Entscheidungsdatum
01.04.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W279 2205624-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX .2001, StA. AFGHANISTAN, vertreten durch ARGE Diakonie, gegen den Bescheid des BFA RD XXXX vom XXXX .01.2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer (BF), ein afghanischer Staatsbürger, stellte im April 2018 einen Asylantrag, über den im Juli 2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und im Oktober 2019 durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) negativ abgesprochen wurde. Der BF tauchte in die Anonymität unter, wurde nach wenigen Tagen nach einer Personenkontrolle festgenommen, in Schubhaft genommen, aus dieser entlassen unmittelbar darauf wiederum in Schubhaft genommen und im Dezember 2019 nach Afghanistan abgeschoben.
Im Jänner 2020 erlässt die belangte Behörde den gegenständlichen Bescheid, mit dem ein Aufenthaltstitel nach §57 AsylG nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung festgestellt, ein 18-monatiges Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG erlassen, eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde.
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich nur gegen das 18-monatige Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.) des gegenständlichen Bescheides und beantragt dieses ersatzlos zu beheben, in eventu herabzusetzen und in eventu den Bescheid im angefochtenen Umfang zu beheben und an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
Verfahrensgegenständlich ist erstens, ob ein Einreiseverbot zu Recht erlassen wurde und bejahendenfalls zweitens, ob die belangte Behörde innerhalb ihres Ermessensspielraumes agiert hat, oder ob das Einreiseverbot höher oder niedriger zu bemessen ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist afghanischer Staatsbürger und mittellos.
Der BF wurde aufgrund mehrmaliger Nichteinhaltung der Hausordnung aus der Grundversorgung entlassen und tauchte für wenige Tage in die Anonymität unter bis er im Zuge einer Personenkontrolle angetroffen und festgenommen wurde.
Der BF trat einige Male im Zusammenhang mit Suchtmitteln strafrechtlich in Erscheinung, wurde nie verurteilt und ist daher unbescholten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen basieren auf dem vorgelegten Verwaltungsakt und sind nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Einreiseverbot
Zum Einreiseverbot per se:
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten. Der BF ist unbescholten, das Einreiseverbot und dessen Höchstdauer im Ausmaß von fünf Jahren richten sich somit nach §53 Abs. 2 FPG. Hierbei muss die öffentliche Ordnung oder Sicherheit durch den Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen gefährdet sein.
Das gegenständliche Einreiseverbot wird von der Behörde lediglich mit der Z6 leg.cit. - der Mittellosigkeit des BF - gestützt. Die übrigen gegen den BF sprechenden Argumente sind unter keinen Tatbestand der demonstrativen Aufzählung des §53 Abs. 2 FPG subsumierbar.
Soweit dahingehend die Beschwerde moniert, dass der Ausspruch eines Einreiseverbotes überhaupt als rechtswidrig zu sehen sei und dieser Argumentation folgend, der Mittellosigkeit alleine kein Bedeutungsgehalt beizumessen wäre, wird auf die Entscheidung des VwGH Ra 2018/14/0282, vom 12.07.2019 verwiesen:
"Es trifft aber auch nicht zu, dass dem in § 53 Abs. 2 Z 6 FPG enthaltenen Tatbestand kein eigenständiger Bedeutungsgehalt beizumessen wäre. So hat der Verwaltungsgerichtshof in dem bereits zitierten Erkenntnis vom 20. September 2018, Ra 2018/20/0349, ausgeführt, dass aus der Mittellosigkeit eines Fremden die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft resultiert, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist. Dies gilt auch für ein in einem Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erlassenes Einreiseverbot. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung auch keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass diese Bestimmung als verfassungsrechtlich bedenklich einzustufen wäre."
Ein nur auf die Mittellosigkeit gestütztes Einreiseverbot ist somit rechtlich möglich. Die von Mittellosigkeit ausgehende Gefahr ist somit den Interessen des BF gegenüber zu stellen. Ein besonderes privates oder familiäres Interesse des BF nach Art. 8 EMRK ist dem Akt nicht zu entnehmen und wurde in der Beschwerde weder für das Staatsgebiet der Republik Österreich noch für die übrigen Mitgliedsstaaten behauptet.
Gemäß Art. 11 Abs. 4 der Rückführungsrichtlinie steht es im Übrigen jedem Mitgliedsstaat zu, einen Aufenthaltstitel oder eine sonstige Aufenthaltsberechtigung für Drittstaatsangehörige auszustellen, gegen die ein Einreiseverbot eines anderen Mitgliedstaates besteht. (Filzwieser et al, Kommentar Asyl und Fremdenrecht, NWV Wien/Graz, Seite 1137 mit Verweis auf VwGH v. 13.09.2012 Zl. 2011/23/0413)
Das von der belangten Behörde angeordnete Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG erweist sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt, weshalb eine gänzliche Behebung des Einreiseverbotes nicht in Betracht kommt.
Zur Dauer des Einreiseverbotes:
Die Höchstdauer nach §53 Abs. 2 FPG beträgt fünf Jahre. Schwerwiegender als die gegenständliche Mittellosigkeit wären gravierende Verwaltungsübertretungen oder sogar gerichtlich strafbare Handlungen, die nicht unter Abs. 3 leg.cit. fallen.
Das Vorliegen eines solchen Tatbestandes wird von der Behörde nicht behauptet. Im Rahmen der Höchstdauer von fünf Jahren muss auch für solche Fälle ein entsprechender Bemessungsraum bleiben. Auch sonst wird von der Behörde nichts ins Treffen geführt, dass für eine möglichst lange Dauer des Einreiseverbotes sprechen würde. Aus diesen Überlegungen ist das gegenständliche Einreiseverbot im unteren Bereich der zulässigen Höchstdauer von fünf Jahren zu bemessen.
Das mehrmalige und breit gefächerte Fehlverhalten des BF rechtfertigt auch aus spezialpräventiven Gründen die Erlassung eines Einreiseverbotes. In Anbetracht des §12 Abs. 6 AsylG, nach dem Rückkehrentscheidungen gemäß §52 FPG 18 Monate ab Ausreise des Fremden aufrecht bleiben, wäre aus spezialpräventiven Gründen im gegenständlichen Fall ein leicht darüber liegendes Einreiseverbot geboten.
Da sein Umgang mit Suchtmitteln nicht zu einer strafrechtlichen Verurteilung geführt hat und auch der Verstoß gegen die Hausordnung der Grundversorgungseinrichtung nicht unter einen explizit angeführten Tatbestand der demonstrativen Liste des §53 Abs. 2 FPG subsumierbar ist, ist die von der belangten Behörde bemessene Dauer des Einreiseverbotes gerade noch vertretbar und muss durch das Gericht nicht erhöht werden.
Die Beschwerde, die hingegen auf eine Verkürzung oder gar Behebung des Einreiseverbotes abzielt, ist daher abzuweisen.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die genannten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts vollinhaltlich bestätigt. Im Übrigen vermag das Vorbringen in der Beschwerdeschrift die erstinstanzliche Entscheidung nicht in Frage zu stellen. In der Beschwerde findet kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Gründe, welche die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art 8 EMRK gerechtfertigt erscheinen ließe.
Damit ist der maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Einreiseverbot Mittellosigkeit Rechtsanschauung des VwGH SpezialpräventionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W279.2205624.2.00Im RIS seit
18.08.2020Zuletzt aktualisiert am
18.08.2020