TE Bvwg Beschluss 2020/2/6 G314 2220089-1

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Veröffentlicht am 06.02.2020
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Entscheidungsdatum

06.02.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G314 2220089-1/17Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER im Verfahren über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.05.2019, Zl. XXXX:

A) Die Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 04.09.2019, vom 17.12.2019 und vom 03.02.2020 werden zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (BF), ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina mit serbischer Muttersprache, ist seit XXXX mit der kroatischen Staatsangehörigen XXXX (zuvor XXXX) verheiratet. Am 30.03.2016 wurde ihm eine Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers ausgestellt. Der Ehe entstammt die am XXXX geborene XXXX, die die kroatische und die bosnisch-herzegowinische Staatsangehörigkeit hat.

Am XXXX.03.2019 wurde der BF im Bundesgebiet verhaftet; danach wurde er in der Justizanstalt XXXX in Untersuchungs- bzw. Strafhaft angehalten. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, XXXX, wurde er wegen der Vergehen der gefährlichen Drohung (§ 107 Abs 1 und 2 StGB) und des unerlaubten Waffenbesitzes (§ 50 Abs 1 Z 1 WaffG) zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt; davon wurde ein sechsmonatiger Strafteil für eine dreijährige Probezeit bedingt nachgesehen. Der Verurteilung liegt zugrunde, dass er am 09.03.2019 mehrere Besucher eines Lokals mit einer Faustfeuerwaffe, die er durch demonstratives Repetieren vor den Opfern durchlud und mit ausgestrecktem Arm gegen sie richtete, mit dem Tod bedrohte und unbefugt, wenn auch nur fahrlässig, eine Schusswaffe der Kategorie B besaß und führte.

Mit dem Bescheid vom 15.05.2019 erließ das BFA gegen den BF aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung ein dreijähriges Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I.), erteilte keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.). Letzteres wurde damit begründet, dass seine sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geboten sei, weil er nur durch seine Verhaftung an der Fortsetzung seiner Straftaten habe gehindert werden können und sein Verhalten die Grundinteressen der Gesellschaft massiv verletze. Sein Interesse an einem Aufenthalt in Österreich trete hinter das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit zurück.

Nach der Zustellung dieses Bescheids an den BF wurde gegen ihn mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX, XXXX, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG eine zwölfmonatige Freiheitsstrafe als Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf die vorangegangene Verurteilung erlassen. Dies basiert darauf, dass er zwischen August 2018 und Jänner 2019 anderen insgesamt 250 g hochwertiges Kokain (beinhaltend rund 195 g reine Cocainbase), somit eine die Grenzmenge von 15 g Reinsubstanz mehrfach überschreitende Menge, verkaufte und überließ. Außerdem erwarb er im März 2019 2 g Kokain zum persönlichen Gebrauch und konsumierte es zum Teil. Ein Betrag von EUR 12.500, den er durch den Kokainverkauf erlöst hatte, wurde für verfallen erklärt. Bei der Strafzumessung wurden (in einer Gesamtbetrachtung mit der vorangegangenen Verurteilung) sein Geständnis und die Sicherstellung des Suchtgifts als mildernd, die Zusammentreffen von mehreren Vergehen mit einem Verbrechen und die Vorstrafenbelastung dagegen als erschwerend berücksichtigt.

Mit seiner Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid strebt der BF dessen Behebung, die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und die Anberaumung einer Beschwerdeverhandlung an. Er bringt dazu vor, dass sein Privat- und Familienleben im Inland der Erlassung eines Aufenthaltsverbots entgegenstünde, zumal er für ein Kleinkind unterhaltspflichtig sei. Seine Ehefrau besuche ihn regelmäßig in der Justizanstalt. Nach seiner Haftentlassung wolle er wieder mit Frau und Kind in XXXX wohnen; er habe auch schon einen Arbeitsplatz in Aussicht.

Das BFA legte die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem BVwG vor, wo sie am 17.06.2019 einlangte.

