TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/8 L516 2119586-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2019
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Entscheidungsdatum

08.07.2019

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

L516 2119586-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung Gmbh - ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.12.2015, 13 - 560424707-1867339-BMI-BFA_STM_RD, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs 1, § 8 Abs 1, § 57, § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs 2 Z 2 und Abs 9 sowie § 46 und § 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Satz von Spruchpunkt III des bekämpften Bescheides zu lauten hat: "Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird Ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt."

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 21.07.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 22.12.2015 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag (I.) gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 (AsylG) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und (II.) gemäß § 8 Abs 1 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab. Das BFA erteilte unter einem (III.) keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß "§§ 57 und 55 AsylG", erließ gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei und sprach aus, dass gemäß § 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 11.01.2016.

Verfahrensablauf

Der Beschwerdeführer stellte am 21.07.2011 den Antrag auf internationalen Schutz. Die Erstbefragung nach dem AsylG dazu fand am selben Tag statt, eine Einvernahme durch das Bundesasylamt am 19.10.2011.

Mit einem ersten Bescheid des Bundeasylamtes vom 21.10.2011 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz abgewiesen und der Beschwerdeführer wurde nach Pakistan ausgewiesen. Nach einer ersten Beschwerde gegen jenen Bescheid vom 21.10.2011 wurde das Beschwerdeverfahren vom Asylgerichtshof am 08.08.2012 eingestellt, da der Aufenthaltsort des Beschwerdeführers nicht bekannt und nicht leicht feststellbar war. Am 07.07.2014 setzte das Bundesverwaltungsgericht jenes Beschwerdeverfahren fort, nachdem der Beschwerdeführer um die Fortsetzung ersuchte.

Das Bundesverwaltungsgericht behob mit Beschluss vom 28.08.2014 den Bescheid des Bundesasylamtes vom 21.10.2011 und verwies die Angelegenheit gemäß §28 Abs 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.

Anschließend richtete das BFA am 24.09.2015 eine Anfrage an die Staatendokumentation. Die Anfragebeantwortung wurde dem Beschwerdeführer vom BFA am 17.11.2015 zur Wahrung des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer gab dazu keine Stellungnahme ab.

Am 28.12.2015 wurde der gegenständlich angefochtene Bescheid vom 22.12.2015 dem Beschwerdeführer zugestellt. Gleichzeitig stellte das BFA dem Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren eine juristische Person als Rechtsberater zur Seite (§ 52 Abs 1 BFA-VG).

Am 11.01.2016 erhob der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des BFA Beschwerde.

Mit Eingaben vom 31.12.2017, 08.03.2018, 24.09.2018, 09.10.2018, 21.01.2019, 06.03.2019 und 09.03.2019 wurden Bescheinigungsmittel zu den vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten Integrationsschritten vorgelegt.

Am 12.03.2019 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Sache des Beschwerdeführers eine öffentliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer teilnahm; die belangte Behörde erschien nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhaltsfeststellungen:

1.1 Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen und sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan und gehört der Volksgruppe Mahar sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Er ist gegenwärtig gesund, unverheiratet und kinderlos. Seine Identität steht nicht fest.

1.2 Der Beschwerdeführer wurde in Lahore geboren und wuchs bei seinen Eltern im Dorf XXXX in der Nähe von Sialkot in der Provinz Punjab auf. Er besuchte zwölf Jahre die Grundschule und anschließend in Lahore von 2008 bis 2010 einen Architekturkurs. Der Beschwerdeführer verließ seine Heimat erstmals im Oktober/November 2010 und reiste im Juli 2011 in Österreich ein, wo er am 21.07.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Während des laufenden Asylverfahrens reiste er aus Österreich aus; er stellte zunächst am 18.09.2012 in Spanien einen weiteren Asylantrag und reiste noch im Jahr 2012 weiter nach Pakistan zurück, wo er sich dann wieder bei seinen Eltern im Heimatort aufhielt, ehe er ungefähr im Mai 2014 von dort wieder aus Pakistan ausreiste und Ende Mai 2014 neuerlich in Österreich einreiste. Seit Ende Mai 2014 hält er sich ununterbrochen in Österreich auf.

1.3 Der Beschwerdeführer hält sich seit Ende Mai 2014 ununterbrochen in Österreich auf. Er bezog von Juli 2011 bis Juni 2012, von Juni 2014 bis Februar 2015 sowie von März 2017 bis April 2017 Leistungen aus der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (GVS); seit Mai 2017 bezieht er keine GVS-Leistungen. Er ist seit Oktober 2017 durchgehend erlaubt unselbstständig erwerbstätig und arbeitet seither in einem österreichischen Restaurantbetrieb als Küchenhilfe, eine Stelle, die er durch seine Eigeninitiative erhielt. Sein Arbeitgeber ist mit der Arbeitsleistung des Beschwerdeführers sehr zufrieden und betont auch dessen Höflichkeit, Pünktlichkeit und Hilfsbereitschaft. Sein Gehalt beträgt bei 35 Wochenstunden rund 1.314,-- EUR brutto/Monat. Der Beschwerdeführer hat in Österreich auch Freundschaften geschlossen, ist Mitglied in einem Fitnessclub und verfügt über eine eigene Mietwohnung. Er hat in Österreich keine Verwandten, keine Familienangehörige und lebt auch in keiner aufrechten Beziehung mit einer in Österreich aufenthaltsberechtigten Person.

Der Beschwerdeführer hat am 31.08.2017 die Sprachprüfung "ÖIF-Test Niveaustufe A2" absolviert und am 02.02.2019 hat er zudem die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Niveau B1 und zu Werte- und Orientierungswissen bestanden.

1.4. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich drei Mal strafrechtlich verurteilt:

Er wurde mit seit XXXX rechtskräftigem Urteil eines österreichischen Landesgerichtes vom XXXX gem § 28a (1) 5. Fall SMG, §§ 28a (1) 2. Fall, §18a (4) Z 3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt. Er befand sich ab XXXX in Haft und wurde am XXXX bedingt bei einer Probezeit von 3 Jahren und unter Anordnung der Bewährungshilfe aus der Freiheitsstrafe entlassen.

