TE Vfgh Erkenntnis 1996/2/29 V170/95, V171/95

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Veröffentlicht am 29.02.1996
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Allg
Flächenwidmungsplan der Gemeinde Stubenberg idF der Beschlüsse vom 29.05.91. 17.06.91 und 03.02.92

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit der Widmung von Grundstücken als "Freiland" trotz Verbauung der Nachbargrundstücke; öffentliches Interesse an Verhinderung der Zersiedelung des Gebiets rund um einen Badesee

Spruch

Der Flächenwidmungsplan der Gemeinde Stubenberg/Bezirk Hartberg in der Fassung der Beschlüsse des Gemeinderates vom 29. Mai 1991, 17. Juni 1991 und 3. Feber 1992, genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Feber 1992, GZ 03-10 St 10-92/49, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Feber bis 2. März 1992, wird nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu Zl. B1543/92 und B1416/93 Beschwerdeverfahren anhängig, denen folgende Sachverhalte zugrundeliegen:

a) Mit dem von M K zu Zl. B1543/92 beim Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung wurde ihre Vorstellung gegen einen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Stubenberg abgewiesen; mit diesem im Gemeindeinstanzenzug ergangenen Bescheid war dem Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück 864/4 KG Stubenberg wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan (das Grundstück sei als "Freiland" gewidmet) keine Folge gegeben worden.

Mit dem von H M zu Zl. B1416/93 beim Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung wurde seine Vorstellung gegen einen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Stubenberg abgewiesen; mit diesem im Gemeindeinstanzenzug ergangenen Bescheid war das Ansuchen des Beschwerdeführers um Bewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück 383/8 KG Vockenberg (Gemeinde Stubenberg) abschlägig erledigt (Spruchteil 1) und ihm der Auftrag erteilt worden, binnen acht Wochen die auf dem Grundstück befindlichen baulichen Teile zu entfernen (Spruchteil 2). Das Bauvorhaben stehe in Widerspruch zum Flächenwidmungsplan; das Grundstück sei als "Freiland" ausgewiesen.

Der nähere Sachverhalt ergibt sich aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1995, V53,54/95.

b) In den gegen die erwähnten Vorstellungsbescheide gerichteten, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden behaupten die Einschreiter die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen (insbesondere des Flächenwidmungsplanes Stubenberg); sie beantragen die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide, hilfsweise die Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof.

2.a) Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß der beiden vorliegenden Beschwerden am 9. März 1995 beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Stubenberg/Bezirk Hartberg in der Fassung der Beschlüsse des Gemeinderates vom 29. Mai 1991, 17. Juni 1991 und 3. Feber 1992, genehmigt mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. Feber 1992, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 13. Feber bis 2. März 1992, (im folgenden: FlWPl. Stubenberg) einzuleiten.

b) Mit Erkenntnis vom 2. Oktober 1995, V53,54/95, hob er den FlWPl. Stubenberg nicht als gesetzwidrig auf.

Die Bedenken im Prüfungsbeschluß vom 9. März 1995 ob der Gesetzmäßigkeit des FlWPl. Stubenberg waren dahin gegangen, daß ausgerechnet und nur die Grundstücke 864/4 KG Stubenberg (Fall K) und 383/8 KG Vockenberg (Fall M) nicht als Bauland ausgewiesen worden seien, obgleich die angrenzenden Liegenschaften als Bauland gewidmet seien, sodaß die Grundstücke 864/4 und 383/8 geradezu eine Freiland-Enklave im Bauland darstellten. Diese Annahme hatte sich im Zuge des Verordnungsprüfungsverfahrens als unzutreffend herausgestellt. Zwar sind die Nachbargrundstücke der beiden Liegenschaften verbaut. Diese Verbauung erfolgte jedoch noch vor dem Inkrafttreten des ersten Flächenwidmungsplanes 1985. Nicht nur die Grundstücke 864/4 und 383/8, sondern auch die sie umgebenden sind aber derzeit als "Freiland" ausgewiesen und waren bereits im ersten Flächenwidmungsplan 1985 als "Freiland" gewidmet.

3. Der Verfassungsgerichtshof hat am 9. Oktober 1995 beschlossen, neuerlich ein Verfahren gemäß Art139 Abs1 B-VG zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit des FlWPl. Stubenberg einzuleiten, und zwar aufgrund anderer Bedenken als der im Prüfungsbeschluß vom 9. März 1995 geäußerten.

