Entscheidungsdatum
04.03.2020Norm
AsylG 2005 §57Spruch
G307 2222208-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , StA.: Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte in 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.07.2019, Zahl XXXX nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 6 Jahre h e r a b g e s e t z t wird und sich die Rückkehrentscheidung nunmehr auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG stützt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet
a b g e w i e s e n .
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 26.07.2019 wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland (im Folgenden: BFA) zur in Aussicht genommenen Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes einvernommen.
2. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG gegen diesen eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.), gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 4 FP-g eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 10 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.).
3. Dagegen erhob der BF durch die im Spruch angeführte Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) mit Schreiben vom 05.08.2019, beim BFA eingebracht am selben Tag, Beschwerde. Darin wurde beantragt, die gegen den BF ausgesprochene Rückkehrentscheidung aufzuheben, in eventu das gegen den BF erlassene Einreiseverbot zur Gänze zu beheben, in eventu die Dauer des Einreiseverbotes auf ein verhältnismäßiges Ausmaß zu reduzieren, in eventu das Einreiseverbot auf die Republik Österreich zu beschränken sowie den Spruchpunkt betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zu beheben, zumal keine derart massiven Gründe bestünden, welche deren Aberkennung zu rechtfertigen vermögen.
4. Die Beschwerde samt Verwaltungsakt wurde vom BFA dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 05.08.2019 vorgelegt und langte dort am 09.08.2018 ein.
5. Am 28.01.2020 fand vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und seine RV teilnahmen. Die als Zeugin geladene Exfrau und zugleich Lebensgefährtin (LG) des BF blieb dieser unentschuldigt fern.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der BF ist serbischer Staatsbürger und ist somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 10 FPG. Er ist geschieden, führt die im Spruch angegebene Identität (Namen und Geburtsdatum) und seit dem Jahr 2012 wieder mit seiner Exfrau XXXX eine Beziehung. Er lebte mit dieser und ihrem jüngsten Sohn namens XXXX bis zu seiner Ausreise Mitte August 2019 im gemeinsamen Haushalt und hat keine eigenen Kinder. Die Kosten für die Miete dieser Wohnung trug bis dato die Exfrau des BF. Der BF übernahm innerhalb jener Zeitspannen, in denen die Mutter berufsbedingt abwesend war, für ihn die Obsorge. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Exfrau des BF aktuell einer Beschäftigung nachgeht. Zuletzt war sie bis zum 15.10.2019 war sie bei der „ XXXX “ im Arbeiterdienstverhältnis tätig.
1.2. Der BF besuchte in Serbien 8 Jahre lang die Grundschule, danach 4 Jahre lang die technische Mittelschule mit der Fachrichtung Verkehrstechnik und studierte 2 Jahre Finanzwesen, wobei er dieses Studium nicht zu Ende brachte. Ferner verfügt der BF über eine serbische Ausbildung zum Kellner.
1.3. Der BF hielt sich seit dem Jahr 2008 ununterbrochen im Bundesgebiet auf war vom 21.12.2011 bis zum 23.11.2019 Inhaber einer „Rot-Weiß-Rot-Karte“-plus. Einen dahingehenden Verlängerungsantrag hat der BF nicht gestellt. In Serbien sicherte er seine Existenz vor seiner Einreise durch Arbeiten als Sicherheitsdienstmitarbeiter und Berufsfahrer.
1.4. Der BF war – beginnend mit 12.10.2009 – bis 18.11.2016 in 4 Arbeitsverhältnissen bei ebenso vielen Arbeitgebern für insgesamt rund 4 Jahre und 8 Monate beschäftigt. Seit dem 19.11.2016 ist er keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgegangen. Dazwischen lagen immer wieder längere Zeiten des Arbeitslosengeld-, Notstands- und Überbrückungshilfebezuges.
1.5. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF arbeitsunfähig wäre oder an einer schwerwiegenden oder gar lebensbedrohlichen Krankheit leidet. Seine Zuckerkrankheit wird medikamentös behandelt.
1.6. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF über Deutschkenntnisse eines bestimmten Niveaus verfügt.
1.7. Der BF wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX (im Folgenden: LG XXXX ) zu XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2013 wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten verurteilt, wobei dieser unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.