Jenem Urteil lag der Sachverhalt zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom Sommer XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer zweiten Person zumindest 200 Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgehalt von 16 %, somit 32 Gramm Delta-9-THC) gewinnbringend an zahlreiche Abnehmer veräußerte sowie in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge einführte, indem er im Zeitraum von XXXX im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einer weiteren Person im Zuge von vier Beschaffungsfahrten zumindest 20.000 Gramm Cannabiskraut (Reinheitsgebot zumindest 10 %, somit 2.000 Gramm Delta-9-THC) von Tschechien nach XXXX brachte.

Vom Oberlandesgericht XXXX wurde im Rechtsmittelverfahren als erschwerend berücksichtigt, das Zusammentreffen von zwei Verbrechen; die Tatausführung in Gesellschaft und die Vielzahl der Angriffe (30-40) innerhalb eines siebenmonatigen Deliktszeitraumes; das mehrfache Übersteigen der Übermenge; als mildernd wurde berücksichtigt, die bisherige Unbescholtenheit; der auffallende Widerspruch zwischen dem bisherigen Verhalten und den Taten; das umfassende Geständnis; die für die letzten beiden Suchtgifttransporte als erwiesen anzusehende Einwirkung des Zweitangeklagten. Das Oberlandesgericht setzte die ursprünglich verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren auf drei Jahre herab, schied jedoch mit Blick auf das außergewöhnlich große Quantum des nach Österreich importierten Suchtgifts die bedingte Nachsicht eines Teils der Freiheitsstrafe aus generalpräventiven Gesichtspunkten aus.

Mit seit XXXX rechtskräftigem Urteil eines österreichischen Bezirksgerichtes vom XXXX wurde er gemäß § 15 § 127 StGB ohne Verhängung einer Zusatzstrafe verurteilt.

Mit seit XXXX rechtskräftigem Urteil eines österreichischen Bezirksgerichtes vom XXXX wurde er gemäß § 15 § 149 (1) StGB, § 223 (2) StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten bedingt bei einer Probezeit von 3 Jahren verurteilt.

Im Rahmen der gerichtlich angeordneten Bewährungshilfe zeigt sich der Beschwerdeführer höchst kooperativ, verlässlich, reflektiert und verantwortungsbewusst. Zusätzlich absolvierte er bei der Gesellschaft zur seelischen Gesundheit freiwillig eine Therapie, die positiv abgeschlossen wurde.

1.5 Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung von erheblicher Intensität ausgesetzt wäre.

1.6 Zur Lage in Pakistan

Sicherheitslage - Punjab und Islamabad

Im Punjab gibt es im Landesvergleich weniger Fälle von organisierten, bewaffneten gewalttätigen Übergriffen aber eine große Zahl von Protesten. In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan, Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017). Die Bevölkerung der Provinz beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen (PBS 2017a). Provinzhauptstadt ist Lahore, nach Karatschi die zweitgrößte Stadt Pakistans (EASO 7.2016) mit 11,1 Millionen Einwohnern (PBS 2017a). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ist ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017a).

Für das erste Quartal 2018 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwölf Toten und 23 Verletzten (Aggregat aus: PIPS 6.4.2018; PIPS 6.3.2018; PIPS 5.2.2018). Sämtliche Todesopfer stammen aus einem Selbstmordattentat vom 14.3. auf einen Polizeiposten vor einer religiösen Versammlung in Lahore. Die Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP) haben sich zu dem Anschlag bekannt (Reuters 14.3.2018; vgl. PIPS 6.4.2018).

Justizwesen

Die Justiz verteidigt ihre nach Ende der Militärherrschaft zurückgewonnene Unabhängigkeit erfolgreich und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken. Erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen allerdings fort (AA 08/2018). Das Gesetz garantiert die Unabhängigkeit der Justiz, doch laut NGOs und Rechtsexperten ist die Justiz in der Praxis oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen durch extremistische Elemente bei Fällen von Terrorismus, Blasphemie oder öffentlichkeitswirksamen politischen Fällen beeinträchtigt. Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und anfällig für den Druck von wohlhabenden Personen und einflussreichen religiösen und politischen Akteuren. Es gibt Beispiele, wo Zeugen, Staatsanwälte oder ermittelnde Polizisten in High Profile Fällen von unbekannten Personen bedroht oder getötet wurden. Die oberen Gerichte und der Supreme Court werden allerdings von den Medien und der Öffentlichkeit als glaubwürdig eingestuft (USDOS 20.4.2018). Im Zivil-, Kriminal- und Familienrecht gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und der Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann ein Anwalt auf öffentliche Kosten zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 20.4.2018).

Polizei

In der Öffentlichkeit ist die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei wenig angesehen. So sind u. a. die Fähigkeiten und der Wille der Polizei im Bereich der Ermittlung und Beweiserhebung gering. Staatsanwaltschaft und Polizei gelingt es häufig nicht, belastende Beweise in gerichtsverwertbarer Form vorzulegen. Zum geringen Ansehen der Polizei tragen die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei wie unrechtmäßige Übergriffe und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam Genommenen. Illegaler Polizeigewahrsam und Misshandlungen gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die festgehaltene Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen, oder um ein Geständnis zu erpressen. Die Polizeikräfte sind oft in lokale Machtstrukturen eingebunden und dann nicht in der Lage, unparteiliche Untersuchungen durchzuführen. So werden häufig Strafanzeigen gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt. Die öffentliche Aufmerksamkeit gegenüber solchen Fällen stieg 2017. Dies führte auch zu Verfahren gegen Angehörige der Sicherheitskräfte in einigen prominenten Fällen. Ein Beispiel ist der v.a. in den sozialen Medien heiß diskutierte Fall des von Polizisten im Januar 2018 in Karachi getötenen Naqibullah Mehsud, in dem nun Verfahren gegen die beteiligten Polizisten eröffnet wurden (AA 08/2018).

