausschließlich auf das Asylrecht. Ab 4.5.2015 bestand ein gemeinsamer Wohnsitz mit ihrem zweiten Ehemann, einem armenischen Staatsbürger, den sie in Österreich im März 2016 ehelichte. Der erste Antrag auf internationalen Schutz wurde im April 2018, sohin nach einer Gesamtverfahrensdauer von rund drei Jahren im Rechtsmittelweg vom Bundesverwaltungsgericht zur Gänze rechtskräftig negativ abgewiesen. Die bP leistete der gleichzeitig mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts verfügten Ausweisung nicht Folge, sondern verblieb unrechtmäßig und ohne Aufenthaltsrecht weiterhin in Österreich. Im September 2018 reiste sie nach Deutschland, von wo sie im Jänner 2019 mit einem Laissez-passer nach Österreich überstellt wurde. Trotz rechtskräftiger Abweisung ihres ersten Antrags auf internationalen Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellte sie hierauf in Österreich einen Folgeantrag. Die bP ist nicht erwerbstätig und lebt von der Grundversorgung bzw. unter anderem auch von der Unterstützung des Ehegatten in Naturalien, woraus sich ergibt, dass der Ehegatte selbst nicht auf eine finanzielle Unterstützung der bP angewiesen ist. Die rechtsfreundlich vertretene bP hat nicht substantiiert dargelegt, dass zwischen ihr und ihrem Ehemann und Stiefsohn ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis besteht, diese auf speziell ihre Hilfe angewiesen wären, und ergeben sich auch keine Hinweise darauf, dass die tatsächliche Wahrnehmung der Rechtsposition des Ehegatten dadurch beeinträchtigt wäre, wenn der bP ein Aufenthaltsrecht in Österreich versagt wird. Die bP zeigte auch nicht auf, dass sie nicht in der Lage wäre, ohne Unterstützung durch ihren Ehegatten ein eigenständiges Leben zu führen. Sie gab lediglich an, er würde sie anrufen und nachfragen, ob sie ihre Medikamente genommen und etwas gegessen habe. Es liegen keine Umstände vor, die darauf schließen lassen, dass die bP von der Unterstützung ihres Ehegatten abhängig wäre. Die bP verfügt - trotz ihres über vier Jahre andauernden Aufenthalts in Österreich - nur über geringe Deutschkenntnisse. Es wurden keine besonderen Bindungen zu Österreich behauptet; die bP ist nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation.

Die bP verbrachte den Großteil ihres Lebens in Armenien; dort halten sich Onkeln und Tanten der bP auf. Hinweise darauf, dass sie von diesen keine Unterstützung erfahren werde, liegen nicht vor. Es deutet auch nichts darauf hin, dass es der bP bei einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Die bP ist armenische Staatsangehörige und mit den dortigen Gebräuchen und Sitten vertraut. Es kann nicht gesagt werden, dass sie aufgrund ihres viereinhalbjährigen Aufenthalts in Österreich ihrem Kulturkreis völlig entrückt wäre und es ihr nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Die bP stammt aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, aus denen die bP daran gehindert wäre, in Armenien einer Berufstätigkeit nachzugehen und ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die bP verfügt über acht Jahre Schulbildung und über Arbeitserfahrung in der Landwirtschaft. Dass die bP aufgrund ihrer Erkrankung nicht arbeitsfähig sei, konnte nicht festgestellt werden. Die psychischen Erkrankungen der bP sind in Armenien behandelbar, Psychopharmaka werden kostenlos an registrierte psychisch kranke Patienten abgegeben. So ist den Länderfeststellungen zufolge die Behandlung von Depressionen und auch eines Posttraumatischen Belastungssyndroms (PTSB) auf gutem Standard gewährleistet und erfolgt kostenlos. Die bP gehört damit keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass er in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger wäre als die übrige armenische Bevölkerung. Aufgrund dieser Überlegungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle der Rückkehr in ihren Heimatstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine über allfällige Anfangsschwierigkeiten hinausgehende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät. Es ist der bP bei der Rückkehrentscheidung auch nicht verwehrt, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen wieder in das österreichische Bundesgebiet zu ihrem Ehegatten und Stiefsohn zurückzukehren.