Darin wurde der BF für schuldig befunden, er habe von circa Februar 2012 bis XXXX .2013 in XXXX die Begutachtungsplakette Nr. XXXX , auf welcher das Kennzeichen für den Pkw Skoda Octavia mit dem Kennzeichen XXXX eingeprägt war, dadurch, dass er diese auf seinem Pkw angebracht und am Verkehr teilgenommen habe, eine verfälschte inländische Urkunde im Rechtsverkehr derart gebraucht, dass der Anschein erweckt wurde, das auf der Plakette genannte Fahrzeug entspräche den gesetzlichen Verhältnissen.
Als mildernd wurde der bisher ordentliche Lebenswandel, als erschwerend kein Umstand gewertet.
Der BF wurde ferner vom LG XXXX zu XXXX , in Rechtskraft erwachsen am XXXX .2019, wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften und Suchtgifthandels gemäß §§ 27 Abs. 1 Z 1, 1. Fall, 2. Fall, Abs. 2, § 28a Abs. Abs. 1, 5. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.
Darin wurde dem BF angelastet, er habe zu nicht mehr feststellbaren Zeitpunkten zwischen Anfang Juni 2018 und XXXX .2018 in einer die Grenzmenge übersteigenden Menge insgesamt 650 Gramm Kokain (mit dem Wirkstoff Cocain) in durchschnittlicher Straßenqualität zum Preis von € 70,00 pro Gramm in mehreren Angriffen nicht mehr ausforschbaren Abnehmern überlassen.
Ferner habe er von einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt an bis zum XXXX .2018 Kokain (mit dem Wirkstoff Cocain), am XXXX .2018 5,4 Gramm Kokain (mit dem Wirkstoff Cocain) sowie 1,1 Gramm Heroin (mit dem Wirkstoff Diacetylmorphin) zum ausschließlich persönlichen Gebrauch erworben und besessen.
Als mildernd wurde dabei die teilweise geständige Verantwortung, als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen gewertet.
Die dagegen an das Oberlandesgericht XXXX (OLG XXXX ) seitens der Rechtsvertretung des BF erhobene Nichtigkeits- Schuld und Strafberufung blieb ohne Erfolg.
Es wird festgestellt, dass der BF die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt und die erwähnten Straftaten begangen hat.
Der BF wurde am XXXX .2018 festgenommen und am XXXX .2019 aus der Haft entlassen.
1.8. In Österreich leben entferntere Verwandte des BF, mit denen er von Zeit zu Zeit telefoniert. Die vormals in Serbien lebenden Eltern des BF sind bereits verstorben, zu seinen im Herkunftsstaat lebenden Brüdern, Schwestern, Tanten und Onkeln, die er immer wieder telefonisch kontaktiert. Seit dem XXXX .2019 lebt der BF bei einer Tante in Serbien. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er derzeit durch finanzielle Zuwendungen seiner Exfrau.
1.9. Der BF hat Außenstände in der Höhe von rund € 50.000,00. Diese setzen sich aus einer Kreditrückzahlung bei der XXXX in der Höhe von ca € 34.600,00, einem Darlehen bei der XXXX in der Höhe von rund € 7.000,00 sowie Gerichtsschulden in der Höhe von ca € 8.900,00 zusammen. Über ein regelmäßiges Einkommen aus legaler Arbeit und Vermögen verfügt der BF nicht.
1.10. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.
1.11. Der BF verfügt über eine Einstellungszusage der XXXX in XXXX vom 27.01.2020, wonach dieser mit XXXX .2020 dort beschäftigt werden könnte.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zu Identität, Staatsbürgerschaft, Schul-, Universitäts- und Berufsausbildung wie Berufsausübung in Serbien, Familienstand, Kinderlosigkeit, Obsorge für den jüngsten Sohn seiner Exfrau bei deren Verhinderung, Aufenthalt des BF im Bundesgebiet von 2008 bis 2019, gemeinsamem Wohnsitz, Führung einer Beziehung mit seiner Exfrau und deren finanzielle Unterstützung getroffen wurden, ergeben sich diese aus den Angaben des BF vor dem BFA sowie denen in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Dass der BF bis zu seiner Ausreise nach Serbien mit seiner Exfrau im gemeinsamen Haushalt wohnte, hat er glaubhaft dargetan, zumal er dort noch immer gemeldet ist.
