Entscheidungsdatum
19.06.2020Norm
WRG 1959 §138Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde von A, vertreten durch B, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems an der Donau vom 03.04.2020, ***, in einer Angelegenheit nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), zu Recht:
1. Die Beschwerde vom 17.04.2020, welche gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 03.04.2020 (Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme) gerichtet ist, wird als unbegründet gemäß § 28 Absatz 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) abgewiesen.
2. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Weiters fasst das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich durch den Richter
Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde vom 29.04.2020, welche gegen Spruchpunkt II. des Bescheides vom 03.04.2020, ***, gerichtet ist (Abänderung des Bescheides der BH Krems vom 07.01.2020, ***, betreffend eine Leistungsfrist), folgenden
BESCHLUSS:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.
2. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen diesen Beschluss nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Die Bezirkshauptmannschaft Krems an der Donau erteilte dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 06.07.2019 einen gewässerpolizeilichen Auftrag zur Durchführung folgender Maßnahmen bis spätestens 05.07.2019:
1. „Der Schachtbrunnen ist gegen das Eindringen von oberflächennahem Sickerwasser abzusichern (z.B. Lehmschlag, Bentonit).
2. Der Schachtbrunnen ist bis zum höchsten Grundwasserspiegel, jedoch mindestens bis 3 m unter Geländeoberkante, dicht herzustellen. Kabel- und Rohrdurchführungen sind dicht in das Schachtbauwerk einzubinden.
3. Die Geländeoberfläche um den Brunnen hat eine Neigung vom Brunnen weg aufzuweisen.
4. Das Überlaufrohr ist zumindest mit einer Froschklappe zu versehen.“
Aufgrund dagegen erhobener Beschwerde erließ diese Behörde die Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019, mit der inhaltsgleich die vier Maßnahmen des ersten Bescheides spruchgemäß dem Beschwerdeführer vorgeschrieben wurden und gleichzeitig die Frist zur Durchführung der Maßnahmen bis 15.10.2019 festgelegt wurde.
Danach stellte der Beschwerdeführer einen Fristverlängerungsantrag betreffend die Frist in der Beschwerdevorentscheidung, aufgrund dessen die Behörde einen Bescheid vom 07.01.2020, gestützt auf § 68 Abs. 2 AVG, erließ, in dem die Leistungsfrist in der Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019 neu festgelegt wurde bis 31.05.2020. Gleichzeitig wiederholte die Behörde im Spruch dieses Bescheides die mit Beschwerdevorentscheidung aufgetragenen Maßnahmen zur Sanierung des Hausbrunnens des Beschwerdeführers und schrieb auch Verfahrenskosten vor.
Daraufhin stellte der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 21.02.2020 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Wasserrechtsverfahrens *** betreffend die aufgetragenen Maßnahmen zur Sanierung des Hausbrunnens des Beschwerdeführers und einen Antrag auf Verlängerung der Frist für die Durchführung dieser mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019 aufgetragenen Maßnahmen bis 30.11.2020. Begehrt wurde in eventu, die Beschwerdevorentscheidung und den Bescheid der BH Krems vom 06.06.2019 gemäß § 68 AVG ersatzlos aufzuheben.
In der Begründung für den Wiederaufnahmeantrag führte der Beschwerdeführer aus, dass am 10.02.2020 eine Verhandlung der Landeshauptfrau von Niederösterreich als Abfallrechtsbehörde durchgeführt worden wäre, in welcher hervorgekommen wäre, dass C konsenslos Schüttungen auf diversen Grundstücken in der KG *** durchgeführt hätte, wobei diese nicht der erteilten naturschutzbehördlichen Genehmigung entsprochen hätten. Die Anschüttungen würden eine Deponie darstellen, für welche keine Bewilligung vorliege. Weiters hätte die Verhandlung ergeben, dass der Genannte konsenslos einen wasserführenden Zubringer zum *** verfüllt hätte, ebenso konsenslos einen Schacht und ein Rückhaltebecken errichtet hätte und dass durch die konsenslose Deponie der Retentionsraum erheblich eingeschränkt worden wäre. Auch wäre eine laufende Erosion gegeben. Bei der Deponie würde es sich um eine Bodenaushubdeponie handeln und hätte das von einer Baustelle (Wertstoffzentrum ***) stammende Material die Qualitätsklasse A2-G aufgewiesen und wäre nicht für landwirtschaftliche Nachnutzung geeignet. Mit den Ergebnissen dieser Verhandlung könne der Beschwerdeführer als Steller des Wiederaufnahmeantrages den Beweis erbringen, dass die Verunreinigungen im Hausbrunnen auf seinem Grundstück Nr. ***, KG ***, nicht von einer Mangelhaftigkeit des Brunnens oder einem schlechten baulichen Zustand stammten, sondern nur von den von Herrn C auf diversen Grundstücken in der KG *** konsenslos gesetzten Maßnahmen. Dies wäre eine konsenslose Deponie, durch welche die Abflussverhältnisse zum Nachteil des Grundstückes ***, KG ***, und des dort vorhandenen Hausbrunnens verändert werden würden. Es werde daher der Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG geltend gemacht.
