TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/5 L529 2215923-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.07.2019
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Entscheidungsdatum

05.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L529 2215923-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. M. EGGINGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Aserbaidschan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE :

I. Verfahrenshergang

I.1. Der Beschwerdeführer (BF) reiste illegal in das Bundesgebiet ein, wo er am 04.09.2018 bei Organen der LPD Wien einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Anlässlich der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF als Fluchtgrund an, dass er aus politischen Hintergründen und aufgrund der Diktatur ausgereist sei. Die Polizei suche ihn und sein Leben sei in Gefahr.

I.2. Am 15.01.2019 wurde der BF beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Er gab dabei zu seinen Ausreisegründen im Wesentlichen an, dass er gegen die Regierung gewesen sei. Die Polizei habe ihn fassen wollen, er sei aber geflüchtet. Sie hätten ihn nicht gekannt und keine Informationen gehabt. Wäre er dort geblieben hätten sie ihn gefunden. Im Rückkehrfall werde er gequält und getötet. Ein Mitglied der Mafia hätte dem BF das Auto seines Vaters gestohlen. In der Folge sei es zu einem Raufhandel mit dem Autodieb gekommen.

I.3. Der Antrag auf internationalen Schutz wurde mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 2 Z. 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

I.4. Gegen diesen Bescheid wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften in vollem Umfang angefochten.

I.5. Der Verwaltungsakt langte am 11.03.2019 bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das BVwG hat durch den Inhalt des übermittelten Verwaltungsaktes der belangten Behörde, sowie durch Einholung von Auszügen aus dem ZMR, dem GVS, dem zentralen Fremdenregister und dem Strafregister - jeweils den BF betreffend - Beweis erhoben.

II. 1. Feststellungen (Sachverhalt)

II.1.1. Zur Person des BF:

Die Identität des BF steht fest. Der BF ist aserbaidschanischer Staatsangehöriger, Aseri und Moslem. Der BF ist ledig, kinderlos und gesund. Er stammt aus Baku.

Er hat in Baku für elf Jahre die Grundschule besucht. Danach hat er ab 2013 in XXXX ein Bachelor Studium der XXXX begonnen und dieses am XXXX .2017 abgeschlossen. Während seines Studiums lebte er in XXXX . Danach kehrte er nach Baku zurück, wo er bis zur Ausreise als Kellner und Verkäufer arbeitete. In Baku leben noch seine Eltern und sein Bruder.

Seine Eltern sind geschieden und leben getrennt. Sein Vater lebt in einer Eigentumswohnung, seine Mutter und sein Bruder leben zusammen in einer Eigentumswohnung seiner Großmutter. Sein Vater ist erwerbstätig, seine Mutter ist Hausfrau. Welcher Erwerbstätigkeit der Vater des BF konkret nachgeht, war nicht feststellbar. Die finanzielle Situation seiner Familie war gut. Er steht mit seinen Familienangehörigen in Kontakt.

Der BF verließ zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen ca. Anfang Juni 2018 und Mitte August 2018 Aserbaidschan. Er hielt sich in der Folge für einen nicht näher feststellbaren Zeitraum zwischen dem Ausreisedatum und August 2018 in der Türkei auf. Dass sich der BF auch in Ungarn aufhielt, war nicht feststellbar. Der BF reiste in der Folge schlepperunterstützt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 04.09.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Er ist seither durchgehend in Österreich aufhältig. Der BF verfügte über ein von 04.06.2018 bis 13.06.2018 gültiges Schengen-Visum "C" (Tourismus) der ungarischen Botschaft in Baku.

Der BF bezog von 04.09.2018 bis 24.10.2018, sowie seit 29.10.2018 Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Der Aufenthaltsort des BF war von 24.10.2018 bis 29.10.2018 unbekannt. Er geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Der BF hat in Österreich keine Verwandten. Er ist kein Mitglied in einem Verein und geht keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Er hat bislang keinen Deutschkurs besucht, keine Deutschprüfung absolviert und spricht kaum Deutsch. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

II.1.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat, (konkret Baku), aus den von ihm angegebenen Gründen, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer glaubhaften, asylrelevanten Verfolgungsgefahr oder einer realen Gefahr für Leib und/oder Leben ausgesetzt wäre.

II.1.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Das Bundesamt stellte im Bescheid umfassende Länderfeststellungen samt aktuellen integrierten Kurzinformationen dar (Seite 26 bis 59 des angefochtenen Bescheides). Aus der dargestellten allgemeinen Lage ergibt sich kein konkretes, hier entscheidungsrelevantes Szenario, wonach Personen mit dem Persönlichkeitsprofil des BF im Falle einer Rückkehr real bzw. mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer hier maßgeblichen Gefährdung unterliegen würden.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Aserbaidschan schließt sich das erkennende Gericht den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen der belangten Behörde an und wird konkret auf die insoweit relevanten Abschnitte hingewiesen (Auszug aus den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides):

