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90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §103 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 16. September 1996, Zl. UVS-03/P/48/03667/96, betreffend Übertretung des KFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 2. Februar 1996 forderte die Bundespolizeidirektion Wien (Strafamt) den Beschwerdeführer "als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges" mit einem näher genannten Kennzeichen gemäß § 103 Abs. 2 KFG auf, der Behörde mittels Formular binnen zwei Wochen ab Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, "wer dieses Kraftfahrzeug am 25.01.1996 um 09.25 Uhr" an einem näher genannten Ort in Wien "gelenkt" habe "(Delikt: Nichtbeachtung des Rotlichtes)".
Diese Aufforderung wurde dem Beschwerdeführer am 12. Februar 1996 zugestellt. In der Folge gab der Beschwerdeführer der Behörde in der mit 19. Februar 1996 datierten Lenkerauskunft bekannt, daß "der Auflieger ... vom 17.1. bis 28.1 auf unserem Gelände abgestellt" gewesen sei.
Mit formularmäßiger Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom "13. Juni 1996" (vermutlich gemeint:
"13. Mai 1996" im Hinblick auf die am "22. Mai 1996" erfolgte Hinterlegung beim Zustellungspostamt) wurde der Beschwerdeführer "als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges" mit näher genanntem Kennzeichen nach § 103 Abs. 2 KFG bestraft, weil er der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 2. Februar 1996, zugestellt am 12. Februar 1996, innerhalb der Frist von zwei Wochen "keine korrekte Auskunft" erteilt habe, "wer dieses Kraftfahrzeug (diesen Anhänger)" am 25. Jänner 1996 um 09.25 Uhr an einem näher genannten Ort "gelenkt (verwendet)" habe.
Im Zuge einer Vorsprache, die in einer mit "28.05.1996" datierten Niederschrift festgehalten wurde, erhob der Beschwerdeführer Einspruch und bestritt die Begehung dieser Tat. Der "Lenker des LKWs" mit näher genanntem Kennzeichen sei laut den Aufzeichnungen des Beschwerdeführers krank gewesen. Der "LKW" sei auch "nicht von jemand anderem gelenkt" worden. Gleichzeitig legte der Beschwerdeführer eine betriebliche Unterlage vor, aus der zu ersehen ist, daß am Tattag hinsichtlich des dem Kennzeichen nach angefragten Fahrzeuges der diesbezügliche Fahrer als "krank" eingetragen war.
Aufgrund dieses Einspruches wurde der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Landstraße, vom 12. August 1996 wegen Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs. 2 KFG bestraft, weil er "als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges" mit näher genanntem Kennzeichen der Behörde auf ihr schriftliches Vorbringen vom 2. Februar 1996 (zugestellt am 12. Februar 1996) innerhalb der Frist von zwei Wochen "keine korrekte Auskunft" erteilt habe, "wer dieses Kraftfahrzeug am 25.1. 1996, um 09.25 Uhr" an einem näher genannten Ort "gelenkt (verwendet)" habe. Es wurde über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. August 1996 Berufung, in der er insbesondere auf eine mögliche Verwechslung durch fehlerhafte Ablesung des Kennzeichens verwies. Überdies bestritt der Beschwerdeführer neuerlich unter Hinweis auf die Erkrankung des entsprechenden Fahrers, daß dieses Fahrzeug zum Tatzeitpunkt in Betrieb genommen worden sei.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16. September 1996 gab die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG der Berufung "keine Folge" und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, daß der Spruch wie folgt zu lauten haben:
"Sie haben als Zulassungsbesitzer des (Sattel-)Anhängers
mit dem Kennzeichen ... unterlassen, der Behörde auf ihr
schriftliches Verlangen vom 2.2.1996, zugestellt am 12.2.1996,
innerhalb der Frist von zwei Wochen eine korrekte, d.h.
