Entscheidungsdatum
07.07.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §44aText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Kantner über die Beschwerde der AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 19.05.2020, Zl ***, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Jugendgesetz,
zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Im angefochtenen Bescheid ist spruchgemäß festgehalten wie folgt:
„Tatzeit: 12.04.2020, 02:30 Uhr
Tatort: Z, Adresse 2, Parkplatz
Sie haben zur oben angeführten Tatzeit und am oben angeführten Tatort gegen das Tiroler Jugendgesetz verstoßen. Konkret haben Sie am 12.04.2020 um 02:30 Uhr, als Aufsichtsperson nicht im Rahmen Ihrer Möglichkeiten und des Ihnen zumutbaren Sorge getragen, dass die für Kinder und Jugendliche geltenden Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes und der Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes eingehalten wurden. Die Missachtung dieser geltenden Bestimmungen durch BB, geb. xx.xx.2014, wurde zu oben angeführtem Zeitpunkt und Ort festgestellt. BB wurde am 12.04.2020 um 02:30 Uhr, in Z, Adresse 2, von der Streife „CC“ auf dem dortigen Parkplatz, aufgehalten.“
Die Beschwerdeführerin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 12 Abs. 1 Tiroler Jugendgesetz, LGBl Nr 4/1994 in der Fassung vom 12.04.2020, begangen und wurde von der Verhängung einer Strafe gemäß § 45 Abs 1 VStG abgesehen und eine Ermahnung erteilt.
Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die Einhaltung der zeitlichen Aufenthaltsbestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes von ihrer Tochter BB immer eingefordert und bis dato von BB auch immer eingehalten worden seien. Es habe bisher keinen Anlass für besondere Beobachtungs- und Überwachungsmaßnahmen gegeben und war in keiner Weise vorhersehbar, dass BB mitten in der Nacht, in der Osternacht, 12 Tage vor Vollendung des 16. Lebensjahres, das Haus verlasse. Die Beschwerdeführerin treffe daher kein Verschulden. Zudem sei BB seit dem xx.xx.2020 16, womit keine einschränkenden Aufenthaltsbestimmungen laut Tiroler Jugendgesetz mehr gelten würden. Es wurde die Einstellung des Verfahrens beantragt.
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Behörde und des Landesverwaltungsgerichtes Tirol.
I. Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin ist die Mutter der minderjährigen BB, geb am xx.xx.2014.
Die Tochter der Beschwerdeführerin hielt sich am 12.04.2020, um 02:30 Uhr in Z, Adresse 2, am Parkplatz auf und wurde dort von der Streife „CC“ aufgegriffen und einer Jugendschutzkontrolle unterzogen. Zum Tatzeitpunkt war die Tochter der Beschwerdeführerin 15 Jahre alt.
II. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des verwaltungsbehördlichen Aktes. Der Aufenthalt der Tochter der Beschwerdeführerin zum Tatzeitpunkt am Tatort wurde darüber hinaus nicht bestritten.
III. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat wie folgt erwogen:
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG abgesehen werden, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Bescheid zu beheben ist:
Angezeigt (von der PI) wurde gegenständlich eine Übertretung gemäß § 13 Tiroler Jugendgesetz, zumal sich die (zum damaligen Zeitpunkt noch) 15-jährige Tochter der Beschwerdeführerin nach 1.00 Uhr früh an einem allgemein zugänglichen Ort aufgehalten hat, der Ausspruch der Ermahnung resultiert aus der Nichteinhaltung der Aufsichtspflicht der Beschwerdeführerin gemäß § 12 Abs 1 Tiroler Jugendgesetz.
Gemäß § 44a Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr. 52/1991, hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
1. die als erwiesen angenommene Tat;
2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;
3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;
4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;
5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides entspricht jedoch nicht diesen geforderten Mindestvoraussetzungen. Im Spruch des angefochtenen Bescheides ist lediglich allgemein festgehalten, dass die Beschwerdeführerin als Aufsichtsperson nicht im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des ihr Zumutbaren Sorge getragen habe, „dass die für Kinder und Jugendliche geltenden Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes und der Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes eingehalten worden seien“. Welche konkrete Norm nicht eingehalten worden sein soll, ist weder dem Spruch des angefochtenen Bescheides noch der Begründung zu entnehmen. Auch mit der weiteren Ausführung im Spruch, nämlich „dass BB, geb am xx.xx.2004, am 12.04.2020 um 02.30 Uhr in Z, Adresse 2, von der Streife „CC“ auf dem dortigen Parkplatz aufgehalten worden sei“, lässt nicht darauf schließen, gegen welche konkrete Bestimmung des Tiroler Jugendgesetzes die Minderjährige verstoßen hat. Auch als Übertretungsnorm ist lediglich der § 12 Abs 1 Tiroler Jugendgesetz, LGBl Nr 4/1994, angeführt.
Dem angefochtenen Bescheid ist daher nicht zu entnehmen, gegen welche konkrete Norm die Beschwerdeführerin verstoßen hat, seitens der Behörde wurden auch keinerlei konkreten Verfolgungshandlungen gesetzt, weshalb eine (entsprechende) Spruchberichtigung durch das erkennende Gericht nicht in Betracht kam.
Zudem ist festzuhalten, dass die Behörde bereits offenbar unter Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 iVm dem letzten Satz leg cit von der Verhängung einer Strafe abgesehen und lediglich eine Ermahnung erteilt hat. Gemäß § 45 Abs 1 letzter Satz VStG kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung jedoch nur dann erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Auch diese Voraussetzung für den Ausspruch einer Ermahnung liegt nicht vor. Die Tochter der Beschwerdeführerin ist seit xx.xx.2020 16 Jahre alt und gelten daher die Ausgangsbeschränkungen im Sinne des § 13 Tiroler Jugendgesetzes nicht mehr. Gleichartige strafbare Handlungen der Beschwerdeführerin sind daher nicht möglich.
Die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Ermahnung lagen daher nicht vor, weshalb, nachdem die Behörde bereits davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 vorlagen, die Einstellung des Verfahrens zu verfügen war.
Der angefochtene Bescheid war daher zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Es war spruchgemäß zu entscheiden.
IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Mag.a Kantner
(Richterin)
Schlagworte
Spruchmangel;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.29.1327.1Zuletzt aktualisiert am
18.08.2020