Entscheidungsdatum
02.06.2020Norm
ÄrzteG 1998 §97Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich vom 21. November 2018, Zl. ***, betreffend Zurückweisung eines Antrags i.A. Kürzung der Altersversorgung, zu Recht:
1. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
1. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich in Zusammenschau mit der Beschwerde nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:
1.1. Der Beschwerdeführer ist seit 01. November 1976 in die Ärzteliste eingetragen und seit 02. Mai 1977 Mitglied der Ärztekammer für Niederösterreich.
1.2. Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 05. Februar 2014, *** (Pensionsbescheid Grundleistung), wurde aufgrund des Antrags des Beschwerdeführers (u.a.) die Altersversorgung per 01. Jänner 2014 im Ausmaß einer Grundrente und einer Zusatzleistung vierzehn Mal jährlich gewährt, wobei die Höhe der Grundrente mit 1.472,87 Euro bestimmt wurde. Überdies wurde Folgendes ausgesprochen:
„5. Bei Überschreitung der jährlichen Zuverdienstgrenze wird die Altersversorgung entsprechend § 27 Abs. 4 und Abs. 4a Satzung WFF gekürzt.
Bei Fortführung der ärztlichen Tätigkeit während des Leistungsbezuges ist die Einhaltung der Zuverdienstgrenze durch jährliche Vorlage des aktuellen Einkommensteuerbescheides bzw. des aktuellen Lohn- oder Gehaltszettel nachzuweisen.“
Mit weiterem rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde, ebenfalls vom 05. Februar 2014, *** (Pensionsbescheid Zusatzleistung), wurde (u.a.) die Höhe der Zusatzleistung bestimmt. (Eine dem Spruchpunkt 5. vergleichbare Ausführung ist in diesem Bescheid nicht enthalten.)
1.3. Mit (formlosem) Schreiben vom 23. September 2016 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, bis 02. Dezember 2016 seine Einnahmen aus (zahn)ärztlicher Tätigkeit für das Jahr 2015 bekanntzugeben. In diesem Schreiben wurde überdies auf die Zuverdienstgrenze sowie auf die Folgen eines allfälligen Überschreitens dieser Grenze (Kürzung der Altersversorgung) hingewiesen. Diesem Schreiben beigelegt war das „Formblatt V01-2017“ (betreffend Einnahmen im Jahr 2015).
1.4. Mit E-Mail vom 18. Jänner 2017 legte der Beschwerdeführer ein ausgefülltes „Formblatt V01-2016“ vor, in welchem er die Einnahmen aus selbständiger ärztlicher Tätigkeit für das Jahr 2014 mit 151.166,06 Euro bezifferte; beigeschlossen war diesem Schreiben ein den Beschwerdeführer betreffender Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2014, der ebenfalls diesen Betrag als Einkommen aus selbständiger Arbeit ausweist.
1.5. In der Folge wurde dem Beschwerdeführers ab Jänner 2017 die Altersversorgung nur reduziert ausbezahlt, und zwar mit einer Kürzung im Ausmaß von 50%. Eine bescheidmäßige Kürzung der Altersversorgungsleistung erfolgte nicht.
1.6. Das bei der belangten Behörde am 21. September 2017 eingegangene Schreiben des Beschwerdeführers vom 28. August 2017 lautet auszugsweise wie folgt:
„Der Pensionsabrechnung für den Kalendermonat Jänner 2017 entnehme ich, dass meine Pension (Altersversorgung) ab 1/17 um 50% auf EUR 736,44 gekürzt wurde.
Ich ersuche um Zustellung jenes Pensionsbescheides, welcher die Pensionskürzung festsetzt.“
1.7. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer Folgendes mit (Ausführungen in eckiger Klammer hier und in der Folge durch das Landesverwaltungsgericht):
„Kürzung der Altersversorgung
Sehr geehrter Herr [Beschwerdeführer]!
Bezugnehmend auf ihr Schreiben vom 28.08.2017 teilen wir Ihnen mit, dass die Pensionskürzung im § 27 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich geregelt ist. In der Beilage finden Sie einen Auszug der Satzung.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Ärztekammer für Niederösterreich
[Geschäftsführender Rechnungsdirektor]“
Diesem Schreiben beigeschlossen war ein Ausdruck der §§ 26 bis 28 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich.
