Entscheidungsdatum
02.07.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §45 Abs1 Z1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Müller, LL.M. über die Beschwerde des Herrn AA, geboren am xx.xx.xxxx, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 14.05.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz – GelverkG nach der Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung 2000 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
2. Der Beschwerdeführer hat keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
3. Gegen diese Entscheidung ist eine ordentliche Revision am Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Straferkenntnis vom 14.05.2020 wurde folgendes vorgesehen:
„Der Beschuldigte, AA, geboren am xx.xx.xxxx, wohnhaft in Z, Adresse 1, ist als Lenker des Taxifahrzeuges der Marke BB grau/silberfarbig, mit dem amtlichen Kennzeichen ***, für das Taxiunternehmen CC, mit Standort in X, Adresse 2, am 23.01.2020, um 21:33 Uhr, im Gemeindegebiet von X, auf dem Platz DD, Höhe HNr. *** (Vorplatz der EE AG) mit dem angeführten Kraftfahrzeug an der angeführten Örtlichkeit aufgefahren, obwohl im Gemeindegebiet von X nach § 96 Abs. 3 StVO festgesetzte Standplätze vorhanden sind und in einem solchen Fall nur diese Standplätze zum Auffahren mit Taxifahrzeugen benützt werden dürfen.
Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 16 Abs. 1 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung 2000 i.d.g.F.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird folgende Strafe verhängt:
Strafe in Euro
Ersatzfreiheitsstrafe
Freiheitsstrafe von
Strafbestimmung:
300,00
27 Stunden
i.V.m § 22 Tiroler
Personenbeförderuns-
Betriebsordnung 2000
lm Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe wird die festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen. Weiters hat der Beschuldigte gemäß § 64 Abs. 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% v.H. der verhängten Strafe (jedoch mindestens € 10,00 pro Übertretung), das sind € 30,00 zu bezahlen, sowie gemäß § 54 d des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 die Kosten eines allfälligen Vollzuges der Ersatzfreiheitsstrafe zu ersetzen.
Der zu entrichtende Betrag setzt sich daher wie folgt zusammen:
Strafe: € 300,00
Verfahrenskosten: € 30,00
Barauslagen: € 0,00 (Kopiekosten)
insgesamt: € 330,00“
Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde und bestritt, dass er die angelastete Tat begangen habe.
In der öffentlich mündlichen Verhandlung am 25.06.2020 wurde der Privatanzeiger als Zeuge einvernommen. Der ordnungsgemäß geladene Beschwerdeführer ist nicht erschienen, obwohl er zunächst bekannt gab, dass er eine Dolmetscherin für die Verhandlung benötige.
II. Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer hat am 23.01.2020 um 21:30 Uhr in X das Taxifahrzeug *** gelenkt. Er hat jedoch nicht auf dem Platz DD, Höhe HNr. *** (Vorplatz der EE AG) sein Fahrzeug angehalten. Vielmehr ist der auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt FF gegenüber der EE AG gefahren und hat dort zumindest gebremst.
Es kann nicht festgestellt werden, ob er auf dem Parkplatz vor dem Supermarkt FF stehengeblieben ist, um dort auf Fahrgäste zu warten, die keine Taxifahrt bestellt hätten.
III. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus der Einvernahme des Meldelegers, der in der Skizze unzweifelhaft einzeichnete und beschriftete, dass der Beschwerdeführer auf dem Parkplatz des Supermarkt FF gefahren wäre, sohin nicht auf den Platz DD. Er machte keinerlei Angaben dazu, dass der Beschwerdeführer auf Fahrgäste gewartet hätte. Er konnte auch keine genauen Angaben dazu machen, wie lang der Beschwerdeführer auf dem Supermarkt FF Parkplatz sein Fahrzeug angehalten hätte.
Der Meldeleger hat ein Taxiunternehmen in X und zeigt nun unzählige Fälle von konkurrierenden Taxiunternehmerin in X wegen Nichtauffahrens auf Taxistandplätze an. Dazu hat er eine handschriftliche Liste mit Standort und Zeit angefertigt, teilweise auch den Lenker. Er hat Fotos mit dem Handy von dem jeweiligen Taxiunternehmen, aus denen jedoch nicht zu erkennen ist, ob das Fahrzeug fährt oder steht. Im vorliegenden Fall sind die Bremslichter am Taxifahrzeug erleuchtet, was jedoch kein Nachweis ist, dass das Fahrzeug angehalten hat. Wie lange der jeweilige Lenker an dem angegebenen Ort gestanden ist, wird in dieser Liste ebenso nicht festgehalten.
Weiters hat sich der Meldeleger nicht darüber informiert oder sich dafür interessiert, aus welchem Grund der Lenker des jeweiligen Taxis, ebenso wie im gegenständlichen Fall, das Fahrzeug angehalten hat. Dazu sagte der Meldeleger nur, dass das Anhalten des Taxifahrzeuges an dem eingezeichneten Ort verboten sei und die Lenker daher eine Strafe bekommen solle.
Eine Einvernahme des Beschwerdeführers hat sich sohin erübrigt, da der angelastete Tatort seitens des Meldelegers eben nicht bestätigt wird.
IV. Rechtslage:
Gem § 22 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung 2000 (TPBBO) sind Übertretungen dieser Verordnung nach den Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 zu bestrafen.
Sind in einer Gemeinde Standplätze nach § 96 Abs. 4 der Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 123/2015, festgesetzt worden, so dürfen Taxifahrzeuge gem § 16 Abs 1 TPBBO nur auf diese Standplätze auffahren, es sei denn, es wäre auf Grund einer besonderen straßenpolizeilichen Anordnung oder in den Abs. 2 und 3 etwas anderes bestimmt.
Gem § 15 Abs 5 Z 1 Gelegenheitsverkehrsgesetz (GelverkG) ist eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 726,- Euro zu ahnden ist, begeht, wer als Lenker Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält.
V. Rechtliche Erwägungen:
Da aus den Feststellungen zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer nicht den ihm vorgeworfenen Sachverhalt verwirklicht hat, geschweige der Tatort derjenige ist, an dem er das Taxifahrzeug gelenkt oder angehalten haben soll, war sohin der vorgeworfene Tatbestand nicht erfüllt und sohin das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
B e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr.in Müller, LL.M.
(Richterin)
Schlagworte
Nichtauffahren zum Standplatz;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.48.1002.10Zuletzt aktualisiert am
18.08.2020