Der Verfassungsgerichtshof ging im zweiten Prüfungsbeschluß davon aus, daß die Nachbargrundstücke des Gst. 864/4 KG Stubenberg (K), nämlich die Grundstücke 864/2, 864/3, 864/5, 863/5, 863/6 und 864/6, sowie die Nachbargrundstücke des Gst. 383/8 KG Vockenberg (M), nämlich 383/6, 383/7, 383/4, 383/3, 383/5 und 383/2, bereits im Jahre 1985, als erstmals ein Flächenwidmungsplan für die Gemeinde Stubenberg erlassen wurde, verbaut waren oder zumindest - so wie für die den beschwerdeführenden Parteien gehörenden Grundstücke - eine Widmungsbewilligung zur Errichtung eines Wohnhauses vorgelegen sei; dennoch sei im FlWPl. 1985 für all diese Liegenschaften die Widmung "Freiland" festgelegt und daran in der Folge nichts geändert worden.

Auf der Basis dieses Sachverhaltes hegte der Verfassungsgerichtshof das Bedenken, daß der FlWPl. Stubenberg dem Steiermärkischen Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. 127, zuletzt geändert durch die Novelle LGBl. 41/1991, (Stmk. ROG), widerspreche. Er führte dazu in seinem Prüfungsbeschluß vom 9. Oktober 1995 aus:

"Einerseits scheint sich aus §1 Abs2, §4 Abs1 und §18 Abs1 dieses Gesetzes zu ergeben, daß bei Festlegung der einzelnen Widmungsarten im Flächenwidmungsplan auf die gegebenen Strukturverhältnisse und die bestehenden Gegebenheiten, also auch auf den vorhandenen Baubestand und die bereits erteilten Widmungsbewilligungen Bedacht zu nehmen ist. Andererseits schreibt das Stmk. ROG vor, daß der Flächenwidmungsplan u.a. eine Zersiedelung der Landschaft (§3 Abs12, §23 Abs1 Z4) und die Verbauung von nicht aufgeschlossenen Gebieten (§23 Abs1 Z2 und 3) zu vermeiden hat.

Dem §21 Abs3 zufolge hat das örtliche Entwicklungskonzept (und darauf fußend der Flächenwidmungsplan) die (allenfalls gegenläufigen) Entwicklungsziele der Gemeinde aufeinander abgestimmt festzulegen. Diesem Gesetzesauftrag scheint der Gemeinderat der Gemeinde Stubenberg bei Erlassung des FlWPl. 1985 nicht nachgekommen zu sein, obgleich hierin die besondere Bedeutung des örtlichen Entwicklungskonzeptes und des Flächenwidmungsplanes als wesentliche Instrumente der Steuerung der geordneten Entwicklung liegt (vgl. Hauer, Steiermärkisches Baurecht, 2. Aufl., 1993, Anm. 5 zu §21 ROG). Der Gemeinderat dürfte den (ersten) FlWPl. Stubenberg 1985 (der seither im hier maßgebenden Umfang nicht geändert wurde) nicht aufgrund ausreichender Entscheidungsgrundlagen erlassen und nicht sorgfältig genug abgewogen haben, weshalb er die bestehenden baulichen Gegebenheiten gegenüber den anderen Raumordnungszielen völlig in den Hintergrund treten ließ.

Weder hat sohin der Gemeinderat - so nimmt der Verfassungsgerichtshof im Rahmen einer vorläufigen Beurteilung an - das für die Erlassung eines Flächenwidmungsplanes vorgesehene Verfahren eingehalten (vgl. zB VfSlg. 8280/1978 und die diesem Erkenntnis folgende reichhaltige weitere Judikatur) noch scheint der FlWPl. Stubenberg inhaltlich dem Stmk. ROG (s. insbesondere §§18 ff. leg.cit.) zu entsprechen."

