TE Lvwg Beschluss 2019/3/20 VGW-103/064/1672/2019, VGW-103/064/1674/2019, VGW-103/064/1675/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.03.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

20.03.2019

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
27/01 Rechtsanwälte

Norm

AVG §10
RAO §34 Abs1 Z3
ZustG §7

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Dr. Wildpanner-Gugatschka über die Beschwerde

1.) des Herrn A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 62, vom 19.6.2018, Zl. MA 62-V/1/16, mit welchem das Melderegister durch die Abmeldung des Beschwerdeführers gemäß § 15 iVm § 4 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992 idgF, amtswegig berichtigt wurde,

2.) der Frau C. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 62, vom 22.6.2018, Zl. MA 62-V/2/16, mit welchem das Melderegister durch die Abmeldung der Beschwerdeführerin gemäß § 15 iVm § 4 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992 idgF, amtswegig berichtigt wurde, und

3.) des mj. D. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 62, vom 22.6.2018, Zl. MA 62-V/3/16, mit welchem das Melderegister durch die Abmeldung des Beschwerdeführers gemäß § 15 iVm § 4 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das polizeiliche Meldewesen (Meldegesetz 1991 - MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992 idgF, amtswegig berichtigt wurde, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Mit dem Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 62, vom 19.6.2018, GZ. MA 62–V/1/16, wurde das Melderegister durch Abmeldung des Erstbeschwerdeführers, Herrn A. B., von der Adresse Wien, E.-Platz, gemäß § 15 iVm § 4 Abs. 1 Meldegesetz amtswegig berichtigt. Die angefochtenen Bescheide bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin, Frau C. B., zur GZ: MA 62–V/2/16, und des Drittbeschwerdeführers, des mj. D. B., zur GZ: MA 62–V/3/16, vom 22.6.2018 lauten ebenfalls auf amtswegige Abmeldung von der Adresse Wien, E.-Platz, gemäß § 15 iVm § 4 Abs. 1 Meldegesetz. Die Bescheide wurden an (den im verwaltungsbehördlichen Verfahren bevollmächtigten Rechtsanwalt) Dr. F. durch Hinterlegung am 26.6.2018 zugestellt.

Gegen diese Bescheide wurde mit E-Mail vom 24.7.2018 Beschwerde eingebracht.

Die belangte Behörde nahm von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand und legte die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Verwaltungsgericht Wien am 29.1.2019 zur Entscheidung vor.

II. Sachverhalt

1. Das Verwaltungsgericht Wien legt seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Die zu den GZlen. MA 62–V/2/16, MA 62–V/3/16 und MA 62–V/3/16 protokollierten, den Erst-, Zweit- und Drittbeschwerdeführer betreffenden, Bescheide wurden an Dr. F. gerichtet und ihm am 26.6.2018 zugestellt. Dieser übermittelte die og. Bescheide per E-Mail vom 28.6.2018 an die Zweitbeschwerdeführerin.

Herr Dr. F. verzichtete am 15.5.2018 auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft. Am 16.5.2018 wurde ein Kammerkommissär gemäß § 34a Abs. 2 iVm § 34 Abs. 1 RAO bestellt.

2. Das Verwaltungsgericht Wien hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten und Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens. Die Feststellung, dass die Bescheide an Herrn Dr. F. gerichtet und ihm am 26.6.2018 zugestellt wurden, ergibt sich aus der Zustellverfügung der angefochtenen Bescheide und den in den Verwaltungsakten einliegenden Rückscheinen. Dass Herr Dr. F. die Bescheide am 28.6.2018 an die Zweitbeschwerdeführerin übermittelte, geht einerseits aus der Beschwerde hervor, welche u.a. folgenden Wortlaut hat:

„Die Bescheide wurden uns vom Anwalt Dr. F. erst am 28. Juni zugestellt (siehe Email im Anhang). Mit dem heutigen Datum ist die 4-wöchige Beschwerdefrist angehalten.