Bereits zuvor hielt die Bezirkshauptmannschaft Krems als Naturschutzbehörde eine Verhandlung am 14.10.2019 in Anwesenheit unter anderem des Beschwerdeführers ab, in welcher das Gutachten eines chemisch-technischen Amtssachverständigen vom 04.10.2019 verlesen wurde. Weiters führte in dieser Verhandlung der wasserbautechnische Amtssachverständige zu den Anschüttungen des Herrn C aus, dass sichergestellt werden müsse, dass durch diese der Straßendamm und die Unterlieger nicht nachteilig beeinträchtigt werden. Dann führte er aus, dass im Böschungsbereich der Straße Erosionen bestehen würden und der Böschungsfuß durchnässt wäre, anfallende Oberflächenwässer würden im Böschungsbereich der Straße versickern. Der geohydrologische Amtssachverständige hielt in der Verhandlung fest, dass das Brunnenwasser des Beschwerdeführers nicht getrübt wäre und keine Verunreinigungen festgestellt werden könnten. Auch führte er aus, dass der Brunnen, wie im Lokalaugenschein an diesem Tag festgestellt, noch nicht saniert worden wäre.
Am 10.02.2020 hielt die Landeshauptfrau von Niederösterreich als Abfallrechtsbehörde eine Verhandlung ab, in der auf mehrfache kommissionelle Überprüfungen Bezug genommen wurde, bei denen eine bakteriologische Verunreinigung des Hausbrunnens A wegen des schlechten baulichen Zustandes dieses Brunnens festgehalten und eine Verunreinigung durch die Schüttungen verneint wurde. Aus dieser Verhandlungsschrift geht weiters hervor, dass, basierend auf einer Beurteilung durch eine Amtssachverständige für Deponietechnik vom 05.08.2019, die Materialqualität der Anschüttungen C als Klasse A1 festgestellt wurde. Auch hielt die deponietechnische Amtssachverständige in der Verhandlungsschrift fest, dass dieses Material für eine landwirtschaftliche Nachnutzung eingesetzt werden dürfe und lediglich das vom Wertstoffzentrum *** stammende Material der Klasse A2-G zuzuordnen wäre, welches zwar nicht für eine landwirtschaftliche Nachnutzung, aber für den Einsatz im Grundwasserschwankungsbereich geeignet wäre. Sie wies dann darauf hin, dass eine nicht bewilligungsfähige Abänderung der Oberflächenwasserabflussverhältnisse vorliege. Der wasserbautechnische Amtssachverständige hielt in der Verhandlungsschrift fest, dass durch die Verfüllung des Zubringers zum ***, also durch eine konsenslose Deponie, der Retentionsraum erheblich eingeschränkt worden und eine freie Vorflut wiederherzustellen wäre. Die Standsicherheit der Straßenböschung werde durch versickernde anfallende Oberflächenwässer bei kleinen und mittleren Niederschlagsereignissen gefährdet.
Dann erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vom 03.04.2020, mit dem in Spruchpunkt I. der Antrag auf Wiederaufnahme des wasserrechtlichen Verfahrens zur Zl. *** gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen und in Spruchpunkt II. die Frist für die Sanierung des Hausbrunnens gemäß § 68 Abs. 2 AVG bis 30.11.2020 verlängert wurde. In Spruchpunkt II. erfolgte gleichzeitig eine Wiederholung der mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019 aufgetragenen Maßnahmen.
Dagegen erhob der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 17.04.2020 zunächst Beschwerde gegen Spruchpunkt I. (Wiederaufnahme) und brachte vor, dass erst in der Verhandlung am 10.02.2020 der Beweis erbracht werden konnte, dass die von Herrn C gesetzten Maßnahmen eine konsenslose Deponie wären und dadurch auch die Abflussverhältnisse zum Nachteil des Grundstückes Nr. *** samt des dort befindlichen Hausbrunnens verändert worden wären. Die Verunreinigungen im Brunnen wären nicht auf dessen Mangelhaftigkeit zurückzuführen. Es würden umweltbelastende Stoffe aufgebracht werden, da sonst diese Maßnahmen nicht als Deponie beurteilt worden wären. Die Frage, ob die Beweisergebnisse aus der Verhandlung vom 10.02.2020 tatsächlich ein anderes Ergebnis des Verfahrens zu Stande bringen würden, wäre erst im wieder aufgenommenen Verfahren zu klären. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung sowie des vorangehenden Bescheides.
Schließlich langte noch innerhalb der Beschwerdefrist ein Schriftsatz vom 29.04.2020 ein, welcher sich gegen den Spruchpunkt II. des Bescheides vom 03.04.2020 (Fristverlängerung) richtet. Darin wird ausgeführt, dass der Sanierungsauftrag nicht auf § 138 gestützt werden könne, dass die Schüttungen C und das Retentionsbecken keine Bewilligung hätten und dass der ursprüngliche Zustand in der Tiefenlinie des Gerinnes wiederherzustellen wäre. Der Hausbrunnen des Beschwerdeführers würde im Grundwasserstrom gespeist werden und käme bei Herstellung eines Lehmschlages kein Wasser mehr zum Hausbrunnen, da in diesem Fall die Wasseradern beschädigt würden. Die konsenslosen Maßnahmen von Herrn C hätten zur Verunreinigung des Brunnens geführt, was sich aus der Verhandlungsschrift vom 10.02.2020 ergeben würde. Beantragt werde die Einholung von Gutachten sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Aufhebung des Spruchpunktes II.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat hierzu erwogen:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.
? Zum Antrag auf Wiederaufnahme:
Die hier maßgebliche Bestimmung des AVG lautet auszugsweise:
„Wiederaufnahme des Verfahrens(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1.
…
2.
neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3.
…
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) ...
…“
Gegenstand des Spruchpunktes I. des angefochtenen Bescheides vom 03.04.2020 ist der Wiederaufnahmeantrag vom 21.02.2020. Darin wird für eine Wiederaufnahme des wasserrechtlichen Verfahrens betreffend Sanierungsmaßnahmen beim Brunnen des Beschwerdeführers (BH-Aktenzahl ***) vorgebracht, dass eine Verunreinigung des Brunnens des Beschwerdeführers auf Grundstück Nr. ***, KG ***, durch die konsenslose Deponie C auf diversen Grundstücken in der KG *** hervorgerufen worden wäre, es wäre ein wasserführender Zubringer zum *** konsenslos verfüllt worden sowie durch die konsenslose Deponie der Retentionsraum erheblich eingeschränkt worden. Durch letzteres würden die Abflussverhältnisse zum Nachteil des Grundstückes *** und des Brunnens des Beschwerdeführers verändert und dadurch Verunreinigungen im Brunnen verursacht. Weiters wäre konsenslos ein Schacht und ein Rückhaltebecken errichtet worden und wäre eine laufende Erosion (beim Straßendamm) gegeben, es wären Bodenaushubmaterialien aus mindestens drei Anfallsorten angeschüttet worden, Material vom Wertstoffzentrum *** hätte die Qualitätsklasse A2-G. Für dieses Material liege kein Nachweis für eine Eignung als landwirtschaftliche Nachnutzung vor. Diese Umstände wären erst in der Verhandlung der Landeshauptfrau von Niederösterreich am 10.02.2020 erstmals dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangt. Der Antrag auf Wiederaufnahme vom 21.02.2020 wäre innerhalb der zweiwöchigen Frist eingebracht worden und wären auch keinesfalls drei Jahre seit der Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019 vergangen. (Anmerkung: Zu diesem Bescheid wird die Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt.)
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird für die Abweisung ausgeführt, dass die Verhandlung vom 10.02.2020 keine neuen Tatsachen enthalte, welche einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Der Antrag auf Wiederaufnahme langte am 24.02.2020 bei der belangten Behörde ein und ist daher rechtzeitig in Bezug auf die in der Verhandlung vom 10.02.2020 festgehaltenen Tatsachen.
Ein Begehren auf Wiederaufnahme des Verfahrens hat für seinen Erfolg insbesondere auch zur Voraussetzung, dass die Partei einen der in Betracht kommenden gesetzlichen Gründe geltend macht (vgl. VwGH vom 19.07.2001, 95/12/0119).
Im Wiederaufnahmeantrag vom 21.02.2020 wird zur Begründung des Wiederaufnahmegrundes nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG vorgebracht, dass durch die „Ergebnisse“ der Verhandlung am 10.02.2020 beweisbar wäre, dass die Verunreinigungen des Brunnens des Beschwerdeführers durch konsenslose Maßnahmen von C herbeigeführt worden wären. Ein konkreter Wiederaufnahmegrund wird damit nicht dargelegt, es bleibt unklar, ob der Wiederaufnahmeantrag auf das Vorliegen neuer Tatsachen oder auf das Vorliegen neuer Beweismittel gestützt wird. Beschwerdeführergünstig betrachtet stellt die Begründung des Antrages auf das Vorliegen neuer Tatsachen ab, die bereits früher (vor Erlassung des das wasserrechtliche Verfahren abschließenden Bescheides vom 11.07.2019) vorhanden gewesen wären. Das sind unter Bezugnahme auf die Verhandlungsschrift vom 10.02.2020 das Vorliegen einer konsenslosen Deponie, eines konsenslosen Schachtes und Rückhaltebeckens sowie einer erheblichen Einschränkung des Retentionsraumes durch die Deponie, einer Erosion der Straßendammböschung und des Vorliegens von Bodenaushub sowie Material der Qualitätsklasse A2-G.
Ein späteres „Nachschieben“ von Wiederaufnahmegründen oder Begründungen für das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrundes ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht zulässig, da Gegenstand bei einer Beschwerde gegen einen abweisenden Wiederaufnahmebescheid nur die Angelegenheit ist, die den Inhalt des Spruches dieses Bescheides gebildet hatte (vgl. hierzu VwGH vom 19.10.2016, Ra 2014/15/0058).
Somit ist auf das in der Beschwerde vom 17.04.2020 über den Wiederaufnahmeantrag hinausgehende Vorbringen, etwa hinsichtlich umweltbelastender Stoffe als Ursache für die Verunreinigungen des Brunnens des Beschwerdeführers, nicht einzugehen. Zur vorgebrachten Begründung im Wiederaufnahmeantrag wird festgehalten, dass – wie im Wesentlichen bereits von der belangten Behörde in der Begründung ihrer Entscheidung ausgeführt – schon in der Verhandlung am 14.10.2019 Anschüttungen von Herrn C und deren Auswirkungen auf Straßendamm und Unterlieger, wie etwa den Beschwerdeführer, thematisiert wurden. Auch die Materialqualität mit Qualitätsklasse A2-G sowie deren Nichteignung für landwirtschaftliche Rekultivierung finden sich in dieser Verhandlungsschrift (Stellungnahme der deponietechnischen Amtssachverständigen). Der wasserbautechnische Amtssachverständige führte in der Verhandlungsschrift vom 14.10.2019 zum konsenslosen Rückhaltebecken und Schacht sowie zum Retentionsraumverlust durch die Verfüllung des Zubringers zum *** aus. Auch auf bestehende Erosionen im Böschungsbereich ging dieser Amtssachverständige ein.
Es handelt sich also bei den im Wiederaufnahmeantrag unter Bezugnahme auf die Verhandlungsschrift vom 10.02.2020 geltend gemachten Umständen nicht um neue Tatsachen iSd § 69 Abs. 1 Z 2 AVG. Der Antrag vom 21.02.2020 erweist sich daher schon aus diesem Grund als nicht stichhaltig.
Aber selbst unter der Annahme, dass die in der Verhandlung am 10.02.2020 im Wiederaufnahmeantrag angesprochenen Umstände „neue Tatsachen“ iSd
§ 69 Abs. 1 Z 2 AVG darstellen würden, wäre damit keine positive Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zu erwirken. Dies ergibt sich daraus, dass in der Verhandlungsschrift vom 10.02.2020 bereits das Schüttmaterial als Bodenaushubablagerungen von der deponietechnischen Amtssachverständigen fachlich qualifiziert wird, welches teilweise für eine landwirtschaftliche Nachnutzung geeignet wäre, und soweit es vom „Wertstoffzentrum ***“ mit der Klasse A2-G stamme, für den Einsatz im Grundwasserschwankungsbereich verwendet werden könne. Daraus erschließt sich, dass die Schüttungen schon von ihrer Qualität her nicht geeignet sind, eine Verunreinigung des Brunnens des Beschwerdeführers herbeizuführen.
Die Argumentation im Wiederaufnahmeantrag, die konsenslose Deponie verändere die Abflussverhältnisse zum Nachteil des Brunnens des Beschwerdeführers (nur um diesen geht es bei den aufgetragenen Maßnahmen), führt damit nicht zum Erfolg.
Angemerkt wird zum Vorbringen in der Beschwerde vom 17.04.2020 hinsichtlich umweltbelastender Stoffe, dass aus dem bloßen Umstand einer konsenslosen Deponie nicht zwingend auf das Vorhandensein derartiger Stoffe geschlossen werden kann. Dies zeigen nicht nur die oben dargestellten Ausführungen der deponietechnischen Amtssachverständigen in der Verhandlung am 10.02.2020, sondern auch die Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen in dieser Verhandlungsschrift hinsichtlich der Forderung nach Wiederherstellung der früheren Abflussverhältnisse.
Es hätte sich bei einer Annahme des Vorliegens neuer Tatsachen kein anderslautender Bescheidspruch ergeben.
Nach der Judikatur des VwGH obliegt es der Behörde bereits im Wiederaufnahmeverfahren zu prüfen, ob die neue Tatsache oder das neue Beweismittel einen anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte (VwGH vom 14.06.1993, 91/10/0107).
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass im Gutachten des chemisch-technischen Amtssachverständigen vom 04.10.2019, welches in der Verhandlung am 14.10.2019 verlesen wurde, fachlich ausgeführt wird, dass die Schüttmaterialien von Herrn C nicht zur Verunreinigung des Brunnenwassers des Beschwerdeführers führen konnten und der Brunnen wegen landwirtschaftlicher Nutzung und Ausbringung von Wirtschaftsdünger weitestgehend vor dem Eintrag von Oberflächenwässern geschützt werden solle.
Zum Begehren, die Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019 und den vorangehenden Bescheid (vom 06.06.2019) aufzuheben, ist anzumerken, dass die Beschwerdevorentscheidung an die Stelle des Ausgangsbescheides tritt (vgl. VwGH vom 25.04.2018, Ra 2017/09/0033). Der Bescheid vom 06.06.2019 gehört daher nicht mehr dem Rechtsbestand an.
Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte ungeachtet des Parteienantrages gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Es handelt sich im vorliegenden Beschwerdeverfahren ausschließlich um Rechtsfragen, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. VwGH vom 24.06.2014, 2014/05/0059 u.a.).
Ein Verfahren über die Zulässigkeit eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens zählt zu den Angelegenheiten, auf die Art. 6 EMRK nicht anwendbar ist (vgl. das Urteil des EGMR vom 08.05.1978, Nr. 7761/77, u.a.).
Weiters wird auf die Judikatur des EuGH hingewiesen, wonach Art. 6 Abs. 1 EMRK auf Zwischenverfahren, die rein verfahrensrechtliche Aspekte betreffen, grundsätzlich nicht anwendbar ist (EuGH vom 19.11.2013, Nistler gegen Österreich, Appl. 24912/08).
? Zur Fristerstreckung bis 30.11.2020 (Spruchpunkt II. des Bescheides vom 03.04.2020):
Zum Verfahrensgang wird auf obige Ausführungen verwiesen und zusammenfassend festgehalten:
Für die Durchführung der mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019 dem Beschwerdeführer auferlegten Maßnahmen wurde in dieser Entscheidung eine Frist bis 15.10.2019 festgelegt. Die Beschwerdevorentscheidung ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 07.01.2020 erfolgte eine Erstreckung dieser Leistungsfrist gemäß § 68 Abs. 2 AVG bis 31.05.2020. Auch dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Die belangte Behörde legte schließlich mit Bescheid vom 03.04.2020 im Spruchpunkt II. die Leistungsfrist des Bescheides vom 07.01.2020 unter Anführung der Rechtsgrundlage nach § 68 Abs. 2 AVG neu fest bis 30.11.2020.
Gegen den Spruchpunkt II. des Bescheides vom 03.04.2020 erhob der rechtsanwaltlich vertretene Beschwerdeführer gesondert Beschwerde mit Schriftsatz vom 29.04.2020. Darin brachte er vor, zunächst unter Bezugnahme auf die Eingabe per E-Mail vom 26.04.2020, dass bei Starkregen das Wasser von Herrn C kommend sich in kleine Wasseradern verflüchtige, welche die Quelle des Beschwerdeführers speisen würden. Würde ein Lehmschlag hergestellt werden, hätte der Beschwerdeführer fast kein Trinkwasser mehr und seien die Erdbewegungen von C schuld. Dann wird in der Beschwerde selbst weiter ausgeführt, dass § 138 nicht anzuwenden wäre, dass die Schüttungen von C sowie das Retentionsbecken am Fuße der Schüttung und im Bereich der Böschung der Straße konsenslos wären und die Tiefenlinie des Zubringers zum *** wiederherzustellen wäre. Der Brunnen des Beschwerdeführers würde vom Grundwasser des Gerinnes gespeist und würden bei Herstellung eines Lehmschlages die kleinen Wasseradern kein Wasser mehr zu seinem Brunnen bringen. Die Maßnahmen von Herrn C hätten zur Verunreinigung des Brunnens des Beschwerdeführers geführt und werde auf die Verhandlungsschrift vom 10.02.2020 verwiesen. Beantragt werde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Aufhebung des Spruchpunktes II. des Bescheides vom 03.04.2020.
Zu den Rechtsgrundlagen wird auf obige Ausführungen verwiesen. Folgende Bestimmung des AVG ist weiters heranzuziehen:
„Abänderung und Behebung von Amts wegen(1) ...
(2) Von Amts wegen können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, sowohl von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.
(3) …
...“
Mit dem angefochtenen Spruchpunkt II. des Bescheides vom 03.04.2020 wird der Bescheid vom 07.01.2020 hinsichtlich des Ausmaßes der Leistungsfrist abgeändert. Nicht hingegen wird, wie man meinen könnte, neuerlich die Durchführung konkreter Maßnahmen auferlegt. Das gleiche gilt auch für den rechtskräftigen Bescheid vom 07.01.2020. Dies erschließt sich daraus, dass die Formulierung der Bescheidsprüche jeweils derart gewählt ist, dass „die festgelegte Frist für die Sanierung des Hausbrunnens … erstreckt wird“. Die anschließende Wiedergabe der bereits mit Beschwerdevorentscheidung vom 11.07.2019 rechtskräftig auferlegten Maßnahmen (Punkte 1. bis 4.) hat nur erklärenden Charakter. Das ergibt sich aus der Formulierung („daher“). Es werden in den beiden genannten Bescheiden lediglich aus Gründen der Übersichtlichkeit die bereits rechtskräftig auferlegten Maßnahmen wiederholt.
Selbst wenn man eine andere Interpretation des Bescheidspruches vornehmen wollte, würde sich kein anderes Ergebnis finden lassen. Es stünde nämlich jeweils einem derartigen neuerlichen Abspruch das Entscheidungshindernis der „res iudicata“ entgegen. Bei nicht rechtskräftigen Bescheiden hätte dies im Anfechtungsfall zur Folge, dass eine ersatzlose Aufhebung des entsprechenden Spruchteiles vorzunehmen wäre. Aufgrund oben dargestellter Rechtsansicht war davon aber Abstand zu nehmen.
Die mit angefochtenem Spruchpunkt II. ausgesprochene Frist ist noch nicht abgelaufen, weshalb der Beschwerdeführer nicht beschwert ist.
Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.
Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.
? Für beide Themenbereiche (Wiederaufnahmeantrag, Leistungsfrist):
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Eine Revision nach Artikel 133 Abs 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; gewässerpolizeilicher Auftrag; Verfahrensrecht; Brunnen; Wiederaufnahmegrund;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.488.001.2020Zuletzt aktualisiert am
17.08.2020