vollständige, Auskunft darüber zu erteilen, wer diesen Anhänger
am 25.1.1996 um 9.25 Uhr, in ... (nähere Ortsangabe), verwendet
hat."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet unter Darstellung des Verfahrensablaufes ein, daß die Behörde an ihn eine Fragestellung gerichtet habe, die mit § 103 Abs. 2 KFG nicht in Einklang zu bringen sei. Die Fragestellung sei deshalb gesetzlich nicht gedeckt, weil aufgrund der seinerzeitigen Aktenlage nur danach hätte gefragt werden dürfen, "wer den Anhänger verwendet hat". Es sei ihm aber im erstinstanzlichen Verfahren vorgeworfen worden, er habe keine korrekte Auskunft darüber erteilt, "wer das Kraftfahrzeug gelenkt" habe. In der Aufforderung vom 2. Februar 1996 sei ihm nicht aufgetragen worden, darüber Auskunft zu erteilen, "wer den Anhänger gelenkt" habe. Die im angefochtenen Bescheid vorgeworfene Verletzung der Auskunftspflicht hinsichtlich der "Verwendung des Anhängers" sei ihm im Verfahren erster Instanz und somit innerhalb der Verjährungsfrist nicht vorgeworfen worden. Er sei daher zu Unrecht bestraft worden.
Gemäß § 103 Abs. 2 erster Satz KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen dem Kennzeichen nach bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat.
Im Beschwerdefall wurde die Anfrage an den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten "Kraftfahrzeuges" von der Behörde aufgefordert, Auskunft darüber zu erteilen, "wer dieses Kraftfahrzeug" zu einem bestimmten Tatzeitpunkt an einem näher genannten Ort "gelenkt hat". Dieser Anfrage lag eine Anzeige der Meldungsleger zugrunde, in der unter der Rubrik "Fahrzeugart" die Angabe "LKW (ANHAENGER)" gemacht und in der Spalte "Tatbeschreibung" u.a. folgender Hinweis vom Meldungsleger festgehalten wurde:
"Von mir konnte nur das Kennzeichen des Anhängers und nicht des Zugfahrzeuges abgelesen werden."
Die Anfrage hat unmißverständlich ausschließlich "nach dem Lenker eines Kraftfahrzeuges" mit einem bestimmten Kennzeichen und eben gerade nicht "nach dem Verwender eines Anhängers" gelautet.
Wie schon aus dem Wortlaut des § 103 Abs. 2 erster Satz KFG zu ersehen ist, hat sich aber die Anfrage hinsichtlich eines Anhängers darauf zu beziehen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt einen dem Kennzeichen nach bestimmten "Anhänger verwendet hat".
Gemäß § 2 Z. 1 KFG gilt als Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie aus Oberleitungen entnommen wird.
Gemäß § 2 Z. 2 leg. cit. gilt als Anhänger ein nicht unter Z. 1 fallendes Fahrzeug, das nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, mit Kraftfahrzeugen auf Straßen gezogen zu werden, oder mit einem Kraftfahrzeug auf Straßen gezogen wird.
War die behördliche Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG unmißverständlich nur auf den Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten "Kraftfahrzeuges" gerichtet, so kommt eine allfällige Bestrafung des auskunftsverpflichteten Zulassungsbesitzers nur dann in Betracht, wenn sich das von der Behörde dem Kennzeichen nach bestimmte Fahrzeug tatsächlich auf ein Kraftfahrzeug im Sinne des § 2 Z. 1 KFG bezieht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14. Mai 1987, Zl. 87/02/0052, ausführte, löst eine nicht dem Gesetz entsprechende Aufforderung die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Auskunftsverpflichtung des Zulassungsbesitzers nicht aus.
Gerade die tatbestandsmäßige Differenzierung im § 103 Abs. 2 erster Satz KFG zwischen dem Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges einerseits und dem Verwender eines dem Kennzeichen nach bestimmten Anhängers andererseits verpflichtet die Behörde, jedenfalls eine der Art des verwendeten Fahrzeuges entsprechende Anfrage zu stellen.
Aus der durch die belangte Behörde erfolgten "Richtigstellung" des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sowie aus der Begründung dieses Bescheides ist zu ersehen, daß die belangte Behörde selbst davon ausgeht, daß es sich bei dem von der Behörde unter einem näher genannten Kennzeichen angefragten Fahrzeug um einen "(Sattel-)Anhänger" handelt. Ausgehend von dieser behördlichen Sachverhaltsannahme wurde aber mit der mit 2. Februar 1996 datierten "Lenkeranfrage" mangels Existenz eines "Kraftfahrzeuges", das unter dem angefragten Kennzeichen für den Beschwerdeführer zugelassen wurde, auch keine Auskunftspflicht des Beschwerdeführers ausgelöst. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben. Aufgrund dieses Ergebnisses erübrigt sich auch ein näheres Eingehen auf das übrige Beschwerdevorbringen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996020569.X00Im RIS seit
07.06.2001