Mit dem Teilerkenntnis vom 28.06.2019, G314 2220089-1/4Z, wies das BVwG den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, als unzulässig zurück. Gleichzeitig wies es die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung als unbegründet ab und sprach aus, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt werde. Ersteres wurde mit der in § 18 Abs 5 BFA-VG vorgesehenen amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung begründet, letzteres mit der Erfüllung der Voraussetzungen des § 18 Abs 3 BFA-VG. Es gebe keine konkreten Hinweise für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 18 Abs 5 BFA-VG, zumal es sich bei dem Herkunftsstaat des BF (Bosnien und Herzegowina) um einen sicheren Herkunftsstaat iSd § 1 Z 1 HStV handle. Aufgrund seiner wiederholten Aggressions- und Suchtgiftdelinquenz seien die Voraussetzungen für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung erfüllt, zumal er mit einer großen Menge eines gefährlichen Suchtgifts gehandelt habe und die deshalb verhängte Strafe noch nicht (vollständig) vollzogen worden sei. Das vom BF ins Treffen geführte Familienleben mit seiner Frau und der gemeinsamen Tochter im Bundesgebiet führe nicht dazu, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen der Gefahr einer Verletzung von Art 8 EMRK zuzuerkennen wäre, weil aufgrund seiner Straffälligkeit ein erhebliches öffentliches Interesse an der Aufenthaltsbeendigung bestehe. Nach der Rechtsprechung des VwGH stelle Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben sei und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse bestehe. § 28a SMG stelle qualifizierte Formen der Suchtgiftdelinquenz unter Strafe, sodass trotz der beachtlichen familiären Bindungen des BF im Bundesgebiet mit der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kein unverhältnismäßiger Eingriff in seine von Art 8 EMRK geschützten Rechte verbunden sei. Es sei ihm vielmehr zumutbar, den Verfahrensausgang nach der Haftentlassung in seinem Herkunftsstaat abzuwarten. Gegen dieses Erkenntnis wurde kein Rechtsmittel erhoben.

Mit Schreiben vom 05.07.2019 übermittelte das Landesgericht XXXX dem BVwG auftragsgemäß Informationen über die Vorstrafenbelastung des BF. Demnach bestehen in Bosnien und Herzegowina sechs strafgerichtliche Verurteilungen: Im August 2012 wurde der BF wegen Körperverletzung zu einer zweimonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, die am 08.01.2013 verbüßt wurde. Im August 2013 wurde wegen unerlaubter Herstellung und Vertriebs von Waffen und Explosionsmaterial eine 30-tägige Freiheitsstrafe verhängt, die in eine (mittlerweile bezahlte) Geldbuße umgewandelt wurde. Im Dezember 2013 wurde wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eine viermonatige Freiheitsstrafe verhängt, die für ein Jahr zur Bewährung ausgesetzt wurde. Im Jänner 2015 wurde der BF wegen Betrugs zu einer 45-tägigen Freiheitsstrafe verurteilt, die zunächst in eine Geldbuße umgewandelt wurde. Mangels Zahlung der Geldbuße wurde die Strafe von 05.11.2015 bis 20.12.2015 verbüßt. Im Mai 2015 wurde der BF wegen Körperverletzung zu einer Geldbuße verurteilt. Mangels Zahlung verbüßte er von 20.12.2015 bis 27.12.2015 eine siebentägige Ersatzstrafe. Im Oktober 2015 wurde der BF wegen Betrugs zu fünf Monaten Erziehungsmaßnahme verurteilt, die zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Mit Schriftsatz vom 04.09.2019 ergänzte der BF die Beschwerde, legte diverse Urkunden vor und beantragte neuerlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Dazu brachte er vor, dass er nach der Haftentlassung wieder in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner als Tankstellenmitarbeiterin erwerbstätigen Ehefrau und der gemeinsamen Tochter, die auf seinen Unterhalt und seine Obsorge angewiesen seien, wohnen könne und eine Beschäftigung als XXXX in Aussicht habe. Die Ehefrau des BF habe lange in der Schweiz gelebt, wo sich viele Verwandte befänden. Freunde und Bekannte des BF würden sich für seinen Verbleib in Österreich einsetzen. Die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots lägen - insbesondere bei Berücksichtigung des Rechts auf Achtung des Familienlebens und des Kindeswohls - nicht vor. Die Tochter des BF habe ein Recht auf eine persönliche Beziehung zu ihrem Vater. Das Aufenthaltsverbot verletze Art 8 EMRK und Art 7 GRC. Die privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich würden die öffentlichen Interessen an der sofortigen Durchsetzung des angefochtenen Bescheids überwiegen. Es liege keine entschiedene Sache vor, weil dem BVwG die mit der Eingabe vorgelegten Unterlagen und Informationen nicht bekannt gewesen und unionsrechtliche Vorgaben nicht berücksichtigt worden seien.

Mit Schriftsatz vom 17.12.2019 beantragte der BF neuerlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Dies wurde mit seiner für 11.01.2020 unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe bewilligten bedingten Entlassung begründet. Insoweit liege eine neue Sachlage vor. Der BF könne in stabile Familienverhältnisse zurückkehren; Wohn- und Arbeitsmöglichkeit seien vorhanden. Er habe das Recht auf persönlichen Kontakt mit seiner Tochter.

