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L92051 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe BurgenlandNorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des A Z in R, vertreten durch Mag. Thomas Reissmann, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Schubertstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 4. Mai 2020, Zl. E 123/08/2020.001/002, betreffend Integrationsbegleitung nach § 29 Abs. 1 Burgenländisches Sozialhilfegesetz 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 13. Mai 2019 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 26. Juni 2019) wurde dem Revisionswerber für den Zeitraum von 1. April 2019 bis 31. März 2021 gemäß § 29 Abs. 1 Burgenländisches Sozialhilfegesetz 2000 (Bgld. SHG 2000) persönliche Hilfe im Ausmaß von 120 Monatsstunden gewährt.
2 Mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 18. Februar 2020 wurde die mit Bescheid vom 13. Mai 2019 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 26. Juni 2019) gewährte Hilfe gemäß § 74 Bgld. SHG 2000 mit 31. Dezember 2019 eingestellt und dem Revisionswerber für den Zeitraum von 1. Jänner 2020 bis 31. Juli 2020 gemäß § 29 Abs. 1 Bgld. SHG 2000 persönliche Hilfe im Ausmaß von 150 Monatsstunden gewährt.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 4. Mai 2020 wurde - unter anderem - die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei (Spruchpunkt III.).
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 30.3.2020, Ra 2019/10/0180-0182, 0187; 25.3.2020, Ra 2020/10/0015; 27.2.2020, Ra 2019/10/0121).
8 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe seinen Ausspruch nach § 25a Abs. 1 VwGG bloß formelhaft durch Wiedergabe der in Art. 133 Abs. 4 B-VG angeführten Gründe und daher nur unzureichend begründet.
9 Zu diesem Vorbringen genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach dieser Umstand - entgegen der in der Revision offenbar vertretenen Ansicht - für sich genommen nicht zur Zulässigkeit der Revision führt (vgl. VwGH 13.12.2019, Ra 2019/08/0164; 27.8.2019, Ra 2019/08/0098; 30.4.2019, Ra 2018/04/0196).
10 Der Revisionswerber - der sich in seinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht „auf (unbefristete) persönliche Hilfe“ nach dem Bgld. SHG 2000 verletzt erachtet - macht in der Zulässigkeitsbegründung im Weiteren geltend, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob „Ansprüche und Leistungen, die ein Gesetz dem Normunterworfenen einräumt bzw gewährt, von der Behörde ohne diesbezüglicher gesetzlicher Ermächtigung oder gar contra legem befristet werden“ könnten.
11 Mit diesem, auf die hier relevanten Bestimmungen des Bgld. SHG 2000 nicht konkret eingehenden Vorbringen wird eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, von deren Lösung das Schicksal der vorliegenden Revision abhängt, nicht aufgezeigt. Entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht bietet § 29 Abs. 1 Bgld. SHG 2000, wonach zur Beseitigung oder Erleichterung der psychischen und sozialen Schwierigkeiten bei der Eingliederung in das Berufsleben oder in die Gesellschaft einem behinderten Menschen Integrationsbegleitung (vormals: „persönliche Hilfe“) gewährt werden kann, keine Grundlage für die Annahme, dass dem Betreffenden insoweit ein Rechtsanspruch „auf unbefristete persönliche Hilfe“ eingeräumt würde.
12 Der Revisionswerber übergeht vielmehr den Umstand, dass gemäß § 20 Abs. 3 erster Satz Bgld. SHG 2000 Empfang, Form und Weise der Leistung unter Bedachtnahme auf ihre bestmögliche Wirksamkeit in der kostengünstigsten Weise zu bestimmen sind und gemäß § 20 Abs. 3 dritter Satz leg. cit. der behinderte Mensch auf eine bestimmte Art der im § 19 genannten Hilfen - somit gemäß § 19 Z 9 Bgld. SHG 2000 auch auf jene nach § 29 Abs. 1 leg. cit. - keinen Anspruch hat.
13 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Judikatur zu inhaltsgleichen Bestimmungen in den entsprechenden Gesetzen anderer Bundesländer die Ansicht, dass ein Mensch mit Behinderung - ungeachtet des grundsätzlichen Rechtsanspruches auf Hilfeleistung - keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Art der Hilfeleistung hat. Die Entscheidung über die konkret zu gewährende Hilfeleistung nach Art und Ausmaß bleibt der Behörde (nach dem Bgld. SHG 2000 nach Beiziehung von Sachverständigen gemäß § 66 leg. cit.) vorbehalten. Demgemäß kann der Mensch mit Behinderung einen Bescheid, mit dem ausschließlich eine bestimmte, konkret beantragte Maßnahme verweigert, der Anspruch auf Hilfeleistung zur Abdeckung jenes Bedarfs, der durch das beantragte Hilfsmittel gedeckt werden soll, aber nicht generell verneint wird, nicht wegen behaupteter Rechtswidrigkeit erfolgreich bekämpfen (vgl. VwGH 20.12.2019, Ra 2019/10/0126 [zum Steiermärkischen Behindertengesetz] sowie VwGH 16.3.2016, Ra 2016/10/0013 [zum Kärntner Chancengleichheitsgesetz], mit Verweis auf VwGH 11.8.2015, 2012/10/0006; 19.2.2014, 2013/10/0146; 21.3.2013, 2010/10/0141; 28.2.2013, 2012/10/0074 [zum Steiermärkischen Behindertengesetz]; 27.3.2014, 2011/10/0209 [zum Salzburger Behindertengesetz]; 23.1.2012, 2010/10/0095 [zum Niederösterreichischen Sozialhilfegesetz]; 29.1.2009, 2008/10/0131 [zum Tiroler Rehabilitationsgesetz]). Nichts anderes gilt für die hier in Rede stehende Bestimmung des § 20 Abs. 3 Bgld. SHG 2000.
14 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juli 2020
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100092.L00Im RIS seit
23.09.2020Zuletzt aktualisiert am
23.09.2020