TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/12 W213 2157111-1

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Veröffentlicht am 12.02.2020
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Entscheidungsdatum

12.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §169c Abs2a
GehG §169c Abs2b
GehG §169c Abs2c
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W213 2157111-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Kommandos Landstreitkräfte, vom 19.04.2017, GZ. P625202/65-KdoLaSK/G1/2017, betreffend Festsetzung des Vorrückungsstichtags und Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung nach Verbesserung des Vorrückungsstichtages zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht als Oberst (Verwendungsgruppe MBO 2) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit Schreiben vom 19.12.2016 beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 113 Abs. 10 GehG die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und ihrer daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie allenfalls die Nachzahlung von Bezügen.

Die belangte Behörde erließ weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid vom 19.04.2017 dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

"Ihr Antrag vom 19.12.2016 auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags wird gemäß § 175 Abs. 79 Z. 3, Abs 79a und 79b des Gehaltsgesetzes 1956 - GehG, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl I Nr 104/2016 i.V.m. § 8 des allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51 idgF, und § 3 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29 idgF, als unzulässig zurückgewiesen."

In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass durch das Besoldungsrechtsanpassungsgesetz BGBl. Nr. 104/2016 am 07.12.2016 ausdrücklich klargestellt worden sei, dass die "alte Rechtslage" zum Vorrückungsstichtag ausnahmslos in allen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und beantragte unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 09.09.2016, GZ. Ro 2016/12/0025 die Herstellung eines dem Unionsrecht genügenden diskriminierungsfreien Rechtszustandes.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Beweiswürdigung:

Diese Sachverhaltsfeststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage und der Angaben des Beschwerdeführers getroffen werden.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren wurde mit Beschluss gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt. Da der EuGH über das Vorabentscheidungsersuchen mit Urteil vom 08.05.2019, C-396/17, entschieden hat, ist das Verfahren nunmehr fortzusetzen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Zu A)

Die belangte Behörde geht im Beschwerdefall vom Fehlen einer Antragslegitimation der bP aus, weil mit der Gesetzesnovelle BGBI. I Nr. 104/2016 eine Anrechnung von Zeiten ausdrücklich ausgeschlossen werde und der Gesetzgeber die Regelungen betreffend "Vorrückungsstichtag" aus dem historischen Bestand der zweiten Republik vollständig entfernt habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass, wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung ist (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/0002, 0003; 23.06.2015, Ra 2015/22/0040, sowie 16.09.2015, Ra 2015/22/0082 bis 0084, alle mwN).

Eine inhaltliche Entscheidung über den verfahrensgegenständlichen Antrag war dem Bundesverwaltungsgericht somit verwehrt. Auch eine Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG kam nicht in Betracht (s. dazu VwGH 16.12.2009, 2008/12/0219).

Es ist demnach zu prüfen, ob die belangte Behörde der bP zu Recht eine Sachentscheidung verweigert hat:

Wie der EuGH nunmehr in seinem Urteil C-396/17 dargelegt hat, muss ein Beamter, der eine Diskriminierung wegen des Alters erlitten hat, die Möglichkeit haben, unter Berufung auf Art. 2 der Richtlinie 2000/78 die diskriminierenden Wirkungen der Modalitäten seiner Überleitung in das neue Besoldungs- und Vorrückungssystem anzufechten. Aus diesem Grund stehen Art. 47 der Charta und Art. 9 der Richtlinie 2000/78 einer nationalen Regelung entgegen, die in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens den Umfang der Kontrolle, die von den nationalen Gerichten ausgeübt werden kann, einschränkt, indem Fragen im Zusammenhang mit der Grundlage des anhand des alten Besoldungs- und Vorrückungssystems berechneten "Überleitungsbetrags" ausgeschlossen werden.

Darüber hinaus hat der EuGH ausgesprochen, dass Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78 in Verbindung mit Art. 21 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer rückwirkend in Kraft gesetzten nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach zur Beseitigung einer Diskriminierung wegen des Alters die Überleitung von Beamten im Dienststand in ein neues Besoldungs- und Vorrückungssystem vorgesehen ist, in dem sich die erste Einstufung dieser Beamten nach ihrem letzten gemäß dem alten System bezogenen Gehalt richtet.

Das nationale Gericht ist, wenn nationale Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit der Richtlinie 2000/78 ausgelegt werden können, verpflichtet, im Rahmen seiner Befugnisse den Rechtsschutz, der dem Einzelnen aus dieser Richtlinie erwächst, zu gewährleisten und für ihre volle Wirkung zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Vorschrift unangewendet lässt. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass die Wiederherstellung der Gleichbehandlung in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt wurde und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, voraussetzt, dass den durch das alte Besoldungs- und Vorrückungssystem benachteiligten Beamten die gleichen Vorteile gewährt werden wie den von diesem System begünstigten Beamten, sowohl in Bezug auf die Berücksichtigung vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegter Vordienstzeiten als auch bei der Vorrückung in der Gehaltstabelle, und dass den diskriminierten Beamten infolgedessen ein finanzieller Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen dem Gehalt, das der betreffende Beamte hätte beziehen müssen, wenn er nicht diskriminiert worden wäre, und dem tatsächlich von ihm bezogenen Gehalt gewährt wird.

Aus dieser Rechtsprechung folgt auch für das vorliegende Verfahren, dass die Zurückweisung des Antrages der bP durch den angefochtenen Bescheid nicht auf § 169c Abs. 2a, 2b und Abs. 2c GehG gestützt werden konnte. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, über den Antrag inhaltlich zu entscheiden, weshalb der Bescheid ersatzlos aufzuheben ist (vgl. hiezu auch VwGH 09.09.2016, Ro 2016/12/0002).

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die belangte Behörde wird im fortgesetzten Verfahren gemäß § 169f Abs. 3 iVm § 169g GehG 1956 den Vergleichsstichtag zu ermitteln und die besoldungsrechtliche Stellung neu festzusetzen haben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die unter A) zitierte Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Fall übertragbar.

Schlagworte

Altersdiskriminierung Behebung der Entscheidung Besoldungsdienstalter besoldungsrechtliche Stellung ersatzlose Behebung EuGH meritorische Entscheidung Rechtsgrundlage Sache des Verfahrens Vorabentscheidungsverfahren Vorrückungsstichtag Vorrückungsstichtag - Neufestsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W213.2157111.1.00

Im RIS seit

18.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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