Am 19.12.2019 stellte der BF einen Fristsetzungsantrag, der vom BVwG am 27.12.2019 dem VwGH vorgelegt wurde.

Am 07.01.2020 informierte das BFA das BVwG über die nach der bedingten Entlassung des BF geplante Schubhaft und übermittelte dessen Stellungnahme dazu. Mit verfahrensleitender Anordnung vom selben Tag forderte der VwGH das BVwG auf, binnen drei Monaten eine Entscheidung zu erlassen und dem VwGH vorzulegen oder anzugeben, warum keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliege. Daraufhin wurde am 13.01.2020 eine Beschwerdeverhandlung für den 10.02.2020 anberaumt, zu der unter anderem auch der BF geladen wurde.

Am 31.01.2020 informierte das BFA das BVwG darüber, dass kein Behördenvertreter an der Verhandlung teilnehmen werde.

Mit Schriftsatz vom 03.02.2020 beantragte der BF neuerlich die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Er sei am 01.02.2020 festgenommen worden und werde in Schubhaft angehalten. Seine Abschiebung nach Sarajewo sei für den 03.02.2020 geplant. Aufgrund der bedingten Entlassung, bei der von stabilen Familienverhältnissen und einer Wohn- und Arbeitsmöglichkeit ausgegangen worden sei, liege eine neue Sachlage (gegenüber dem angefochtenen Bescheid und dem Teilerkenntnis des BVwG) vor. Mit einer weiteren Eingabe vom 03.02.2020 schränke der BF den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dahingehend ein, dass die aufschiebende Wirkung für eine Woche beantragt werde, um ihm die gebotene Teilnahme an der Verhandlung am 10.02.2020 zu ermöglichen.

Am 04.02.2020 erhob der BF eine Schubhaftbeschwerde.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Fragen der aufschiebenden Wirkung sowie die Zulässigkeit der Anträge vom 04.09.2019, vom 17.12.2019 und vom 03.02.2020 maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister, dem Strafregister und dem Fremdenregister. Der BF legte die Heiratsurkunde, die Geburtsurkunde seiner Tochter und den Beschluss des Bezirksgerichts XXXX, mit dem die Zurückziehung der Scheidungsklage zur Kenntnis genommen wurde, vor. Eine Kopie aus seinem bosnisch-herzegowinischen Reisepass, dessen Echtheit nicht in Zweifel steht, liegt ebenso vor wie die Strafurteile des Landesgerichts XXXX vom 09.05.2019 und vom 04.06.2019, der Auszug aus der Strafevidenz von Bosnien und Herzegowina vom 06.05.2019, eine Einstellungszusage vom 09.08.2019, der Mietvertrag der vom BF, seiner Ehefrau und seiner Tochter gemeinsam bewohnten Wohnung in XXXX, Unterschriftenlisten und Empfehlungsschreiben für den BF sowie Fotos, die ihn mit seiner Tochter zeigen. Der Beschluss des Landesgerichts XXXX vom 03.12.2019 über die bedingte Entlassung des BF wurde ebenfalls vorgelegt.

Mangels entscheidungswesentlicher Widersprüche erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.

Rechtliche Beurteilung:

Aufgrund der in § 18 Abs 5 BFA-VG angeordneten amtswegigen Prüfung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BVwG sind die Anträge des BF, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, weder notwendig noch zulässig und daher zurückzuweisen.

Da sich der gemäß § 18 Abs 3 und 5 BFA-VG maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat, steht einer (allenfalls auch vom Amts wegen vorzunehmenden) Neubeurteilung der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Bindung an das rechtskräftige Teilerkenntnis des BVwG vom 28.06.2019 entgegen, sodass insoweit eine entschiedene Sache iSd § 68 AVG vorliegt.