Grundversorgung und Wirtschaft

Pakistan verfügt über ein hohes Potenzial für wirtschaftliches Wachstum, bedingt durch seine günstige geographische Lage mit Brückenfunktion zwischen Zentral- und Südasien sowie zwischen China und dem Arabischen Meer, seinen Ressourcenreichtum, niedrige Lohnkosten, eine junge, wachsende Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht. Dieses Potenzial wird jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten die teils fragile Sicherheitslage, Korruption und die unzureichende Energieversorgung (AA 10.2017c). Trotz vieler Schwierigkeiten bleibt Pakistan angesichts des erklärtermaßen großen Interesses der Regierung an einer Ausweitung der außenwirtschaftlichen Beziehungen in den Bereichen Investitionen und Handel, des hohen Investitionsbedarfs in vielen Bereichen, insbesondere Energie (inkl. Erneuerbare Energien), Landwirtschaft, Infrastruktur und Hochtechnologie, sowie im Hinblick auf die Kaufkraft einer wachsenden Mittelschicht ein interessanter Markt für ausländische Firmen (AA 10.2017c).

Unterstützt werden Arbeitssuchende vom Tameer-e-Pakistan Programm, einer Armutsbekämpfungsmaßnahme zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Einkommensquellen für Armutsbevölkerung zu schaffen; unter anderem durch Unterstützung arbeitsintensiver Klein- und Mittelbetriebe (IOM 2017).

Wohlfahrts-NGOs

Private Einrichtungen wie die Edhi Foundation spielen eine wichtige Rolle in der sozialen Versorgung (BAA 6.2013). Die Edhi Foundation ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie ist unter anderem der größte Rettungsdienstleister in Pakistan und bietet eine breite Palette an Sozialprojekten für Arme und Benachteiligte an (Gov Pak. 16.10.2015), darunter Gewährung von Unterkunft für Waisen und Behinderte, eine kostenlose Versorgung in Krankenhäusern und Apotheken, sowie Rehabilitation von Drogenabhängigen, kostenlose Rollstühle, Krücken und andere Dienstleistungen für Behinderte, etc. sowie Hilfsmaßnahmen für die Opfer von Naturkatastrophen (Edih o.D.).

Medizinische Versorgung

In den modernen Krankenhäusern in den Großstädten kann - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die meisten Krankheiten festgestellt werden. In staatlichen Krankenhäusern, die i. d. R. europäische Standards nicht erreichen, ist bei Bedürftigkeit die Behandlung kostenlos (AA 20.10.2017). Die beste medizinische Behandlung wird vom Militär angeboten. Für Zivilisten ist in militärischen Gesundheitseinrichtungen die Behandlung kostenpflichtig (BFA 9.2015; vgl. PAF o.D.). Da der Großteil der öffentlichen Gesundheitseinrichtungen keine zufriedenstellende Behandlung durchführen, tendieren die Leute dazu, private Einrichtungen aufzusuchen. Diese sind jedoch für die ärmere Bevölkerung unleistbar (Kurji Zohra et al 2016).

Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt (AA 20.10.2017; vgl. BAA 6.2013; BFA 9.2015). Die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden. Medikamente sind für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich (AA 20.10.2017). Es muss damit gerechnet werden, dass insbesondere in kleinen Apotheken auch gefälschte Produkte verkauft werden (AA 27.3.2018). In der Vergangenheit traten Probleme mit gestreckten Medikamenten auf. Als Reaktion darauf wurde 2012 eine Medikamentenregulierungsbehörde (Drug Regulatory Authority of Pakistan, DRAP) eingerichtet und ein entsprechendes Gesetz erlassen. Die Behörde orientiert sich an Einrichtungen in den USA und Kanada. Das Problem mit gefälschten Medikamenten könne auftreten, wenn man sie nicht bei zugelassenen oder seriösen Anbietern kauft (BAA 6.2013). Die Apotheken der großen Privatkliniken bieten ein breites Spektrum zuverlässiger Medikamente an (AA 27.3.2018; vgl. BAA 6.2013; BFA 9.2015).

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land sowie uneingeschränkte internationale Reisen, Emigration und Repatriierung, doch die Regierung beschränkt diese. Die Regierung schränkt den Zugang zu bestimmten Gebieten der [ehem.] FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein.

In den Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karatschi, Peshawar oder Multan, leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Land. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (AA 20.10.2017).

Allein schon aufgrund der Größe des Landes bestehen innerstaatliche Fluchtalternativen in humanitären Notfällen und im Falle von Kampfhandlungen (neben den vergleichsweise sicheren Provinzen Punjab und Sindh etwa auch IDP-Camps in Jalozai, Khyber Pakhtunkhwa, und New Durrani, ehem. FATA), allerdings stellt sich die humanitäre Lage in Bezug auf IDPs Berichten der in diesem Bereich tätigen Hilfsorganisationen zufolge als besorgniserregend dar (ÖB 10.2017).

Dokumente

Die Zahl der [pakistanischen, in Deutschland] vorgelegten inhaltlich ge- oder verfälschten antragsbegründenden Unterlagen ist hoch. Die zum Nachweis eines Verfolgungsschicksals vorgelegten Strafanzeigen, Haftbefehle, Gerichtsurteile und die Rechtsanwaltsschreiben erweisen sich häufig als gefälscht oder inhaltlich unrichtig. Die Ausführungen und Erklärungen zu einer geltend gemachten Verfolgung aus politischen oder religiösen Gründen halten einer Nachforschung vor Ort häufig nicht stand. Es ist in Pakistan problemlos möglich, ein (Schein-)Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z. B. "First Information Report" oder Haftverschonungsbeschluss) echt sind. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder aufgrund von Beziehungen veröffentlichen zu lassen (AA 20.10.2017).

2. Die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen:

2.1 Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und Herkunft des Beschwerdeführers (oben 1.1) ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben, an denen auf Grund seiner Orts- und Sprachkenntnisse nicht zu zweifeln war. Mangels Vorlage amtlicher Identitätsdokumente konnte der Name und das Geburtsdatum des Beschwerdeführers jedoch nicht abschließend festgestellt werden.

