TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/20 W176 2218831-2

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Veröffentlicht am 20.03.2020
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Entscheidungsdatum

20.03.2020

Norm

AVG §73
B-VG Art133 Abs4
DMSG §5 Abs1
VwGVG §28 Abs1

Spruch

W176 2218831-2/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. NEWALD als Einzelrichter über die Beschwerde von (1.) XXXX , (2.) XXXX , (3.) XXXX , (4.) XXXX , (5.) XXXX , (6.) XXXX , (7.) XXXX , (8.) XXXX , (9.) XXXX , (10.) XXXX sowie (11.) XXXX , alle vertreten durch Rechtsanwalt DI Dr. Siegfried KAIBLINGER, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des Bundesdenkmalamtes betreffend den am 11.09.2018 ("in eventu") gestellten Antrag auf Durchführung eines Verfahrens nach § 5 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923 (DMSG), zu Recht erkannt:

A) In Stattgabe der Säumnisbeschwerde wird der Antrag der Beschwerdeführer als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz an das Bundesdenkmalamt (in der Folge: belangte Behörde) vom 11.09.2018 stellten die nunmehrigen Beschwerdeführer - die Eigentümer des unter Denkmalschutz stehenden Hauses XXXX Wien, sind, das von geplanten Baumaßnahmen der XXXX (in der Folge: XXXX ) in Zusammenhang mit dem (Aus)Bau einer U-Bahnlinie betroffen ist -"für den Fall, dass kein Verfahren nach (§5) DMSG anhängig ist, (in eventu) den Antrag auf Eröffnung eines Verfahrens nach dem DMSG, weil die Maßnahmen der XXXX im Verfahren vor der Magistratsabteilung 64 die Veränderung eines Denkmals nach dem DMSG, konkret des Hauses XXXX Wien, darstellen". In diesem Fall möge die belangte Behörde als Grundlage für ihre weitere Verfahrensführung die Verfahrensdokumente des Verfahrens der MA 64 zur Zl. XXXX einholen und dem Verfahren zugrunde legen.

2. Am 28.09.2018 beantragten die XXXX bei der belangten Behörde unter Vorlage von Plänen gemäß § 5 Abs. 1 DMSG die Veränderung des gegenständlichen Gebäudes durch Fundamentvertiefung und Anbringung von Messbolzen an den Fassaden und im Gebäudeinneren zwecks Errichtung von Teilen einer U-Bahnstation unter dem Gebäude.

3. Mit Bescheid vom 25.02.2019, Zl. XXXX , gab die belangte Behörde diesem Antrag statt und erteilte unter Auflagen die Bewilligung zur Veränderung des Gebäudes durch bauliche Maßnahmen entsprechend den vorgelegten Plänen.

4. Mit einem am 14.05.2019 bei der belangten Behörde eingebrachten Schriftsatz stellten die Beschwerdeführer (u.a.) einen "Devolutionsantrag", wobei sie ausführten, die belangte Behörde habe über ihren Antrag vom 11.09.2018 nicht innerhalb der vorgesehenen Entscheidungsfrist entschieden.

5. Mit einem am 05.12.2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Schreiben legte die belangte Behörde den - als Säumnisbeschwerde zu wertenden - Devolutionsantrag sowie die Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Dabei hielt es u.a. fest, der Antrag sei bedauerlicher Weise aufgrund des Ausscheidens der Sachbearbeiterin unbehandelt geblieben.

6. Mit Schreiben vom 16.12.2019 forderte das Bundesverwaltungsgericht die belangte Behörde auf bekanntzugeben, welche Verfahrensschritte in Reaktion auf die im Schriftsatz der Beschwerdeführer vom 11.09.2019 gesetzt worden seien. Zugleich wurde ihr Gelegenheit gegeben, zur Frage Stellung zu nehmen, ob ihr bezüglich einer anzunehmenden Säumnis ein überwiegendes Verschulden anzulasten sei.

7. Mit Schriftsatz vom 10.01.2020 führte die belangte Behörde aus, dass der Eventualantrag vom 11.09.2018 (sie möge in eventu ein § 5-Verfahren führen, falls bei ihr keines anhängig sei) für hinfällig erachtet worden sei, da ein solches Verfahren von den XXXX anhängig gemacht worden sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird der unter Punkt I. dargestellte Sachverhalt zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 1. Satz B-VG erkennt das Bundesverwaltungsgericht - soweit sich aus Abs. 3, der die hier nicht relevante Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes regelt - nichts anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A):

3.2.1.1. Gemäß § 73 Abs. AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

Der Antragsteller hat, wenn die Behörde zur Auffassung gelangt, dass die Voraussetzungen für die Zurückweisung seines Begehrens vorliegen, etwa weil es verspätet eingebracht wurde, die Antragslegitimation fehlt oder es aus sonst einem Grund unzulässig ist, ein subjektives Recht auf Erlassung eines zurückweisenden Bescheides (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 73 Rz 9 [Stand 1.3.2018, rdb.at] unter Verweis auf VwSlg 9458 A/1977 verst Sen; VwGH 24.05.2000, 2000/07/0026; 26.04.2005, 2003/06/0194).

3.2.1.2. Aus der Stellung eines Antrags, mit dem (zumindest hilfsweise) die Erlassung eines Bescheides begehrt wird, erwächst der dazu legitimierten Partei ein subjektives Recht auf Durchführung und (zumindest faktische) Erledigung (§ 73 Abs. 1 AVG) des Verfahrens (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Rz 2 [Stand 1.1.2014, rdb.at] unter Verweis auf VwGH 18.01.1990, 89/09/0070).

