Entscheidungsdatum
26.05.2020Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2229609-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Indien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.02.2020, Zl. 1253476801/191209279, beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BFA-VG iVm § 31 Abs. 1 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Indiens, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 26.11.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dem EURODAC-Treffer vom 01.12.2018 ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in Kroatien bereits erkennungsdienstlich behandelt wurde.
Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (26.11.2019) gab der Beschwerdeführer an, er sei im Oktober 2018 mit dem Flugzeug nach Serbien geflogen und habe sich dort etwa zwei Monate aufgehalten. Anschließend sei er nach Bosnien gereist, an der kroatischen Grenze seien ihm Fingerabdrücke abgenommen worden und er sei nach Bosnien zurückgeschickt worden. In Bosnien habe er sich etwa eineinhalb Monate aufgehalten bevor er schlepperunterstützt teilweise zu Fuß und mit dem PKW über Kroatien und Slowenien nach Italien gereist sei, bevor er mit dem Zug weiter nach Österreich gelangt sei.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) richtete am 28.11.2019 ein auf
Art. 13 Abs. 2 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmeersuchen an Italien, ein Informationsersuchen gem. Art.°34 Dublin III-VO an Slowenien und ein auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Kroatien.
Italien teilte mit Schreiben vom 05.12.2019 und Slowenien mit Schreiben vom 08.01.2020 mit, dass es keine Aufzeichnungen zum Beschwerdeführer in Italien bzw. Slowenien gebe.
Mit Schreiben vom 27.01.2020 stimmte die kroatische Dublin-Behörde dem Aufnahmeersuchen gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 20.02.2020 im Beisein einer Rechtsberaterin die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren vor dem BFA statt.
Mit Bescheid des BFA vom 20.02.2020, zugestellt am 24.02.2020, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5°Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Kroatien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO für die Prüfung des Antrages zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Kroatien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Am 11.03.2020 wurde seitens der ausgewiesenen Vertretung des Beschwerdeführers Beschwerde eingebracht. Geltend gemacht wurde eine inhaltlich falsche Entscheidung bzw. eine unzulässige Verweigerung einer Sachentscheidung und Mangelhaftigkeit in der Verfahrensführung.
Mit Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.03.2020, zugestellt am 23.03.2020, wurde der Vertretung des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides am 24.02.2020 (Montag) die zweiwöchige Rechtsmittelfrist bereits mit Ablauf des 09.03.2020 (Montag) geendet habe und die am 11.03.2020 um 17:09 Uhr per E-Mail an das BFA übermittelte Beschwerde sohin verspätet sei. Diesbezüglich wurde eine Frist zur Stellungnahme von einer Woche ab Zustellung des Schreibens gewährt (Fristende: 30.03.2020).
Am 20.03.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme ein, in der vorgebracht wurde, dass im österreichischen Rechtssystem in Beschwerdesachen grundsätzlich vier Wochen Rechtsmittelfrist eingeräumt werde. Der VfGH habe wiederholt betont, dass in jeglichen Verfahren betreffend Asyl ebenfalls vier Wochen für eine Beschwerde einzuräumen seien. Die aktuellen Entwicklungen würden zeigen, dass die Länge von Fristen immer überdacht werden müsse. Aufgrund der COVID-19 Krise seien aktuell Fristen pauschal verlängert. Dies zeige, dass auch im Falle des Beschwerdeführers sinngemäß die Frist zu verlängern sei, da der Beschwerdeführer kurz vor dem Ausbruch der Corona-Krise das Rechtsmittel eingebracht habe. Asylwerbern nur zwei Wochen für ein Rechtsmittel einzuräumen, stelle sich daher als eine sachlich nicht zurechtfertigende Ungleichbehandlung von Fremden untereinander dar. Der Beschwerdeführer habe seine Beschwerde zum ehestmöglichen Zeitpunkt eingebracht. Die Beschwerde sei daher schon von daher als rechtzeitig zu betrachten.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird der eben dargelegte Verfahrensgang; insbesondere wird festgestellt, dass der Bescheid des BFA vom 20.02.2020 am 24.02.2020 (Montag) zugestellt wurde, sowie, dass die zweiwöchige Rechtsmittelfrist, auf die in der Rechtsmittelbelehrung des im Spruch ersichtlichen Bescheides hingewiesen wurde, mit Ablauf des 09.03.2020 (Montag) endete. Die am 11.03.2020 um 17:09 Uhr per E-Mail an das BFA übermittelte Beschwerde erweist sich daher als verspätet.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt und wurden seitens des Beschwerdeführers bzw. seines Vertreters auch nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Nach § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Eine Zurückweisung durch Beschluss hat etwa im Falle von Verspätung zu erfolgen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, § 28 K 2).
Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:
Gemäß § 16 Abs. 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 56/2018, in Kraft seit 01.09.2018, beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes ua. in den Fällen des Abs. 2 zwei Wochen; Abs. 2 leg. cit umfasst Beschwerden gegen eine Entscheidung, mit der (1) ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist, (2) ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht oder (3) eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden Fristen, die nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt sind, mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats. Beginn und Lauf einer Frist werden gemäß § 33 Abs. 1 AVG durch Samstage, Sonntage oder gesetzliche Feiertage nicht behindert.
Aus dem Akteninhalt ergibt sich unzweifelhaft, dass der im Spruch genannte Bescheid dem Vertreter des Beschwerdeführers am 24.02.2020 zugestellt und sohin rechtswirksam erlassen wurde. Nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BFA-VG iVm §§ 32 Abs. 2 und 33 Abs. 1 AVG hat im gegenständlichen Fall der Lauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist am 24.02.2020 (Montag) begonnen und mit Ablauf des 09.03.2020 (Montag) geendet.
Da die gegenständliche Beschwerde erst am 11.03.2020 um 17:09 Uhr per E-Mail übermittelt wurde und sohin erst nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist bei der belangten Behörde eingelangt ist, war die Beschwerde gemäß § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BFA-VG als verspätet zurückzuweisen.
Zu dem in der Stellungnahme vorgebrachten Vorbringen ist auszuführen, dass die Vertretung des Beschwerdeführers selbst anführte, dass sich der festgestellte Sachverhalt vor dem Ausbruch der COVID-19 Pandemie in Österreich ereignete. Insbesondere wurde innerhalb der Frist für das Parteiengehör zum Verspätungsvorhalt und bis dato in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt, warum die Beschwerdeerhebung nicht fristgerecht möglich war. Es ist klar darauf zu verweisen, dass das Ende der Frist für die Beschwerdeerhebung noch vor Beginn der Ausgangsbeschränkungen im Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie lag und auch keine anderen konkreten Gründe für die Verspätung in substantiierter Weise dargelegt wurden. Der bloße Verweis auf die COVID-19 Pandemie und die Ausführungen in der Beschwerde sowie in der Stellungnahme zum Verspätungsvorhalt können im gegenständlichen Fall somit zu keiner Rechtfertigung für die verspätete Beschwerdeerhebung führen.
Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist.
Da im vorliegenden Fall die Beschwerde wegen Verspätung zurückzuweisen ist, kann eine Verhandlung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Pandemie Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W240.2229609.1.00Im RIS seit
19.08.2020Zuletzt aktualisiert am
19.08.2020