2.2 Die Feststellungen zu seinen Lebensverhältnissen in Pakistan vor seiner Ausreise im Jahr 10, zu einer Antragstellung in Österreich im Juli 2011, zu seiner Rückkehr nach Pakistan während seines laufenden Asylverfahrens, zu seinem dortigen Aufenthalt und seiner Wiedereinreise in Österreich im Mai 2015 (oben 1.2) beruhen auf seinen Angaben im Verfahren, welche insofern im Wesentlichen stringent waren und keine Anhaltspunkte für die Annahme boten, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich falsche Angaben gemacht hätte. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer am 18.09.2012 in Spanien zwischenzeitlich einen weiteren Asylantrag gestellt hatte, beruht auf einem EURODAC-Treffer und der Zustimmung Österreichs vom 23.10.2012 zur Rückübernahme des Beschwerdeführers aus Spanien im Rahmen der Dublin III-Verordnung, was sich aus dem Zentralen Fremdenregister und dem diesbezüglichen Antwortschreiben des BFA im Verwaltungsverfahrensakt (AS 267) ergibt. Insoweit muss sich das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Verhandlung, wonach er bereits ab April 2012 wieder in Pakistan gewesen sei (Verhandlungsschrift 12.03.2019 (VHS), S 9), als unrichtig erweisen.

2.3 Die Feststellungen zu seinen Lebensverhältnissen in Österreich (oben 1.3) beruhen auf den Angaben im Zuge der Beschwerdeverhandlung am 12.03.2019, welche ebenso insofern stringent waren und keine Anhaltspunkte für die Annahme boten, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich falsche Angaben gemacht hätte, in Verbindung mit den vorgelegten und als unbedenklich zu erachtenden Bescheinigungsmittel (Arbeitsbescheinigungen, Beschäftigungsbewilligungen, Prüfungszeugnisse, Verträge).

2.4 Die vorliegenden strafrechtlichen Verurteilungen, die Haftdauer und die Haftentlassung ergeben sich aus dem Strafregister der Republik Österreich, sein Verhalten im Rahmen der Bewährungshilfe aus dem Bericht der Bewährungshelferin zur Verhandlung vom 12.03.2019 und der entsprechenden Bescheinigung der Gesellschaft zur seelischen Gesundheit.

2.5 Die Feststellungen zu einer mangelnden Gefährdung (oben 1.5) waren aus den folgenden Gründen zu treffen:

2.5.1 Der Beschwerdeführer begründete seinen Antrag im Verfahren vor dem BFA bei der Erstbefragung am 21.07.2011 zunächst ausschließlich mit der allgemeinen Bomben- und Terrorgefahr in Pakistan und dem Umstand, dass ein Studienkollege namens XXXX in Lahore ein Jahr zuvor bei einem solchen Bombenanschlag ums Leben gekommen sei; er gab damals auch dezidiert an, dass es keine konkreten Hinweise dafür gebe, dass er von jemanden verfolgt werde (Verwaltungsverfahrensakt des BFA, Aktenseite (AS 49).

Erstmals in der Einvernahme am 19.10.2011 führte er zusammengefasst im Wesentlichen aus, er habe als Student in Lahore bei einer sozialen Gruppe von Studenten gearbeitet, welche Blut nach Blutgruppen sortiert habe. Er habe eines nachts von seinem Chef telefonisch die Anweisung erhalten, eine Blutreserve vorzubereiten, da es einen Unfall mit einem Mann und einer Frau gegeben habe. Er habe sich dann auf die Frau aufgepasst und deren Mann namens XXXX habe seine Arbeit anerkannt und ihm angeboten, für eine größere Soziale Gruppe zu arbeiten. Jener Mann habe ihn dann einer Person namens XXXX vorgestellt, der Chef jener größeren Gruppe gewesen sei. Er habe XXXX (auch XXXX ) dann getroffen, der ihm erzählte, dass es eine Gruppe gebe, bei der die Leute in Kaschmir dazu vorbereitetet werden würden, um gegen die Hindus und auch in Afghanistan zu kämpfen. Das sei ungefähr im Februar 2009 gewesen. XXXX habe gewollt, dass der Beschwerdeführer dabei mitarbeite. Der Beschwerdeführer habe nichts von jener Gruppe gewusst und habe zuerst seine Ausbildung fertig machen wollen und dann mit seiner Familie darüber sprechen wollen. Er sei dann nach Hause gegangen, habe einem Freund namens XXXX davon erzählt, welcher ihm erklärt habe, dass es sich dabei um Terroristen handle. Am nächsten Tag habe er einen Anruf von XXXX erhalten; der Beschwerdeführer habe diesem mitgeteilt, dass jene Terroristen seien und er nicht mit ihnen arbeiten wolle. Er sei dann von XXXX beschimpft und mit dem Umbringen bedroht worden. Am nächsten Tag sei er auf dem Weg zur Universität um 11 Uhr durch das offene Fenster eines Autos gezogen worden, das von XXXX gefahren worden sei. Der Beschwerdeführer habe geschrien, er sei geschlagen worden und habe zwei Spritzen in die Schulter bekommen. Als er am nächsten Tag aufgewacht sei, sei er im Krankenhaus gewesen. XXXX habe gedacht, dass er gestorben sei. Jener Vorfall sei am 31.08.2010 gewesen, am 01.09.2010 sei er im Krankenhaus gewesen. Auch die Polizei sei dort gewesen und er habe dieser alles erzählt und eine Anzeige gemacht. An jenem Abend sei dann sein Freund XXXX , der Schiite sei, bei einer Veranstaltung gewesen, bei der dann eine Bombe explodiert sei und XXXX dadurch zunächst schwer verletzt und letztlich getötet worden sei. Der Beschwerdeführer sei am nächsten Tag vom Krankenhaus zu seinen Eltern ins Heimatdorf zurückgekehrt. Da er XXXX alles über seine Familie erzählt habe, sei sein Vater immer wieder von jenen angerufen und nach dem Beschwerdeführer befragt worden. Es sei von jenen gesagt worden, dass sie den Beschwerdeführer töten würden. Der Vater habe dann gemeint, dass er nicht sicher sei, weshalb er das Land verlassen habe. Jene Gruppe des XXXX sei auch mit einer Partei verbündet, weshalb es der Polizei nicht gelungen sei, diese nach der Entführung des Beschwerdeführers zu finden, da jene viel Macht habe. Der Beschwerdeführer brachte dazu jeweils in Kopie einen Zeitungsausschnitt, Unterlagen über einen Krankenhausaufenthalt seiner Person, eine Bestätigung über den Tod des XXXX durch eine Bombenexplosion sowie ein als polizeiliche Anzeige bezeichnetes Schriftstück (FIR) in Vorlage.