1.8. Unter Hinweis auf das Schreiben vom 28. August 2017 erneuerte der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Steuerberater, sein Ersuchen auf Ausstellung eines Bescheids betreffend die Pensionskürzung und wies darauf hin, dass der bloße Hinweis auf die Satzung nicht ausreichend sei, da bei jeder Pensionskürzung die Erlassung eines Bescheides unabdingbar ist.
1.9. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers „auf Erlass eines Bescheides über die Kürzung der Pension bezüglich Hinzuverdienstgrenze“ als unzulässig zurück.
Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass „die bescheidmäßige Feststellung der Kürzung der Altersversorgung durch die Zuverdienstgrenze“ beantragt worden sei. Ein Feststellungsbescheid sei zu erlassen, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung bestehe. In Ermangelung einer solchen sei ein Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn ein strittiges Rechtsverhältnis vorliege, dessen Klärung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen sei. Ein Feststellungsbescheid sei laut Judikatur zulässig, wenn seine Erlassung für eine Partei ein notwendiges Mittel zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung darstelle. Im vorliegenden Fall liege jedoch kein strittiges Rechtsverhältnis vor. § 27 der Satzung des Wohlfahrtsfonds sehe die Art, die Basis und den Umfang der Kürzung explizit vor. Bereits aus diesem Grund seien die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheids nicht erfüllt, weshalb der darauf gerichtete Antrag zurückzuweisen sei.
1.10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Primärantrag diesen ersatzlos aufzuheben. Begründet wird sie u.a. damit, dass die Kürzung von Pensionsansprüchen einen Eingriff in subjektive Rechte des Beschwerdeführers bedeute und daher durch Bescheid zu erfolgen hätten. Die Rechtsauffassung im angefochtenen Bescheid ignoriere die rechtsstaatliche Funktion des Bescheidbegriffs. Das Rechtsstaatsprinzip fordere, dass behördliche Eingriffe in subjektive Rechte in einer Form zu erfolgen haben, die den verfassungsgesetzlich gebotenen Rechtsschutz eröffnet. Die von der belangten Behörde vertretene Rechtsauffassung mache es dem Beschwerdeführer unmöglich, eine inhaltliche Überprüfung des behördlichen Verhaltens zu erreichen.
2. Rechtliche Erwägungen:
2.1.1. Rechtsgrundlagen:
2.1.1.1. Das Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169/1998, lautet auszugsweise:
„Versorgungsleistungen(1) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind Leistungen zu gewähren
1.
an anspruchsberechtigte Kammerangehörige für den Fall des Alters, der vorübergehenden oder dauernden Berufsunfähigkeit,
[…]
(1) Aus den Mitteln des Wohlfahrtsfonds sind im einzelnen folgende Versorgungsleistungen zu gewähren:
1.
Altersversorgung,
[…]
(2) Die im Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Leistungen setzen sich aus der Grundleistung und der Zusatzleistung zusammen. Die Satzung kann unter Berücksichtigung des Beitragsaufkommens Ergänzungsleistungen zur Grundleistung vorsehen. […]
(3) Die Grundleistung wird im Falle des Alters oder der vorübergehenden oder dauernden Berufsunfähigkeit in der Höhe von 716,55 Euro monatlich gewährt. Die Leistungen nach Abs. 1 Z 1 bis 3, 4 lit. a und b können bis zu vierzehnmal jährlich gewährt werden.
[…]
(5) Die Leistungen gemäß Abs. 1 sind von der Satzung so festzusetzen, dass die Summe der Beitragszahlungen unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung der Leistungsempfänger unter Anwendung versicherungsmathematischer Grundsätze langfristig der Summe der Leistungen entspricht. Bei der Festsetzung der individuellen Leistungsansprüche ist die Höhe der geleisteten Beiträge zu berücksichtigen. Abweichungen von diesen Grundsätzen sind zulässig, soweit sie zur Finanzierung bereits zuerkannter Leistungen notwendig sind. Erreichen die Leistungen gemäß Abs. 1 Z 1 bis 3, 4 lit. a und b weniger als ein Zehntel der in Abs. 3 angeführten Grundleistung, so kann die Satzung eine einmalige, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen errechnete, Kapitalabfindung vorsehen.
