Entscheidungsdatum
06.04.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z5Spruch
W204 1266699-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Esther Schneider über die Beschwerde des A XXXX , geb. XXXX 1981, StA. Afghanistan, vertreten durch Dr. Roland GRILC, Mag. Rudolf VOUK, Dr. Maria ?KOF, MMag. Maja RANC, Mag. Sara GRILC LL.M., Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.03.2019, Zl. 751095501 - 190273076/ BMI-BFA_STM_AST_01, zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und IV. bis VII. wird stattgegeben und diese werden ersatzlos behoben.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird stattgegeben und dem BF in Stattgebung seines Antrags auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine auf zwei Jahre ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.07.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.11.2005, Zl. 05 10. 955 - BAG, hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wurde (Spruchpunkt I.). Die Zurückweisung des BF nach Afghanistan wurde als nicht zulässig beurteilt (Spruchpunkt II.) und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Soweit verfahrenswesentlich wurde ausgeführt, Afghanistan befinde sich in einer Umwälzungsphase und dem BF sei aufgrund ihn betreffender Faktoren (Alter, Bildungsgrad, Berufsausübung, Volksgruppe, Anknüpfungspunkte etc.) eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zumutbar.
I.2. Die befristete Aufenthaltsberechtigung wurde zuletzt mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 15.12.2016 bis zum 26.11.2018 erteilt.
I.3. Am 03.10.2018 beantragte der BF die Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter. Anlässlich dieses Antrags wurde der BF am 19.12.2018 von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Dari und einer Vertrauensperson niederschriftlich einvernommen und zu seiner Situation in Österreich und einer möglichen Rückkehr nach Afghanistan befragt. Der BF führte dazu aus, dass er seit fünf Jahren eine Freundin habe, mit der er zusammenwohne. Er arbeite seit acht Jahren in einer Pizzeria. Nach Afghanistan könne er nicht zurück, weil er seit 14 Jahren in Österreich lebe. Afghanistan sei für ihn fremd geworden. Es bestehe nach wie vor die Gefahr, dass ihn dort seine Feinde ausfindig machten.
Im Zuge der Einvernahme wurde dem BF mitgeteilt, dass derzeit noch kein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eingeleitet werde, sondern ihm die Möglichkeit gegeben werde, einen Aufenthaltstitel nach dem NAG zu beantragen. Dafür wurde ihm eine Frist bis zum 18.01.2019 gewährt.
I.4. Nachdem der BF diese Frist ungenutzt hat verstreichen lassen, wurde mit Aktenvermerk vom 18.03.2019 ein Aberkennungsverfahren eingeleitet. Dies wurde dem BF mit Schreiben vom selben Tag mitgeteilt. Dem BF wurden gleichzeitig die aktuellen Länderinformationen übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von 14 Tagen dazu Stellung zu nehmen.
I.5. Am 22.03.2019 erstattete der BF eine Stellungnahme, in der er ausführte, die Sicherheitslage lasse eine Rückkehr weder in seine Heimatprovinz noch in andere Gebiete Afghanistans zu. Zudem sei der BF seit 15 Jahren in Österreich und habe in Afghanistan keine familiären Anknüpfungspunkte.
I.6. Mit Bescheid vom 28.03.2019, dem BF am 01.04.2019 durch Hinterlegung zugestellt, wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), die erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.), der Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung abgewiesen (Spruchpunkt III.), ein Aufenthaltstitel nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt V.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt VI.); die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VII.).
Begründend wurde ausgeführt, dass die Gründe für den zugesprochenen subsidiären Schutz nicht mehr vorlägen, der BF selbsterhaltungsfähig sei und über neu erlernte berufliche Qualifikationen verfüge, sodass ihm eine Rückkehr nach Afghanistan nunmehr zumutbar sei.
I.7. Mit Verfahrensordnung vom 28.03.2019 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
I.8. Am 23.04.2019 erhob der BF durch seine im Spruch genannten Vertreter Beschwerde gegen den Bescheid des BFA wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragte, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen und ihm den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu die Rückkehrentscheidung aufzuheben, in eventu die Abschiebung aufzuheben, in eventu einen Aufenthaltstitel zu erteilen, in eventu den Bescheid zur Gänze zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Das BFA verkenne, dass der BF individuell verfolgt werde und zwar von seinem Cousin wegen Grundstücksstreitigkeiten und von den Brüdern eines Mädchens, das er hätte heiraten sollen. Außerdem habe das BFA es verabsäumt, ausreichende Feststellungen zur Lage der Tadschiken zu treffen, auch aufgrund seiner Volksgruppe werde er möglicherweise verfolgt. Der BF verfüge über keinen familiären Rückhalt in Afghanistan. Vielmehr lebe er seit bereits fünf Jahren in einer Beziehung mit einer in Österreich lebenden Frau. Er habe auch eine väterliche Beziehung zu deren minderjährigem Sohn aufgebaut. Darüber hinaus sei eine Hochzeit geplant.
I.6. Am 26.04.2019 langte die gegenständliche Beschwerde samt dem Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
- Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle;
- Einsicht in die in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat und in die vom BF vorgelegten Unterlagen;
- Einsicht in das Zentrale Melderegister, das Strafregister und das Grundversorgungssystem.