Opposition

Die Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition sind eingeschränkt. Mitglieder und Sympathisanten regierungskritischer Oppositionsparteien (insbesondere Volksfront, "Musavat", REAL, Bewegung NIDA) können im Alltag Benachteiligungen ausgesetzt sein. Diese richten sich insbesondere gegen Funktionäre bzw. politisch aktive Parteimitglieder. In politisch relevanten Fällen wird der Grundsatz der Unschuldsvermutung, den die Verfassung in Art. 63 garantiert, regelmäßig nicht beachtet; Erklärungen der Staatsanwaltschaft und des Innenministeriums enthalten oft Vorverurteilungen. Die Medien - insbesondere staatlich kontrollierte Druckpresse und Fernsehen - werden regelmäßig für Hetzkampagnen gegen regierungskritische Organisationen oder Individuen missbraucht. Die Schätzungen zu der Anzahl politischer Gefangenen in aserbaidschanischen Gefängnissen variieren. Organisationen wie Amnesty International sowie die Botschaften der EU-Staaten gehen aktuell von rund 30 Häftlingen mit eindeutig politischem Hintergrund aus. Staatliche Druckausübung auf Regierungskritiker - auch durch Einschüchterung oder Strafverfolgung ihrer Verwandten - ist nicht unüblich. Oppositionsvertreter können nicht ausschließen, wegen inszenierter Taten (untergeschobene Drogen oder Waffen, Schlägereien) festgenommen und verurteilt zu werden (AA 22.3.2017).

Das politische Umfeld in Aserbaidschan ist weder pluralistisch noch kompetitiv. Die Mechanismen für die Beteiligung der Öffentlichkeit an politischen Prozessen sind begrenzt. Die Regierungspartei, Partei Neues Aserbaidschan (YAP) dominiert die nationale Politik seit ihrer Gründung im Jahr 1995, und nominelle Oppositionsgruppen und unabhängige Abgeordnete im Parlament unterstützen die Regierung. Im Vorfeld des Verfassungsreferendums im September 2016 wurden die Einschränkungen der Versammlungs- und Versammlungsfreiheit der Oppositionsparteien verschärft. Oppositionspolitiker und Parteifunktionäre werden willkürlich wegen zweifelhafter Anschuldigungen festgenommen und sind Opfer körperlicher Gewalt und anderer Formen der Einschüchterung. Berichtet wird auch von einer weit verbreiteten, gezielten Verfolgung ihrer Angehörigen, von denen einige mit Entlassungen und Schikanen durch die Polizei konfrontiert sind (FH 2018).

Während es 50 registrierte politische Parteien gibt, dominiert die regierende Yeni Aserbaidschan-Partei das politische System. Inländische Beobachter berichten, dass die Mitgliedschaft in der Regierungspartei Vorteile mit sich bringt. Im Parlament (Milli Mejlis) sind seit 2010 keine Vertreter der wichtigsten Oppositionsparteien des Landes mehr vertreten. Mitglieder der Opposition sind häufiger als andere Bürger von behördlichen Schikanen und willkürlicher Festnahme sowie Inhaftierung betroffen. Mitglieder der NIDA-Jugendbewegung und des Jugendkomitees der Volksfront Partei (PFP) wurden verhaftet und zu administrativen Haftstrafen verurteilt, nachdem sie in Sozialen Medien die Regierung kritisiert hatten. Die Behörden versuchten auch, die Volksfront zu desavouieren, indem sie während der Verfolgung ihres stellvertretenden Parteivorsitzenden der PFP unterstellten, die dem extremen Schiismus vermeintlich zugehörige Muslimische Einheitsbewegung zu unterstützen, oder die Behörden behaupteten, die Volksfront hätte Verbindungen zur sunnitischen Gülen-Bewegung (USDOS 3.3.2017).

Derzeit gibt es zwei große registrierte Oppositionsparteien, nämlich Musavat und die Volksfront. Beide haben sich zu liberal-demokratischen Prinzipien bekannt, aber nie eine klar definierte systematische Förderung dieser Werte verfolgt. Ähnlich wie die Regierungspartei sind sie anfällig für personenbezogene Politik. Im Jahr 2014 bewirkte ein Führungswechsel bei Musavat einen parteiinternen Streit und folglich den Niedergang der Partei. Die Volkspartei wiederum wurde ihres Hauptquartiers beraubt. Darüber hinaus hat sich die Inhaftierung einer großen Zahl von Aktivisten und hochrangigen Mitgliedern im Laufe der Jahre verschärft. Der Kern der Parteimitglieder blieb bis Ende 2016 im Gefängnis. Der Eintritt westlich gebildeter Jugendlicher in das öffentliche Leben und das Aufkommen einer jungen Mittelschicht in den letzten Jahren haben jedoch den Weg für neue, westlich orientierte politische Gruppierungen geebnet. Hierzu gehören insbesondere die Republikanische Alternative (REAL) und die Bürgerbewegung NIDA. Nichtsdestotrotz haben diese Organisationen aufgrund des anhaltenden Drucks der Regierung schwere Rückschläge erlitten (BTI 2018). Trotz der widrigen Bedingungen gibt es Demonstrationen der Opposition. So haben Hunderte von Menschen an einer von der Opposition organisierten Antikorruptionskundgebung in Baku teilgenommen. Der Protest am 28. Oktober 2017 wurde vom Nationalrat der Demokratischen Kräfte Azerbaijans (NCDFA) - einer Dachorganisation aserbaidschanischer Oppositionskräfte - unter dem Motto "Nein zum Raub" organisiert. An der Kundgebung nahmen Aktivisten der Volksfront-Partei, der Demokratischen Volkspartei, der Nationalen Staatspartei, der Jugendorganisation der Musavat-Partei, der Muslimischen Union und der NIDA-Bewegung teil (RFE/RL 28.10.2017).