Dieses Vorbringen vom 19.11.2010 hinsichtlich einer persönlichen Bedrohung des Beschwerdeführers erweist sich jedoch aus mehreren Gründen als nicht glaubhaft. Erstens, der Beschwerdeführer hat bei der Erstbefragung am 21.07.2011 lediglich die allgemeine Sicherheitslage und den Tod des Freundes XXXX bei einer Bombenexplosion aus alleinigen Ausreisegrund vorgebracht und eine konkrete Verfolgung seiner Person dezidiert ausgeschlossen (AS 49). Die Rechtfertigung dazu in der Einvernahme am 19.10.2011, wonach er damals keine Dokumente gehabt habe, er seit drei oder vier Tagen hungrig gewesen sei, ihm auch kalt gewesen sei und er deshalb nicht dazu gekommen sei, darüber zu reden (AS 128), überzeugt nicht, da nicht nachvollziehbar ist, weshalb es ihm diesfalls möglich gewesen sein soll, die allgemeine Sicherheitslage und den Tod seines Freundes als Fluchtgrund anzugeben, nicht aber die von ihm angeblich erlebte persönliche Entführung, zumal es naheliegender wäre, als Fluchtgrund als allererstes die unmittelbar persönlich erlebten Verfolgungshandlungen anzuführen. Auch wenn sich die Erstbefragung nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, so ist es zumindest nicht nachvollziehbar, eine Frage nach konkreten Hinweise auf eine eigene Bedrohung explizit zu verneinen, wenn einer Person bereits etwas zugestoßen wäre. Auch das Nichtvorliegen von Dokumenten zum Zeitpunkt der Erstbefragung hinderte den Beschwerdeführer nicht, den Tod des Freundes anzuführen. Das damalige Nichtvorliegen von Dokumenten ist somit keine schlüssige Rechtfertigung dafür, dass er eine persönliche Bedrohung damals nicht vorgebracht hat, da er dieser Logik folgend sonst auch nichts vom Tod des Freundes, worüber er zum damaligen Zeitpunkt auch keine Dokumente hatte, erzählen hätte dürfen. Zudem änderte der Beschwerdeführer seine Rechtfertigung in der Verhandlung am 12.03.2019 dahingehend ab, dass er bei seinem ersten Kontakt mit der Polizei in Österreich Angst gehabt habe, sein Vertrauen der Polizei gegenüber nicht sehr groß gewesen sei und er auch keine Beweise gehabt habe (VHS S 17). Aber auch dies erklärt nicht schlüssig, weshalb er sich dann bei der Erstbefragung zwar getraut hat, allgemein die Terroranschläge und den Tod seines Freundes als Fluchtgrund anzugeben, nicht aber eine Entführung seiner Person. Und wie bereits zuvor dargelegt, auch für den Tod des Freundes hatte er zum Zeitpunkt der Erstbefragung keine Beweise.

Zweitens, das Vorbringen vor dem BFA am 19.11.2010 und in den Beschwerdeschriftsätzen vom 31.10.2011 und 11.01.2016 (AS 217, 482) deckt sich nicht mit dem Inhalt des vom Beschwerdeführer als polizeiliche Anzeige bezeichneten Schriftstücks (FIR; AS 113). Während er vor dem BFA am 19.10.2011 und in jenen Beschwerden vorbrachte, dass der Unfall mit einem Mann und einer Frau im Februar 2009 geschehen sein soll und seine eigene Entführung über ein Jahr später am 31.08.2010 (AS 126 f), ist dazu im Widerspruch stehend der polizeilichen Anzeige vom 01.09.2010 zu entnehmen, dass zwischen jenem geschilderten Unfall und der vorgebrachten Entführung ein viel kürzerer Zeitraum verstrichen wäre; danach soll der Anruf zu dem Unfall, die Kontaktaufnahme mit XXXX , die Beratung mit seinem Freund XXXX , das nachfolgende Telefonat mit XXXX , bei welchem der Beschwerdeführer die Zusammenarbeit abgelehnt haben soll, sowie die vorgebrachte Entführung innerhalb eines Zeitraums von wenigen Tagen stattgefunden haben ("Some days ago I receive a call ... that a road accident has been occured ..."; zum Ganzen AS 113). Aufgrund dieser fehlenden Übereinstimmung wird diese Anzeige als nicht echt und nicht authentisch sondern als Fälschung sowie das Vorbingen des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft bewertet.

Drittens, der Beschwerdeführer machte zudem im Verlauf des Verfahrens auch selbst widersprüchliche Angaben. In der Einvernahme am 19.11.2010 brachte er vor, er sei nach dem Treffen im Februar mit XXXX nach Hause gegangen, er habe davon seinem Freund XXXX erzählt und habe am nächsten Tag einen Anruf von XXXX erhalten, dem er dabei gesagt habe, dass er nicht mit jenem arbeiten wolle, woraufhin er von XXXX beschimpft und bedroht worden sei (AS 126). Demgegenüber führte er in seinen Beschwerden jeweils aus, dass er im Februar 2009 zu XXXX gebracht worden sei, er dann erst im August 2010 XXXX zufällig wiedergetroffen habe und dann anschließend seinem Freund XXXX davon erzählt habe (AS 217, 482). In der Verhandlung am 12.03.2019 gab der Beschwerdeführer dann an, dass sich seiner nunmehrigen Erinnerung alle Vorfälle im Jahr 2010 zugetragen hätten (VHS S 16).

Laut den Länderfeststellungen sind schließlich Strafanzeigen in Pakistan häufig gefälscht oder inhaltlich unrichtig und Strafverfahren können zum Schein problemlos gegen sich selbst in Gang gebracht werden. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder aufgrund von Beziehungen veröffentlichen zu lassen. Das BFA verwies bereits im angefochtenen Bescheid - zutreffend - darauf, dass die ebenso in Kopie vorgelegte Zeitungskopie mit freiem Auge sichtbare Hinweise auf eine erfolgte Manipulation aufweist, da lediglich der behauptete Zeitungsbericht und die Datumszeile der Zeitung scharf und klar abgedruckt ist, während sämtliche übrigen Bereiche der Zeitung unscharf und schattiert sind (AS 450/451). Diesem Vorwurf wurde in der Beschwerde auch nicht entgegengetreten.

