TE Bvwg Erkenntnis 2019/7/17 L510 2221192-1

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Veröffentlicht am 17.07.2019
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Entscheidungsdatum

17.07.2019

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1 Z3
VwG-AufwErsV §1 Z4
VwGVG §35 Abs3

Spruch

L510 2221192-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. INDERLIETH als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2019, Zl. XXXX , sowie die Anhaltung in Schubhaft, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG i.V.m. § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 22a Abs 3 BFA-VG i.V.m. § 76 Abs 2 Z 2 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) gemäß § 35 Abs 3 VwGVG i.V.m. § 1 Z 3 und Z 4 VwG-AufwErsV Aufwendungen in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrenshergang

1. Die beschwerdeführende Partei (bP) war erstmals von 30.11.2015 bis 15.01.2016 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Seit dem 24.03.2016 hält sie sich durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf.

2. Am 07.02.209 wurde sie vom LG XXXX , Zahl XXXX , wegen schwerer Nötigung (§§ 15, 105 Abs. 1 und 106 Abs 1 Z 1 StgB), Nötigung (§ 105 Abs 1 StGB), Widerstand gegen die Staatsgewalt (§ 269 Abs 1 zweiter Fall StGB), gefährlicher Drohung (§ 107 Abs 1 und 2 StGB), Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) und Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB), zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Am 27.06.2018 wurde die bP in die Justizanstalt XXXX eingeliefert. Das Urteil wurde mit 12.02.2019 rechtskräftig.

3. Am 09.07.2019 wurde der bP durch das BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, gegen sie ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Die bP erhielt die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen. Eine Stellungnahme wurde nicht abgegeben.

4. Mit Bescheid des BFA vom 20.02.2019, Zl. XXXX , wurde gegen die bP gem. § 67 Abs 1 und 2 FPG ein auf Dauer von 6 Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Gem. § 70 Abs 3 FPG wurde kein Durchsetzungsaufschub gewährt. Einer Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Es wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

5. Mit Teilerkenntnis des BVwG vom 29.03.2019, GZ: G311 2216095-1/4Z, wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückgewiesen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

6. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des BFA wurde über die bP gem. § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

7. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Im Wesentlichen wurde dargelegt, dass das BFA nicht verhältnismäßig vorgegangen sei. Es liege eine Verletzung des Privat- und Familienlebens vor.

8. Am 12.07.2019 langte der Verwaltungsverfahrensakt beim BVwG samt einer Stellungnahme des BFA ein.

9. Diese Stellungnahme des BFA wurde der Vertretung der bP mit Schreiben vom 12.07.2019 seitens des BVwG zu Gehör gebracht und die Möglichkeit gegeben, binnen 2 Tagen ab einlangen eine Stellungnahme abzugeben, sowie die Behauptung etwaiger relevanter Umstände entsprechend zu bescheinigen.

Eine Stellungnahme langte beim BVwG mit 16.07.2019 ein. Es wurde auf die Schubhaftbeschwerde verwiesen.

10. Am 15.07.2019 übermittelte das BFA den Abschiebeauftrag der bP über den Landweg mit 18.07.2019, 17:00 Uhr.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

1.1. Die Identität der bP steht fest. Die beschwerdeführende Partei (bP) war erstmals von 30.11.2015 bis 15.01.2016 mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet. Seit dem 24.03.2016 hält sie sich durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf. Die bP hat zwei minderjährige Kinder im Bundesgebiet, welche sich in der Obhut des Vorarlberger Kinderdorfes befinden.

Die bP wurde am 07.02.209 vom LG XXXX wegen schwerer Nötigung (§§ 15, 105 Abs. 1 und 106 Abs 1 Z 1 StgB), Nötigung (§ 105 Abs 1 StGB), Widerstand gegen die Staatsgewalt (§ 269 Abs 1 zweiter Fall StGB), gefährlicher Drohung (§ 107 Abs 1 und 2 StGB), Körperverletzung (§ 83 Abs 1 StGB) und Gefährdung der körperlichen Sicherheit (§ 89 StGB), zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten rechtskräftig verurteilt.

Bei der Tat am 25.06.2018 kam die Kindesmutter ums Leben. Die Kinder wurden in die Obhut des Vorarlberger Kinderdorfes übergeben. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP noch Kontakt zu ihren Kindern pflegt.