Die aserbaidschanische Opposition hielt Mitte März 2018 eine Protestkundgebung gegen die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen ab. Es war ein gemeinsamer Protest der wichtigsten Oppositionskräfte Aserbaidschans. Neutrale Schätzungen gingen von rund 3.500 Teilnehmern aus. Obwohl die Opposition die Erlaubnis der Stadtregierung erhielt, eine Kundgebung am Stadtrand von Baku abzuhalten, wurden die Organisatoren der Kundgebung noch am Tag vor der Veranstaltung in das Polizeipräsidium von Baku gerufen. Sie wurden vor der Verwendung von Slogans gewarnt, mit Ausnahme derjenigen, die im Schreiben an das Bürgermeisteramt angegeben waren (JAMnews 11.3.2018, vgl. CN 10.3.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (22.3.2017): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Aserbaidschan, Zugriff 12.3.2018

* BTI - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report - Azerbaijan, http://www.btiproject.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2018/pdf/BTI_2018_Azerbaijan.pdf, Zugriff 22.3.2018

* CN - Caucasian Knot (10.3.2018): Baku protesters demand free elections, http://www.eng.kavkaz-uzel.eu/articles/42590/, Zugriff 13.3.2018

* FH - Freedom House (2017): Freedom in the World 2017, B. Political Pluralism and Participation 2, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2017/azerbaijan, Zugriff 13.3.2018

* JAMnews (11.3.2018): Azerbaijani opposition calls for cancellation of snap presidential election, https://jam-news.net/?p=90623, Zugriff 13.3.2018

* RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (28.10.2017): Azerbaijani Opposition Holds Rally In Baku, https://www.rferl.org/a/azerbaijan-opposition-rallybaku/28821302.html, Zugriff 13.3.2018

* USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Azerbaijan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1394729.html, Zugriff 13.3.2018

II. 2. Beweiswürdigung

II.2.1. Zur Person des BF

Die Identität des BF stand aufgrund der Vorlage seiner aserbaidschanischen Identitätskarte im Original - die im Zuge einer Dokumentenüberprüfung durch Organe der LPD XXXX als unbedenklich qualifiziert wurde - fest.

Die sonstigen Feststellungen zur Person des BF, seiner Herkunft, sowie den familiären Verhältnissen in Aserbaidschan ergeben sich aus seinen Orts- und Sprachkenntnissen und seinen diesbezüglichen glaubhaften Angaben. Einzig die genaue Erwerbstätigkeit seines Vaters war, mangels gleichlautender Angaben des BF dazu, nicht feststellbar (AS 87 und AS 89).

Hinsichtlich der Feststellungen zu den Reisebewegungen des BF war festzuhalten, dass er hierzu auffallend widersprüchliche und teilweise nicht nachvollziehbare Angaben machte. In der Erstbefragung gab der BF an, am 02.06.2018 legal auf dem Luftweg aus Aserbaidschan ausgereist zu sein. Er sei von 02.06.2018 bis 13.06.2018 in Budapest gewesen, dann jedoch in die Türkei gereist wo er von 13.06.2018 bis 01.09.2018 aufhältig gewesen sei, ehe er schlepperunterstützt nach Österreich gereist sei (AS 7 und 9). Davon abweichend gab er bei der Einvernahme durch das BFA an, er habe sich bei der ungarischen Botschaft in Baku ein Visum beschafft und sei mit diesem in die Ukraine und dann in die Türkei gereist (AS 86). Auffallend war zudem, dass das Visum erst mit 04.06.2018 bis 13.06.2018 gültig war, neben dem Umstand, dass der BF eine Reise nach Ungarn zunächst gar nicht erwähnte, hätte eine solche jedenfalls nicht, wie in der Erstbefragung angegeben, am 02.06.2018 stattfinden können. Zudem war nicht nachvollziehbar, dass sich der BF ein Schengen-Visum beschafft um dann in die Türkei zu reisen. Diese Unplausibilität konnte der BF auch über Vorhalt in der Einvernahme nicht aufklären (AS 86 und 87). Seinen Ausreisezeitpunkt deklarierte der BF in der Einvernahme vor dem BFA, anders als in der Erstbefragung mit Mitte August, wobei er in der Folge "den gesamten August 2018" in der Türkei gewesen sei (AS 87). Dies ließ sich wiederum nicht mit der Gültigkeit seines Schengen-Visums in Einklang bringen. Über Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung änderte der BF sein Vorbringen hinsichtlich seiner Reisebewegungen erneut ab und gab an, doch für 13 Tage in Budapest gewesen zu sein, ehe er in die Türkei gereist sei (AS 90). Nach erfolgter Rückübersetzung führte der BF aus, er sei illegal von Ungarn mit dem Auto in die Türkei gereist (AS 99). Auch dies entbehrte jeglicher Nachvollziehbarkeit, zumal der BF in der Folge schlepperunterstützt zurück ins österreichische Bundesgebiet reiste und es daher nicht denklogisch erscheint, dass er nicht sogleich versuchte, von Ungarn aus nach Österreich zu gelangen, dies umso mehr, als er wie bereits erwähnt über ein gültiges Visum "C" für den Schengenraum verfügte. Dem Akteninhalt (AS 19ff) folgend wurde der BF am 04.09.2018 von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes angehalten und stellte in der Folge seinen Antrag auf internationalen Schutz. Insgesamt waren seine Reisebewegungen aufgrund dieser unplausiblen und uneinheitlichen Angaben lediglich im oben dargestellten Ausmaß feststellbar.