Der Aussage des Antragstellers kommt zentrale Bedeutung zu. Aufgrund der soeben dargestellten Umstände, zusammengefasst nämlich, dass der Beschwerdeführer ohne schlüssige Begründung eine persönliche Bedrohung zunächst verneint und erst später vorgebracht hat, dass sein Vorbringen in wesentlichen Punkten Widersprüche aufweist, dass sich der von ihm vorgebrachte Geschehensverlauf auch nicht mit dem Inhalt des von ihm als Kopie seiner polizeilichen Anzeige bezeichneten Schriftstücks in Einklang bringen lässt, dass in der Beschwerde dem Hinweis des BFA auf Manipulationen der vorgelegten Zeitungskopie nicht substantiiert entgegengetreten ist sowie, dass laut Länderinformationen Strafanzeigen häufig gefälscht sind und Zeitungsartikel häufig gekauft werden können, ergibt sich bei einer Gesamtbetrachtung, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu seiner erlittenen und befürchteten Verfolgung nicht glaubhaft ist.

2.5.2 Zu Beginn der Beschwerdeverhandlung am 12.03.2019 wurde der Beschwerdeführer gefragt, ob er zu Beginn etwas erzählen möchte, was er noch nicht gesagt oder bekannt gegeben habe. Dies wurde von ihm verneint (VHS S 6).

Nach anschließenden Fragen zu seinen aktuellen Lebensverhältnissen in Österreich wurde der Beschwerdeführer dazu befragt, wo er sich von April 2012 bis Juni 2014 - der Zeitraum, in dem das Beschwerdeverfahren wegen des unbekannten Aufenthaltes des Beschwerdeführers eingestellt war - aufgehalten habe, brachte er erstmals vor, dass er zu dieser Zeit in Pakistan bei seinen Eltern gelebt habe (VHS S 9, 10). Erst nach weiterer Frage, was ihm konkret passieren würde, wenn er nach Pakistan zurückkehren müsste, gab er an, er habe Angst, dass das Gleiche passiere, was schon 2014 gewesen sei, dass er und seine Familie attackiert werde. Vom Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass er bisher im gesamten Verfahren nicht erzählt habe, dass ihm etwas 2014 passiert sei und er auch zu Beginn der Verhandlung trotz Aufforderung, Neuigkeiten vorzubringen, nichts davon erwähnt habe, führte er aus, dass er nach seiner Rückkehr nach Österreich im Jahr 2014 zur Polizei gegangen sei und dieser alles erzählt habe. Er habe daher angenommen, dass das Bundesverwaltungsgericht das bereits wisse (VHS S 10).

Der Beschwerdeführer brachte dann vor, dass er nach seiner Rückkehr nach Pakistan im Jahr 2012 zunächst friedlich bei seinen Eltern gelebt habe. Im Jänner oder Februar 2014 seien dann Männer zu ihnen nach Hause gekommen, die schimpfend und fluchend in das Haus eingetreten seien und zu schießen begonnen hätten. Er sei zu diesem Zeitpunkt zusammen mit seiner Mutter in dem Raum gewesen, der von den Männern betreten worden sei, und seine Mutter sei von einem Schuss getroffen und verletzt worden. Die Männer seien dann wiederum schimpfend und fluchend gegangen, nachdem von diesen geglaubt worden sei, dass der Beschwerdeführer verletzt sei. Es sei dann zehn Minuten später die Polizei gekommen, auch sein Vater der nicht zu Hause gewesen sei, seine Mutter sei in eine kleine Klinik im Dorf gebracht worden und der Vater habe sich dann entschlossen, den Beschwerdeführer wieder wegzuschicken, da es wegen diesem wieder Probleme gegeben habe (VHS S 11, 12).

Dieses Vorbringen zu Ereignissen im Jahr 2014 ist ebenso aus mehreren Gründen nicht glaubhaft: Zunächst schließt dieses Vorbringen an die ursprüngliche Bedrohung an, da der Beschwerdeführer vorbrachte, 2014 von jenen Personen verfolgt worden zu sein, von denen er bereits 2010 verfolgt worden sei. Da jedoch eine Verfolgung im Jahr 2010 aus den dargestellten Gründen als nicht glaubhaft erachtet wurde (siehe oben 2.5.1), spricht dies auch gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben zu einer Verfolgung im Jahr 2014. Des Weiteren hat der Beschwerdeführer dieses Vorbringen erstmals im Laufe der Verhandlung am 12.03.2019 und damit fast fünf Jahre nach seiner Wiedereinreise in Österreich geschildert. Gegen die Rechtfertigung des Beschwerdeführers dafür, dass er bei seiner Rückkehr im Jahr 2014 alles der Polizei und bei Gericht erzählt habe (VHS S 10/11, 12) spricht zunächst bereits, dass sich im Verfahrensakt des BFA zwar ein Aktenvermerk der LPD Wien vom 29.05.2017 befindet, in dem jedoch ausschließlich dokumentiert ist, dass der Beschwerdeführer "im Zuge seiner Aufgreifung" einen Asylantrag gestellt hat. Angaben zu Ereignissen im Jahr 2014 sind nicht protokolliert (AS 277). Des Weiteren ist der Beschwerdeführer bereits seit dem Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung am 11.01.2016 durchgehend durch die selbe Organisation rechtsfreundlich vertreten. Auch in jener Beschwerde wurde keine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Pakistan im Jahr 2012, auch keine Wiedereinreise in Österreich im Jahr 2014 und schließlich auch keine Verfolgungshandlungen in Pakistan im Jahr 2014 erwähnt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre dies jedoch zu erwarten gewesen, wenn das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers den Tatsachen entsprechen würde (AS 481-495). Dafür, dass er, wie in der Verhandlung vorgebracht (VHS S 11), seiner Vertreterin damals dies alles erzählt hätte, finden sich keine Anhaltspunkte. Schließlich erwies sich seiner Schilderung in der Verhandlung als relativ kurz und detailarm, er beschrieb zB die Täter nicht, er verwendete keine direkten Reden, es fehlen ungewöhnliche und überflüssige Details, die Erzählweise war chronologisch und nicht ungeordnet, es gab auch keine spontanen Selbstverbesserungen, Selbstbelastungen, Unsicherheiten bezüglich seiner Aussagen (vgl VHS S 11, 12).

