Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
KFG 1967 §103 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der A in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 24. Juli 1997, Zl. UVS-Senat-HO-96-026, betreffend Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967,
Spruch
I. den Beschluß gefaßt:
Die Behandlung der Beschwerde wird insoweit, als mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung gegen die Spruchpunkte 1. und 3. des erstinstanzlichen Bescheides (Übertretungen nach § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 36 lit. e KFG und in Verbindung mit § 80 KFG) abgewiesen wurde, abgelehnt.
II. zu Recht erkannt:
Im übrigen - sohin soweit die Berufung gegen Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides (Übertretung nach § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 50 Abs. 1 KFG) abgewiesen und diesbezüglich Kosten des Berufungsverfahrens (in der Höhe von S 120,--) vorgeschrieben wurden - wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 2.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Datum 21. November 1996 richtete die Bezirkshauptmannschaft Horn an die Beschwerdeführerin ein Straferkenntnis mit folgendem Spruch:
"Sie haben als Zulassungsbesitzerin folgende
Verwaltungsübertretung begangen:
Zeit ......: 20.4.1996
Ort .......: 3571 K ... Nr. 28
Fahrzeug: PKW HO ...
Tatbeschreibung
Sie haben als Zulassungsbesitzerin dieses Fahrzeuges nicht dafür gesorgt, daß das Fahrzeug den gesetzlichen Vorschriften entspricht.
1.
Das Fahrzeug hat den Vorschriften des KFG nicht entsprochen, da am Fahrzeug keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war.
Übertretungsnorm: § 103 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m.
§ 36 lit. e KFG 1967
Strafnorm: § 134 Abs. 1 KFG 1967
Über Sie wird folgende Geldstrafe verhängt: S 600,--
Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden.
2.
Das hintere Kennzeichen war so montiert, daß es an beiden Enden rechtwinkelig abgebogen war, sodaß die Buchstaben nicht einwandfrei abzulesen waren.
Übertretungsnorm: § 103 Abs. 1 Ziff. 1 i.V.m.
Strafnorm: § 134 Abs. 1 KFG 1967
Über Sie wird folgende Geldstrafe verhängt: S 600,--
Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden.
3.
An der Stoßstange des PKW"s war ein deutsches
Unterscheidungskennzeichen angebracht.
Übertretungsnorm: § 103 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 80 KFG 1967
Strafnorm: § 134 Abs. 1 KFG 1967
Über Sie wird folgende Geldstrafe verhängt: S 400,--
Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden
Vorgeschriebener Kostenbeitrag: S 160,--
Rechtsgrundlage
§ 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG)"
Der dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 24. Juli 1997 keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis "vollinhaltlich".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Zur Abweisung der Berufung in Hinsicht auf die Spruchpunkte 1. und 3. des Straferkenntnisses (Übertretungen nach § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 36 lit. e und in Verbindung mit § 80 KFG):
Zunächst sei darauf verwiesen, daß es sich beim Zitat des "§ 39 lit. e" KFG in der Begründung des angefochtenen Bescheides um einen - rechtlich unerheblichen - Schreibfehler handelt. Im - von der belangten Behörde übernommenen - Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird ohnedies § 36 lit. e KFG zitiert.
Gemäß § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in einer Verwaltungsstrafsache durch Beschluß ablehnen, wenn weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der unabhängige Verwaltungssenat von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Voraussetzungen für eine Ablehnung der vorliegenden Beschwerde nach dieser Gesetzesstelle in diesem Umfang sind erfüllt. Es wurde weder jeweils eine primäre Freiheitsstrafe noch jeweils eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt. Die Fällung einer Sachentscheidung über die Beschwerde in diesem Umfang hängt auch von keiner Rechtsfrage ab, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Zur Abweisung der Berufung in Hinsicht auf Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses (Übertretung nach § 103 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 50 Abs. 1 KFG):
Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 25. November 1997, Zl. 97/02/0399), daß die Richtigstellung der verletzten Verwaltungsvorschrift ungeachtet der Verfolgungsverjährungsfrist zulässig ist. Es ist daher schon deshalb - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - rechtlich unerheblich, ob in der Strafverfügung vom 4. Juni 1996 an Stelle der Bestimmung des § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG (die sich an den Zulassungsbesitzer richtet) die Vorschrift des § 102 Abs. 1 KFG (die die Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers betrifft) zitiert war. Im übrigen findet sich bereits auch in dieser Strafverfügung die Eigenschaft der Beschwerdeführerin als "Zulassungsbesitzer".