Gegen die bP besteht ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot.

Am 11.07.2019 wurde die bP aus der Strafhaft entlassen und wurde über sie die Schubhaft verhängt.

Die bP hat keinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich. Sie geht keiner Arbeit in Österreich nach. Es liegen keine maßgeblichen Krankheiten vor.

Die Abschiebung der bP ist für den 18.07.2019 geplant.

1.2. Eine rechtshemmende Bindung vorliegende soziale Verankerung der bP im Bundesgebiet ist auch unter Berücksichtigung ihres Privat- und Familienleben in Österreich nicht feststellbar.

2. Beweiswürdigung

2.1. Die Identität der bP, die Feststellungen zu ihren Meldedaten in Österreich und die Feststellungen zu ihren Kindern sind im Verfahren unbestritten.

Die Feststellungen zu ihrer Verurteilung ergeben sich aus dem Urteil des LG und sind im Verfahren unbestritten.

Die Feststellungen zum Tod der Kindesmutter und die Feststellungen zu den Kindern wurden im Verfahren nicht bestritten.

Das durchsetzbare Aufenthaltsverbot ergibt sich aus dem Teilerkenntnis des BVwG vom 29.03.2019, GZ: G311 2216095-1/4Z, in welchem der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zum verhängten Aufenthaltsverbot als unzulässig zurückgewiesen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wurde.

Die geplante Abschiebung der bP ergibt sich aus dem Abschiebeauftrag des BFA vom 15.07.2019. Die sonstigen Feststellungen sind im Verfahren unbestritten.

2.2. Die Feststellungen zur sozialen Verankerung der bP unter Berücksichtigung ihres Privat- und Familienleben ergeben sich daraus, dass diese am 27.06.2018 in die Justizanstalt eingeliefert wurde. Am 11.07.2019 wurde sie aus der Strafhaft entlassen. Gegen die bP besteht ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot.

Die Kindesmutter kam bei der Tat der bP am 25.06.2018 ums Leben. Die Kinder befinden sich in der Obhut des Vorarlberger Kinderdorfes. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die bP noch Kontakt zu ihren Kindern pflegt. Vielmehr wurden die Kindesmutter und die Kinder selbst durch die bP mit dem Umbringen bedroht. Zudem gefährdete die bP die körperliche Sicherheit der Kindsmutter und der Kinder selbst, wie sich aus dem Urteil des LG ergibt. Wenn in der Beschwerde dargelegt wird, dass die bP mit ihren Kindern weiterhin zusammenleben möchte, so wird selbst in der Beschwerde nicht dargetan, wie dies vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen überhaupt möglich sein sollte.

Die bP ist schon mehrere Jahre in Österreich aufhältig und lebt ein Bruder der bP in Österreich. Ein besonderes Naheverhältnis zu ihrem Bruder wurde selbst in der Beschwerde nicht dargelegt. Unabhängig des Umstandes, dass die bP zuletzt mehr als ein Jahr in Haft verbrachte, lebt sie seit mehreren Jahren in Österreich und wird nicht in Abrede gestellt, dass sie soziale Kontakte in Österreich hat und sich ein Umfeld aufgebaut hat, wie in der Beschwerde dargelegt.

Resümierend ergibt sich, dass die bP kein Familienleben in Österreich führt, keine Erwerbstätigkeit ausübt, über keinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet verfügt und kam im Verfahren nicht hervor bzw. wurde nicht einmal behauptet, dass diese über ausreichende Existenzmittel verfügt, was insgesamt zur obigen Feststellung führt.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 BFA-VG idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Maßnahmen unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt gem. dem 1. Hauptstück des 2. Teiles des BFA-VG und gem. dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. Abweisung der Beschwerde

3.1. Gesetzliche Grundlage:

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 22a BFA-VG idgF lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

3.2. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs 1 lit f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein (vgl. VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0054; VwGH 11.06.2013, Zl. 2012/21/0114, VwGH 24.02.2011, Zl. 2010/21/0502; VwGH 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542; VwGH 30.08.2007, 2007/21/0043). Daraus leitete der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527, unter Hervorhebung der in § 80 Abs. 1 FPG 2005 ausdrücklich festgehaltenen behördliche Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert, insbesondere auch ab, "dass die Behörde schon von vornherein angehalten ist, im Fall der beabsichtigten Abschiebung eines Fremden ihre Vorgangsweise nach Möglichkeit so einzurichten, dass Schubhaft überhaupt unterbleiben kann. Unterlässt sie das, so erweist sich die Schubhaft als unverhältnismäßig" (VwGH vom 19.05.2011, Zl. 2008/21/0527).