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist daher im Zuge einer Gesamtbetrachtung auch das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den von ihm behaupteten Erlebnissen in Pakistan im Jahr 2014 nicht glaubhaft.

2.5.3 Das Vorbringen des Beschwerdeführers zum Tod des XXXX am 01.09.2010 wird als glaubhaft erachtet, da der Beschwerdeführer dies als einzigen Fluchtgrund von Beginn an und im Laufe des Verfahrens gleichbleibend geschildert hat, dieses Vorbringen - im Gegensatz zu seiner, wie zuvor dargelegt, vorgebrachten Bedrohung und dem dazu vorgelegten FIR - auch mit dem Inhalt der dazu vorgelegten Kopie der Sterbeurkunde übereinstimmt, und es auch öffentlich zugängliche Berichte über einen solchen Anschlag am 01.09.2010 in Lahore an genau jenem Ort, der als Sterbeort des XXXX eingetragen ist, gibt (AS 115: Gama Sha Qarbla/Karbala Gamay Shah; vgl zB Dawn 02.09.2010, Religious procession attacked in Lahore Triple terror blasts leave 27 dead, https://www.dawn.com/news/559191). Allerdings lässt sich aus diesem Umstand keine unmittelbare persönliche Verfolgungsgefahr für den Beschwerdeführer ableiten, zumal er auch selbst angegeben hat, dass jener XXXX bei einem Bombenanschlag auf eine öffentliche Veranstaltung von dessen schiitischen Glaubensgemeinschaft getötet worden sei. Ein solcher Zusammenhang wurde vom Beschwerdeführer, der selbst Sunnite ist, auch nicht behauptet.

2.5.4 Zur allgemeinen Lage in Pakistan ist auszuführen, dass fallbezogen der Beschwerdeführer aus keiner der regionalen Problemzonen, sondern aus dem östlichen Punjab stammt. Auf Grundlage der getroffenen Länderfeststellungen (oben 1.6) kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht von einer solchen extremen Gefährdungslage in Pakistan und insbesondere in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers gesprochen werden, dass gleichsam jede Person, die sich dort aufhält oder dorthin zurückkehrt, einer unmittelbaren Gefährdung ausgesetzt ist. Ebenso kann auf Grundlage dieser Feststellungen die Deckung der existentiellen Grundbedürfnisse als zumutbar angenommen werden. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt an, dass das Leben in Pakistan teilweise von Korruption geprägt ist und eine wirtschaftlich und sozial durchaus schwierige Situation besteht, in der sich die Beschaffung der Mittel zum Lebensunterhalt auch als schwieriger darstellen könnte als in Österreich, zumal auch die Arbeitsplatzchancen als nicht befriedigend bezeichnet werden können. Es geht jedoch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervor, dass die Lage für alle Personen ohne Hinzutreten von besonderen Umständen dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung selbst angegeben, gesund zu sein und keine Medikamente zu nehmen (VHS S 2). Es ist somit auch aus diesem Umstand keine unmittelbare persönliche Existenzbedrohung des Beschwerdeführers in Pakistan ersichtlich.

2.5.5 Vor dem Hintergrund der hier insgesamt getroffenen Ausführungen hat der Beschwerdeführer somit nicht glaubhaft dargelegt und es ergibt sich auch sonst nicht, dass er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in ganz Pakistan einer aktuellen sowie unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt wäre.

2.6 Den hier getroffenen Feststellungen zur Situation in Pakistan (oben 1.6.) wurden dem Beschwerdeführer und seinem anwesenden Vertreter in der Verhandlung ausgefolgt. Es wurde ihm die Gelegenheit eingeräumt, sich zu diesen zu äußeren und er nahm zu diesen in der Verhandlung auch Stellung. Er ist dabei diesen Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegengetreten. Bei diesen Berichten handelt es sich insbesondere um für den vorliegenden Fall hinreichend aktuelle Berichte verschiedener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen und internationaler Medien, wie beispielsweise Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, des US Departement of State, des Pak Institute for Peace Studies und IOM. Mangels einer Bestreitung von Seiten des Beschwerdeführers und angesichts der Ausgewogenheit und Seriosität der genannten Quellen sowie der Plausibilität der weitestgehend übereinstimmenden Aussagen darin, besteht für das Bundesverwaltungsgericht daher kein Grund, an der Richtigkeit der Länderberichte zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides

Nichtzuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG 2005

Rechtsgrundlagen

3.1 Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl Nr 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

3.2 Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.3 Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ist die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinn des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention, demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, droht (VwGH 02.09.2015, Ra 2015/19/0143).

3.4 Zentraler Aspekt der in Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).

3.5 Unter "Verfolgung" im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. § 2 Abs 1 Z 11 AsylG 2005 umschreibt "Verfolgung" als jede Verfolgungshandlung im Sinne des Art 9 Statusrichtlinie, worunter - unter anderem - Handlungen fallen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art 15 Abs 2 MRK keine Abweichung zulässig ist. Dazu gehören insbesondere das durch Art 2 MRK geschützte Recht auf Leben und das in Art. 3 MRK niedergelegte Verbot der Folter (VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0083).

3.6 Fallbezogen hat der Beschwerdeführer nach der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine wohlbegründete Furcht vor einer ihm bei seiner Rückkehr in ganz Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden Verfolgung glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten sind damit nicht gegeben.

3.7 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides des BFA war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides

Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005

Rechtsgrundlagen

3.8 Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.9 Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht ausreichend ist. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, dass exzeptionelle Umstände vorliegen (VwGH 18.03.2019, 2018/28/0538). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspricht es zudem der Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure iSd Art 6 Qualifikationsrichtlinie oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen (VwGH 21.11.2018, Ra 2018/01/0461).

