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L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des B in G, vertreten durch Mag. K, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 7. Mai 1997, Zl. UVS-05/K/06/00428/97, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 16. September 1996 (zugestellt am 30. September 1996) wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe das dem Kennzeichen nach näher bestimmte Fahrzeug am 16. März 1996 zu einer näher angeführten Zeit in Wien an einem näher bezeichneten Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben; der Beschwerdeführer habe dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
In seinem dagegen erhobenen Einspruch vom 30. September 1996 (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 2. Oktober 1996) erklärte der Beschwerdeführer, das gegenständliche Fahrzeug zur Tatzeit nicht in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben; überdies machte er geltend, daß die Verfolgungsfrist am 15. September 1996 abgelaufen sei, wobei er von einer Frist in der Dauer von sechs Monaten ausging.
1.2. Mit dem Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 17. Februar 1997 (zugestellt am 27. Februar 1997) wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, das näher umschriebene Kraftfahrzeug zu einer näher bestimmten Zeit in Wien an einem näher bestimmten Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt zu haben, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben, da der Parkschein gefehlt habe; der Beschwerdeführer habe demnach die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt und § 1 Abs. 3 des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der geltenden Fassung, verletzt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In seiner dagegen gerichteten Eingabe vom 5. März 1997 (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 12. März 1997), die offenbar als Berufung gewertet wurde, erklärte der Beschwerdeführer, gegen das erwähnte Straferkenntnis Einspruch zu erheben, da er die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen habe.
1.3. Mit einer an den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien gerichteten Eingabe vom 19. April 1997 (eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 22. April 1997) erklärte der Beschwerdeführer unter Bezug auf die Ladung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat Wien für den 7. Mai 1997, er ersuche "um Gewährung einer Verfahrenshilfe und Anleitung".
Nach Abweisung des Antrags auf Gewährung von Verfahrenshilfe mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 24. April 1997 brachte der Beschwerdeführer in einer weiteren Eingabe vom 30. April 1997 (eingelangt beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 2. Mai 1997) zur Sache vor, daß er zum fraglichen Zeitraum das Kraftfahrzeug an eine näher genannte weitere Person übergeben habe; diese könne daher allein Auskunft darüber erteilen, wer zum Tatzeitpunkt am Tatort das Fahrzeug abgestellt habe. Unabhängig davon - so führte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe weiters aus - erhebe sich die Frage, ob am Tatort die gebührenpflichtige Kurzparkzone "unter Einhaltung sämtlicher verfahrens- und verfassungsrechtlichen Vorschriften überhaupt errichtet" sei und ob dort zum Tatzeitpunkt überhaupt ein gültig entwerteter Parkschein im Fahrzeug hätte vorhanden sein müssen; es seien "daher zuerst amtswegig die örtlichen und rechtlichen Verhältnisse, Verordnungen etc. zu prüfen" und erst anschließend sei der Beschwerdeführer in der Lage entsprechende Vorbringen zu erstatten, die über seine Fähigkeiten als Laie hinausgingen.
1.4. Mit dem Bescheid vom 7. Mai 1997 gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben. Er erachtet sich erkennbar darin verletzt, nicht wegen eines Verstoßes gemäß § 1 Abs. 3 des (Wiener) Parkometergesetzes bestraft zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vorgelegt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer vertritt vor dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht - offenbar unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides - daß die erste gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung erst nach "Ablauf der Halbjahresfrist" gesetzt worden sei. Die gegenständliche Parkgebühr sei keine "Abgabe" im Sinn des § 31 Abs. 2 VStG, da der Nettoertrag der Parkometerabgabe gemäß § 5 des (Wiener) Parkometergesetzes allgemeinen Verkehrseinrichtungen zugute kommen solle und deshalb eine Bundesabgabe vorliege.
§ 31 Abs. 2 VStG lautet:
"(2) Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt."
Nach § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.
Der Beschwerdeführer bestreitet selbst nicht, daß das Land Wien zur Erlassung des (Wiener) Parkometergesetzes und der damit normierten Abgaben berechtigt (vgl. etwa § 8 F-VG 1948) war. Er stützt seine Ansicht, daß es sich bei der in dem erwähnten Gesetz geregelten Abgabe nicht um eine Landes- oder Gemeindeabgabe im Sinne des § 31 Abs. 2 VStG handle, allein auf den Wortlaut des § 5 des (Wiener) Parkometergesetzes. Dieser lautet (in der Fassung Landesgesetzblatt Nr. 23/1989):
"Der Nettoertrag der Parkometerabgabe ist für Maßnahmen zu verwenden, die der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs dienen. Darunter sind vor allem Maßnahmen zu verstehen, die den Bau von Garagen fördern, die der Verbesserung von Einrichtungen der Städtischen Verkehrsbetriebe dienen oder solche, die zu einer Funktionsaufteilung zwischen Individual- und Massenverkehr führen. Unter Nettoertrag der Parkometerabgabe ist der um die Kosten der Kontrolleinrichtungen verminderte Abgabenertrag zu verstehen."