Die Feststellungen zu den Umständen in Österreich ergaben sich aus seinen eigenen Angaben im Verfahren. Die Feststellungen zum Leistungsbezug der Grundversorgung, sowie der strafrechtlichen Unbescholtenheit, ergaben sich aus den vom BVwG eingeholten Auszügen aus dem GVS und dem Strafregister.

II.2.2. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates

Vorweg ist anzuführen, dass die im Verfahren aufgenommenen Niederschriften mit den Aussagen des BF iSd § 15 AVG vollen Beweis über den Verlauf und Gegenstand der Amtshandlung bilden und mit diesem Inhalt als zentrales Beweismittel der Beweiswürdigung unterzogen werden können. Gerade im Asylverfahren kommt der persönlichen Aussage des Antragstellers besondere Bedeutung zu, handelt es sich doch im Wesentlichen behauptetermaßen um persönliche Erlebnisse, über die berichtet wird, die sich vielfach, insbesondere auf Grund der faktischen und rechtlichen Ermittlungsschranken der Asylinstanzen, weitgehend einer Überprüfbarkeit entziehen.

Das BFA hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage nachvollziehbar, umfangreich und fundiert zusammengefasst.

Die belangte Behörde legte im Rahmen der Beweiswürdigung im Wesentlichen dar, dass der BF keine asylrelevante Verfolgung aus Gründen der GFK vorbrachte. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich dieser Beurteilung aus folgenden Erwägungen an:

Beginnend mit der Erstbefragung gab der BF an, aufgrund politischer Hintergründe bzw. der Diktatur ausgereist zu sein. Die Polizei suche nach ihm und sein Leben sei in Gefahr (AS 11). Auch beim BFA gab der BF an, er sei gegen die Regierung "Aliev". Die Polizei habe ihn fassen wollen, aber er sei geflüchtet. Sie hätten ihn nicht gekannt und keine Informationen gehabt. Wenn er dort geblieben wäre hätten sie ihn gefunden. Im Rückkehrfall werde er gequält und getötet (AS 92). Zurecht hielt das BFA fest, dass es angesichts des Umstandes, dass es sich beim BF um einen jungen Menschen mit sehr guter Ausbildung handelt, nachvollziehbar erscheint, dass sich dieser mit der Staatsform seines Herkunftsstaates auseinandersetzt und eine oppositionelle politische Gesinnung entwickelt hat. Allerdings hielt das BFA auch zutreffend fest, dass eine bloße oppositionelle Gesinnung für sich genommen in Aserbaidschan keine ausreichende Wahrscheinlichkeit asylrelevanter Verfolgung begründet. Der BF hat im gesamten Verfahren jedoch keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung im Zusammenhang mit seiner oppositionspolitischen Gesinnung vorgebracht. Befragt nach Beanstandungen an der Regierung Alievs, äußerte der BF bloß pauschal, dass die Regierung bzw. die Polizei gewalttätig sei, Personen auf der Straße einfach geschlagen werden dürften und ihm das gesamte "System Aliev" nicht gefalle (AS 93). Mit diesem äußerst vagen Vorbringen legte der BF aber nicht dar, inwieweit gerade er Ziel asylrelevanter Verfolgung durch die Regierung Aliev bzw. durch die Polizei gewesen sei. Vielmehr betonte der BF in seiner Einvernahme dreimal, dass er niemals Mitglied einer politischen Partei gewesen sei (AS 93, AS 94 und AS 96), er habe zudem nie an Demonstrationen teilgenommen (AS 94 und AS 96) und es würden keine aktuellen Fahndungsmaßnahmen - wie Haftbefehle oder Strafanzeigen - gegen ihn bestehen (AS 96). Beim BF handelt es sich dementsprechend nicht um eine politisch exponierte Person, weshalb dessen Verfolgung aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung nicht nachvollziehbar und sein diesbezügliches Vorbringen, wonach er gequält und getötet werde, damit nicht glaubhaft war.

Als einzig konkreten Vorfall im Zusammenhang mit aserbaidschanischen Staatsorganen gab der BF - erst über direktes Befragen nach konkreten Vorkommnissen - an, dass er sich während seiner Jugend im Alter von 16 Jahren in eine Auseinandersetzung zwischen einem Polizisten und einem Jungen, der diesen scherzeshalber belästigt habe und vom Polizisten daraufhin in die Luft "genommen" worden sei, einmischte, da er den Jungen verteidigen habe wollen. Der BF sei aufgefordert worden die Polizei aufzusuchen, wo er eine Aussage unterschreiben habe müssen. Der BF sei jedoch problemlos freigelassen worden (AS 93). Der BF gab an, dass es ansonsten keine derartigen oder sonstigen Probleme mit der aserbaidschanischen Polizei oder der Regierung gegeben habe (AS 94 und AS 96). Völlig zurecht kam das BFA angesichts dieses Vorbringens zum Schluss, dass dieser Vorfall in keinem zeitlichen Kausalzusammenhang mit der Ausreise des BF im Jahr 2018 stand (s. dazu unter rechtliche Beurteilung), sowie, dass es sich auch bei diesem Vorfall - mangels ausreichend intensivem Eingriff und mangels Bezug zu einem der in der GFK genannten Gründe (s. auch dazu unter rechtliche Beurteilung) - nicht um eine asylrelevante Verfolgungshandlung seitens der aserbaidschanischen Staatsorgane handelte.

