TE Bvwg Beschluss 2020/2/28 W146 2226292-1

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Veröffentlicht am 28.02.2020
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Entscheidungsdatum

28.02.2020

Norm

BDG 1979 §118
BDG 1979 §123
BDG 1979 §43
BDG 1979 §91
BDG 1979 §94
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

W146 2226292-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von Mag. Dr. XXXX gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim XXXX vom 30.10.2019, XXXX , den Beschluss:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückverweisen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 30.10.2019 leitete die belangte Behörde gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer ein. Der Spruch des Einleitungsbeschlusses lautet wie folgt:

"Die Disziplinarkommission beim XXXX hat am 30.10.2019 durch MR Dr. XXXX als Senatsvorsitzende sowie ADir XXXX und RR ADir XXXX als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates beschlossen,

bezüglich XXXX Mag. Dr. XXXX , geb. XXXX ,

wegen des Verdachtes, er habe

als Kuratoriumsmitglied des XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich (§ 5 Abs. 3 StGB) missbraucht und dadurch den XXXX in einem 300.000 Euro übersteigenden Betrag von XXXX Euro am Vermögen geschädigt zu haben, indem er als Kuratoriumsmitglied entgegen den Bestimmungen der Fondssatzung und dem dort festgelegten Fondszweck im gemeinsamen Zusammenwirken mit anderen Kuratoriumsmitgliedern nahestehenden Personen und Organisationen Spenden aus dem Vermögen des XXXX gewährte, wodurch er in unvertretbarer Weise gegen Regeln verstieß, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienten, und zwar:

1.) am 7. März 2007 der Familie XXXX einen Betrag von 5.000 Euro für Projekte zugunsten der Kinder des verstorbenen XXXX ;

2.) am 11. Juni 2007 der XXXX einen Betrag von 2.500 Euro für eine Tagung zum Thema XXXX ;

3.) am 11. Jänner 2008 dem XXXX einen Betrag von 290 Euro als Kostenersatz für ein Mittagessen der Angeklagten im Restaurant XXXX

4.) am 12. Februar 2008 dem XXXX einen Betrag von 4.000 Euro als Druckkostenbeitrag für die Herausgabe der Festschrift XXXX ;

5.) am 9. Oktober 2008

a.) der XXXX einen Betrag von 250.000 Euro für die Errichtung einer Kirche am XXXX ;

b.) der XXXX einen Betrag von 100.000 Euro für die Ausstattung der Räumlichkeiten des Forschungsinstituts;

c.) dem XXXX einen Betrag von 100.000 Euro für die Unterstützung hilfsbedürftiger Polizisten;

d.) dem XXXX einen Betrag von 50.000 Euro für die

Unterstützung seiner Aktivitäten;

e.) der XXXX einen Betrag von 50.000 Euro für das Sozialzentrum XXXX ;

f.) dem XXXX einen Betrag von 50.000 Euro für die Instandsetzung der Büroräumlichkeiten, die Erneuerung der EDV-Anlage und andere Zwecke;

g.) der XXXX einen Betrag von 30.000 Euro für die Einrichtung und Ausstattung einer XXXX Schule sowie einen Betrag von 20.000 Euro für die Herausgabe von neuen XXXX Gebetsbüchern;

h.) der XXXX einen Betrag von 25.000 Euro für die Herausgabe von Tagungsbänden und zur Deckung von Reise- und Aufenthaltskosten von Vortragenden;

i.) der XXXX einen Betrag von 10.000 Euro als Unterstützung für ihre Aktivitäten und Tagungen;

j.) XXXX einen Betrag von 10.000 Euro für ein Künstlerprojekt in XXXX ;

k.) dem XXXX einen Betrag von 10.000 Euro für die Ausrichtung des 17. XXXX in XXXX ;

l.) dem Verein XXXX einen Betrag von 5.000 Euro für die Teilnahme von XXXX Jugendlichen an den Projekten des Vereins;

6.) am 24. Oktober 2008

a.) dem Verein " XXXX " einen Betrag von 100.000 Euro für die Errichtung eines Kinderdorfes in XXXX ;

b.) dem XXXX einen Betrag von 100.000 Euro für die Unterstützung hilfsbedürftiger Polizisten;

c.) Univ.-Prof. Dr. XXXX bzw. der XXXX einen Betrag von 25.000 Euro für die Herausgabe eines Exkursionsführers und eines Tagungsbandes;

7.) am 20. November 2008 dem XXXX einen Betrag von 35.196 Euro für Projekte zur Integration XXXX Menschen in Österreich;

8.) am 27. November 2008 der XXXX einen Betrag von 25.000 Euro zur Finanzierung von Projekten in XXXX ;

9.) am 4. Dezember 2008 der XXXX einen Betrag von 20.000 Euro für die Sanierung von Grabsteinen am XXXX ;