(6) Die Satzung kann bei Zusammentreffen mehrerer Leistungsansprüche nach Abs. 1 ein Höchstmaß in einem Hundersatz der Alters- oder Invaliditätsversorgung, die dem Verstorbenen im Zeitpunkt seines Ablebens gebührt hat oder gebührt hätte, vorsehen.
[…]
(7) Die Satzung kann bestimmen, dass unter Bedachtnahme auf § 108a einzelne oder alle Versorgungsleistungen in ihrem Wert gesichert werden.
(1) Die Altersversorgung wird mit Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt, wobei die Satzung vorsehen kann, dass die auf Grund von Kassen- oder sonstigen zivilrechtlichen Verträgen oder Dienstverhältnissen ausgeübte ärztliche oder zahnärztliche Tätigkeit eingestellt wird. Unter Bedachtnahme auf § 108a Abs. 3 kann die Satzung ein niedrigeres oder höheres Anfallsalter sowie bei früherer oder späterer Inanspruchnahme eine entsprechende Minderung oder Erhöhung der Leistung vorsehen.
(2) Abs. 1 gilt für die Gewährung der Zusatzleistung sinngemäß.
[…]“
2.1.1.2. Die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich in der im Beschwerdefall maßgeblichen, bis 01. Juli 2019 geltenden Fassung (in der Folge: Satzung) lautet auszugsweise:
D. LEISTUNGSWESEN
1. Versorgungsleistungen
§ 23
(1) Als Versorgungsleistungen werden auf Antrag gewährt:
1. Altersversorgung
2. […]
[…]
(2) Die im Abs 1 Z 1, Z 2 und Z 4 lit a angeführten Versorgungsleistungen bestehen aus:
1. der Grundrente
a) der Grundleistung gemäß § 98 Abs. 3 Ärztegesetz
b) der Ergänzungsleistung gemäß § 98 Abs. 2 Ärztegesetz, sowie
2. der Zusatzleistung gemäß § 98 Abs. 2 Ärztegesetz
(3) Die Versorgungsleistungen im Sinne des § 23 Abs. 1 Z 1 bis 4 werden 14 mal jährlich gewährt.
§ 24
Grundrente
(1) Die Erweiterte Vollversammlung setzt jeweils für ein Jahr das Ausmaß von 100% der Grundrente fest.
(2) Die Grundrente beträgt bei Vorliegen von 100% Anwartschaft monatlich € 1.427,87 brutto und wird für WFF-Mitglieder, die nach dem 31.03.2009 Leistungsbezieher werden, ab 01.04.2009 über 120 Monate gleichmäßig monatlich aufbauend um 0,125% gekürzt.
§ 27
Altersversorgung
(1) Die Altersversorgung ist WFF-Mitgliedern auf Antrag zu gewähren, sofern
a) sie das 65. Lebensjahr vollendet haben und
b) sie alle Verträge mit dem Sozialversicherungsträgern gekündigt haben und
c) sie nicht als Gesellschafter einer Gruppenpraxis mit Vertrag mit einem Sozialversicherungsträger eingetragen sind und
d) sie alle ärztlichen Dienstverhältnisse beendet haben (ausgenommen Dienstverhältnisse als Gemeindearzt im Sinne des § 1 NÖ Gemeindeärztegesetz 1977, LGBl. 9440-13) und
e) alle Beitragsvorschreibungen zum Wohlfahrtsfonds gedeckt sind und weder eine offene Ratenvereinbarung noch eine Beitragsstundung besteht.
(2) Werden während des Bezuges der Altersversorgung ein (zahn-)ärztliches Dienstverhältnis oder eine (zahn-)ärztliche Tätigkeit auf Basis eines Vertrages mit den Sozialversicherungsträgern begonnen oder wird eine Beteiligung an einer Gruppenpraxis mit Vertrag mit dem Sozialversicherungsträger während des Bezuges der Altersversorgung begründet, so ruht der Leistungsanspruch für die Dauer der Tätigkeit oder der Beteiligung. § 13 Abs. 1 lit. b bleibt von dieser Regelung unberührt. Die Bestimmunen der §§ 58 bis 60 kommen sinngemäß zur Anwendung.
(3) Selbstständige ärztliche und/oder zahnärztliche Tätigkeiten, die nicht von Abs. 2 umfasst sind, können auch während des Bezuges der Altersversorgung ausgeübt werden.