Schließlich brachte der BF erstmals in der Einvernahme vor dem BFA und auch erst über zweimaliges Befragen nach weiteren Ausreisegründen vor, dass es in Aserbaidschan eine Mafia gäbe, die mit der Polizei zusammenarbeite und nicht bestraft würde, wobei er diese Mafia zunächst nicht mit seiner Person in Verbindung brachte (AS 92). Erst über Hinweis in der Einvernahme darüber, dass es um persönliche Ausreisegründe gehe und ob er von dieser Mafia bedroht worden sei, gab der BF an, dass er ungeschützt sei und dass ihm einmal das Auto seines Vaters gestohlen worden sei. Als er nach dem Auto gesucht und dieses gefunden habe sei es zu einem Raufhandel zwischen dem BF und dem Autodieb gekommen, welcher Mitglied der genannten Mafia gewesen sei (AS 92f und AS 99). Befragt nach dem Grund für den Diebstahl gab der BF an, dass ihm das Auto willkürlich gestohlen worden sei, sowie, dass nur junge Menschen so behandelt würden (AS 93). Es ermangelte diesem Vorbringen neben einer ausreichenden Intensität neuerlich einem erforderlichen Bezug zu einem Konventionsgrund, weshalb es dem BF auch mit diesem - überdies auffallend vage gehaltenen - Vorbringen neuerlich nicht gelang, asylrelevante Verfolgungshandlungen gegen ihn glaubhaft zu machen.

Zutreffenderweise ging das BFA zudem davon aus, dass der Umstand, dass sich der BF vor seiner Ausreise aus Aserbaidschan problemlos ein ungarisches Touristenvisum bei der Botschaft in Baku ausstellen ließ und er Aserbaidschan in der Folge legal verlassen konnte, sowie, dass er es in mehreren Staaten - durch die er Reisen hat müssen - unterlassen hat, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, gegen die Glaubhaftigkeit wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung spricht.

In der Beschwerde wurde kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt glaubwürdig vorgebracht. Darin wurde bloß völlig unsubstantiiert erstmals auf angebliche regierungskritische Äußerungen des BF in sozialen Netzwerken verwiesen, ohne konkret anzugeben, welchen Inhalts diese gewesen seien. Zudem habe der Vater des BF dem BF mitgeteilt, dass zwischenzeitlich die Polizei bei seiner Familie gewesen sei und nach dem BF gefragt hätte. Es wurden in diesem Zusammenhang weder Beweismittel vorgelegt, noch wohnte diesem neuen Vorbringen eine ausreichende Konkretisierung inne, weshalb das bisherige Vorbringen des BF bloß völlig unsubstantiiert erweitert wurde. Ein substantiiertes Bestreiten des behördlich festgestellten Sachverhaltes konnte darin jedenfalls nicht erblickt werden.

Entgegen der Darstellung des BF in der Beschwerde, ist das BFA im gegenständlichen Verfahren seiner amtswegigen Ermittlungspflicht ausreichend nachgekommen. Dem BF wurde mehrmals die Möglichkeit eingeräumt, seine Angaben zu ergänzen und wurde er zu sämtlichen Fluchtgründen ausreichend befragt (AS 92: "LA: Haben Sie weitere Ausreisegründe", "LA: Sind das alle Fluchtgründe", AS 94: "LA: Haben Sie alles schildern können", AS 96: "LA: Wurde heute alles angesprochen oder möchten Sie noch etwas zu Ihrem Vorbringen angeben?", "LA: Waren Ihre Angaben vollständig?").

Die Folgerungen des BFA, wonach der BF keine asylrelevante Verfolgung seiner Person vorbrachte und die wohlbegründete Furcht vor einer solchen nicht glaubhaft ist, sind in einer Gesamtbetrachtung nach Ansicht des BVwG zutreffend und schlüssig. Das BVwG schließt sich daher den Feststellungen zum Sachverhalt und der dazu führenden Beweiswürdigung an. Im Übrigen werden weder der vom BFA festgestellte Sachverhalt noch die Beweiswürdigung des BFA in der Beschwerde substantiiert bekämpft, wie die obenstehenden Ausführungen zeigen, weshalb das BVwG nicht veranlasst war, das Ermittlungsverfahren zu wiederholen bzw. zu ergänzen (vgl. z. B. VwGH 20.1.1993, 92/01/0950; 14.12.1995, 95/19/1046; 30.1.2000, 2000/20/0356; 23.11.2006, 2005/20/0551 ua.).

II.2.3. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat:

Die vom BFA im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, die einer Analyse der Staatendokumentation entstammen. Der BF ist diesen - trotz eingeräumter Möglichkeit (AS 97) - im Verfahren weder vor dem BFA noch in der Beschwerde entgegengetreten. Dem Vorbringen in der Beschwerde, wonach nähere Feststellungen zur Gefahr von "Verfassern von regierungskritischen Texten in sozialen Medien" fehlen würden und deren Situation mit jener von Journalisten vergleichbar sei, wurden weder durch konkrete Berichte untermauert, noch wurde aufgezeigt, inwieweit dies mit der Person des BF in Zusammenhang steht. Die bloß pauschale Angabe in der Beschwerde, der BF habe derartige Postings getätigt, reicht dafür nicht, zumal er dies in keiner seiner Befragungen angab. Insgesamt wurde den von der belangten Behörde herangezogenen Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.

Aus der Berichtslage des BFA lässt sich, vor allem unter zentraler Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse, nicht die Prognose stellen, dass der BF, welcher im Herkunftsstaat noch über Familienmitglieder verfügt, im Falle einer Rückkehr eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohende asylrelevante Verfolgungsgefahr oder eine über die bloße Möglichkeit hinausgehende reale Gefährdung der hier maßgeblichen Rechtsgüter zu gegenwärtigen hätte.