Der BF hat in der mündlichen Verhandlung wie vor der belangten Behörde ausgeführt, zuckerkrank, dahingehend jedoch medikamentös eingestellt zu sein. Anhaltspunkte für eine Arbeitsunfähigkeit des BF fanden sich nicht, zumal dieser eine Einstellungszusage der XXXX vorweisen konnte, welche er dem Gericht in schriftlicher Form vorlegte.
Der BF hat in der mündlichen Verhandlung zwar behauptet, seine Exfrau gehe einer Tätigkeit als Serviererin und Aufräumerin in einem Hotel nach, der Sozialversicherungsdatenauszug der XXXX weist aber seit dem 16.10.2019 keine Beschäftigung mehr aus. Deshalb konnte aktuell nicht festgestellt werden, dass sie einer Arbeit nachgeht. Dass sie für die Wohnkosten aufkommt, ist vor dem Hintergrund ihrer vorhergehenden Beschäftigungsverhältnisse logisch.
Der durchgehende Aufenthalt des BF seit 2008 folgt den eigenen Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung und ist mit dem Zeitpunkt der erstmaligen Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet am 12.10.2009 wie seiner durchgehenden Meldung in Österreich seit 25.08.2008 in Einklang zu bringen.
Die Verurteilungen samt Entscheidungs- und Strafzumessungsgründen sind aus den im Akt einliegenden beiden Urteilen des LG XXXX wie jenem des OLG XXXX , Zahl XXXX vom XXXX .2019 ersichtlich und decken sich mit dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich. Der Zeitpunkt der Festnahme und jener der Entlassung aus der Haft sind dem Inhalt der Vollzugsdateninformation der Justizanstalt XXXX vom XXXX .2019 und deckt sich mit jenem des ZMR. Ferner ergibt sich die bedingte Entlassung aus dem Beschluss des LG XXXX vom XXXX .2019, Zahl XXXX .
Der Besitz einer Rot-Weiß-Rot-Karte-plus innerhalb der unter I.1.3. angeführten Zeitspanne sowie die Unterlassung der Stellung eines dahingehenden Verlängerungsantrages ergeben sich aus dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Auszuges aus dem Zentralen Melderegister (ZFR).
Was die Deutschkenntnisse des BF betrifft, hat er selbst angegeben, schon im Jahr 2005 einen Deutsch-A2-Kurs absolviert, jedoch keine Prüfung abgelegt zu haben, weil er nur mit Landsleuten zu tun gehabt habe.
Die bisher ausgeübten Beschäftigungen, deren Gesamtdauer sowie der Bezug von Arbeitslosenunterstützung, Notstands- und Überbrückungshilfe ergeben sich aus dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges.
Die Höhe des Schuldenstandes wie die Herkunft der Außenstände wurde durch die Vorlage eines Gesprächsvermerkes der Schuldnerberatung in XXXX vom XXXX .2015, einer Forderungseintreibung der XXXX vom XXXX .2015, einer Mahnung der XXXX vom XXXX .2015, dem vom BF an das OLG XXXX am XXXX .2019 gerichteten Schreiben, worin um Stunden der Gerichtsforderungen gebeten wurde sowie einer Kreditinformation der XXXX vom XXXX .2014 dargetan.
Dass Serbien ein sicherer Herkunftsstaat ist, ergibt sich aus § 1 Z 2 der Herkunftsstaatenverordnung.
Themen der Beweiswürdigung oder eine Kritik daran wurden in der Beschwerde nicht aufgegriffen, weshalb es diesbezüglich keiner näheren Erörterung bedarf.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchpunkt I. und II. des angefochtenen Bescheides:
3.1.1. Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, so ist gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück FPG zu verbinden.
Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:
§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich
1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder
2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,
1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,
2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,
4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder
5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.
Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.
(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.
(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.
(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.
(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.
(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.
Der mit „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:
(1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 Z 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Abs. 3 und § 73 AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 2 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Abs. 1 Z 3 ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.“
Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 hat das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
Gemäß § 58 Abs. 3 AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.