3.10 Fallbezogen hat der Beschwerdeführer eine entsprechende Verursachung oder Bedrohung nicht glaubhaft dargelegt. Die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlichen Voraussetzungen sind somit nicht erfüllt.

Fallbezogen besteht nach dem festgestellten Sachverhalt in Verbindung mit der Beweiswürdigung unter Zugrundelegung der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch kein Hinweis auf solch "außergewöhnliche Umstände", welche eine Rückkehr des Beschwerdeführers nach Pakistan unzulässig machen könnten. Weder vor dem Hintergrund der Erwägungen zur Ländersituation (dazu oben 2.5.4), noch vor dem Hintergrund des Vorbringens des Beschwerdeführers zu seiner Person ist ersichtlich, dass er bei einer Rückführung in seine Heimat in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Der im nördlichen Punjab beheimatete Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig, weshalb nicht erkennbar ist, warum er in eine aussichtslose Lage geraten sollte oder ihm eine Existenzsicherung in seinem Heimatland nicht zumutbar sein sollte, zumal auch aus den Länderfeststellungen keinesfalls hervorgeht, dass die Lage für alle Personen (ohne Hinzutreten von besonderen Umständen) dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre. Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0063), liegt somit nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die wirtschaftliche Lage des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat möglicherweise schlechter sein wird, als in Österreich; aus den getroffenen Ausführungen ergibt sich aber eindeutig, dass der Schutzbereich des Art 3 EMRK nicht tangiert ist.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Art 2 und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann. Dergleichen wurde auch vom Beschwerdeführer bis zum Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Entscheidung nicht konkret vorgebracht.

Da sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet - derartiges kann trotz der in manchen Landesteilen regional und temporär angespannten Sicherheitslage vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen nicht angenommen werden -, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

3.11 Demnach war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II der angefochtenen Bescheide abzuweisen.

Zu Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides

Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem § 57 AsylG

Rechtsgrundlagen

3.12 Gemäß § 57 Abs 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen 1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Z 1 oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen [...] 2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen [...] oder 3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl Nr 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.13 Fallbezogen liegen nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor.

3.14 Demnach war auch die Beschwerde dazu abzuweisen.

Rückkehrentscheidung, Zulässigkeit der Abschiebung und Frist für die freiwillige Ausreise

Rechtsgrundlagen

3.15 Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

3.16 Gemäß § 52 Abs 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

3.17 Gemäß § 55 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. (Abs 1) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird. (Abs 1a) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. (Abs 2) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt. (Abs 3) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs 2 BFA-VG aberkannt wurde. (Abs 4)

3.18 Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

3.19 Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; 4. der Grad der Integration; 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit; 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren; 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

3.20 Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Zum gegenständlichen Verfahren

3.21 Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG 2014 (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (VwGH 16.11.2016, Ra 2016/18/0041).

3.22 Folgende Umstände - zumeist in Verbindung mit anderen Aspekten - stellen Anhaltspunkte dafür dar, dass der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit zumindest in gewissem Ausmaß genützt hat, um sich zu integrieren: Erwerbstätigkeit des Fremden (vgl. E 26. Februar 2015, Ra 2014/22/0025; E 18. Oktober 2012, 2010/22/0136; E 20. Jänner 2011, 2010/22/0158), das Vorhandensein einer Beschäftigungsbewilligung (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), eine Einstellungszusage (vgl. E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082), das Vorhandensein ausreichender Deutschkenntnisse (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 14. April 2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032), familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden, aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl. E 23. Mai 2012, 2010/22/0128; (betreffend nicht zur Kernfamilie zählende Angehörige) E 9. September 2014, 2013/22/0247), ein Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich bzw. die Vorlage von Empfehlungsschreiben (vgl. E 18. März 2014, 2013/22/0129; E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365), eine aktive Teilnahme an einem Vereinsleben (vgl. E 10. Dezember 2013, 2012/22/0151), freiwillige Hilfstätigkeiten (vgl. E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253), ein Schulabschluss (vgl. E 16. Oktober 2012, 2012/18/0062) bzw. eine gute schulische Integration in Österreich (vgl. E, 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 0253; E 26. März 2015, Ra 2014/22/0078 bis 0082) oder der Erwerb des Führerscheins (vgl. E 31. Jänner 2013, 2011/23/0365) (VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005).

3.23 Fallbezogen sind zu Gunsten des Beschwerdeführers anzuerkennen und zu berücksichtigen, dass seit Antragstellung vom 21.07.2011 fast acht Jahre vergangen sind; dass er sich seit Ende Mai 2014 ununterbrochen in Österreich aufhält; dass er seit Mai 2017 keine Leistungen aus der Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (GVS) bezieht; dass er seit Oktober 2017 durchgehend erlaubt unselbstständig erwerbstätig ist und seither in einem österreichischen Restaurantbetrieb als Küchenhilfe arbeitet, eine Stelle, die er durch seine Eigeninitiative erhielt; dass sein Arbeitgeber mit der Arbeitsleistung des Beschwerdeführers sehr zufrieden ist und auch dessen Höflichkeit, Pünktlichkeit und Hilfsbereitschaft betont; dass sein Gehalt bei 35 Wochenstunden rund 1.314,-- EUR brutto/Monat beträgt; dass er in Österreich auch Freundschaften geschlossen hat und über eine eigene Mietwohnung verfügt; dass er die die Sprachprüfung "ÖIF-Test Niveaustufe A2" und die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf dem Niveau B1 und zu Werte- und Orientierungswissen bestanden hat.

Demgegenüber stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, wobei im konkreten Fall Folgendes miteinzubeziehen ist: Der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz wurde bereits am 21.07.2011 gestellt, doch der Beschwerdeführer hielt sich während des laufenden ersten Beschwerdeverfahrens ab 2012, wobei der genaue Zeitpunkt nicht eruierbar ist, bis Mai 2014 in seinem Heimatland auf, sodass beim Beschwerdeführer ein ununterbrochener Aufenthalt erst ab der Wiedereinreise nach Österreich im Mai 2014 vorliegt (

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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