(4) Sofern die aus Tätigkeiten im Sinne des Abs. 3 resultierenden Jahreseinkünfte das Zwölffache der in § 24 Abs. 2 definierten Grundrente überschreiten, wird der zu gewährende Leistungsanspruch im Prozentsatz des Überschreitungsausmaßes (Kürzungsfaktor) gekürzt. Wurde die Grundrente bereits während der Überschreitung bezogen, wird diese im jeweiligen Zweitfolgejahr gekürzt ausbezahlt. Übersteigen die Jahreseinkünfte die festgelegte Zuverdienstgrenze um 100%, wird die Grundrente im jeweiligen Zweifolgejahr ruhend gestellt. Die von diesem Absatz geregelte Zuverdienstgrenze kommt bei Beginn des Leistungsbezuges vor Erreichen des Regelpensionsalters zur Anwendung.
(4a) Die jährliche Zuverdienstgrenze für Leistungsbezieher, die das Regelpensionsalter vollendet haben, beträgt das 24-fache der in § 24 Abs. 2 definierten monatlichen Grundrente. Wird diese Zuverdienstgrenze überschritten, so kommt der Kürzungsfaktor gemäß Abs. 4 im Ausmaß von 50% zur Anwendung. Bei Überschreitung der Zuverdienstgrenze um mindestens 100% beträgt der Kürzungsfaktor 50%.
(5) Die Kürzung der Grundrenten im Fall der Überschreitung der Zuverdienstgrenze gemäß § 27 Abs. 4 ist weder auf Leistungen gemäß § 23 Abs. 1 Z 4, noch auf jene Einnahmen aus ärztlicher und/oder zahnärztlicher Tätigkeit, die bis zum erstmaligen Bezug der Versorgungsleistung erzielt werden, anwendbar.
(6) Die Zusatzleistung ist WFF-Mitgliedern auf Antrag bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 27 Abs. 1 zu gewähren, wobei die Bestimmungen des Abs. 2 bis Abs. 5 in gleichem Maß anzuwenden sind.
(7) Bei Erfüllung der Voraussetzungen gemäß § 27 Abs. 1 lit. b bis e kann die Altersversorgung bereits ab dem der Vollendung des 60. Lebensjahres folgenden Monat in Anspruch genommen werden, wobei §§ 28a und 29a für WFF-Mitglieder, die am 01.04.2009 das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, zur Anwendung kommen.
§ 59
Besondere Vorschriften über die Meldepflicht von Leistungsempfängern
(…)
(5) Empfänger einer Altersversorgung sind zur jährlichen Vorlage eines aktuellen Einkommenssteuerbescheides verpflichtet.
G. VERFAHREN
§ 63
Antrag
(1) Anträge auf Leistungen aus dem Wohlfahrtsfonds sind schriftlich unter Vorlage der erforderlichen Nachweise im Original, Photokopie oder beglaubigter Abschrift einzubringen.
(2) Alle Anträge sind unter Vorlage der in der Satzung und der Beitragsordnung vorgesehenen sowie der sonst im Verfahren angeforderten Unterlagen einzubringen. Für den Fall, dass diese Daten trotz nachweislicher Aufforderung nach Ablauf einer angemessen gesetzten Nachfrist nicht oder nicht vollständig an den Wohlfahrtsfonds übermittelt werden, ist der Antrag zurückzuweisen und bei Ermächtigungsansuchen für den Zeitraum bis zur Nachreichung der beitrags- und leistungsrelevanten Daten der entsprechende Höchstbetrag vorzuschreiben.
(3) Wird ein Antrag auf Gewährung der Grundrente gemäß § 27 gestellt und werden weiterhin ärztliche Tätigkeiten im Rahmen von Dienst- und Werkverträgen sowie sonstige selbstständige ärztliche Tätigkeiten im Sinne des § 27 Ab. 3 ausgeübt, ist der erforderliche Nachweis über die Einhaltung der Zuverdienstgrenze gemäß § 27 Abs. 4 jährlich im Nachhinein durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides bzw. eines Auszuges des Lohnkontos nachzuweisen. Werden diese Daten trotz nachweislicher Aufforderung nach Ablauf einer angemessen gesetzten Nachfrist nicht oder nicht vollständig an den Wohlfahrtsfonds übermittelt, wird die Pension ruhend gestellt, solange die relevanten Daten nicht beim Wohlfahrtsfonds eingelangt sind.
