TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/5 W208 2222316-1

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Veröffentlicht am 05.02.2020
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Entscheidungsdatum

05.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §6a Abs1
GEG §6b Abs4
GEG §7 Abs1
GGG Art1 §32 TP1
GOG §89c
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W208 2222316-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen WIEN vom 26.06.2019, GZ 100 Jv 3907/18b-33a, 003 Rev 9742/18w, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am 09.03.2018 brachte die Beschwerdeführerin (BF) eine Mahnklage zu 2 C 278/18b mit einem Streitwert iHv ? 7.000,00 unter gleichzeitigem Antrag auf Verfahrenshilfe - nach Verbesserung der ursprünglich am 27.02.2018 eingebrachten Klage - neuerlich beim Bezirksgericht XXXX (in Folge: BG) ein.

2. Mit Zahlungsauftrag vom 23.04.2018 wurde der BF die Zahlung der Pauschalgebühr nach TP 1 Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 idgF (in Folge: GGG), iHv ? 314,00 (Bemessungsgrundlage: ? 7.000,00) sowie einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz, BGBl. Nr. 288/1962 (in Folge: GEG), iHv ? 8,00, gesamt sohin ? 322,00, vorgeschrieben.

Aufgrund der rechtzeitigen Erhebung einer Vorstellung durch die BF trat der Mandatsbescheid ex lege außer Kraft.

3. Der Verfahrenshilfeantrag wurde mit Beschluss des BG vom 18.01.2019, Zl 2 C 278/18b-27, abgewiesen. Der dagegen erhobene Rekurs wurde vom Landesgericht für Zivilrechtssachen WIEN (in Folge: LG) mit Beschluss vom 15.05.2019, Zl 64 R 33/19d, zurückgewiesen und erwuchs in der Folge in Rechtskraft.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26.06.2019, (zugestellt am 01.07.2019) wurde der BF die Zahlung von Gebühren nach TP 1 GGG iHv ? 314,00 (Bemessungsgrundlage: ? 7.000,00) sowie einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 iHv ? 8,00, gesamt sohin ? 322,00, vorgeschrieben. Begründend wurde ausgeführt, dass aufgrund der durch die - in Ermangelung eines dagegen erhobenen Rechtsmittels - rechtskräftigen Abweisung der Verfahrenshilfe durch Beschluss des LG vom 15.05.2019 der Bund Anspruch auf die Pauschalgebühr zuzüglich Einhebungsgebühr in der genannten Höhe habe.

5. Mit Schriftsatz vom 26.07.2019 (Postaufgabe am 29.07.2019) erhob die BF binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte darin im Wesentlichen vor, dass die Abweisung des Verfahrenshilfeantrages zu Unrecht erfolgt sei. Das Rekursgericht habe aus formalen Gründen das gegen die Abweisung der Verfahrenshilfe erhobene Rechtsmittel gemäß § 89c Abs. 6 GOG zurückgewiesen, da der damalige Rechtsvertreter das Rechtsmittel nicht im elektronischen Rechtsverkehr eingebracht habe. Die Begründung des LG, dahingehend, dass die Nichteinbringung des Rechtsmittels im elektronischen Rechtsverkehr deshalb zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels führe, da bei der damaligen Rechtsvertretung der BF schon öfters Verbesserungsverfahren erforderlich gewesen seien, könne der BF nicht zum Nachteil gereichen. Das LG unterstelle der Bestimmung des § 89c Abs. 6 GOG demnach einen verfassungswidrigen Inhalt und werde angeregt, diese Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof auf deren Verfassungsmäßigkeit (Gleichheitsgrundsatz) zu überprüfen.

6. Mit Schriftsatz vom 05.08.2019 (eingelangt am 12.08.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Fest steht, dass die BF am 09.03.2018 eine Mahnklage mit Streitwert vom ? 7.000,00 zu 2 C 278/18b beim BG eingebracht hat und dadurch eine Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iHv ? 314,00 entstanden ist.

Überdies steht fest, dass dem für dieses Grundverfahren gestellten Verfahrenshilfeantrag der BF nicht stattgegeben wurde und ihr daher keine Verfahrenshilfe zukommt.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des gerichtlichen Grundverfahrens.

Insbesondere ist unstrittig, dass die BF am 09.03.2018 die oben genannte Mahnklage zu 2 C 278/18b beim BG eingebracht hat.