II.3. Rechtliche Beurteilung

II.3.1. Zu Spruchpunkt I.

Nichtzuerkennung des Status als Asylberechtigter

II.3.1.1. § 3 AsylG

(1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (§ 6) gesetzt hat.

(4) Einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, kommt eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird. Bis zur rechtskräftigen Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die Aufenthaltsberechtigung weiter. Mit Rechtskraft der Aberkennung des Status des Asylberechtigten erlischt die Aufenthaltsberechtigung.

(4a) Im Rahmen der Staatendokumentation (§ 5 BFA-G) hat das Bundesamt zumindest einmal im Kalenderjahr eine Analyse zu erstellen, inwieweit es in jenen Herkunftsstaaten, denen im Hinblick auf die Anzahl der in den letzten fünf Kalenderjahren erfolgten Zuerkennungen des Status des Asylberechtigten eine besondere Bedeutung zukommt, zu einer wesentlichen, dauerhaften Veränderung der spezifischen, insbesondere politischen, Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind, gekommen ist.

(4b) In einem Familienverfahren gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 gilt Abs. 4 mit der Maßgabe, dass sich die Gültigkeitsdauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsberechtigung des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, richtet.

(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II.3.1.2. Flüchtling im Sinne von Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist eine Person, die aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder die sich als Staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern, ob eine vernunftbegabte Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen aus Konventionsgründen wohlbegründete Furcht erleiden würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380). Dies trifft auch nur dann zu, wenn die Verfolgung von der Staatsgewalt im gesamten Staatsgebiet ausgeht oder wenn die Verfolgung zwar nur von einem Teil der Bevölkerung ausgeübt, aber durch die Behörden und Regierung gebilligt wird, oder wenn die Behörde oder Regierung außerstande ist, die Verfolgten zu schützen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0555 ua.).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 11 AsylG 2005 ist eine Verfolgung jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie. Demnach sind darunter jene Handlungen zu verstehen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (Recht auf Leben, Verbot der Folter, Verbot der Sklaverei oder Leibeigenschaft, Keine Strafe ohne Gesetz) oder die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon - wie in ähnlicher beschriebenen Weise - betroffen ist.

Nach der auch hier anzuwendenden Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verfolgung weiters ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

Verfolgung kann nur von einem Verfolger ausgehen. Verfolger können gemäß Art 6 Statusrichtlinie der Staat, den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebiets beherrschende Parteien oder Organisationen oder andere Akteure sein, wenn der Staat oder die das Staatsgebiet beherrschenden Parteien oder Organisationen nicht in der Lage oder nicht Willens sind, Schutz vor Verfolgung zu gewähren.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müssen konkrete, den Asylwerber selbst betreffende Umstände behauptet und bescheinigt werden, aus denen die von der zitierten Konventionsbestimmung geforderte Furcht rechtlich ableitbar ist (vgl zB vom 8. 11. 1989, 89/01/0287 bis 0291 und vom 19. 9 1990, 90/01/0113). Der Hinweis eines Asylwerbers auf einen allgemeinen Bericht genügt dafür ebenso wenig, wie der Hinweis auf die allgemeine Lage, zB. einer Volksgruppe, in seinem Herkunftsstaat (vgl VwGH 29. 11. 1989, 89/01/0362; 5. 12. 1990, 90/01/0202; 5. 6. 1991, 90/01/0198; 19. 9 1990, 90/01/0113).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

II.3.1.3. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Der Antrag war nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen.

Nach Ansicht des BVwG sind die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status als Asylberechtigter, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK angeführten Grund nicht gegeben.

Mit der belangten Behörde ist festzustellen, dass die Fluchtgründe des BF, wonach er aufgrund seiner oppositionellen Gesinnung von der aserbaidschanischen Regierung bzw. Polizei verfolgt werde bzw. er Probleme mit der aserbaidschanischen Mafia habe, aus oben ausführlich dargestellten Erwägungen nicht jene Intensität erreichten, um von einer realen Gefahr asylrelevanter Verfolgung auszugehen. Seinem Vorbringen ermangelte es zudem jeweils am erforderlichen Zusammenhang zu einem in der GFK genannten Gründe.

Soweit sich sein Vorbringen zudem auf jenen angeblichen Zwischenfall mit der Polizei bezog, bei dem der BF im Alter von 16 Jahren zur Polizeistation kommen habe müssen ist zudem darauf hinzuweisen, dass nach der hg. Rechtsprechung die Voraussetzung "wohlbegründeter Furcht" (vor asylrelevanter Verfolgung) in der Regel nur erfüllt sein wird, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht (vgl. VwGH 30.08.2007, ZI. 2006/19/0400; ZI. 19.10.2000, 98/20/0430; 8.6.2000, ZI. 99/20/0597). Umstände, die sich schon längere Zeit vor der Ausreise ereignet haben, können dann immer noch über den erforderlichen zeitlichen Zusammenhang zwischen den behaupteten Misshandlungen und dem Verlassen des Landes aufweisen, wenn sich der Beschwerdeführer während seines bis zur Ausreise noch andauernden Aufenthaltes im Lande verstecken oder sonst durch Verschleierung seiner Identität (etwa durch Verwendung von gefälschten Dokumenten) der Verfolgung einstweilen entziehen konnte. Ab welcher Dauer eines derartigen Aufenthaltes Zweifel am Vorliegen einer wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung begründet erscheinen mögen, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. VwGH 7.11.1995, ZI. 94/20/0793; 17.3.2009, ZI. 2007/19/0459). Dass sich der BF im Herkunftsstaat versteckt hielt oder seine Identität verschleiert hätte, wurde nicht vorgebracht, weshalb es dem entsprechendem Ereignis jedenfalls am, für die Annahme wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung erforderlichen, zeitlichen Konnex mit der Ausreise im Jahr 2018 mangelte.