10.) am 18. Februar 2009 XXXX einen Betrag von 7.500 Euro für die Ausstattung einer Wohnung und psychotherapeutische Behandlung;

11.) am 25. März 2009 XXXX einen Betrag von 10.000 Euro für ein Künstlerprojekt in XXXX ;

12.) am 4. Mai 2009 XXXX einen Betrag von 10.000 Euro als finanzielle Unterstützung;

13.) am 26. Mai 2009 XXXX einen Betrag von 15.000 Euro als finanzielle Unterstützung;

14.) am 4. Juni 2009 Dr. XXXX einen Betrag von 5.000 Euro als Belohnung;

15.) am 18. September 2009 XXXX einen Betrag von 15.000 Euro als finanzielle Unterstützung;

16.) am 14. Oktober 2009 dem XXXX einen Betrag von 5.000 Euro für den Ausbau einer Förderwerkstätte im XXXX ;

17.) am 22. März 2010 XXXX einen Betrag von 5.000 Euro als finanzielle Unterstützung;

18.) am 12. Dezember 2012 Dr. XXXX einen Betrag von 2.000 Euro als Belohnung;

er habe dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 133 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 43 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g.F. i. V. m. 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen

gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g. F. ein Disziplinarverfahren einzuleiten."

Begründend wurde im Wesentlichen und sinngemäß ausgeführt, dass wie § 91 BDG 1979 zu entnehmen sei, liege eine Dienstpflichtverletzung dann vor, wenn das Verhalten eines Beamten unter einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand falle und solche Umstände vorliegen würden, die die Tat gerechtfertigt erscheinen lassen würden.

Bei Kenntnis von solchen Umständen komme es nicht darauf an, dass bereits mit Sicherheit vom Vorliegen aller dieser Umstände auszugehen sei. Es könne daher nur auf die Kenntnisnahme jener Umstände abgestellt werden, die für die Dienstbehörde eine Pflicht zum Tätigwerden begründe, was im Regelfall die Erstattung einer Disziplinaranzeige, die Durchschrift einer Strafanzeige, der Bericht des Dienstvorgesetzten oder die Selbstanzeige durch den Beamten allenfalls eine sonstiger, beispielsweise auf Grund eigener Recherchen gewonnener begründeter Verdacht einer Dienstpflichtverletzung sei.

Der Judikatur könne nicht entnommen werden, dass von einer Dienstpflichtverletzung nur dann gesprochen werden könne, wenn eine Anklage in Rechtskraft erwachsen sei.

Die Tatzeiten würden sich über einen Zeitraum vom 07.03.2007 bis 12.12.2012 erstrecken. Nach Zitierung des § 94 Abs. 1 Z 1 und Z 2 und Abs. 2 Z 3 und Z 5 wurde ausgeführt, dass die Dienstbehörde zwar am 22.07.2019 Kenntnis vom Sachverhalt erlangt habe, aber zu diesem Zeitpunkt bereits aufgrund einer am 13.06.2013 erstattenden Anzeige ein Gerichtsverfahren anhängig gewesen sei.

Die belangte Behörde gehe von einem fortgesetzten Delikt aus.

Die Verjährungsfrist betrage gemäß § 57 Abs. 3 StGB 10 Jahre.

In der Sache selbst bleibe abzuwarten, ob das Gericht der Verantwortung des Beschuldigten oder der Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft folge.

Ausreichend für die Einleitung des Disziplinarverfahrens sei das Vorliegen eines begründeten Verdachts der Begehung von Dienstpflichtverletzungen, wovon vorliegenden Falls aufgrund der vorgelegten Beweismitteln auszugehen sei.

2. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde. Darin führte er im Wesentlichen und sinngemäß aus, dass eine Anzeige im Strafverfahren durch den Rechnungshof am 13.06.2013 erfolgt sei.

Unter Berücksichtigung der Verjährungsfrist des § 94 Abs. 2 Z 2 BDG 1979 (gemeint wohl: § 94 Abs. 1 Z 2 BDG 1979) sei in diesem Zeitpunkt mit Ausnahme des Punktes 18. absolute Verjährung eingetreten. Die belangte Behörde übersehe, dass - auch wenn die Zuwendungen dem Grunde nach gleichartig gewesen seien - es sich jedenfalls um Einzelentscheidungen gehandelt habe, die ihrem Charakter nach jeweils konkret zu prüfen gewesen seien, sodass nicht von einem Gesamtkonzept gesprochen werden könne, da getrennt voneinander vorliegende Angelegenheiten zu bearbeiten gewesen und die Voraussetzungen in jedem einzelnen Fall vollkommen verschieden gewesen seien. Daran ändere es nichts, dass aufgrund der vorliegenden Satzung Grundlagen für die Prüfung, ob Anträgen zu entsprechen sei, gegeben gewesen seien. Es könne nicht von einem fortgesetzten Delikt gesprochen werden.