(…)
§ 66
Form der Erledigung
Alle Erledigungen des Verwaltungsausschusses, die individuell-konkret ein Rechtsverhältnis gestalten oder feststellen, insbesondere über Anträge auf Leistungen, Beitragsermäßigungen, Beitragsbefreiung, Ratenzahlung, Stundung oder über die Feststellung eines Beitragsrückstandes, haben in Form eines Bescheides zu ergehen.
§ 69
Ergänzend zu den vorstehenden Verwaltungsvorschriften finden die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 Anwendung.“
2.1.2. Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids:
2.1.2.1. Im Erkenntnis vom 25. Juni 1996, 95/11/0419, hat der der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage nach dem Ärztegesetz 1984 mit Verweis auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auszugsweise Folgendes festgehalten (Ausführungen in eckiger Klammer durch das Landesverwaltungsgericht):
„Der Umstand, daß die Vorschreibung der Kammerumlagen und -beiträge kein Bescheid sei, bedeutet noch keinesfalls, daß nicht ein Bescheidanspruch auf Grund eines ausdrücklich auf bescheidmäßigen Abspruch gerichteten Antrages besteht. So führt der Verfassungsgerichtshof [im] Erkenntnis [vom 01. Februar 1980, B 124/79, VfSlg. 8731/1980: VfSlg. 8731/1980] aus, daß die Unrichtigkeit einer erfolgten (formlosen) Vorschreibung jederzeit vor Fälligkeit geltend gemacht werden kann. Eine Bestreitung der Richtigkeit einer Vorschreibung habe zu deren Überprüfung zu führen. Unter der weiteren Voraussetzung, daß die Umlagen und Beiträge im Abzugsweg eingebracht werden, es also eines aktiven Zutuns des Verpflichteten in der Regel nicht bedarf und folglich auch eine Zwangsvollstreckung grundsätzlich nicht in Betracht kommt, hat der Verpflichtete einen Anspruch darauf, daß über seine Behauptung, eine an ihn ergangene Vorschreibung belaste ihn zu Unrecht, mit einem einem Rechtsmittel zugänglichen Bescheid abgesprochen wird.“
Diese Rechtsansicht wurde in den Erkenntnissen vom 20. Jänner 1998, 97/11/0187, sowie vom 25. August 1998, 98/11/0094, wiederholt.
Im Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, 2000/11/0173, hat der Verwaltungsgerichtshof auszugsweise Folgendes festgehalten:
„Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen […] Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, dass gegen eine Regelung wie die vorliegende, dass nämlich die Umlagenverbindlichkeit zunächst vom Kammeramt vorgeschrieben wird - und zwar formlos, weil dieser Dienststelle der Ärztekammer keine Behördenqualität zukommt - und dann auf Begehren des betreffenden Kammermitgliedes über die Höhe der Umlagenschuld bescheidmäßig abgesprochen wird, keine Bedenken bestehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der darauf abzielende Antrag als Berichtigungsantrag bezeichnet oder mit einer sonstigen Bezeichnung versehen ist. Dem vom Verwaltungsgerichtshof in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 95/11/0419, aufgestellten Erfordernis, dass die Höhe der Zahlungsverpflichtung des Kammermitgliedes einmal Gegenstand eines Bescheides sein muss, gegen den ein Rechtsmittel ergriffen werden kann und letztlich die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angerufen werden können, ist Genüge getan (vgl. dazu insbesondere das Erkenntnis vom 20. Jänner 1998, Z. 97/11/0187).
Der Beschwerdeführer macht Verjährung geltend. Das Recht der Kammer, Umlagen vorzuschreiben, verjähre nach der Beitrags- und Umlagenordnung innerhalb einer Frist von fünf Jahren. Dieses Beschwerdeargument ist schon deswegen verfehlt, weil die Vorschreibung der Umlagen für die in Rede stehenden Jahre durch das Kammeramt schon längst erfolgt ist und mit dem angefochtenen Bescheid nur auf Verlangen des Beschwerdeführers eine Überprüfung der seinerzeit formlos erfolgten Vorschreibungen vorgenommen wurde.