4. Zu diesem (zweiten) Prüfungsbeschluß vom 9. Oktober 1995 erstatteten der Gemeinderat der Gemeinde Stubenberg und die Steiermärkische Landesregierung Äußerungen, in denen sie die Gesetzmäßigkeit des FlWPl. Stubenberg verteidigen:

a) Der Gemeinderat legt eine mit 23. November 1995 datierte, von jenem Ziviltechniker, der seinerzeit den Entwurf des FlWPl. Stubenberg erstellt hatte, verfaßte Stellungnahme vor. Offenkundig identifiziert sich der Gemeinderat mit dieser Stellungnahme.

aa) Darin wird zur Erstellung des FlWPl. Stubenberg im allgemeinen ausgeführt:

"..... Diesem Gebot '(nämlich jenem des §4 Abs1 Stmk. ROG, wonach die Gemeinde für die örtliche Raumplanung eine Bestandsaufnahme vorzunehmen hat)' ist in ausreichender Weise sowohl in der Bestandsaufnahme und deren Auswertung in den örtlichen Entwicklungskonzepten der Gemeinde für 1985 und für 1991 Rechnung getragen worden. Die Erhebung aller relevanten Daten und deren Analyse wurde im ÖEK 1991 dargestellt (Erläuterungsbericht) und in den §§1 bis 3 in Ziele und Maßnahmen der Örtlichen Raumordnung gefaßt, welche vom Gemeinderat einstimmig beschlossen und kundgemacht worden sind. (ÖEK 1985, 1991)

Zur Ermittlung des Baulandbedarfes wurden herangezogen, bzw. ermittelt:

Z die Veränderungen in der Bevölkerungszahl und deren Zusammensetzung,

(Abschnitt 3 des ÖEK 1991)

Z die Bautätigkeit in der Gemeinde über einen Zeitraum von 10 Jahren (1980 bis 1989), als wichtigster Indikator für den faktischen Baulandbedarf, (S 55-57 ÖEK 1991 und Anlage I).

Z Die Darstellung des Baubestandes und aller für die Baulandfestlegung relevanten Elemente (Wald, Gewässer, Verkehrsflächen, Leitungen, Schutzgebiete, usf.), die im Flächenwidmungsplan auf Grund der Bestimmungen des §22 Abs7 leg.cit. ersichtlich zu machen sind und für welche weitgehende Nutzungsbeschränkungen gelten. (Baubestandspläne West und Ost 1990 M 1:5000, Anlage II/1 und II/2)

Z Darstellung der Baulandwünsche auf dieser Plangrundlage im M 1:5000 sowie deren tabellarische Erfassung. Diese Pläne sind nach Katastralgemeinde zusammengefaßt und waren Grundlage für die Begehung des ges.

Gemeindegebietes sowie die Beurteilung dieser Wünsche unter Beachtung der gewachsenen Siedlungsstruktur und den Grundsätzen des Raumordnungsgesetzes.

Ergebnis dieser Erhebungen war die Formulierung der Entwicklungsziele hinsichtlich der Wahrung des Landschaftsbildes und Verbesserung des Ortsbildes als wesentliche Daseinsgrundlage der Gemeindebevölkerung (Eindämmung fortschreitender Zersiedlungstendenzen) und die Formulierung des Siedlungsleitbildes im örtlichen Entwicklungskonzept

(Darstellung Baulandwünsche in Plan und Schrift - Anlage III,-AV vom 31.10.1990 Anlage IV, ÖEK S 50 ff).

Z Erstellung des Entwurfes des Flächenwidmungsplanes Verf.Fall 2.0.1. Revision. Innerhalb der Auflagefrist des Entwurfes zum Flächenwidmungsplan sind Einwendungen erhoben worden (§29 Abs3 Stmk. ROG). Diese Einwendungen wurden im Gemeinderat beraten, wenn nötig in der Natur begangen, und dazu in jedem einzelnen Fall ein Beschluß gefaßt. Die Betroffenen sind schriftlich vom Beschluß mit Begründung in Kenntnis gesetzt worden

(Liste der Einwendungen als Beratungsgrundlage - für den Gemeinderat - Anlage V)."

bb) Zur Widmung der Grundstücke der Beschwerdeführer der Anlaßverfahren (K und M) im besonderen geben der Planverfasser (und mit ihm der Gemeinderat) auszugsweise folgende Erklärung ab:

"1. Entscheidungsgrundlagen in der Sache F und M K, KG.

Stubenberg, Grdstk.Nr. 864/4:

(s. Begehungsplan Anlage III/1-KG Stubenberg, Blatt 2, Fall Nr. 8)

Das Grundstück 864/4 ist Teil eines Siedlungsansatzes von insgesamt fünf Grundstücken, von welchen auf dem Grundstück Nr. 864/2 seit über 30 Jahren ein Wohnhaus besteht, während auf den Grundstücken 864/3, 864/5 und 864/6 Feriendomizile vor Wirksamkeitsbeginn des Flächenwidmungsplanes 1985 (Stammplan) errichtet worden sind.