Auch liege keine Strafanzeige des Rechnungshofes vor, sondern vielmehr eine Empfehlung.

Soweit die belangte Behörde ausführe, dass erst im Jahre 2019 die Dienstbehörde Kenntnis von den strafrechtlichen Vorwürfen erlangt hätte, so seien ihr ihre eigenen Ausführungen auf Seite 16 des angefochtenen Bescheides entgegenzuhalten, wonach aufgrund eines E-Mails vom 18.06.2019 die seit 2013 jeweiligen tätigen XXXX von strafrechtlich geführten Ermittlungsverfahren in Kenntnis gewesen seien. Es sei abgesehen davon äußerst lebensfremd anzunehmen, dass die Vorgänge, die hier inkriminiert werden würden, nicht schon wesentlich früher den zur Disziplinarverfolgung berufenen Behörden bekannt gewesen wären. Davon ausgehend sei auch die relative Verjährungsfrist des § 94 Abs. 1 Z 1 BDG 1979 vor Einleitung des Strafverfahrens abgelaufen, was auch einen Einfluss auf allfällige verlängerte Verjährungsfristen habe.

Weiters sei keine Notwendigkeit gegeben, in der derzeitigen Phase des Strafverfahrens einen Einleitungsbeschluss zu fassen.

Im Straf- als auch im Disziplinarverfahren bestehe Sachverhaltsidentität. Für den Fall, dass die Anklage des OLG XXXX beseitigt werde bzw. ein Freispruch erfolge, sei kein disziplinärer Überhang zu erblicken.

Der Beschwerdeführer beantragte, das BVwG wolle in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

Weiters wurde beantragt, in jedem Fall eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

3. Mit Schriftsatz vom 04.12.2019 (eingelangt beim BVwG am 09.12.2019) legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem BVwG zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist im Ruhestand.

Im vorgelegten Verwaltungsakt findet sich lediglich eine Anklageschrift der WKStA, aber keine Anzeige der Dienstbehörde, der Disziplinarkommission oder von anderer Seite an die WKStA und kann daher hinsichtlich des genauen Inhalts der Strafanzeige nur gemutmaßt werden, da diesbezüglich Ermittlungsergebnisse fehlen und sich der Strafakt derzeit beim OLG XXXX zur Entscheidung über den Einspruch gegen die Anklageschrift den Beschwerdeführer betreffend befindet.

Es wird daher festgestellt, dass nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden kann, ob aufgrund eines Berichts oder einer Anzeige des Rechnungshofes vom 13.06.2013 (vgl. Einleitungsbeschluss S. 6 und Beschwerde S. 5) bzw. einer anonymen Sachverhaltsdarstellung vom 24.05.2013 (vgl. Stellungnahme des Beschwerdeführers S. 2) und bezüglich welcher Sachverhalte die Verjährung gemäß § 94 Abs. 2 Z 3 BDG gehemmt ist oder nicht. Dazu bedürfte es nämlich der genauen Kenntnis des Anzeigeinhaltes.

Zusammengefasst steht somit fest, dass die belangte Behörde notwendige Ermittlungen zur Feststellung zur Beurteilung der Verjährung nicht durchgeführt hat, insbesondere hat sie die Strafanzeige nicht eingeholt. Dem Akteninhalt sind Bemühungen der Behörde um Übermittlung einer Aktenabschrift aus dem Justizbereich zu entnehmen ebenso wie die Absicht der Disziplinarkommission bis zur Übermittlung derselben mit disziplinarrechtlichen Schritten zuzuwarten.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen und unbedenklichen Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Abs 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, liegen die Voraussetzungen des Abs 2 nicht vor, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

§ 43 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979 lautet:

"§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

(3) Der Beamte hat die Parteien, soweit es mit den Interessen des Dienstes und dem Gebot der Unparteilichkeit der Amtsführung vereinbar ist, im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben zu unterstützen und zu informieren."

§ 91 BDG 1979 lautet:

"§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen."

§ 94 BDG 1979 lautet:

"§ 94. (1) Der Beamte darf wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht

1. innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, oder

2. innerhalb von drei Jahren, gerechnet von dem Zeitpunkt der Beendigung der Dienstpflichtverletzung,

eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde. Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs. 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

(1a) Drei Jahre nach der an den beschuldigten Beamten erfolgten Zustellung der Entscheidung, gegen ihn ein Disziplinarverfahren durchzuführen, darf eine Disziplinarstrafe nicht mehr verhängt werden.