Das Familienleben des BF mit seiner in Österreich lebenden und hier auch erwerbstätigen kroatischen Ehefrau und der gemeinsamen Tochter, die noch nicht einmal XXXX alt ist und als kroatische Staatsangehörige ebenfalls Unionsbürgerin ist, wurde bereits damals entsprechend berücksichtigt. Da dem öffentlichen Interesse an der Vornahme einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den BF aufgrund seiner Straffälligkeit insgesamt ein sehr großes Gewicht beizumessen ist (siehe VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0446) und aufgrund der wiederholten Verurteilungen, der Wirkungslosigkeit strafgerichtlicher Sanktionen und der zunehmend schwerwiegenderen Kriminalität des BF, der zuletzt wegen Suchtgifthandels gemäß § 28a SMG verurteilt wurde, eine signifikante Wiederholungsgefahr gegeben ist (vgl. VwGH 01.04.2019, Ra 2018/19/0643), ist auch eine (vorübergehende) Trennung des BF von seiner in Österreich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten Kernfamilie gerechtfertigt und verletzt Art 8 EMRK nicht, auch wenn das Wohl seiner Tochter, für das gemäß § 138 Z 9 ABGB (der im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab dient, vgl. VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274) verlässliche Kontakte und sichere Bindungen zu beiden Elternteilen wesentlich sind, in die Interessenabwägung maßgeblich einbezogen wird. Kontakten des BF zu Bezugspersonen in die Schweiz steht das Aufenthaltsverbot, das sich nur auf das österreichische Bundesgebiet bezieht, nicht entgegen.

Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat. Dieser Zeitraum ist nach den Grundsätzen der Judikatur umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden - etwa in Hinblick auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten oder einen raschen Rückfall - manifestiert hat (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118). Da der BF erst vor ca. einem Monat aus der Haft entlassen wurde und nach sechs Verurteilungen zwischen 2012 und 2015 zwischen August 2018 und März 2019 neuerlich Straftaten beging, wobei er eine Faustfeuerwaffe zur Bedrohung von Lokalbesuchern einsetzte und mehrere Monate lang gewinnbringend mit einer großen Menge eines gefährlichen Suchtgifts handelte, ist trotz der spezialpräventiven Wirkung des erstmaligen längeren Strafvollzugs und des gesicherten sozialen Empfangsraums noch ein längerer Wohlverhaltenszeitraum in Freiheit notwendig, um für ihn eine positive Zukunftsprognose erstellen zu können.

Die Prognosebeurteilung, die bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbots anzustellen ist, ist eigenständig aus dem Blickwinkel des Fremdenrechts vorzunehmen. Aus dem Umstand der vom Vollzugsgericht nach der Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitsstrafe bewilligten bedingten Entlassung ergibt sich daher nicht, dass die durch die strafgerichtliche Verurteilung indizierte Gefährlichkeit des BF iSd § 67 FPG nicht mehr gegeben sei (ähnlich VwGH 20.12.2012, 2011/23/0674), sodass die bedingte Entlassung im Jänner 2020 keine entscheidungswesentliche Neuerung ist, die (in Bezug auf die Frage der aufschiebenden Wirkung) zu einem anderen Verfahrensergebnis führen könnte.

Die Notwendigkeit der Durchführung einer Beschwerdeverhandlung führt nicht zwangsläufig dazu, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist, zumal dem BF für die Teilnahme an der Verhandlung grundsätzlich die Möglichkeit eines Antrags auf Bewilligung der Wiedereinreise gemäß § 27a FPG offensteht. Der Umstand, dass die Beschwerdeverhandlung hier so anberaumt wurde, dass dies zeitlich kaum möglich sein dürfte, ist dem Bemühen um die Einhaltung des vom VwGH im Fristsetzungsverfahren erteilten Auftrags und der fehlenden Vorhersehbarkeit des konkreten Termins der Abschiebung des BF geschuldet.

Die Entscheidungsfrist konnte aufgrund der hohen Arbeitsbelastung des BVwG insgesamt und der außerordentlich hohen Belastung der zuständigen Gerichtsabteilung (vor allem mit Eilsachen) sowie des bestehenden hohen Aktenstandes (trotz hoher Erledigungszahl) dieser Gerichtsabteilung im Besonderen, nicht eingehalten werden.

Sollte eine persönliche Vernehmung des BF im Beschwerdeverfahren notwendig sein, besteht die Möglichkeit der Vertagung der Beschwerdeverhandlung, um ihm - innerhalb der vom VwGH im Fristsetzungsverfahren festgelegten Frist - die Teilnahme an der Verhandlung durch eine gemäß § 27a FPG bewilligte Wiedereinreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen, sodass mit der Nicht-Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine Verletzung seines rechtlichen Gehörs verbunden ist, zumal er im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten wird.

Der Beschwerde ist daher im Ergebnis die aufschiebende Wirkung nach wie vor nicht zuzuerkennen. Die darauf gerichteten Anträge des BF sind als unzulässig bzw. wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurückzuweisen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG, zumal der relevante Sachverhalt nicht klärungsbedürftig ist.

Zu Spruchteil C):

Die Revision nach Art 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, weil eine Einzelfallentscheidung vorliegt. Das BVwG konnte sich an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren und hatte keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2220089.1.00

Im RIS seit

20.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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