Soweit die Beschwerdeführerin allerdings vorbringt, die ihr im Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses vorgeworfene Tat sei nicht unter § 50 Abs. 1, sondern unter § 49 Abs. 6 KFG (in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.) zu subsumieren, ist sie im Recht:
Gemäß § 50 Abs. 1 KFG ist das Ändern der Kennzeichentafeln und das Anbringen von Vorrichtungen, mit denen das Kennzeichen eines Fahrzeuges ganz oder teilweise verdeckt oder unlesbar gemacht werden kann, verboten.
Nach § 49 Abs. 6 dritter Satz KFG müssen die Kennzeichentafeln senkrecht zur Längsmittelebene des Fahrzeuges annähernd lotrecht und so am Fahrzeug angebracht sein, daß das Kennzeichen vollständig sichtbar und gut lesbar ist und durch die Kennzeichenleuchten im Sinne des § 14 Abs. 6 leg. cit. ausreichend beleuchtet werden kann.
Im Erkenntnis vom 12. Oktober 1984, Zl. 83/03/0273, hat der Verwaltungsgerichtshof zu dieser letztzitierten Bestimmung zum Ausdruck gebracht, der normative Gehalt derselben bestehe in der Vorschrift, wie die Kennzeichentafeln am Fahrzeug angebracht sein müßten, damit ihre Anbringung dem Gesetz entspreche. Weiters hat der Gerichtshof in diesem Erkenntnis den damaligen Tatvorwurf, die hintere Kennzeichentafel sei vorschriftswidrig angebracht gewesen, weil die beiden Enden der Tafel stark gekrümmt und das Kennzeichen somit nicht vollständig sichtbar und gut lesbar gewesen sei, als rechtmäßig im Sinne des § 49 Abs. 6 dritter Satz KFG erachtet. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Februar 1981, Zl. 03/3109/80, ging es darum, daß die hintere, zweizeilige Kennzeichentafel, die für die vorgesehene Halterung zu groß gewesen sei, in der Mitte abgeknickt gewesen sei, sodaß die untere Hälfte der Tafel fast waagrecht zur Fahrbahn gestanden sei, wodurch ein einwandfreies Ablesen des Kennzeichens nicht möglich gewesen sei. Die Subsumtion dieses Vorwurfes unter § 49 Abs. 6 dritter Satz KFG wurde gleichfalls als nicht rechtswidrig erachtet.
Daraus folgt, daß auch der der Beschwerdeführerin insoweit gemachte, spruchgemäß oben dargestellte Vorwurf der Vorschrift des § 49 Abs. 6 dritter Satz KFG zu subsumieren ist. Was aber § 50 Abs. 1 KFG anlangt, so betrifft dieses Verbot (1. Fall) das "Ändern" der Kennzeichentafeln; es bezieht sich aber nicht auf deren "Anbringung".
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, als sie die der Beschwerdeführerin insoweit vorgeworfene Tat dem § 50 Abs. 1 KFG subsumiert hat, wobei allerdings im Hinblick auf ein diesbezügliches Beschwerdevorbringen darauf hinzuweisen ist, daß sich die zitierte Vorschrift des § 49 Abs. 6 KFG nicht nur an den Lenker (in Verbindung mit § 102 Abs. 1 KFG), sondern auch an den Zulassungsbesitzer (in Verbindung mit § 103 Abs. 1 Z. 1 KFG) richtet (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Februar 1981, Zl. 03/3109/80).
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit damit die Berufung gegen Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides abgewiesen wurde, einschließlich der diebezüglichen Vorschreibung von Kosten des Berufungsverfahrens (in der Höhe von S 120,--) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere dessen § 48 Abs. 1 Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 88/1997. Das Mehrbegehren auf Ersatz von Schriftsatzaufwand war abzuweisen, zumal ein solcher nur dann gebührt, wenn der Beschwerdeführer tatsächlich durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. § 49 Abs. 1 VwGG in der erwähnten Fassung), was im Beschwerdefall nicht zutrifft.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997020405.X00Im RIS seit
19.03.2001