(2) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird - sofern der der Dienstpflichtverletzung zugrundeliegende Sachverhalt Gegenstand der Anzeige oder eines der folgenden Verfahren ist - gehemmt

1. für die Dauer eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, dem Verwaltungsgerichtshof oder einem Verwaltungsgericht,

2. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 120/2012)

2a. für die Dauer eines Verfahrens vor einem Verwaltungsgericht über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise in ihren Rechten verletzt worden zu sein,

3. für die Dauer eines Strafverfahrens nach der StPO oder eines bei einem Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde anhängigen Strafverfahrens,

4. für den Zeitraum zwischen der rechtskräftigen Beendigung oder, wenn auch nur vorläufigen, Einstellung eines Strafverfahrens und dem Einlangen einer diesbezüglichen Mitteilung bei der Dienstbehörde und

5. für den Zeitraum zwischen der Erstattung der Anzeige und dem Einlangen der Mitteilung

a) über die Beendigung des verwaltungsbehördlichen oder des gerichtlichen Verfahrens bzw. des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht,

b) der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens oder

c) der Verwaltungsbehörde über das Absehen von der Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens

bei der Dienstbehörde.

(3) Der Lauf der in Abs. 1 und 1a genannten Fristen wird weiters gehemmt in den Fällen des § 28 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes (PVG), BGBl. Nr. 133/1967,

1. für den Zeitraum ab Antragstellung der Disziplinarbehörde auf Erteilung der Zustimmung bis zur Entscheidung durch das zuständige Organ der Personalvertretung,

2. für die Dauer eines Verfahrens vor der Personalvertretungsaufsichtsbehörde.

Im Verfahren vor der Disziplinarkommission im PTA-Bereich und in der Post- und Fernmeldehoheitsverwaltung ist Z 1 anzuwenden.

(4) Hat der Sachverhalt, der einer Dienstpflichtverletzung zugrunde liegt, zu einer strafgerichtlichen Verurteilung geführt und ist die strafrechtliche Verjährungsfrist länger als die im Abs. 1 Z 2 genannte Frist, so tritt an die Stelle dieser Frist die strafrechtliche Verjährungsfrist."

§ 118 BDG 1979 lautet:

"§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn 1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen, 2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt, 3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder 4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

(3) Die Dienstbehörde ist von der Einstellung des Disziplinarverfahrens unverzüglich zu verständigen."

§ 123 BDG 1979 lautet:

"§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein."

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

Angesichts des in § 28 VwGVG 2014 insgesamt verankerten Systems stellt die nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG 2014 bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis steht diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs 3 VwGVG 2014 verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG 2014 insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005).

Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss der belangten Behörde zu den im Spruch angeführten Vorwürfen ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer einzuleiten.

Im gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass notwendige Ermittlungen der belangten Behörde zur Beurteilung der Verjährung fehlen. Ein Prüfen der Einstellungsgründe des § 118 Abs. 1 BDG, insbesondere ob eine Verjährung vorliegt, ist im Gegenstand nicht feststellbar. Eine Hemmung gemäß § 94 Abs. 2 BDG kann derzeit nicht beurteilt werden. Dazu wird der genaue Inhalt der Anzeige bzw. seit wann ein Strafverfahren nach der StPO anhängig ist, zu ermitteln sein. Entgegen der ursprünglichen Intention der belangten Behörde, bis zur Übermittlung einer Abschrift des Strafaktes nach der Entscheidung des OLG mit disziplinarrechtlichen Schritten zuzuwarten, wurde schließlich der angefochtene Bescheid erlassen.

Gemäß § 28 Abs 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, sofern die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen hat.

Dies trifft im gegenständlichen Fall zu, da die belangte Behörde bloß ansatzweise ermittelt hat, indem sie sich bei Erlassung ihrer Entscheidung mit einer Abschrift der Anklageschrift und der Auskunft des OLG XXXX , die benötigte Abschrift des Strafaktes könne erst nach der Entscheidung über den Einspruch gegen die Anklageschrift übermittelt werden, begnügt und somit Ermittlungen die Verjährung betreffend, unterlassen hat.

Es war daher mit einer Zurückverweisung vorzugehen. Die Vornahme der notwendigen Erhebungen durch das Bundesverwaltungsgericht selbst verbietet sich unter Berücksichtigung der oben dargestellten Ausführungen des VwGH und unter Effizienzgesichtspunkten. Das Bundesverwaltungsgericht kann das Ergebnis der zu ergänzenden Ermittlungen aufgrund des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nur in einer Verhandlung erörtern und wäre diese jedenfalls kostenintensiver.

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Letzteres ist hier der Fall.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Rechtsprechung wird verwiesen.

Schlagworte

Einleitung Disziplinarverfahren Ermittlungsmangel Ermittlungspflicht Kassation mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Feststellungen mangelnde Sachverhaltsfeststellung strafrechtliche Verfolgung Verjährungsfrist Zurückverweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2226292.1.00

Im RIS seit

20.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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