Da sich der BF aktuell nicht im Inland befindet, scheidet eine Prüfung gemäß § 57 Abs. 1 AsylG aus.
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA VG lautet wie folgt:
§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.
3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.
Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
3.1.3. Der BF war im Besitz eines bis 23.11.2019 gültigen, befristeten Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot-Karte-plus“ und stellte keinen dahingehenden Verlängerungsantrag. Das Bundesamt stützte die Rückkehrentscheidung zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung daher zu Recht auf § 52 Abs. 4 FPG. Vor dem Hintergrund des Auslaufens der Aufenthaltsberechtigung und des aktuellen Aufenthalts im Ausland war der Spruch abzuändern und trat an die Stelle des § 52 Abs. 4 FPG § 52 Abs. 1 Z 2 FPG.
3.1.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:
Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. „legitimate family“ bzw. „famille légitime“) oder einer unehelichen Familie („illegitimate family“ bzw. „famille naturelle“), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, ?erife Yi?it, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).
Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:
• die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),
• das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),
• die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
• den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),
• die Bindungen zum Heimatstaat,
• die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie
• auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).
Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).
Die Ausweisung eines Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).
3.1.5. Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Zl. Ra 2015/19/0247).
Es steht unzweifelhaft fest, dass der BF seit dem Jahr 2012 wieder eine Beziehung mit seiner Exfrau Vesna BABIC führt und mit deren Sohn bis Mitte 2019 im gemeinsamen Haushalt lebte. Somit ist vom Bestand eines Familien- und Privatlebens auszugehen. Ferner ging er immer wieder Erwerbstätigkeiten nach. Setzt man die gesamte Aufenthaltsdauer von rund 11 Jahren der Summe an Beschäftigungszeiten von 4 Jahren und 8 Monaten gegenüber, so hat der BF rund 42 % seiner Aufenthaltsdauer zur Berufsausübung genutzt. Von der Vertiefung seiner Deutschkenntnisse nahm der BF – trotz rund 11jähriger, durchgehender Aufenthaltsdauer, Abstand, weil er eigenen Angaben zufolge nur mit „Landsleuten“ zu tun habe. Einer Verurteilung im Jahr 2013 wegen Fälschung besonders geschützter Urkunden folgte im Jahr 2019 eine solche wegen Suchtmittelhandels und unerlaubten Umgangs mit Suchtmitteln. Hinzu tritt, dass sich der BF bei der Beantragung einer Verlängerung seines Aufenthaltstitels nachlässig zeigte, indem er von einer weiteren Antragstellung Abstand nahm und so gezwungen war, sich wieder nach Serbien zu begeben. Dort lebt er derzeit bei seiner Tante, sodass durchaus von einer Bindung an den Herkunftsstaat gesprochen werden kann. Verschärft wird die Situation des BF durch seinen hohen Schuldenstand von rund € 50.000,00 den er selbst zu verantworten. Zudem ist der Schutz seines Privat- und Familienlebens durch seine beiden Verurteilungen stark relativiert.
Nach einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde sohin zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet im konkreten Fall übersteigt. Dies unter Beachtung der ständigen Judikatur des VwGH, wonach den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der Sicherheit und öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) (vgl. VwGH 9.3.2003, 2002/18/0293) und der Verhinderung von Aufenthaltsehen (vgl. VwGH 22.01.2013, 2011/18/0003)) ein hoher Stellenwert zukommt. Daher liegt durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vor. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Die Rückkehr des BF nach Serbien muss zudem nicht unweigerlich mit einem Abbruch der Beziehung zu seiner in Österreich lebenden LG einhergehen. Vielmehr wird der BF diese durch die Nutzung moderner Kommunikationsmittel (Telefon, Internet) oder Besuchsfahrten nach Serbien aufrechterhalten können. Zudem hat ihn seine Exfrau bis dato auch von Österreich aus finanziell unterstützt.