In der Nähe befindet sich das Grdstk. Nr. 924/7 und das Grdstk. Nr. 988/12 (Trennstück von 988/1), im Begehungsplan mit Nr. 17 und 18 bezeichnet. Zum Zeitpunkt der Beschlußfassung des Flächenwidmungsplanes 1. Revision (1991) bestanden für die angeführten Grundstücke - wie auch für eine Anzahl anderer in den vier Katastralgemeinden - noch nicht durch Baubescheide konsumierte Widmungsbewilligungen, welche ebenfalls als Freiland festgelegt worden sind.

Dem Ansuchen um Aufnahme ins Bauland konnte aus folgenden Gründen nicht nachgekommen werden:

Z In der Gemeinde wurden - insbesondere seit Fertigstellung des Badesees im Jahre 1970 - zahlreiche Grundstücke mit Zweitwohnsitzen bzw. Wohnbauten für sog. weichende Erben bebaut, häufig in isolierten Freilandbereichen. Diese Zersiedlung der sonst intakten und überwiegend von bäuerlichen Anwesen geprägten Landschaft führte zumehmend zu einer Bedrohung des Landschaftsbildes. Eine wirksame Eindämmung war erst mit dem Flächenwidmungsplan 1985 gegeben.

Z Hätte man die o.a. Bebauungsenklaven im Sinne von §23 Abs2 leg.cit. als sog. Auffüllungsgebiet im Flächenwidmungsplan ausgewiesen, wäre der Gemeinderat vor dem Problem gestanden ähnlichen Wünschen im gesamten Gemeindegebiet nachzukommen, womit jedenfalls das Planungsziel in dieser Hinsicht zur Gänze verfehlt worden wäre.

(s. Anträge zur Aufnahme ins Bauland - Anlage)

Z Die sehr große Entfernung zu den zentralen

Einrichtungen der Gemeinde im Ort Stubenberg (4 km Luftlinie) und die damit verbundenen unverhältnismäßig hohen öffentlichen - und auch privaten - Aufwendungen für die Errichtung, den Betrieb und die Instandhaltung der techn. Infrastruktur (Straßen und Wege, Wasserversorgung, Kanalisation - auch wenn diese nicht leitungsgebunden erfolgt - und Energie, sowie die Beseitigung

von Schadstoffen u.ä.). Da diese Aufwendungen

aus dem öffentlichen Haushalt, bzw. im Umlageverfahren aufzubringen sind, wäre dies mit einer entsprechenden Mehrbelastung der übrigen Gemeindemitglieder verbunden.

.....

Z Den Raumordnungsgrundsätzen nach §3 Abs12 leg.cit. war hier, wie auch in zahlreichen anderen Fällen, Vorrang gegenüber dem Einzelinteresse einzuräumen, um dem Planungsziel einer geordneten Verbauung und dem Schutz des Landschaftsbildes durch Vermeidung von Splittersiedlungen zu entsprechen.

.....

Z Die Widmungsbewilligung an sich war daher gegenüber dem Planungsziel ein nachrangiges Kriterium.

.....

Da es sich im gegebenen Fall allenfalls um einen Schaden als Folge des Planungsermessens der Gemeinde handelt, hat der Gesetzgeber das Institut der Entschädigung nach §34 leg.cit. geschaffen. Davon wurde von den Betroffenen allerdings nicht Gebrauch gemacht.

2. Die Entscheidungsgrundlagen in der Sache H M, KG. Vockenberg Grdstk. Nr. 383/8.

Für die Entscheidung des Gemeinderates das Grundstück als Freiland im Flächenwidmungsplan 2.0 1992 auszuweisen gelten im wesentlichen die Ausführungen zur Sache K mit folgenden Ergänzungen:

Z Da der Flächenwidmungsplan 2.0 erst am 3. März 1992 in Kraft getreten ist hätte Herr M seine aufrechte Baubewilligung jedenfalls bis zum Ablauf der fünfjährigen Bewilligung am 9. November 1986 konsumieren können.