Es ist auch zu beachten, dass das Vorbringen des Asylwerbers, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen muss. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genügen (vgl. VwGH 15.3.2016, Ra 2015/01/0069). Soweit der BF sein oppositionspolitisches Engagement vorbrachte, reichen die von ihm hierfür angeführten Handlungen nicht aus, um tatsächlich von einer regimekritischen Tätigkeit des BF auszugehen. Dass der BF als junger, gebildeter Mann der Regierung in Aserbaidschan kritisch gegenübersteht, ist nachvollziehbar, eigenen Angaben zufolge war er jedoch nicht einmal einfaches Mitglied einer oppositionellen Partei und hat an keinen Demonstrationen teilgenommen. Es ist dem BF daher nicht gelungen eine regimekritische Tätigkeit darzutun, aufgrund derer eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung auf Grund dieser Handlungen anzunehmen ist.

Den Länderberichten im gg. Erkenntnis war zu entnehmen, dass Mitglieder und Sympathisanten regierungskritischer Oppositionsparteien im Alltag Benachteiligungen ausgesetzt sein können, sich diese aber vornehmlich gegen Funktionäre bzw. politisch aktive Parteimitglieder richten, zu denen der BF nicht zählt. Außerdem ergaben sich keine Hinweise darauf, dass einfache Mitglieder der Oppositionsparteien - und umso weniger bloße Sympathisanten - bloß aufgrund deren oppositioneller Gesinnung asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt wären. Vielmehr hat, den og. Länderberichten folgend, der Eintritt westlich gebildeter Jugendlicher in das öffentliche Leben und das Aufkommen einer jungen Mittelschicht in den letzten Jahren, den Weg für neue, westlich orientierte politische Gruppierungen geebnet.

Auch im Übrigen ist die allgemeine Lage im gesamten Herkunftsstaat nicht dergestalt, dass sich konkret für den BF eine begründete Furcht vor einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgung ergeben würde.

Es war unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände daher zu Recht kein Status eines Asylberechtigten zu gewähren, die Entscheidung des BFA im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde somit hinsichtlich Spruchpunkt I. abzuweisen.

II.3.2. Zu Spruchpunkt II.

Nichtzuerkennung des Status als subsidiär Schutzberechtigter

II.3.2.1. § 8 AsylG

(1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK [Recht auf Leben], Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offensteht. [...]

II.3.2.2. Mit dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005, wollte der Gesetzgeber - wie in den Erläuterungen (RV 952 BlgNR 22. GP, 5) ausdrücklich angeführt wird - die Statusrichtlinie (Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004), insbesondere mit dem neu geregelten "Antrag auf internationalen Schutz", deren gemeinschaftsrechtliche Vorgaben (vgl. RV 952 BlgNR 22. GP, 30f) umsetzen (vgl. VwGH 19.2.2009, 2008/01/0344).

Aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten unter anderem dann zuzuerkennen ist, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Heimatstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK" bedeuten würde, ist dagegen (im Sinne der bisherigen Non-refoulement-Prüfung) ableitbar, dass für die Gewährung des subsidiären Schutzstatus bereits jegliche reale Gefahr (real risk) einer Verletzung von Art. 3 EMRK an sich, unabhängig von einer Verursachung von Akteuren oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat ausreicht.

Insofern hat der Gesetzgeber die unionsrechtlichen Vorgaben der Statusrichtlinie zur Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne der dargelegten Auslegung der Bestimmung des Art. 15 lit. b der Statusrichtlinie iVm Art. 3 Statusrichtlinie entgegen der oben angeführten Rechtsprechung des EuGH und somit fehlerhaft umgesetzt.

Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Art. 4 Abs. 3 EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit, das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden (vgl. etwa VwGH 22.6.2015, 2015/04/0002, mwN).

Es ist dem nationalen Gesetzgeber - auch unter Berufung auf Art. 3 der Statusrichtlinie - verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuerkennen.

Der Umstand, dass ein Drittstaatsangehöriger nach Art. 3 EMRK nicht abgeschoben werden kann, bedeutet nicht, dass ihm subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.

Es widerspricht der Statusrichtlinie und es ist unionsrechtlich unzulässig, den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck dieses internationalen Schutzes aufweisen, etwa aus familiären oder humanitären Ermessensgründen, die insbesondere auf Art. 3 EMRK gestützt sind.

Nach der Rechtsprechung des EuGH sind nach der Statusrichtlinie vom subsidiären Schutz nur Fälle realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs iSd Art. 6 Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden iSd Art. 15 Statusrichtlinie zu erleiden (Art. 15 lit. a und b), sowie Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (lit. c) umfasst. Nicht umfasst ist dagegen die reale Gefahr jeglicher etwa auf allgemeine Unzulänglichkeiten im Heimatland zurückzuführender Verletzung von Art. 3 EMRK (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Als ernsthafter Schaden gilt nach Art. 15 der Statusrichtlinie:

a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder

b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder

c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

II.3.2.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies:

Subsidiärer Schutz (nach Art. 15 lit. a und b der Statusrichtlinie) verlangt, dass der ernsthafte Schaden durch das Verhalten von Dritten (Akteuren) verursacht werden muss und dieser nicht bloß Folge allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland ist.