Dass dem Verfahrenshilfeantrag nicht stattgegeben wurde, ergibt sich aus dem rechtskräftigem Beschluss des LG vom 15.05.2019, Zl 64 R 33/19d.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags - der hier ohnehin nicht vorliegt - von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art. 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen und ist auch die Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 idgF (GGG) lauten:

Nach § 7 Abs. 1 Z 1 GGG trifft die Zahlungspflicht bei zivilgerichtlichen Verfahren den Kläger.

Tarifpost (TP 1) Gerichtsgebührengesetz, BGBl. Nr. 501/1984 idgF (in Folge: GGG), legt Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren in abgestufter Höhe nach dem Wert des Streitgegenstandes fest. Für einen Streitwert von ? 3.500,00 bis ? 7.000,00 normiert TP 1 GGG idgF eine Pauschalgebühr iHv ? 314,00.

§ 89c Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl. Nr. 217/1896 idgF (GOG), lautet auszugsweise:

"§ 89c. (1) Für Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr gelten die Bestimmungen über den Inhalt schriftlicher Eingaben; sie bedürfen keiner Gleichschriften und Rubriken. Soweit solche benötigt werden, hat das Gericht die entsprechenden Ausdrucke herzustellen. Eingaben im elektronischen Rechtsverkehr entfalten auch die Rechtswirkungen der Schriftlichkeit im Sinne des § 886 ABGB.

[...]

(5) Nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten sind

1. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie Verteidigerinnen und Verteidiger in Strafsachen,

[...]

(6) Ein Verstoß gegen Abs. 5 oder Abs. 5a ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist."

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Gegenständlich wendet sich die BF gegen die Vorschreibung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iHv ? 314,00 für die Einbringung ihrer Mahnklage am 09.03.2018. Der gleichzeitig mit Einbringung der Mahnklage gestellte Verfahrenshilfeantrag wurde zunächst mit Beschluss des BG vom 18.01.2019 abgewiesen und der dagegen erhobene Rekurs sodann mit rechtskräftigem Beschluss des LG vom 15.05.2019, Zl 64 R 33/19d, zurückgewiesen.

In ihrer Beschwerde macht sie dazu im Wesentlichen geltend, dass ihr die beantragte Verfahrenshilfe im gegenständlichen Grundverfahren zu Unrecht versagt worden sei.

3.3.3. Das von der BF in ihrer Beschwerde geltend gemachte Vorbringen beschränkt sich daher auf die im Grundverfahren getroffene rechtskräftige Entscheidung betreffend die Nichterteilung der Verfahrenshilfe. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Justizverwaltungsbehörde gemäß § 6b Abs 4 GEG an eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung im Grundverfahren (hier: die Nichterteilung der Verfahrenshilfe durch rechtskräftigen Beschluss des LG vom 15.05.2019) gebunden ist und diese nicht mehr im Wege des Verwaltungsverfahrens zur Einbringung der Forderung aufgerollt werden darf, worunter auch die gerichtliche Kostenentscheidung fällt (vgl die in Dokalik, Gerichtsgegühren13 [2017], E 19 wiedergegebene ständige Rechtsprechung, zB VwGH 24.04.2007, 2003/17/0195). Dass dieser Beschluss des LG vom 15.05.2019, mit dem der Antrag auf Verfahrenshilfe zurückgewiesen wurde, nicht in Rechtskraft erwachsen wäre, wird von der BF nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Die Vorschreibung der Pauschalgebühr nach TP 1 GGG iHv ? 314,00 (Bemessungsgrundlage: ? 7.000,00) sowie der Einhebungsgebühr nach § 6a Abs. 1 GEG iHv ? 8,00, gesamt somit ? 322,00, ist daher mangels Gewährung der Verfahrenshilfe zu Recht erfolgt.

3.4. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die von der BF angeregte Beantragung einer Gesetzesprüfung durch den VfGH hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit von § 89 Abs. 6 GOG zu unterbleiben hatte, zumal die genannte Bestimmung im gegenständlichen Verwaltungsverfahren gemäß der oben zitierten Judikatur nicht im Anwendungsbereich des BVwG lag.

3.5. Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellten Grundsatzentscheidungen des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Mahnverfahren Pauschalgebühren Pauschalgebührenauferlegung Rechtskraft der Entscheidung Verfahrenshilfeantrag Verfahrenshilfe-Nichtgewährung Zivilprozess

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2222316.1.00

Im RIS seit

20.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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