Z Er hat auch weder im Zuge der Einleitung zur Revision einen Antrag auf Aufnahme ins Bauland, noch eine Einwendung gegen den Entwurf des Flächenwidmungsplanes 2.0 eingebracht.

Z Lt. Bekanntgabe der Forstbehörde, bzw. gemäß Ausweisund im Kataster ist das in Rede stehende Grundstück Waldfläche. Seine Verwendung als Bauland unterliegt dem Forstgesetz 1975. Aus der Sicht des Gemeinderates bestand aus den dargelegten Gründen kein Anlaß eine andere Nutzungsart aus Gründen des öffentlichen Interesses festzulegen.

Stubenberg hat, ehe noch das Instrumentarium des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974 zur Verfügung stand, mit der örtlichen Raumplanung begonnen, um die explosiv einsetzende Siedlungsentwicklung als Folge der Errichtung des Badesees im Jahre 1970 in raumordnungspolitisch vertretbare Bahnen zu lenken. Diese Arbeiten wurden unter Mitwirkung und Kontrolle aller maßgebenden Dienststellen der Stmk. Landesregierung durchgeführt.

Der Gemeinderat hat - gegen erhebliche Widerstände - dem Planungsziel der Erhaltung des für den sich entwickelnden Fremdenverkehr so wesentlichen Landschaftsraumes und dem Gebot nur dort Bauland auszuweisen, wo eine dem Stand der Technik entsprechende Beseitigung der Abwässer auf Dauer gewährleistet ist, im Örtlichen Entwicklungskonzept 1991 und dem Flächenwidmungsplan 1992 Rechnung getragen. Eine allfällige Außerkraftsetzung dieser Instrumente der örtlichen Raumordnung hätte für die betroffene Gemeinde, aber auch für andere in ähnlicher Lage, unabsehbare Folgen hinsichtlich der Akzeptanz dieser Pläne und dem Verständnis für die Notwendigkeit raumordnungspolitischer Maßnahmen im Gemeinderat und der Bevölkerung."

b) Die Steiermärkische Landesregierung erhebt die vorstehende Äußerung des Gemeinderates zu ihrer Stellungnahme und fügt bei:

"Nach ha. Ansicht hatte die Gemeinde Stubenberg bei der Erlassung des 1. Flächenwidmungsplanes sowie bei der Revision auf Grund der Bestimmungen der §§1 Abs1, 4 Abs1 und 18 Abs1 des Stmk. Raumordnungsgesetzes 1974 unter anderem auf die gegebenen Strukturverhältnisse und auf die (bestehenden) natürlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten, also auch auf die zum Zeitpunkt der Planerstellung tatsächlich bestehende Verbauung bzw. erfolgte Widmung von Grundstücken Bedacht zu nehmen. Das bedeutet aber nicht, daß der Verordnungsgeber im Wege dieser Flächenwidmungspläne unbedingt den bestehenden Bestand hätte festschreiben müssen; vielmehr hat er im Rahmen der vom Raumordnungsgesetzgeber aufgestellten Richtlinien sowie im Rahmen der vorgegebenen Ziele des örtlichen Entwicklungskonzeptes die künftig gewünschte Verwendung der einzelnen Grundflächen festzulegen. Auf Grundlage der im örtlichen Entwicklungskonzept festgelegten Entwicklungsziele der Gemeinde Stubenberg vermeint die Aufsichtsbehörde, daß sie im Sinne der Judikatur von ihrem Planungsrecht Gebrauch gemacht hat, aus mehreren gesetzmäßigen Planungsmöglichkeiten eine zwar für den Einzelnen subjektiv schlechtere, aber für die Allgemeinheit höherwertigere und durch die nachvollziehbaren Grundlagen gesetzmäßige Planungsmaßnahme gewählt zu haben.

Nach ha. Ansicht hat sich der Gemeinderat der Gemeinde Stubenberg somit im Rahmen des ihm zugebilligten Planungsermessens bewegt, sodaß die vom Hohen Verfassungsgerichtshof angeführten Bedenken gegen den Flächenwidmungsplan Revision 2.0 1991 der Gemeinde Stubenberg nicht zutreffen."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Verordnungsprüfungsverfahren ist zulässig, weil sämtliche Prozeßvoraussetzungen gegeben sind.

Präjudiziell ist - wie im Prüfungsbeschluß vorläufig angenommen wurde - der gesamte FlWPl. Stubenberg. Der Verfassungsgerichtshof verweist hiezu auf sein Erkenntnis vom 2. Oktober 1995, V53,54/95 (s.o. I.2).