[…]

Ich bitte Sie, dass Sie mich in der Zukunft direkt kontaktieren und nicht mehr über den Anwalt Dr. F., weil er nicht mehr Berufstätig ist.“

Die angesprochene E-Mail des Herrn Dr. F. wurde der Beschwerde beigelegt. Darin heißt es, dass „mit den beiliegenden Bescheiden“ die amtliche Abmeldung durch die Magistratsabteilung 62 durchgeführt wurde. Somit ist davon auszugehen, dass die Bescheide (ausschließlich) per E-Mail am 26.6.2018 an die Zweitbeschwerdeführerin übermittelt wurden.

Dass Herr Dr. F. am 15.5.2018 auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet hat, wurde von ihm selbst in seiner E-Mail vom 26.6.2018 angegeben. Dies wurde durch eine Einsicht in die (online unter https://www.rechtsanwaelte.at/kammer/kundmachungen/rak-wien/...) Liste der Rechtsanwälte der Rechtsanwaltskammer Wien und in die (online unter https://www.rakwien.at/... verfügbar gemachte) Bekanntmachung der Rechtsanwaltskammer über die Bestellung eines Kammerkommissärs am 16.5.2018 bestätigt.

III. Rechtliche Beurteilung

 

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

§ 10 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 58/2018:

„Vertreter

§ 10. (1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.

(3) Als Bevollmächtigte sind solche Personen nicht zuzulassen, die unbefugt die Vertretung anderer zu Erwerbszwecken betreiben.

(4) Die Behörde kann von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Angehörige (§ 36a), Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.

(5) Die Beteiligten können sich eines Rechtsbeistandes bedienen und auch in seiner Begleitung vor der Behörde erscheinen.

(6) Die Bestellung eines Bevollmächtigten schließt nicht aus, daß der Vollmachtgeber im eigenen Namen Erklärungen abgibt.“

§§ 34 und 34a der Rechtsanwaltsordnung (RAO), RGBl. Nr. 96/1868 idF BGBl. I Nr. 10/2017, lauten auszugsweise:

„Erlöschung der Rechtsanwaltschaft.

§ 34. (1) Die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erlischt

1.

bei Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft,

2.

mit dem Beginn einer gesetzlichen Vertretung im Sinn des § 1034 ABGB,

3.

bei Verzicht,

4.

bei rechtskräftiger Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder dessen rechtskräftiger Nichteröffnung mangels kostendeckenden Vermögens,

5.

aufgrund eines rechtskräftigen Disziplinarerkenntnisses auf Streichung von der Liste oder

6.

durch Tod,

ohne dass es dazu einer gesonderten Entscheidung bedarf. Die Streichung von der Liste ist vom Ausschuss anzuordnen.

[…]

§ 34a

[…]

(2) Erlischt oder ruht die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft (§ 34 Abs. 1 und 2), so ist durch den Ausschuss ein Kammerkommissär zu bestellen, der als Organ der Rechtsanwaltskammer tätig wird. Dieser hat die Mandanten des Rechtsanwalts über seine Bestellung und deren Rechtsfolgen zu belehren und gegebenenfalls bei der Überleitung von Aufträgen an andere Rechtsanwälte zu beraten, Treuhandschaften des Rechtsanwalts festzustellen und die daran beteiligten Personen über die mögliche Besorgung der Treuhandschaft durch einen anderen Treuhänder zu informieren, Fremdgelder des Rechtsanwalts festzustellen und zu verwalten sowie die ordnungsgemäße Verwahrung der Akten des Rechtsanwalts und der bei diesem hinterlegten Urkunden zu besorgen.

(3) Mittlerweiligen Substituten und Kammerkomissären sind vom Ausschuss Amtsbestätigungen über ihre Bestellung auszustellen.