3.3. Der Sicherungsbedarf und die Verhältnismäßigkeit der Schubhaft sind nach Ansicht des BVwG gegeben.

Gegenständlich besteht ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot. Betrachtet man zudem die Interessen der bP an den Rechten ihrer persönlichen Freiheit in Bezug auf ihre familiären bzw. sozialen Verhältnisse im Inland, so zeigt sich wie in der Beweiswürdigung dargelegt, dass die bP über keine nennenswerten Kontakte im Inland verfügt, die hier wesentlich ins Gewicht fallen. Es fällt aber zu Ungunsten der bP ihr strafrechtliches Auftreten ins Gewicht (Schwere Nötigungen, gefährliche Drohung mit dem Tod, Gefährliche Drohung mit dem Tod gegen Polizisten, Widerstand gegen die Staatsgewalt), sodass das öffentliche Interesse an der Beendigung ihres Aufenthaltes in Österreich das Interesse der der Schonung ihrer persönlichen Freiheit überwiegt.

3.4. Die Anordnung eines gelinderen Mittels führt nach Ansicht des BVwG nicht zu einer ausreichenden Sicherung der Durchführbarkeit der Abschiebung. Es ist nicht gesichert, dass die bP für die Behörde erreichbar wäre und sie nicht untertauchen würde. Selbst aus der Beschwerde ergibt sich, dass die bP nicht aus Österreich ausreisen möchte. Auch eine familiäre Bindung, die unter Umständen Halt bieten könnte, ist in Österreich nicht vorhanden. Unter Berücksichtigung aller Umstände ist das BFA daher zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Anordnung gelinderer Mittel das Auslangen nicht gefunden werden kann.

3.5. Die gegenständlich verhängte Schubhaft erweist sich daher auch als "ultima ratio" und es wird die Schubhaft weiterzuführen sein. Auf Grund des zuvor Ausgeführten ergibt sich, dass sowohl Sicherungsbedarf, als auch Verhältnismäßigkeit gegeben sind und die Anwendung eines gelinderen Mittels nicht als erfolgversprechend zu beurteilen war. In diesem Sinne ist auch das Kriterium der "ultima ratio" im vorliegenden Schubhaftverfahren gegeben.

Zu Spruchpunkt II. Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft

3.6. Die getroffene Feststellung und ihre rechtliche Würdigung lassen im Hinblick auf ihre Aktualität und ihren Zukunftsbezug keine die Frage der Rechtmäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft ändernden Umstände erkennen. Es war daher spruchgemäß festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiter vorliegen.

Zu Spruchpunkt III. Kostenbegehren

3.7. Da das BFA vollständig obsiegte, steht ihm nach den angeführten Bestimmungen dem Grunde nach der Ersatz ihrer Aufwendungen zu. Die Höhe der zugesprochenen Verfahrenskosten stützt sich auf die im Spruch des Erkenntnisses genannten gesetzlichen Bestimmungen.

Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte gegenständlich aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erachtet werden.

Es wurde kein Antrag auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gestellt.

Die Beschwerde wendet sich im Wesentlichen auch gegen die rechtliche Beurteilung, welche gegenständlich keiner Erörterung im Rahmen einer Verhandlung bedurfte.

Es konnte daher davon ausgegangen werden, dass der Sachverhalt als hinreichend geklärt erachtet werden und eine Verhandlung entfallen konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aufwandersatz Fortsetzung der Schubhaft Interessenabwägung Kostenersatz öffentliche Interessen Privat- und Familienleben Schubhaft Schubhaftbeschwerde Straffälligkeit strafrechtliche Verurteilung Verhältnismäßigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L510.2221192.1.00

Im RIS seit

18.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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