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L82007 Bauordnung TirolNorm
BauO Tir 2018 §46 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag. Rehak und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 7. April 2020, LVwG-2019/32/1757-17, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. R S, 2. M S, 3. Ing. D S und 4. F S, alle vertreten durch Dr. Burghard Seyr, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 23, 5. S B, 6. H H, 7. Mag.a N M, 8. P K, 9. S W und 10. Ing. G M, die 5. bis 10. mitbeteiligten Parteien vertreten durch Dr. Stefan Warbek, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 15, 11. Dr.in E K und 12. Dr. P K, beide in K, und 13. S K in I; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 2. Juli 2019 wurde den Eigentümern eines näher bezeichneten Grundstückes und der darauf befindlichen baulichen Anlagen - soweit im Revisionsfall relevant - gemäß § 46 Abs. 1 Tiroler Bauordnung 2018 als Maßnahme zur Wiederherstellung des der Baubewilligung vom 31. Jänner 2005 sowie vom 8. Juni 2005 entsprechenden Zustandes binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides aufgetragen, bestimmte Stahlsäulen freizulegen und die Brandschutzbeschichtung instand zu setzen sowie die Verkleidung bzw. Beplankung mit dem notwendigen Abstand wieder zu errichten bzw. alternativ die Gipskartonplatten gegen Feuerschutzplatten auszutauschen bzw. entsprechend den Zulassungsbestimmungen zu montieren, um die Stahlsäulen entsprechend den Erfordernissen (R 90) zu schützen (Spruchpunkt I. 2.) sowie im Kellerbereich bzw. im Stiegenhaus im Verlauf des Fluchtweges eine Fluchtwegsorientierungsbeleuchtung zu installieren (Spruchpunkt I. 3.); weiters wurde näher genannten mitbeteiligten Parteien die weitere Benützung der betreffenden Gebäude untersagt (Spruchpunkt II.).
5 Mit den mit der vorliegenden Revision angefochtenen Spruchpunkten des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde den Beschwerden der mitbeteiligten Parteien Folge gegeben und die Spruchpunkte I. 3. und II. des erstinstanzlichen Bescheides ersatzlos behoben sowie der Spruchpunkt I. 2. des erstinstanzlichen Bescheides aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die revisionswerbende Partei zurückverwiesen, wobei „in der Folge davon auszugehen ist, dass die Stahlsäulen konsensgemäß eine Brandwiderstandsdauer von 60 Minuten aufweisen müssen.“ Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 In den zur Zulässigkeit der vorliegenden Revision dargestellten Gründen führt die revisionswerbende Partei aus, es lägen grobe Unschlüssigkeiten in der Beweiswürdigung vor und es sei den Baubewilligungen ein Inhalt unterstellt worden, der eine im Zeitpunkt der Erlassung rechtsunrichtige Beurteilung zur Folge habe. Insofern werde auch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes widersprochen, wonach im Zweifel nicht angenommen werden könne, dass „die Baubehörde die gesetzwidrige Herstellung bewilligt hätte.“ Die gegenständliche unschlüssige Beweiswürdigung unterstelle einer ca. 15 Jahre alten Baubewilligung ohne tatsächliche Anhaltspunkte einen den damaligen Bestimmungen widersprechenden Inhalt. Das Verwaltungsgericht spreche den gegenständlichen Gebäuden die Qualifikation als Wohnanlagen ab, obwohl sämtliche Voraussetzungen für das Vorliegen einer Wohnanlage gegeben seien. Es werde vermutet, „dass zwischen der damaligen Bauwerberin und der Behörde/dem Amtssachverständigen eine Vereinbarung getroffen wurde, welche ein Abweichen von gesetzlichen Bestimmungen umfasst, obwohl Gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen“.
7 In diesem Zusammenhang stelle sich weiters die Frage, wie umfassend sämtliche in verbindlichen technischen Vorschriften normierten Bestimmungen in Planunterlagen bzw. der Baubeschreibung enthalten sein müssten, um deren Einhaltung fordern zu können bzw. ob diese als Auflage vorgeschrieben werden könnten. Zu dieser Frage bestehe bislang keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
8 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, betrifft die Auslegung eines konkreten Bescheides grundsätzlich nur den Einzelfall, und es stellt diese nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar, wenn vom Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt wurde (vgl. etwa VwGH 6.4.2020, Ra 2020/06/0078, mwN).
9 Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt, zumal darin kein konkreter Bezug zum vorliegenden Revisionsfall hergestellt und insbesondere nicht dargelegt wird, welchen Bescheid das Verwaltungsgericht wie ausgelegt hat, welche „verbindlichen technischen Vorschriften“ das Verwaltungsgericht dabei missachtet hätte und inwiefern dieses Auslegungsergebnis unvertretbar sein soll.
10 Auch die Ausführungen zur Frage der Aufnahme von in verbindlichen technischen Vorschriften enthaltenen Bestimmungen in den Baubewilligungsbescheid lassen jeden konkreten Bezug zum vorliegenden Revisionsfall vermissen, sodass auch damit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Juli 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060130.L00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020