Der BF ist nicht durch die Todesstrafe bedroht.

Dass der BF im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Im gegenständlichen Fall ist es dem BF nicht gelungen, die vorgebrachte individuelle Bedrohung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen bzw. hat er eine solche gar nicht vorgebracht und er gehört auch keiner Personengruppe mit speziellem Risikoprofil an, weshalb sich daraus auch kein zu berücksichtigender Sachverhalt ergibt, der gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zur Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung in den Herkunftsstaat führen könnte.

Der BF stammt aus Baku. Hinsichtlich des Herkunftsortes ergeben sich mit Blick auf die individuelle Situation des BF aus den der Entscheidung zugrundeliegenden länderkundlichen Informationen keinerlei Hinweise darauf, dass dort ein bewaffneter Konflikt iSd Art. 15 lit. c der Statusrichtlinie besteht. Es erscheint daher eine Rückkehr des BF nach Aserbaidschan nicht grundsätzlich ausgeschlossen und aufgrund der individuellen Situation des BF insgesamt auch zumutbar. Es war ihm schon vor seiner Ausreise möglich, in Baku zu leben, dort seine schulische Laufbahn zu absolvieren und in der Folge sogar möglich, in der Ukraine sein Studium zu absolvieren, um danach neuerlich in Baku einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der BF ist ein arbeitsfähiger Mann mit sehr guter Schul- und Universitätsbildung und Berufserfahrung, bei dem die Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Seinem Vorbringen vor dem BFA ist keine gravierende Einschränkung seiner Bewegungsfreiheit aus Sicherheitsgründen zu entnehmen.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der Beschwerdeführer somit nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden.

Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

II.3.3. Zu den Spruchpunkten III. bis VI.

II.3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Ob eine Rückkehrentscheidung letztlich zulässig ist, bedarf gemäß § 58 Abs. 1 AsylG einer amtswegigen Prüfung, ob nicht die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG vorliegen:

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Es liegen keine Umstände vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts dargetan.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der BF ist Staatsangehöriger Aserbaidschans und somit kein begünstigter Drittstaatsangehöriger. Es kommt ihm auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Daher war gegenständlich gemäß § 52 Abs. 2 FPG grundsätzlich eine Rückkehrentscheidung vorgesehen.

II.3.3.2. Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung jedoch nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens käme.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Unter der Schwelle des § 50 FPG kommt den Verhältnissen im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens Bedeutung zu, sodass etwa "Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder bei Sozialleistungen" in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen sind (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 unter Hinweis auf VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Bei der Interessenabwägung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101) auch ein Vorbringen zu berücksichtigen, es werde eine durch die Rückkehr in den Heimatstaat wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Fremden, insbesondere die deutliche Verschlimmerung psychischer Probleme, eintreten (vgl. VwGH 11.10.2005, 2002/21/0132; 28.03.2006, 2004/21/0191; zur gebotenen Bedachtnahme auf die durch eine Trennung von Familienangehörigen bewirkten gesundheitlichen Folgen VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093). Bei dieser Interessenabwägung ist unter dem Gesichtspunkt des § 9 Abs. 2 Z 5 BFA-VG 2014 (Bindungen zum Heimatstaat) auch auf die Frage der Möglichkeiten zur Schaffung einer Existenzgrundlage bei einer Rückkehr dorthin Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 31.01.2013, 2012/23/0006).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der BF ist nicht verheiratet und führt keine Lebensgemeinschaft in Österreich. Er verfügt hierorts auch über keine Familienangehörigen. Ein schützenswertes Familienleben des BF im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt daher nicht vor.

II.3.3.3. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls noch in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).

Bei der nach Art. 8 MRK gebotenen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass das persönliche Interesse eines Fremden an einem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts zunimmt. Die Aufenthaltsdauer ist allerdings nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren (VwGH 09.09.2010, 2008/22/0403 mit Hinweis auf das E vom 3. April 2009, 2008/22/0592).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist (vgl. VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).

In seinem Erkenntnis vom 24.01.2019, Ra 2018/21/0191 hat der VwGH festgehalten, dass bei einem Inlandsaufenthalt von eineinhalb Jahren keine Rede von einer ins Gewicht fallenden Aufenthaltsdauer iSd § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG 2014 sein kann. Daher kann ein mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung verbundener Eingriff in das Privatleben nur unter außergewöhnlichen Umständen die Unzulässigkeit dieser Maßnahme bewirken (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0143 bis 0147). Das muss umso mehr für einen erst rund ein Jahr dauernden Aufenthalt gelten, zumal auch bei dem Fremden nur ein Eingriff in das Privatleben und nicht auch in ein Familienleben zur Debatte steht.

Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 EMRK, S 857 mwN).

Ein besonders berücksichtigungswürdiges Privatleben infolge einer fortgeschrittenen Integration des BF im Bundesgebiet war nicht erkennbar. Der BF ist frühestens seit August 2018, sohin seit weniger als einem Jahr, im Bundesgebiet aufhältig, wobei es, in Anbetracht der zitierten hg. Judikatur, zu bedenken galt, dass im Fall des BF lediglich ein Eingriff in das Privatleben und nicht auch in ein Familienleben zur Debatte stand. Der sehr kurze Aufenthalt d

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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