2. Die erstatteten Äußerungen (s.o. I.4) und die hiezu vorgelegten (darin erwähnten) Unterlagen haben die vom Verfassungsgerichtshof im zweiten Prüfungsbeschluß (s.o. I.3) geäußerten Bedenken zerstreut:

a) Dem Gemeinderat standen (ausgehend von einer Grundlagenforschung) Bestandsaufnahmen (§4 Abs1 Stmk. ROG) zur Verfügung, aufgrund derer er sowohl für den ersten FlWPl. 1985 als auch für dessen im Jahre 1991 erfolgte Revision örtliche Entwicklungskonzepte erstellte (§21 Abs1 Stmk. ROG). Diese bildeten die Grundlagen für den FlWPl. 1985 und dessen Revision 1991. Es ergaben sich auch keine Anhaltspunkte dafür, daß die im §29 Abs1 leg.cit. vorgesehenen weiteren Vorschriften über das Verfahren zur Erlassung des Flächenwidmungsplans nicht eingehalten worden wären.

b) Aus dem Zusammenhalt von §1 Abs2, §4 Abs1, §18 Z1, §21 Abs1 und §22 Abs1 Stmk. ROG ergibt sich einerseits, daß bei Festlegung der einzelnen Nutzungsarten im Flächenwidmungsplan u. a. auf die gegebenen Strukturverhältnisse und auf die bestehenden Gegebenheiten, also auch auf den vorhandenen Baubestand und die bereits erteilten Widmungsbewilligungen, Bedacht zu nehmen ist.

Andererseits schreibt das Stmk. ROG vor, daß der Flächenwidmungsplan u.a. eine Zersiedelung der Landschaft (§3 Abs12, §23 Abs1 Z4) und die Verbauung von nicht aufgeschlossenen Gebieten (§23 Abs1 Z2 und 3) zu vermeiden hat.

Die örtliche Raumplanung hat einzelne - einander allenfalls widersprechende - Raumordnungsgrundsätze aufeinander abzustimmen (§18 Z2, §21 Abs3 Stmk. ROG). Planung besteht nicht (unbedingt) im Festschreiben eines bestehenden Zustandes, sondern bedarf der permanenten Anpassung an geänderte Verhältnisse, an neue Gegebenheiten (§18 Z1, §30 f. Stmk. ROG).

Vor dem Hintergrund dieser Gesetzeslage kann hier dem Verordnungsgeber nicht vorgeworfen werden, er hätte sein Planungsermessen überschritten:

Obgleich für die beiden in Rede stehenden Grundstücke zum Zeitpunkt der Erlassung des (ersten) Flächenwidmungsplans 1985 Widmungsbewilligungen bestanden und die Nachbargrundstücke verbaut waren, kann dem Verordnungsgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er unter den gegebenen Umständen beide Gebiete als "Freiland" ausgewiesen hat. Stubenberg ist nämlich aufgrund des im Gemeindegebiet liegenden großen Badesees eine Gemeinde, für die der Fremdenverkehr außerordentlich bedeutsam erscheint und die für die Errichtung von Zweitwohnsitzen besonders attraktiv ist. Daher hat der Verordnungsgeber den ihm von Gesetzes wegen eingeräumten Spielraum nicht verlassen, wenn er davon ausgegangen ist, diese Umstände erforderten zum einen, das natürliche Landschaftsbild weitestmöglich zu erhalten, zum anderen, die Zersiedelung durch Wohnhäuser zu verhindern, und wenn er deshalb zum Schluß gelangte, es sei besonders wichtig, dem Druck, Bauland-Enklaven zu schaffen, konsequent entgegenzuwirken.

Der Gemeinderat hat also im Sinne des Gesetzes die privaten Interessen an der Bebauung von Grundflächen gegen die öffentlichen Interessen, eine Zersiedelung zu verhindern, gegeneinander derart abgewogen, daß er den letzteren den Vorzug gegeben hat.

c) Auch die im zweiten Prüfungsbeschluß geäußerten Bedenken treffen sohin nicht zu.

Der FlWPl. Stubenberg war daher nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Verfahren, VfGH / Bedenken, Raumordnung, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1996:V170.1995

Dokumentnummer

JFT_10039771_95V00170_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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