Diese Widmung des Abgabenertrages durch den Landesgesetzgeber nimmt der Abgabe nicht ihren Charakter als Landes- oder Gemeindeabgabe. Eine Verfolgungsverjährung ist daher schon deshalb nicht eingetreten.
2.2. Der Beschwerdeführer führt weiters unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aus, daß es die belangte Behörde unterlassen habe, die "im Bereich der Bundeshauptstadt Wien verordnete .. Kurzparkzone" im Hinblick auf Mängel bei der Beschlußfassung zu überprüfen.
Die belangte Behörde ist zu Recht davon ausgegangen, daß es sich bei dem diesbezüglichen oben wiedergegebenen Vorbringen des Beschwerdeführers um einen unzulässigen Erkundungsbeweis (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 889 f, wiedergegebene hg.
Rechtsprechung) handelt. Der Beschwerdeführer hat nämlich keinerlei konkrete - allenfalls auch laienhaft formulierte - Vorbringen erstattet, sondern nur eine bloße Vermutung geäußert. Nichts desto weniger hat die belangte Behörde die ordnungsgemäße Kundmachung der in Frage kommenden Verordnung überprüft und hiezu Feststellungen getroffen (S. 10 des angefochtenen Bescheides). Diese werden vom Beschwerdeführer nicht bekämpft. Mangels daraus erkennbarer konkreter Anhaltspunkte für einen Kundmachungsmangel ist die Gesetzmäßigkeit der Kundmachung nicht zweifelhaft und daher von der Geltung der Verordnung auszugehen. Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung, die den Verwaltungsgerichtshof zu einem Antrag nach Art. 139 B-VG an den Verfassungsgerichtshof veranlassen müßten, sind auch auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht entstanden.
2.3. Der Beschwerde ist aber aus einem anderen Grunde Erfolg beschieden.
Die belangte Behörde hat ihrem Schuldspruch die Feststellungen zugrunde gelegt, daß die S GmbH in Wien Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen näher bezeichneten PKW"s sei. Für diese Gesellschaft sei vom Masseverwalter Dr. H in Wels im Rahmen der Lenkererhebung für die Tatzeit die Elisabeth L GmbH mit Sitz in Graz als Mieterin des PKW"s und als Fahrer der Beschwerdeführer bekannt gegeben worden. Diese Feststellungen stehen mit dem Akteninhalt nicht in Einklang.
Es trifft danach zwar zu, daß die S GmbH Zulassungsbesitzerin des verfahrensgegenständlichen Kraftfahrzeuges ist (bzw. zum Tatzeitpunkt war), doch hat diese nach ihrer gemäß § 1a des (Wiener) Parkometergesetzes gegebenen Auskunft das Fahrzeug der H GmbH mit Sitz in Wels überlassen. Nach der von dieser offenbar durch den Masseverwalter Dr. H abgegebenen Lenkerauskunft wurde das Fahrzeug der Elisabeth L GmbH in Graz zur Tatzeit überlassen, wobei als Fahrer der Beschwerdeführer und eine weitere Person angegeben wurden.
Die Erstbehörde ging aufgrund einer Aktennotiz davon aus, daß der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt der Lenker gewesen sei.
Es trifft daher nicht zu, daß der Beschwerdeführer (direkt) vom Zulassungsbesitzer als Lenker zum Tatzeitpunkt bezeichnet wurde, wie dies die belangte Behörde annahm.
Diese Aktenwidrigkeit ist aber auch entscheidungsrelevant, hat doch die belangte Behörde die gegenteilige Verantwortung des Beschwerdeführers auch und vor allem im Hinblick auf die Angaben des Zulassungsbesitzers als widerlegt angesehen. Überdies hätte die belangte Behörde bei dem Akteninhalt entsprechenden Feststellungen aufgrund der für die H GmbH in Wels abgegebenen Auskunft nicht ohne weiteres davon ausgehen dürfen, daß zum Tatzeitpunkt allein der Beschwerdeführer als Lenker des Kraftfahrzeuges in Betracht kam, waren doch dort zwei Personen angegeben. Auch die von der Erstbehörde herangezogene Aktennotiz klärt die Lenkereigenschaft nicht; sie lautet im wesentlichen nämlich nur: "Auskunft von MV Laut Rücksprache mit ... (offenbar Beamter der Erstbehörde): Herrn L (Beschwerdeführer) als Lenker strafen." Diese als Kundgabe einer Rechtsansicht oder Weisung aufzufassende Bemerkung ersetzt Feststellungen aufgrund von Beweisergebnissen nicht.
2.4. Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und lit. b VwGG aufzuheben.
2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
2.6. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch des Berichters über diesen Antrag entbehrlich macht.
Schlagworte
Ablehnung eines Beweismittels Beweismittel Auskünfte Bestätigungen StellungnahmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997170348.X00Im RIS seit
26.11.2001