3.1.6. Schließlich, unter Verweis auf die Judikatur des VwGH, wonach über die Unzulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz abzusprechen sei und demzufolge die Feststellung iSd. § 52 Abs. 9 FPG bloß der Festlegung des Zielstaates der Abschiebung diene, (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119), jedoch dem Vorbringen substantiierter Rückkehrhindernisse Beachtung zu schenken sei (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234) sind im Hinblick auf die gemäß § 52 Abs. 9 FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des BF nach Serbien unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert behauptet (vgl. auch VwGH 22.01.2013, 2012/18/0182; 17.04.2013, 2013/22/0068; 20.12.2012, 2011/23/0480, wonach im Verfahren über das Treffen einer Rückkehrentscheidung nicht primär die Fragen des internationalen Schutzes im Vordergrund stünden, sondern dies Aufgabe eines eigenen Verfahrens sei). Demzufolge war die Beschwerde in diesem Umfang spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet wie folgt:
„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.
(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“
3.2.2. Die Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot war dem Grunde nach abzuweisen:
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230)
Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Bei der Entscheidung über die Dauer des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).
Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und insbesondere mit dem Umstand der jüngsten Verurteilung begründet. Dieser lag ein unerlaubter Umgang mit Suchtgiften sowie ein Suchtmittelhandel zu Grunde, die zur Verhängung einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten führte. Zur ausschließlich in unbedingter Form ausgesprochenen Freiheitsstrafe hielt das LG XXXX im besagten Urteil unter anderem fest:
„Die Art der Tatbegehung und der sozial unerträgliche Umstand, dass durch die Abhängigkeit und Verfügbarkeit von „harten“ Drogen wie Kokain oder Heroin Existenzen und in letzter Konsequenz auch Leben vernichtet werden, machen es auch in generalpräventiver Hinsicht notwendig, die Strafe zu vollstrecken. Dass der Angeklagte (BF) im gegebenen Fall am Tag seiner Festnahme Suchtmittel an seine Verwandte XXXX weitergeben wollte, welche sich zu diesem Zeitpunkt nach ihrer eigenen Aussage in einer ambulanten Drogentherapie befand und nach monatelanger Abstinenz ihren ersten Rückfall gehabt hätte, verdeutlicht die Gefährlichkeit solcher Tathandlungen eindrücklich. Die Gewährung einer gänzlich bedingten oder teilbedingten Strafnachsicht wäre im vorliegenden Fall nicht geeignet, die Hemmschwelle für die Begehung solcher Taten allgemein zu senken, sodass schon aus generlapräventiven Erwägungen eine unbedingte Freiheitsstrafe zu verhängten war.“
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben sei und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse bestehe (vgl. das Erkenntnis vom 20. Dezember 2007, Zl. 2007/21/0474 sowie zuletzt 29.03.2012, Zahl 2011/23/0662).
Es darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass der BF bereits im Jahr 2013 wegen eines Urkundendeliktes – wenn auch nur zu einer 3 Monate bedingten – Freiheitsstrafe verurteilt wurde und – weit über seine Bonität hinaus – Außenstände in der Höhe von rund 50.000,00 zu verbuchen hat, die seinen Willen zur Begehung von Suchtmitteldelikten wohl verstärkt haben (das Gericht sprach selbst von einer angespannten finanziellen Situation). Der BF vermeinte in der mündlichen Verhandlung zwar, er bereue sein Verhalten, habe aber niemandem Suchtgift verkauft. Dennoch muss hervorgehoben werden, dass er Suchtgift anderen Personen zumindest überlassen hat, was nicht als weniger verpöntes Handeln angesehen werden kann. Die aktuelle Verurteilung liegt erst rund 1 Jahr zurück und ist die bisher verstrichene Zeitspanne zu kurz, um dem BF schon jetzt eine positive Zukunftsprognose erstellen zu können.
Gemäß § 53 Abs. 3 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleiche schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann jedenfalls eine maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung iSd. § 53 Abs. 2 FPG als gegeben angenommen werden. Erwähnt sei an dieser Stelle, dass der BF von der Beantragung einer Verlängerung seines Aufenthaltstitels Abstand genommen hat.
Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des BF mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen, konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes gegen diesen nicht rechtfertigen. So hat der BF durch seine beiden Verurteilungen sein Aufenthaltsrecht bewusst aufs Spiel gesetzt (er selbst hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, bei Begehung der Straftaten nicht daran gedacht zu haben. Zudem hätte er seiner tristen finanziellen Situation, in die er sich selb