(4) Ist der Rechtsanwalt im Firmenbuch eingetragen, so ist die Bestellung eines Kammerkommissärs über Mitteilung der Rechtsanwaltskammer von Amts wegen im Firmenbuch einzutragen. Die Eintragung ist nach Beendigung der Bestellung über Mitteilung der Rechtsanwaltskammer wieder zu löschen. Darüber hinaus sind die Bestellung eines Kammerkommissärs und dessen Enthebung im Internet auf der Website der Rechtsanwaltskammer unverzüglich und allgemein zugänglich bekanntzumachen. Entsprechende Bekanntmachungen auf ihrer Website haben durch die Rechtsanwaltskammer auch im Fall der Bestellung und der Enthebung eines mittlerweiligen Substituten zu erfolgen.

[…]“

§ 7 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 idF BGBl. I Nr. 5/2008, lautet:

„Heilung von Zustellmängeln

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.“

2. Die angefochtenen Bescheide wurden an Dr. F. – welcher im verwaltungsbehördlichen Verfahren als rechtsfreundlicher Vertreter der Beschwerdeführer auftrat – gerichtet und ihm am 26.6.2018 nachweislich zugestellt. Dr. F. hatte bereits am 15.5.2018 auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft verzichtet.

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 3 RAO erlischt die Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft bei Verzicht ex lege, also ohne bescheidmäßigen Abspruch. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung wiederholt ausgesprochen, dass mit dem Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft die bisher rechtsanwaltlich vertretene Partei als unvertreten zu gelten hat und hat dies mit dem Eintritt der (nachträglichen) Unmöglichkeit der aufgetragenen oder eingeräumten Geschäftsbesorgung nach § 10 Abs. 2 AVG iVm §§ 1020 bis 1026 ABGB begründet (VwGH 26.5.2009, 2007/01/0941; 15.9.2010, 2007/18/0089; dazu Hengstschläger/Leeb, AVG § 10 Rz 27 [Stand 1.1.2014, rdb.at]; s.a. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz [2018] § 9 E 75-79). Das Vollmachtverhältnis zwischen den Beschwerdeführern und Herrn Dr. F. endete somit ipso iure, also ohne eines Willensaktes der Beteiligten, am 15.5.2018. Auf die Kenntnisnahme dieses Umstandes durch die belangte Behörde kommt es nicht an (s. VwGH 26.5.2009, 2007/01/0941). Somit erfolgte die Zustellung der angefochtenen Bescheide an Herrn Dr. F. am 26.6.2018 für die Beschwerdeführer nicht rechtswirksam.

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so äußert ein derartiger Vorgang keine Rechtswirkungen. § 7 Zustellgesetz sieht jedoch eine Heilung von Zustellmängeln ex nunc vor; danach gilt ein Dokument als in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Nicht nach § 7 Zustellgesetz heilbar ist jedoch eine Fehlbezeichnung des Empfängers in der Zustellverfügung (VwGH 24.4.2012, 2012/22/0013). Im vorliegenden Fall wurde Herr Dr. F. – dem keine Vertretungsmacht zukam – in der Zustellverfügung als Empfänger angeführt und konnte insofern von vorherein keine Heilung eintreten. Davon abgesehen wurden die angefochtenen Bescheide lediglich per E-Mail an die Beschwerdeführer übermittelt und sind ihnen daher nicht „tatsächlich“ iSd § 7 Zustellgesetz zugekommen (dazu ua. VwGH 16.9.2009, 2006/05/0080).

Mangels rechtswirksamer Zustellung und des Nichtvorliegens der Voraussetzung für eine Heilung der Zustellung liegen somit keine anfechtbaren (erlassenen) Bescheide vor, weshalb die Beschwerde mangels tauglicher Anfechtungsgegenstände zurückzuweisen ist.

3. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen ist.

4. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Vertretung; Erlöschung der Rechtsanwaltschaft, Zustellung; Mängel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2019:VGW.103.064.1672.2019

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten