TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/1 L524 2150125-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.07.2019
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Entscheidungsdatum

01.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L524 2150125-1/12E

schriftliche Ausfertigung des am 27.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Irak, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48, 1170 Wien und RA MMag. Dr. Franz Stefan PECHMANN, Prinz Eugen Str. 70/2/1.1, 1040 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.02.2017, Zl. 1083781906-151153339/BMI-BFA_STM_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 57, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 22.08.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei der am selben Tag erfolgten Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der Beschwerdeführer an, er sei ledig, Moslem und Araber. Er stamme aus Bagdad, habe neun Jahre die Grundschule besucht und zuletzt als Fotograf gearbeitet. Im Irak würden noch sein Bruder und seine drei Schwestern leben. Vor zehn Tagen habe er den Ausreiseentschluss gefasst und sei legal aus dem Irak ausgereist. Hinsichtlich seines Fluchtgrundes brachte er vor, dass die Lage im Irak schlecht sei. Wenn man außer Haus gehe, wisse man nicht, ob man wieder heil nach Hause komme. Es gebe Entführungen durch den IS. Es gebe keine Zukunft, man könne nicht studieren oder in die Schule gehen. Er wünsche sich Sicherheit und sei in einem Kriegsgebiet aufgewachsen.

2. Bei der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 21.02.2017 gab der Beschwerdeführer an, dass er schiitischer Moslem und Araber sei. Im Irak habe er sieben Jahre die Schule besucht und ca. ein Jahr als Fotograf gearbeitet. Im Irak würden noch seine Eltern, ein Bruder und drei Schwestern leben. Er stehe mit seiner Familie in Kontakt, es gehe ihnen gut und finanziell gehe es ihnen auch nicht schlecht. Zu seinem Fluchtgrund gab der Beschwerdeführer an, dass er wegen des Krieges geflohen sei. Er habe seine schulische Ausbildung nicht beenden können. In seiner Ortschaft habe es ständig Explosionen gegeben, wodurch er viele Familienmitglieder und Freunde verloren habe. Außerdem gebe es Probleme wegen seines schiitischen Vornamens. Er habe sich deswegen zwei Jahre lang nicht frei bewegen und seine Ortschaft nicht verlassen können. Zudem seien vor fünf Tagen zwei Cousins seines Vaters und deren Kinder bei einer Explosion gestorben. Die allgemeine Lage im Irak sei sehr schlecht.

3. Mit Bescheid des BFA vom 23.02.2017, Zl. 1083781906-151153339/BMI-BFA_STM_RD, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sei. Es sei auch davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohe. Eine Interessenabwägung ergebe, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde, in der der Beschwerdeführer seine Fluchtgründe schildert und auf die allgemeine Lage im Irak verweist.

5. Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 27.05.2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der nur der Beschwerdeführer als Partei teilnahm. Das BFA ist der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben. Dem Beschwerdeführer wurde die Gelegenheit eingeräumt, sein Fluchtvorbringen zu schildern und zu den mit der Ladung übermittelten Berichten zur Lage im Irak Stellung zu nehmen. Schließlich wurde das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.

6. Am 04.06.2019 beantragte der Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des am 27.05.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und ist schiitischer Moslem. Der Beschwerdeführer lebte mit seinen Eltern, drei Schwestern, einem Bruder und den Großeltern in Bagdad. Der Großvater ist 2017 verstorben. Die Familie des Beschwerdeführers lebt weiterhin in Bagdad. Der Beschwerdeführer besuchte ca. neun Jahre die Schule und arbeitete ein Jahr als Fotograf. In seiner Freizeit besuchte der Beschwerdeführer seine Verwandten, spielte Fußball, besuchte Restaurants und Freizeitparks.

Der Vater des Beschwerdeführers arbeitet als Fotograf, die Mutter ist Hausfrau. Eine Schwester in verheiratet. Die anderen beiden Schwestern und der Bruder des Beschwerdeführers sind Schüler. Der Beschwerdeführer hat sieben Onkel und drei Tanten, die alle in Bagdad leben. Ein Onkel besitzt ein Kaffeehaus und ein weiterer Onkel betreibt einen Marktstand für Gemüse. Zwei Onkel arbeiten als Fotografen und ein Onkel ist Programmierer. Eine Tante arbeitet als Lehrerin und zwei Tanten sind Hausfrauen. Der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Familie. Der Beschwerdeführer kann im Fall der Rückkehr bei seiner Familie leben.

Der Beschwerdeführer verließ ca. im August 2015 legal den Irak und reiste schlepperunterstützt nach Österreich, wo er am 22.08.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Fluchtgrund, wonach er wegen seines schiitischen Vornamens Probleme gehabt habe, wird der Entscheidung mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt. Der Beschwerdeführer hat den Irak wegen der allgemeinen Lage in Bagdad verlassen.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. Er hat eine Freundin, es besteht jedoch kein gemeinsamer Haushalt. Ein Cousin des Beschwerdeführers lebt in Tirol, den der Beschwerdeführer ca. drei bis vier Mal im Jahr sieht. Der Beschwerdeführer hat den Lehrgang Pflichtschulabschluss besucht und die Pflichtschulabschlussprüfung am 20.03.2019 bestanden. Er hat das ÖSD-Zertifikat A2 "gut bestanden". Der Beschwerdeführer besucht derzeit keine Kurse. Er ist auch nicht Mitglied in einem Verein. Der Beschwerdeführer hat Freunde und verfügt über Empfehlungsschreiben.

Der Beschwerdeführer ist gesund. Er nimmt keine Medikamente und ist nicht in ärztlicher Behandlung. Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung. Er ist nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Zur Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen:

Im Juni 2014 startete der sog. Islamische Staat Irak (IS) oder Da'esh, einen erfolgreichen Angriff auf Mossul, die zweitgrößte Stadt des Irak. Der IS übernahm daraufhin die Kontrolle über andere Gebiete des Irak, einschließlich großer Teile der Provinzen Anbar, Salah al-Din, Diyala und Kirkuk. Im Dezember 2017 erklärte Premierminister Haider al-Abadi den endgültigen Sieg über den IS, nachdem die irakischen Streitkräfte die letzten Gebiete, die noch immer an der Grenze zu Syrien unter ihrer Kontrolle standen, zurückerobert hatten. Der IS führt weiterhin kleine Angriffe vorwiegend auf Regierungstruppen und Sicherheitspersonal an Straßenkontrollpunkten aus. Am 25. September 2017 hat die kurdische Regionalregierung (KRG) ein unverbindliches Referendum über die Unabhängigkeit der kurdischen Region im Irak sowie über umstrittene Gebiete, die unter Kontrolle der KRG stehen, abgehalten. Das Referendum wurde für verfassungswidrig erklärt. Bei den nationalen Wahlen im Mai 2018 gewann keine Partei die Mehrheit, obwohl die meisten Stimmen und Sitze an die Partei des schiitischen Klerikers Muqtada al-Sadr gingen, ein ehemaliger Anti-US-Milizenführer.

Genaue, aktuelle offizielle demographische Daten sind nicht verfügbar. Die letzte Volkszählung wurde 1987 durchgeführt. Das US-Außenministerium schätzt die Bevölkerung im Irak auf rund 39 Millionen. Araber (75 Prozent) und Kurden (15 Prozent) bilden die beiden wichtigsten ethnischen Gruppen. Andere Ethnien sind Turkmenen, Assyrer, Yazidis, Shabak, Beduinen, Roma und Palästinenser. 97 Prozent der Bevölkerung sind Muslime. Schiiten machen 55 bis 60 Prozent der Bevölkerung aus und umfassen Araber, Shabak und Faili-Kurden. Der Rest der Bevölkerung besteht hauptsächlich aus Sunniten, einschließlich der sunnitischen Araber, die schätzungsweise 24 Prozent der Gesamtbevölkerung des Irak ausmachen. Die meisten Kurden sind auch Sunniten und machen etwa 15 Prozent der nationalen Bevölkerung aus. Die schiitischen Gemeinden leben in den meisten Gebieten des Irak, konzentrieren sich jedoch im Süden und Osten. Die Mehrheit der Bevölkerung von Bagdad sind Schiiten, insbesondere Vororte wie Sadr City, Abu Dashir und Al Dora. Sunniten leben hauptsächlich im Westen, Norden und im Zentralirak. Die Anzahl der in Bagdad als gemischt betrachteten Gebiete nimmt ab. In einigen Bezirken Bagdads gibt es immer noch bedeutende sunnitische Gemeinden, darunter Abu Ghraib. Die Bezirke A'adamia, Rusafa, Za'farania, Dora und Rasheed haben kleinere Gebiete sunnitischer Gemeinschaften. Gemischte sunnitische-schiitische Gemeinden leben in den Bezirken Rusafa und Karada, kleinere gemischte Gemeinden auch in den Bezirken Dora, Rasheed, Karkh, Mansour und Kadhimiya.

Der Konflikt mit dem IS hat die Wirtschaft des Irak geschwächt. Die irakische Wirtschaft ist weiterhin stark vom Öl abhängig, und ihr wirtschaftliches Vermögen hängt eng mit den globalen Ölpreisen zusammen. Die Weltbank prognostiziert, dass sich die Wirtschaft durch den Wiederaufbau nach Konflikten und die Verbesserung der Sicherheitslage erholen wird.

Die Verfassung garantiert das Recht auf Gesundheitsversorgung, es gibt ein staatliches Gesundheitswesen und Behandlungsmöglichkeiten sind vom Staat bereitzustellen. Die medizinische Grundversorgung erfolgt sowohl in privaten als auch in öffentlichen Kliniken. Die Gesundheitsinfrastruktur hat unter jahrzehntelangen Konflikten gelitten. Das Gesundheitswesen ist begrenzt, insbesondere in von Konflikten betroffenen Gebieten und in Gegenden mit einer großen Anzahl von Binnenvertriebenen.

Die Verfassung sieht eine obligatorische Grundschulausbildung vor. Für Kinder in der Region Kurdistan besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren. Der Irak war einst regional führend in der Bildung, aber jahrelange Konflikte haben zu sinkenden Bildungsergebnissen geführt. Gemeinschaften bauen Schulen wieder auf. Das US-Außenministerium berichtet, dass Tausende von Schulen in ehemals von IS betroffenen Gebieten wiedereröffnet wurden, aber Kindern von Binnenvertriebenen, insbesondere außerhalb von Lagern, weiterhin die Schulbildung verweigert wird. Wohlhabende Familien in Bagdad haben Zugang zu höherer Bildung von privaten und internationalen Schulen. Die privaten Schulgebühren in Bagdad betragen durchschnittlich rund 1.300 USD pro Monat.

Der öffentliche Sektor ist bei weitem der größte Arbeitgeber, und der private Sektor ist unterentwickelt. Während die Regierung den größten Teil ihrer Einnahmen aus Ölexporten erwirtschaftet, beschäftigt die Ölindustrie nur wenige Mitarbeiter. Die Regierung beschäftigt schätzungsweise 40 Prozent der irakischen Arbeitskräfte. Im UNDP-Bericht 2016 wurde eine Arbeitslosenquote von 16,9 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit auf 35,1 Prozent geschätzt.

Die irakische Verfassung garantiert grundlegende Menschenrechte einschließlich Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit vor dem Gesetz, Chancengleichheit, Privatsphäre und Unabhängigkeit der Justiz. Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit, der Nationalität, der Herkunft, der Hautfarbe, der Religion, der Meinung, des wirtschaftlichen oder sozialen Status. Die Verfassung sieht eine Hohe Kommission für Menschenrechte vor.

Am 15. Januar 2018 griff der IS einen Markt im Zentrum von Bagdad an, wobei mindestens 38 Menschen getötet und 105 verletzt wurden. In der irakischen Region Kirkuk wurden 25 Menschen im Vorfeld der nationalen Wahlen vom IS getötet. Der IS behauptet, seit Dezember 2017 58 Angriffe in der Region durchgeführt zu haben. In der Region Kurdistan tötete der IS im Juni 2018 12 Mitglieder einer Familie. Zu den zahlreichen schiitischen bewaffneten Gruppen im Irak gehören Saraya Al-Salam (SAS, auch Friedensbrigaden genannt, die zum Teil aus ehemaligen Mahdi-Armeekämpfern bestehen), Asaib Ahl al-Haq (AAH), Kataib Hizbullah (KH) und das Badr Corps. SAS und das Badr Corps sind die militärischen Waffen der politischen Bewegungen Sadrist und Badr.

Ethnische Minderheiten haben im Irak eine politische Vertretung und nehmen am öffentlichen Leben teil. Die Verfassung erkennt sowohl Arabisch als auch Kurdisch als Amtssprachen an und verankert das Recht des Einzelnen, seine Kinder in Minderheitensprachen wie turkmenisch, syrisch und armenisch zu erziehen. Personen sind aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit einem geringen Risiko einer offiziellen Diskriminierung ausgesetzt. Es besteht möglicherweise ein mäßiges Risiko gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt zu sein, wenn sie in einem Gebiet leben, in dem ihre ethnische Zugehörigkeit in der Minderheit ist.

Die Verfassung macht den Islam zur offiziellen Religion des Staates. Sie garantiert die Glaubens- und Religionsfreiheit für alle Personen, einschließlich Christen, Yazidis und Sabean-Mandäer. Auf der Scharia beruhende Regelungen verbieten zwar eine Konversion vom islamischen Glauben, doch ist keine Strafverfolgung hierfür bekannt. Nach irakischem Recht wird ein Kind unter 18 Jahren automatisch zum Islam konvertiert, wenn auch einer seiner nicht-muslimischen Eltern konvertiert ist.

Als Mehrheitsbevölkerung im Irak mit einer dominierenden Rolle in der Regierung werden Schiiten kaum oder gar nicht diskriminiert. Schiiten sind keiner offiziellen Diskriminierung ausgesetzt. Sie sind auch keiner gesellschaftlichen Diskriminierung ausgesetzt, obwohl sie bei bedeutenden schiitischen Festen und Pilgerfahrten einem mäßigen Gewaltrisiko ausgesetzt sind.

Nach der Absetzung von Saddam Hussein und der (von Sunniten dominierten) Ba'ath-Partei aus der Regierung fühlten sich viele Sunniten ausgegrenzt. Das US-Außenministerium und internationale Menschenrechtsgruppen berichten von regierungsnahen Streitkräften, die sunnitische Männer anzugreifen versuchen, die von IS-kontrollierten Gebieten fliehen und verhindern, dass Sunniten die von der Regierung kontrollierten Gebiete verlassen. Außerhalb der vom IS kontrollierten Gebiete wurden Sunniten in der Form belästigt und diskriminiert, dass sie bei Kontrollpunkten in aufdringlicher Weise kontrolliert wurden und Dienste minderer Qualität in sunnitischen Gebieten bereitgestellt werden. Sunniten sind außerhalb von Gebieten, die kürzlich vom IS kontrolliert wurden, aufgrund ihrer Religion einem geringen Risiko gesellschaftlicher Gewalt ausgesetzt. In Gebieten, in denen sie eine Minderheit sind, sind Sunniten einem moderaten Risiko von Diskriminierung durch die Behörden und der Gesellschaft ausgesetzt sind. Das Risiko der Diskriminierung variiert je nach lokalem Einfluss und Verbindungen.

Bei der Einreise in den Irak über die internationalen Flughäfen, einschließlich der Region Kurdistan, werden Personen, die illegal ausgereist sind, nicht festgenommen. Es werden jene Iraker bei der Rückkehr festgenommen, die eine Straftat begangen haben und gegen die ein Haftbefehl erlassen worden war. Um den Irak zu verlassen, sind gültige Dokumente (in der Regel ein Pass) und eine entsprechende Genehmigung (z. B. ein Visum) für die Einreise in das vorgesehene Ziel erforderlich. Eine illegale Ausreise aus dem Irak ist rechtswidrig, jedoch sind keine Strafverfahren gegen Einzelpersonen wegen illegaler Ausreise bekannt. Iraker, die einen irakischen Pass verloren haben oder nicht haben, können mit einem laissez-passer-Dokument in den Irak einreisen. Die Einreise mit einem laissez-passer-Dokument ist üblich und Personen, die damit einreisen werden weder gefragt, wie sie den Irak verlassen haben, noch werden sie gefragt, warum sie keine anderen Dokumente haben. Dem britischen Innenministerium zufolge können Grenzbeamte am Flughafen Bagdad ein Schreiben ausstellen, um die Verbringung an den Herkunftsort oder die Umsiedlung einer Person im Irak zu erleichtern. (Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade, Country Information Report Iraq, 09.10.2018)

Im Irak ging die Zahl der Sicherheitsvorfälle (zB Schießereien, IED's, Angriffe auf Checkpoints, Entführungen, Selbstmordattentate, Autobomben) von Jänner bis Dezember 2018 um etwa 60 % zurück. Zu Beginn des Jahres waren es 224 Vorfälle. Im März gab es einen Anstieg der Vorfälle, die sich vor allem in Anbar, Diyala, Kirkuk und Salahaddin ereigneten. Im April sanken sie auf 139. Von Juni bis Oktober schwankten die Zahlen. Das begann in Diyala und Kirkuk, danach in Ninewa und schließlich in Anbar, Bagdad, Kirkuk und Ninewa. Während der letzten beiden Monate des Jahres 2018 gab es - seit dem Rückzug des sog. IS - die wenigsten Vorfälle, die jemals im Land verzeichnet wurden.

Im Jänner 2018 gab es insgesamt 13 "Mass Casualty Bombings", davon 7 Selbstmordattentate (ein Attentat in Bagdad) und 6 Autobomben. Im Verlauf des Jahres bewegten sich diese Vorfälle zwischen 1 und 8. Im Mai ereignete sich ein Selbstmordattentat in Bagdad. Weitere Vorfälle ereigneten sich in Ramadi, Kirkuk, Tikrit, Fallujah und Mossul.

Bagdad, das früher ein Hauptangriffsziel war, entwickelte sich zu einem Nebenschauplatz. Im Jänner 2018 gab es 71 Vorfälle. Diese Zahl sank kontinuierlich und lag bei 13 Vorfällen im Juni 2018. Danach erfolgte wieder ein Anstieg und es gab im September 2018 47 Vorfälle. Seither kam es wieder zu einem Rückgang und 13 Vorfällen im November 2018. Bei fast allen Angriffen handelte es sich um kleinere Vorfälle wie Schießereien und IED's. Die meisten Vorfälle ereigneten sich auch in Städten im äußern Norden. (Joel Wing, Musings on Iraq, 15.01.2019)

Im März 2019 erlebte der Irak die wenigsten Angriffe seit 2003. Im März wurden insgesamt 63 Vorfälle verzeichnet. Zwei Vorfälle fanden zwischen der PKK und der Türkei statt und bei zwei Vorfällen handelte es sich um den Fund von Massengräbern, womit 59 Vorfälle verbleiben. In Diyala gab es 17 Vorfälle, in Kirkuk 15 und in Ninewa elf. Dies war die niedrigste monatliche Gesamtsumme, die jemals verzeichnet wurde und die niedrigste seit der Invasion von 2003. Im Jänner 2018 gab es im Irak insgesamt 224 sicherheitsrelevante Vorfälle. Abgesehen von einem Anstieg im März 2018 sank diese Zahl seither kontinuierlich und liegt im März 2019 bei 59 Vorfällen.

Bagdad war früher das Zentrum von Terroranschlägen mit Dutzenden von Angriffen pro Tag. Jetzt gibt es kaum noch welche. Im März waren es nur vier. Es scheint, dass die Aufständischen die Provinz weitgehend verlassen haben. Im Vergleich dazu waren es im Februar 2018 noch 57. (Joel Wing, Musings on Iraq, 03.04.2019)

Nach einer Zusammenstellung von ACCORD auf Basis von ACLED (Armed Conflict Location & Event Data Project) gehen im Berichtszeitraum September 2016 bis September 2018 die Konfliktvorfälle mit Todesopfern kontinuierlich zurück. In diesem Zeitraum ereigneten sich die meisten Vorfälle mit Todesopfern in Salah ad-Din, gefolgt von Diyala, At-Tamim (Kirkuk) und Al-Anbar. Die meisten Todesopfer gab es in Salah ad-Din und Al-Anbar, gefolgt von At-Tamim (Kirkuk) und Diyala. In Al-Anbar wurden 80 Vorfälle mit 308 Toten erfasst, in Al-Basrah 84 Vorfälle mit 42 Toten. In At-Ta'mim (Kirkuk) gab es 115 Vorfälle mit 251 Toten, in Baghdad wurden 58 Vorfälle mit 38 Toten erfasst. In Diyala wurden 136 Vorfälle mit 220 Toten, in Ninawa 65 Vorfälle mit 184 Toten und in Sala ad-Din 114 Vorfälle mit 308 Toten verzeichnet. (ACCORD Irak, 3. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED), aktualisierte 2. Version vom 20.12. 2018)

In Bagdad herrscht Aufbruchsstimmung. Nach Jahren des Kriegs gegen den IS atmet die Stadt sichtlich durch. Die Jugend genießt es, dass das Nachtleben wieder an Fahrt gewinnt. Die Wasserpfeifencafés sind jeden Abend gefüllt. In einigen Stadtteilen gibt es sogar wieder Bars, die Alkohol ausschenken und in denen man Rockkonzerten lauschen und tanzen kann. "Wir hatten jahrelang keine Möglichkeit auszugehen, jetzt wollen wir unser Leben genießen!", erzählt mir ein junger Mann in einem der Cafés in der Omar-Bin-Yasir-Straße. Er und seine Freunde haben jüngst eine Jugendorganisation gegründet, die "Vereinigung der freien Jugend des Irak". Mit dieser wollen sie sich auch aktiv dafür einsetzen, dass man jene Freiheit leben kann, die man leben will. "Bagdad muss wieder ein Ort werden, in dem wir uns wohl fühlen, in dem auch junge Frauen frei leben können und in dem die Religiösen nicht mehr das ganze Leben bestimmen."

Die Stadt hat vieles zu bieten und mittlerweile sieht man auch wieder Frauen in der Nacht auf der Straße, viele davon ohne Kopftuch. Einige zeigen sich sogar in den Cafés. Wer Bescheid weiß findet sogar versteckte Schwulenclubs. Ständig bedroht von gewaltsamen Übergriffen durch bigotte Milizen, versuchen diese nicht aufzufallen. Es gibt sie aber wieder. Auch für Kulturinteressierte hat Bagdad durchaus etwas zu bieten. Im Gegensatz zu den irakischen Kleinstädten ist Bagdad eine wirkliche Weltstadt mit einem kulturellen Angebot, mit Kinos, Theatern und einer ganzen Straße, die für ihre Buchläden bekannt ist. Die nach dem klassischen arabischen Dichter Abu at-Tayyib al-Mutanabbi benannte Mutanabbi-Staße, die 2007 noch Tatort eines blutigen Anschlags wurde, ist wieder in vollem Betrieb. An Freitagen finden hier Gedichtrezitationen unter freiem Himmel statt, ansonsten werden Bücher aller Art verkauft. Von klassischer arabischer Lyrik über moderne Romane bis zu religiöser Literatur ist hier alles zu finden. (derstandard.at, Abtanzen in Bagdad: Irak zwischen Aufbruch und Angst, 12.11.2018)

Die Sicherheitslage in Bagdad hat sich deutlich verbessert. Die Zeiten, in denen die Hauptstadt Bagdad regelmäßig von Terroranschlägen erschüttert wurde, sind vorbei. Im Dezember 2018 ordnete der neue Ministerpräsident Adil Abd al-Mahdi an, die mit Betonmauern geschützte Hochsicherheitszone im Zentrum der Stadt für einige Stunden am Tag zu öffnen. Seit 2003 war das Gebiet, in dem Ministerien und die US-Botschaft liegen, für normale Iraker praktisch unzugänglich. Die Mauern, die dort über viele Jahre hochgezogen wurden, werden langsam abgebaut. Deutschland hatte den Kampf gegen den IS im Irak vor allem mit der Ausbildung kurdischer Peschmerga-Kämpfer und Waffenlieferungen unterstützt. Im Camp Tadschi nahe Bagdad bildet die deutsche Bundeswehr irakische Soldaten aus. Die deutsche Bundesregierung setzt jetzt verstärkt auf zivile Hilfe. Deutschland ist nach den USA das Land, das den Irak in den vergangenen vier Jahren am stärksten mit Hilfsgeldern für Entwicklung, Stabilisierung und Wiederaufbau unterstützt hat. Mehr als 1,5 Milliarden Euro wurden dafür bereitgestellt. Die Bundesregierung hofft darauf, dass ein stabiler Irak die Nahost-Region insgesamt beruhigen kann. (Irak ruft Flüchtlinge zur Rückkehr aus Deutschland auf, welt.de 17.12.2018)

Die Zahl der Binnenvertriebenen (IDP's) wird seit April 2014 aufgezeichnet, jene der Rückkehrer seit April 2015. Seit Juni 2017 sinkt die Zahl der IDPs kontinuierlich. Zum 28.02.2019 wurden 1,7 Millionen IDPs (290.830 Familien), verteilt auf 18 Gouvernements und 104 Distrikte identifiziert. Die Zahl der Rückkehrer steigt seit April 2015 kontinuierlich an. Die Zahl der Rückkehrer betrug zum 28.02.2019 4,2 Millionen (701.997 Familien) in 8 Gouvernements und 38 Distrikten. Im Zeitraum Januar und Februar 2019 gab es 46.662 Rückkehrer. Die meisten kehrten nach Ninewa (27.150 Personen), Salah al-Din (11.214) und Kirkuk (3.744) zurück. Die Zahl der IDPs geht in allen Gouvernements, ausgenommen Erbil und Najaf, zurück. Im Januar und Februar 2019 wurde ein Rückgang von 57,852 IDPs verzeichnet, davon die meisten in Ninewa (-29.358, -5%), Salah al-Din (-9.168, -7%) und Anbar (-6.822, -13%). Nahezu alle Familien (95%, 4.008.840 Personen) kehrten an ihren vor der Vertreibung gewöhnlichen Wohnsitz zurück, der sich in einem guten Zustand befand. Zwei Prozent (72.378) leben in anderen privaten Einrichtungen (gemietete Häuser, Hotels, Gastfamilien). Drei Prozent der Rückkehrer (130.64) leben in kritischen Unterkünften (informelle Siedlungen, religiöse Gebäude, Schulen, unfertige, aufgegebene oder zerstörte Gebäude). Von den zuletzt Genannten leben 85 Prozent in drei Gouvernements: 41% sind in Ninewa (53.784), 24 % in Salah al-Din (30.864) und 20 % in Diyala (25.878). (Displacement Tracking Matrix, Round 108, Februar 2019)

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Herkunft, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, zu seiner Berufstätigkeit, zu seiner illegalen Einreise sowie zu seiner Antragstellung zur Erlangung internationalen Schutzes ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren und den Verwaltungsakten.

Die Feststellungen zu seinen Verwandten im Irak und deren Berufstätigkeit ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen zu seiner Freizeitgestaltung im Irak ergeben sich ebenso aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr bei seiner Familie leben kann, ergibt sich ebenso aus seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen in Österreich, dass er Freunde hat, über Empfehlungsschreiben verfügt, den Lehrgang Pflichtschulabschluss, die Pflichtschulabschlussprüfung sowie das ÖSD-Zertifikat absolviert hat und eine Freundin hat, ergeben sich aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung und den vorgelegten Bestätigungen. Dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Einvernahme einer namentlich genannten Person als Zeugen zum Beweis der außerordentlichen Integration des Beschwerdeführers in Österreich war nicht nachzukommen, da ohnehin ein Referenzschreiben dieser Person mit der Beschwerde vorgelegt wurde und der Beschwerdeführer zudem seine Integration in Österreich durch entsprechende Bestätigungen belegt hat.

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der Grundversorgung bezieht und strafrechtlich unbescholten ist, ergeben sich aus einem GVS-Auszug und einem Strafregisterauszug, jeweils vom 28.06.2019.

Der Beschwerdeführer gab in der Erstbefragung als Fluchtgrund an, dass die Lage im Irak so schlecht sei. Wenn man außer Haus gehe, wisse man nicht, ob man wieder heil nach Hause komme. Es gebe Entführungen durch die IS. Es gebe keine Zukunft, man könne nicht studieren oder in die Schule gehen. Er wünsche sich Sicherheit und sei in einem Kriegsgebiet aufgewachsen (Seite 5 des Protokolls der Erstbefragung). In der Einvernahme vor dem BFA änderte der Beschwerdeführer seinen Fluchtgrund ab und brachte - neben der allgemeinen Sicherheitslage - vor, dass er Probleme wegen seines schiitischen Vornamens gehabt habe. Er habe sich deswegen zwei Jahre lang nicht frei bewegen und seine Ortschaft nicht verlassen können (AS 71). Schon auf Grund dieser Auswechslung des Fluchtgrundes ist es nicht glaubhaft, dass es die behaupteten Probleme wegen seines Vornamens tatsächlich gegeben hat. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass sich gemäß § 19 Abs. 1 AsylG die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, allerdings ist eine generelle Aufnahme der antragsbegründenden Fluchtgründe auch im Rahmen der Befragung nach § 19 Abs. 1 AsylG möglich. Zweck der Bestimmung, bei Befragungen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht auf die näheren Fluchtgründe einzugehen, ist, dass gerade Flüchtlinge Schwierigkeiten haben könnten, sich hierzu gegenüber einem uniformierten Staatsorgan - vor dem sie möglicherweise erst vor kurzem aus ihrem Herkunftsstaat geflohen sind - zu verbreitern (vgl. Erläuterungen zur RV, 952 Blg NR XXII. GP). Dass dies hier der Fall ist, ist jedoch nicht erkennbar. Der Beschwerdeführer hat in der folgenden Einvernahme vor dem BFA nämlich keine Verfolgung seitens staatlicher Organe geltend gemacht. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer in der Erstbefragung einen anderen Fluchtgrund darlegt als in der folgenden Einvernahme vor dem BFA. Vielmehr entsteht dadurch der Eindruck, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht. Dieser Eindruck wird auch dadurch verstärkt, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, seinen vor dem BFA geschilderten Fluchtgrund in der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht übereinstimmend zu schildern und führt letztlich dazu, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, seinen vorgebrachten Fluchtgrund glaubhaft zu machen.

In der mündlichen Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer die Gelegenheit geboten, seinen Fluchtgrund in freier Rede zu schildern (Seite 7 des Verhandlungsprotokolls):

"R: Schildern Sie, warum Sie den Irak verlassen haben.

BF: Im Jahr 2015 war Bürgerkrieg, es war der IS und es war ein Milizenkrieg. Es war ein unsicheres Land. Wir hörten nur Bomben und Explosionen. Ich habe mich nicht mehr wohl gefühlt, ich wollte mich retten, und somit habe ich entschieden, den Irak zu verlassen."

Auf die Nachfrage, ob das alle seine Fluchtgründe seien, meinte der Beschwerdeführer, dass es viele Gründe gebe. Er sei nicht persönlich bedroht worden. Das Leben im Irak sei damals unmöglich gewesen. Die vor dem BFA noch vorgebrachten Probleme wegen seines schiitischen Vornamens brachte der Beschwerdeführer nicht vor. Es ist daher schon aus diesem Grund nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer wegen seines Vornamens Probleme gehabt hätte.

Dem Beschwerdeführer wurden sodann seinen Angaben vor dem BFA vorgehalten, woraufhin er Folgendes vorbrachte (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls):

"R: Sie haben vor dem BFA angegeben, dass Sie Probleme wegen Ihres Vornamens gehabt hätten. Können Sie das genauer schildern?

BF: Ja. Es stimmt, weil im Ort wo wir gelebt haben hat der Bürgerkrieg angefangen bzw. die Schiiten und Sunniten. ZB. wenn die Schiiten den Namen "Omar" hörten, war das gefährlich. Wenn die Sunniten den Namen "Ali" hörten, war das auch gefährlich. Mein Vater wollte mich nicht mehr aus der Wohnung schicken. Es kam auch zu Entführungen auf Grund der Namen.

R: Was ist Ihnen persönlich passiert?

BF: Aus dem Grund habe ich die Flucht gesucht, damit ich mich schütze, bevor etwas passieren konnte. Meine Freunde haben schon etwas erlitten, aber ich habe mich gerettet, bevor etwas passierte. Im Irak gibt es keine Gesetze. Wir Menschen habe keine Rechte. Jeder der Macht hat, ist das Gesetz. Es gibt kein Gesetz dem das Land nach geht.

R: Ihnen selbst ist also im Irak nichts passiert, sie sind aus Vorsichtnahme ausgereist?

BF: Ja."

Damit wird deutlich, dass der Beschwerdeführer einerseits keine Probleme wegen seines Vornamens hatte. Andererseits schilderte der Beschwerdeführer den vor dem BFA behaupteten Umstand, er habe wegen seines Vornamens zwei Jahre seine Ortschaft nicht verlassen können und sich nicht frei bewegen können (AS 71), in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht anders, was ebenso gegen eine Glaubhaftmachung dieses Vorbringens spricht. In der mündlichen Verhandlung steigerte der Beschwerdeführer nämlich dieses Vorbringen und behauptete, er sei von seinem Vater in der Wohnung eingesperrt worden. Dazu näher befragt, wich der Beschwerdeführer aber aus (Seite 8 des Verhandlungsprotokolls):

"R: Hat Ihr Vater Sie tatsächlich in der Wohnung eingesperrt?

BF: Ja, weil er Angst um mich hatte.

R: Was konkret ist da passiert.

BF: Er hat mich geschützt, wegen meinem Namen.

R: Wie kann man sich vorstellen, als Ihr Vater Sie eingesperrt hatte?

BF: Ich habe das Haus nicht verlassen. Mein Vater hat mich wegen meinen Namen nicht hinausgelassen.

R: In welchem Zeitraum, haben Sie das Haus nicht verlassen?

BF: Ich durfte nur zur Arbeit gehen, aber sonst durfte ich nirgends hingehen. Es war im Zeitraum von Juli/August 2013 bis Ende 2014. Zur Arbeit ging ich zu Fuß, ca. 10 Minuten."

Damit zeigt sich, dass die Behauptung, sein Vater hätte ihn eingesperrt, um ihn zu schützen, nicht den Tatsachen entspricht und der Beschwerdeführer sehr wohl das Haus bzw. die Wohnung verlassen hat. Darüber hinaus sind diese in der mündlichen Verhandlung getätigten Angaben zu seinen Ausführungen in der Beschwerde widersprüchlich. Dort wird nämlich vorgebracht, der Beschwerdeführer hätte zwei Jahre - in der mündlichen Verhandlung war nur von eineinhalb Jahren die Rede - das Haus nicht verlassen und hätte in dieser Zeit auch nicht zur Schule gehen können. In diesem Zusammenhang war es außerdem nicht plausibel, dass der Beschwerdeführer wegen möglicher Gefahren wegen seines Namens zwar nicht die Schule besuchen habe können, jedoch problemlos eine Erwerbstätigkeit aufnehmen habe können. Zudem wichen die angegebenen Daten (Juli/August 2013 bis Ende 2014) zu dem noch vor dem BFA behaupteten Zeitraum ab. Dort gab er nämlich an, diese Probleme hätten 2011 begonnen und 2013 geendet. Ab 2013 seien die Probleme weniger geworden und man hätte zumindest wieder in die Schule gehen können (AS 73) ab. Auf Grund der insgesamt aufgezeigten widersprüchlichen Angaben zu diesem Vorbringen hinsichtlich der angeblichen Probleme mit seinem Vornamen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, diese Behauptungen glaubhaft zu machen.

In der Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass der ausschlaggebende Grund für seine Flucht ein Anschlag auf den Cousin seines Vaters und dessen Kinder gewesen sei, die dabei ums Leben gekommen seien (AS 192). In der Einvernahme vor dem BFA gab er dagegen noch an, dass sich dieser Anschlag erst fünf Tage vor der Einvernahme des Beschwerdeführers (und somit erst eineinhalb Jahre nach der Einreise des Beschwerdeführers in Österreich) ereignet habe (AS 71). In der mündlichen Verhandlung kehrte der Beschwerdeführer wieder zu seinen in der Einvernahme vor dem BFA getätigten Angaben zurück und erklärte, dass sich dieser Anschlag 2017 ereignet habe, als der Beschwerdeführer schon in Österreich gewesen sei. Er habe damit nur aufzeigen wollen, dass sein Land nicht sicher sei. Diese Verwandten seien außerdem bloß zufällig am Anschlagsort gewesen (Seite 9 des Verhandlungsprotokolls). Es sind jedenfalls erhebliche Zweifel ob der Richtigkeit dieses Vorbringens entstanden, da die vorgelegten Sterbeurkunden, die den Tod der Verwandten belegen sollen, kein Sterbedatum aufweisen, weshalb die Echtheit der Dokumente angezweifelt wird. Auffallend war zudem, dass der Beschwerdeführer bislang angab, der Vorfall hätte insgesamt drei Verwandte des Beschwerdeführers betroffen, er jedoch vier Sterbeurkunden vorlegte. Befragt nach der vierten Person, gab er an, es seien zwei Cousins, was diese Ungereimtheit jedoch keineswegs aufklärte. Befragt nach den Namen dieser Cousins, gab er plötzlich an, er kenne zwei der auf den Sterbeurkunden genannten Personen nicht, was sein Vorbringen noch weiter unglaubwürdig erscheinen ließ (Seite 10 des Verhandlungsprotokolls). Der Beschwerdeführer legte zum Nachweis des Vorfalles auch mehrere Lichtbilder vor. Dass es sich bei den auf den Fotos gezeigten Personen tatsächlich um Verwandte des Beschwerdeführers handelt, lässt sich jedenfalls nicht feststellen. Ob sich der Vorfall tatsächlich ereignet hat, kann aber mangels Relevanz für das gegenständliche Verfahren ohnehin dahingestellt bleiben.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den Irak wegen der allgemeinen Lage in Bagdad verließ, ergibt sich aus seinen Angaben in der Erstbefragung, der Einvernahme vor dem BFA und der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der Beschwerdeführer erklärte in der mündlichen Verhandlung auch, er sei nie persönlich bedroht worden. Er habe den Irak wegen der Sicherheitslage verlassen, da dort Bombenanschläge stattfinden würden.

Das Vorbringen, dass man jetzt zu Parteien gehören müsse und niemanden töten oder Befehle ausführen wolle, wurde vom Beschwerdeführer bloß unsubstantiiert in den Raum gestellt. Es war zudem widersprüchlich, da er wenig später behauptete, die Milizen, zB die Al Asaeb, (und nicht die Parteien) oder die, die für die Milizen arbeiten, würden verlangen, dass man jemanden töte (Seiten 7 und 11 des Verhandlungsprotokolls).

Dass der Beschwerdeführer keine Verfolgung im Irak zu befürchten hat, lässt auch sein Vorbringen in der mündlichen Verhandlung zu, wo er erklärte: "Es wäre kein Problem, dass ich zurückkehre - ich kehre zurück." (Seite 11 des Verhandlungsprotokolls).

Die getroffenen Feststellungen zum Irak beruhen auf folgenden Berichten:

* UK Home Office, Iraq: Internal relocation, Oktober 2018

* DTM Round 108, Februar 2019

* ACCORD: Irak, 3. Quartal 2018, Kurzübersicht ACLED; 20.12.2018

* Australian Government, DFAT Country Information Report Iraq, 9.10.2018

* Der Standard: Abtanzen in Bagdad: Irak zwischen Aufbruch und Angst, 12.11.2018

* Musings on Iraq, 15.01.2019

* Musings on Iraq, 03.04.2019

* UN Casualty Figures for Irak for the Month of December 2018, 03.01.2019

* Irak ruft Flüchtlinge zur Rückkehr aus Deutschland auf, 17.12.2018

Es handelt sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak ergeben. Angesichts der Seriosität der darin angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Auf die in der Beschwerde auszugsweise zitierten Berichte war mangels Aktualität nicht näher einzugehen. In der mündlichen Verhandlung trat der Beschwerdeführer den Berichten nicht substantiiert entgegen. Sein Vertreter gab keine Stellungnahme ab.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 55/1955 (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht. Gemäß § 3 Abs. 3 AsylG ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG) offen steht, oder wenn er einen Asylausschlussgrund (§ 6 AsylG) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, "aus Gründen" (Englisch: "for reasons of"; Französisch: "du fait de") der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0047 unter Hinweis auf VwGH 28.05.2009, 2008/19/1031).

Die Gefahr der Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG iVm Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/20/0089 unter Hinweis auf VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er aufgrund staatlicher Verfolgung mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ihm dieser Nachteil aufgrund einer von dritten Personen ausgehenden, vom Staat nicht ausreichend verhinderbaren Verfolgung mit derselben Wahrscheinlichkeit droht. In beiden Fällen ist es ihm nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohl begründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen (vgl. VwGH 24.03.2011, 2008/23/1101 unter Hinweis auf VwGH 22.03.2000, 99/01/0256; mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0119 unter Hinweis auf VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793, mwN).

Da der Beschwerdeführer die behaupteten Fluchtgründe, wonach er wegen seines schiitischen Vornamens Probleme gehabt habe, nicht hat glaubhaft machen können, liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl nicht vor, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe.

Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, den Irak wegen der Sicherheitslage verlassen zu haben, ist kein kausaler Zusammenhang zu einem Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, politische Gesinnung) erkennbar, weshalb diesem Vorbringen unter diesem Gesichtspunkt auch keine Asylrelevanz zukommt.

Aus den Länderfeststellungen ergeben sich auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer als schiitischer Moslem aktuell alleine wegen seiner Glaubensrichtung im Irak einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre. Als schiitischer Moslem gehört der Beschwerdeführer darüber hinaus ohnehin der Mehrheitsreligionsgemeinschaft im Irak an. Als Mehrheitsbevölkerung im Irak mit einer dominierenden Rolle in der Regierung werden Schiiten kaum oder gar nicht diskriminiert. Es ist daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer aktuell alleine wegen seiner Glaubensrichtung im Irak einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aus in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen droht. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen ebenso wie allfällige persönliche und wirtschaftliche Gründe keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar.

Es besteht im Übrigen keine Verpflichtung, Asylgründe zu ermitteln, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat (VwGH 21.11.1995, 95/20/0329 mwN).

Es gibt bei Zugrundelegung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Irak maßgeblich wahrscheinlich Gefahr laufen würde, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100).

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

2. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1) oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Die Zuerkennung von subsidiärem Schutz setzt somit voraus, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seine Heimat entweder eine reale Gefahr einer Verletzung insbesondere von Art. 2 oder 3 EMRK bedeuten würde oder für ihn eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes im Irak mit sich bringen würde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Art. 2 oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Art. 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat (vgl. etwa VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095, mit weiteren Nachweisen). Zu berücksichtigen ist auch, ob solche exzeptionellen Umstände vorliegen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet (VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0236 mwN).

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird (vgl. etwa VwGH 13.12.2017, Ra 2017/01/0187, mwN).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein "real risk" (reales Risiko) vorliegt, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafür sprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Art. 3 EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko iSd Art. 3 EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") diese Voraussetzung erfüllt (vgl. etwa EGMR vom 28. November 2011, Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi gg. Vereinigtes Königreich, RNr. 218 mit Hinweis auf EGMR vom 17. Juli 2008, Nr. 25904/07, NA gg. Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen (vgl. etwa EGMR Sufi und Elmi, RNr. 217).

Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in § 8 Abs. 1 Z 2 Asyl 2005 orientiert sich an Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU) und umfasst - wie der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erkannt hat - eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH vom 17. Februar 2009, C- 465/07, Elgafaji, und vom 30. Jänner 2014, C-285/12, Diakite).

Nach der dargestellten Rechtsprechung sowohl des EGMR als auch des EuGH ist von einem realen Risiko einer Verletzung der durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte einerseits oder von einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts andererseits auszugehen, wenn stichhaltige Gründe für eine derartige Gefährdung sprechen.

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen. In diesem Fall kann das reale Risiko der Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bereits in der Kombination der prekären Sicherheitslage und der besonderen Gefährdungsmomente für die einzelne Person begründet liegen (vgl. VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016, mwN).

Nach der ständigen Judikatur des EGMR, wonach es - abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde - obliegt es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (vgl. VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 unter Hinweis auf das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, I. gg. Schweden, Nr. 61204/09). Die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich das erkennende Gericht nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (etwa die familiäre, gesundheitliche oder finanzielle Situation), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279). Der Antragsteller muss die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr mit konkreten, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerten Angaben schlüssig darstellen (vgl. VwGH 25.01.2001, 2001/20/0011). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus, wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen (EGMR U 17.10.1986, Kilic gegen Schweiz, Nr. 12364/86). So führt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller, Beweise zu beschaffen, dennoch ihm obliegt so weit als möglich Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (EGMR 05.07.2005, Said gegen Niederlande).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 09.07.2002, 2001/01/0164; 16.07.2003, 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden ist (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137). Unter Darstellung der maßgebenden persönlichen Verhältnisse des Fremden (insbesondere zu seinen finanziellen Möglichkeiten und zum familiären und sonstigen sozialen Umfeld) ist allenfalls weiter zu prüfen, ob ihm der Zugang zur notwendigen medizinischen Behandlung nicht nur grundsätzlich, sondern auch tatsächlich angesichts deren konkreter Kosten und der Erreichbarkeit ärztlicher Hilfsorganisationen möglich wäre (VwGH 23.09.2004, 2001/21/0137 unter Hinweis auf VwGH 17.12.2003, 2000/20/0208).

Im gegenständlichen Fall brachte der Beschwerdeführer keine individuelle Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr vor und er gehört auch keiner Personengruppe mit speziellem Risikoprofil an, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substantiell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), hat doch der Beschwerdeführer se

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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