Bedingte Prozesshandlungen sind unzulässig; Anderes gilt nur für Anträge, die unter der aufschiebenden Bedingung gestellt werden, dass ein Primärantrag - und unter Umständen auch noch ein oder mehrere vorrangige Eventualanträge - erfolglos bleibt bzw. bleiben (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Rz 4 [Stand 1.1.2014, rdb.at] unter Verweis auf VwGH 18.04.1983, 82/10/0197; 06.02.1990, 89/14/0256; 28.06.1996, 94/04/0183; 29.08.2000, 2000/05/0067; 13.03.2002, 2001/12/0041; 27.02.2007, 2005/21/0041; sowie 12. 12. 1997, 96/19/3388).

Von Mängeln des Anbringens iSd § 13 Abs. 3 AVG sind - neben dem Fehlen der Unterschrift - auch sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen (vgl. VwGH 15.10.2009, 2008/09/0354), sondern sonst im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen (VwGH 29.04.2005, 2005/05/0100; 29.04.2010, 2008/21/0302; 22.06.2011, 2007/04/0080), zB weil es aus formalen Gründen zurückzuweisen ist (VwGH 12.03.1998, 98/20/0107; 28.09. 2004, 2004/17/0034). Nach dem klaren Willen des Gesetzgebers wird die Behörde nicht durch § 13 Abs. 3 AVG verpflichtet, die Partei zu einer solchen "Verbesserung" (in Wahrheit: Änderung) des Anbringens aufzufordern, welche eine stattgebende Entscheidung ermöglicht (vgl. etwa VwGH 22.06.2011, 2007/04/0080). Zusammengefasst kann es sich bei einem Mangel iSd § 13 Abs. 3 AVG nur um ein Defizit des eingebrachten Dokuments handeln, also um ein Hindernis für eine Sachentscheidung, das durch eine "äußere" Veränderung des Schriftsatzes und nicht erst durch die Änderung des Begehrens (d.h. des Antrags ieS) behoben werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Rz 27 [Stand 1.1.2014, rdb.at] unter Verweis auf Wessely, Eckpunkte 206).

Auch ohne ausdrückliche Erwähnung durch den Gesetzgeber ist das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers Voraussetzung für das Eingehen in eine Beschwerde. Das objektive Interesse des Beschwerdeführers an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle gründet in dessen Beschwer. Eine derartige Beschwer liegt ua. dann vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag des Beschwerdeführers an die Verwaltungsbehörde zu dessen Nachteil abweicht (formelle Beschwer) (VwGH 30.06.2011, 2008/03/0168).

3.2.2.1. Wie zunächst festzuhalten ist, kann der belangten Behörde nicht darin gefolgt werden, dass der zu beurteilende Antrag der Beschwerdeführer in Hinblick auf die Einbringung eines Antrages gemäß § 5 DMSG durch die XXXX für hinfällig zu erachtet sei, dies in Hinblick auf die zeitliche Lagerung der Anträge: Denn zum Zeitpunkt der Stellung des gegenständlichen Antrages mit 11.09.2018 war bei der belangten Behörde noch kein Verfahren über den Antrag der XXXX anhängig; dieser wurde erst am 28.09.2018 eingebracht.

Jedoch erweist sich der Antrag der Beschwerdeführer in Hinblick auf die oben dargestellte Rechtsprechung als unzulässig:

Denn - anders als die Verwendung des Ausdrucks "in eventu" nahelegt - wurde er nicht unter der aufschiebenden Bedingung gestellt, dass ein oder mehrere zugleich oder zuvor von den Beschwerdeführern gestellte Anträge erfolglos bleibt bzw. bleiben, sondern für den Fall, dass bei der belangten Behörde kein Verfahren nach § 5 DMSG betreffend die von den XXXX geplanten Baumaßnahmen betreffend das verfahrensgegenständliche Haus anhängig ist.

Somit fällt er nicht unter die oben dargelegten bedingten Prozesshandlungen, die ausnahmsweise zulässig sind, sondern jene, für die das nicht der Fall ist.

Da dieser Mangel nur durch die Änderung des Begehrens selbst behoben werden könnte, ist er auch nicht iSd § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähig.

Hinzu kommt zum einen, dass die Beschwerdeführer - wie sich aus den Antrag eindeutig ergibt - keineswegs anstreben, dass (ihrem Antrag folgend) eine denkmalschutzrechtliche Bewilligung der von den XXXX geplanten Baumaßnahmen erteilt wird. Damit fehlt es dem Antrag aber am erforderlichen rechtlichen Interesse.

Zum anderen fehlt es auch an der formellen Beschwer, da dem inhaltsgleichen Antrag der XXXX von der belangten Behörde entsprochen wurde.

3.2.2.2. Da der Antrag der Beschwerdeführer somit unzulässig ist, hätte er nach der oben dargelegten Rechtsprechung von der belangten Behörde zurückgewiesen werden müssen. Indem dies nicht erfolgte, wurden die Beschwerdeführer in ihrem subjektiven Recht auf Erlassung eines zurückweisenden Bescheides verletzt, weshalb der - zweifelsohne nach Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist eingebrachten - Beschwerde stattzugeben war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2.3. Von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.

3.3. Zu Spruchpunkt B):

3.3.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.3.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdefrist Denkmalschutz Devolutionsantrag Fristablauf mangelnde Beschwer Rechtschutzbedürfnis - Wegfall Säumnisbeschwerde subjektive Rechte subjektiv-öffentliche Rechte unzulässiger Antrag Veränderungsantrag Veränderungsbewilligung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W176.2218831.2.00

Im RIS seit

20.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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