Zur Rechtslage nach dem Ärztegesetz 1998 hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 26. November 2002, 2001/11/0057, auszugsweise wie folgt festgehalten:
„Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass im Falle der formlosen Vorschreibung einer Umlagenverbindlichkeit durch das Kammeramt als Dienststelle der Ärztekammer ohne Behördenqualität auf Begehren des betreffenden Kammermitgliedes über die Höhe der Umlagenschuld bescheidmäßig abzusprechen ist. Die Höhe der Zahlungsverpflichtung des Kammermitgliedes muss einmal Gegenstand eines Bescheides sein, gegen den ein Rechtsmittel ergriffen werden kann und letztlich die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angerufen werden können (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0173 m. w. N.).“
2.1.2.2. Diese Überlegungen zum Recht auf bescheidmäßige Vorschreibung der Umlagenverbindlichkeit sind auf den vorliegenden Fall übertragbar:
Da die Kürzung der Altersversorgung im Abzugsweg eingebracht wird (durch Auszahlung eines im Vergleich zum Pensionsbescheid verkürzten Betrags), es also eines aktiven Zutuns des Betroffenen nicht bedarf, hat der von der Kürzung Betroffene einen Anspruch darauf, dass über seine Behauptung, eine verkürzte Auszahlung belaste ihn zu Unrecht, mit einem einem Rechtsmittel zugänglichen Bescheid abgesprochen wird.
Diesem Gedanken folgt offenkundig auch die Regelung des § 66 der Satzung, wonach alle Erledigungen des Verwaltungsausschusses, die individuell-konkret ein Rechtsverhältnis gestalten oder feststellen, in Form eines Bescheides zu ergehen haben. Die Kürzung der bescheidmäßig festgesetzten Altersversorgung stellt eine „individuell-konkrete Gestaltung eines Rechtsverhältnisses“ im Sinne dieser Bestimmung dar.
Die belangte Behörde hätte den Antrag des Beschwerdeführers daher nicht als unzulässig zurückweisen, sondern vielmehr bescheidmäßig über die Kürzung der Altersversorgung abzusprechen gehabt, um auf diesem Weg eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kürzung beim Verwaltungsgericht und in weiterer Folge beim Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof zu ermöglichen.
An diesem Ergebnis ändert auch „Spruchpunkt 5.“ des Pensionsbescheids Grundleistung vom 05. Februar 2014, ***, nichts, wurde damit doch keine normative Anordnung getroffen, sondern lediglich eine § 27 Abs. 4 und 4a der Satzung betreffende nicht normative Rechtsbelehrung erteilt (vgl. VwGH vom 18. März 2015, 2013/10/0218, sowie vom 11. April 2018, Ra 2015/08/0033).
2.1.2.3. Hat eine Behörde einen Antrag zurückgewiesen, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Erachtet das Verwaltungsgericht die Zurückweisung als rechtswidrig, kann es den Zurückweisungsbescheid nur aufheben, nicht jedoch eine inhaltliche Entscheidung über den zugrundeliegenden Antrag treffen (zB VwGH vom 05. November 2019, Ra 2017/06/0222).
Der angefochtene Bescheid ist daher – gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unter Entfall einer (ohnehin von keiner Partei beantragten) mündlichen Verhandlung – aufzuheben.
2.2. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor, wenn die revisionsgegenständliche Regelung bereits außer Kraft getreten ist und es angesichts eines kleinen Kreises potentiell betroffener Personen nicht wahrscheinlich ist, dass noch über eine nennenswerte Anzahl vergleichbarer Fälle zu entscheiden sein wird (zB VwGH vom 30. April 2019, Ra 2017/06/0142 oder vom 30. Juni 2016, Ro 2014/11/0064). In der seit 01. Jänner 2020 geltenden Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich ist eine Kürzung der Altersversorgung aufgrund Überschreitens der Zuverdienstgrenze infolge des ersatzlosen Entfalls des gegenständlich anzuwendenden § 27 Abs. 4 und 4a der Satzung nicht mehr vorgesehen und sind, soweit ersichtlich, keine weiteren vergleichbaren Fälle an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich herangetragen worden. Die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist überdies auf den vorliegenden Fall übertragbar.
Schlagworte
Freie Berufe; Ärzte; Altersversorgung; Kürzung; Bescheid;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.959.001.2019Zuletzt aktualisiert am
17.08.2020