Im Rahmen einer Abwägung dieser Umstände im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen der bP im Sinne des Art 8 Abs 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen würden. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet deren persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Ein Organisationsverschulden des österreichischen Staates im Hinblick auf die Verfahrensdauer konnte nicht festgestellt werden.

Soweit die bP ihren Gesundheitszustand thematisiert, ist zudem festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung der Höchstgerichte im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. u.a. Beschlüsse des VwGH vom 21. Februar 2017, Ro 2016/18/0005 und Ra 2017/18/0008 bis 0009).

Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch bei Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier auf die Application no. 7702/04 by SALKIC and others against Sweden hingewiesen, wo die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina bejaht wurde, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig unterlegen war. Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der bP keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Armenien belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen lebensbedrohlicher oder mit schwerem Leiden verbundene Erkrankungen ersichtlich. Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso Erk. des AsylGH vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E mwN). Im gegenständlichen Fall sei auch auf den Beschluss des VfGH vom 3.9.2009, U1302/09-10 hingewiesen, in dem mit Hinweis auf seine bisherige Judikatur die Behandlung der Beschwerde gegen das Erk. des AsylGH GZ E10 258.448-3/2009 mit dem Hinweis auf die grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von psychischen Erkrankungen vor dem Hintergrund der in Armenien bestehenden Behandlungsmöglichkeiten abgewiesen wurde.

Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen und Ausführungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass eine Abschiebung nach Armenien unzulässig wäre. Dies wurde in der Beschwerde auch nicht geltend gemacht.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen

II.3.4. Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides (Ausreisefrist):

Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides stützt sich rechtskonform auf die Bestimmung des § 55 Abs 1a FPG in Verfahren, in denen ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde, und war daher zu bestätigen

II.3.5. Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot):

Gemäß § 53 Abs 1 FPG kann vom Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Abs 2 und Abs 3 FPG enthalten beispielhaft aufgezählte Umstände, die beschreiben, wann der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art 8 Abs 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Gemäß Art 11 lit b der Rückführungs-RL gehen Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einher, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung einhergehen.

Die belangte Behörde begründete das erlassene Einreiseverbot im Wesentlichen damit, dass im konkreten Fall eine zurückweisende Entscheidung gemäß § 68 AVG getroffen worden sei. Es würde ein unbegründeter und missbräuchlicher Asylantrag aus einem sicheren Herkunftsstaat vorliegen, der jedenfalls auch eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit indiziere. Zudem sei die bP ihrer Ausreiseverpflichtung aus der rechtskräftigen Entscheidung nicht nachgekommen.

Die Beschwerde führte hinsichtlich des erlassenen Einreiseverbotes aus, es könne nicht von Rechtsmissbräuchlichkeit ausgegangen werden, die bP habe in ihrem Folgeantrag neue Asylgründe geltend gemacht. Auch wenn sich die bP unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, habe sie kein weiteres Fehlverhalten gesetzt.

Der belangten Behörde ist von Seiten des erkennenden Gerichtes nicht entgegenzutreten, wenn sie zur Auffassung gelangt, dass der gegenständliche Folgeantrag ausschließlich in der Absicht gestellt wurde, den Aufenthalt im Bundesgebiet zu verlängern. So ist in diesem Zusammenhang besonders auffällig, dass die bP ihren Folgeantrag bereits am 8.1.2019 gestellt hat, in der Beschwerde jedoch angibt, erst am 27.1.2019 vom einzigen neuen, allenfalls asylrelevanten Sachverhalt (Bedrohung ihres Schwagers durch den Ex-Ehegatten) erfahren zu haben. Bei der Antragstellung gab sie zu ihren Flucht- und Asylgründen befragt lediglich an: "Ich möchte hier bleiben weil meine Familie hier lebt und weil ich psychisch krank bin. ich habe keine neuen Fluchtgründe." Die belangte Behörde ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass die bP den gegenständlichen Folgeantrag - nachdem ihr Erstantrag mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3.4.2018 rechtskräftig abgewiesen worden war - ausschließlich zur Verlängerung ihres Aufenthaltes in Österreich gestellt hat, ohne jedoch (neue) Asylgründe geltend machen zu können. Die belangte Behörde konnte daher zu Rec

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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