II.1. Sachverhaltsfeststellungen:
Der BF ist Staatsangehöriger Afghanistans, gehört der Volksgruppe der Tadschiken an und bekennt sich zum sunnitischen Islam. Die Muttersprache des BF ist Dari. Seine Identität kann nicht festgestellt werden.
Der BF wurde in Kabul geboren. Bis zu seiner Ausreise im Jahr 2005 lebte der BF in Afghanistan in den Provinzen Kabul und Parwan. Er besuchte neun Jahre lang die Schule und arbeitete mehrere Jahre als Schweißer in verschiedenen Städten Afghanistans. Außerdem lebte er von den Pachteinnahmen seiner Grundstücke.
Der BF reiste am 22.07.2005 am Luftweg nach Österreich ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.11.2005, Zl. 05 10. 955 - BAG hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen. Hingegen wurde ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan nicht zulässig sei und dem BF eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Zu diesem Zeitpunkt verfügte der BF über familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan.
Begründend führte das Bundesasylamt dazu aus:
"Wenngleich in Ihrem Fall eine asylrelevante Verfolgung nicht vorliegt, die Macht der Taliban gebrochen ist, so bleibt für die Behörde doch zu befinden, dass sich Afghanistan in einer schwierigen Umwälzungsphase befindet, wirtschaftlich darniederliegt und daher eine Prüfung unter Zugrundelegung des Zumutbarkeitskalküls geboten ist. Für die Bewertung, ob die Lebensgrundlage nicht mehr gegeben ist, setzt das hierfür aus der Lehre und Judikatur entwickelte ?Zumutbarkeitskalkül' voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet in eine ausweglose Lage gerät. Sowohl Ihre Ausführungen, wie auch die Berücksichtigung individueller, Sie betreffender Faktoren (Alter, Bildungsgrad, Berufsausübung, Volksgruppe, Anknüpfungspunkte etc.) und die derzeitige Lage in Afghanistan lassen die Behörde zum Befinden kommen, dass in Ihrem Falle die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit (noch) vorliegen, Ihnen somit objektiv gesehen, die Lebensgrundlage in Ihrem Herkunfts- und Heimatstaat entzogen ist."
Mit Bescheid vom 15.12.2016, Zl. 751095501/2803355/BMI-BFA_STM_AST_01, wurde dem BF zuletzt eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 26.11.2018 erteilt. Am 03.10.2018 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung.
Der BF befindet sich seit seiner Einreise durchgehend im Bundesgebiet. Er besuchte mehrere Deutschkurse und beherrscht Deutsch zumindest auf A2-Niveau. Der BF ist im Bundesgebiet seit 22.12.2006 mit kurzzeitigen Unterbrechungen erwerbstätig. Seit 01.12.2011 arbeitet der BF zuerst teils geringfügig und teils mit Unterbrechungen und seit 01.05.2015 durchgehend Vollzeit als Pizzakoch und Lieferant. Der BF hat einen großen Freundeskreis in Österreich. Seit etwa sechs Jahren führt der BF eine Beziehung, wobei er mit seiner Lebensgefährtin und deren Sohn im gemeinsamen Haushalt lebt. Der BF hat familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig. Er ist strafrechtlich unbescholten.
II.2. Diese Feststellungen beruhen auf folgender Beweiswürdigung:
II.2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und dem Verfahrensakt des Bundesverwaltungsgerichts.
II.2.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie zu seinen Sprachkenntnissen beruhen auf den glaubhaften Angaben des BF während des gesamten Verfahrens. Diese Umstände wurden im Wesentlichen auch bereits vom BFA seiner Entscheidung zugrunde gelegt und sie wurden in der Beschwerde nicht bestritten, sondern vielmehr bestätigt, weshalb für das Bundesverwaltungsgericht daran keine Zweifel bestehen.
Ebenso verhält es sich mit den Feststellungen zur Herkunftsprovinz des BF, seiner Schulbildung und Berufserfahrung sowie zu den Familienangehörigen in Afghanistan (AS 301).
II.2.3. Dass und warum die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF im Jahr 2005 für nicht zulässig erklärt wurde sowie die Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung und der diesbezügliche Antrag vom 03.10.2018 konnten aufgrund des unstrittigen Akteninhalts festgestellt werden.
II.2.4. Die Feststellungen zur Lebenssituation des BF in Österreich beruhen auf seinen Angaben vor dem BFA und in der Beschwerde sowie den dort vorgelegten Beilagen, an deren Echtheit und Richtigkeit kein vernünftiger Grund zu zweifeln besteht.
Dass der BF gesund und arbeitsfähig ist, konnte festgestellt werden, zumal der BF während des gesamten Verfahrens nie vorbrachte, unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu leiden, sondern vielmehr selbst vorbrachte, aktuell erwerbstätig zu sein. Die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einem aktuellen Auszug aus dem Strafregister.
II.3. Rechtliche Beurteilung:
II.3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG, BGBl. I Nr. 87/2012 idF BGBl. I Nr. 68/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des BFA.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, was im gegenständlichen Verfahren nicht der Fall ist.
II.3.2. Zu Spruchpunkt I.
Zu Spruchpunkt I.
II.3.2.1. Einleitend sei der Vollständigkeit halber festgehalten, dass dem BF aufgrund der vom Bundesasylamt erteilten befristeten Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 1997 nach § 75 Abs. 6 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten als zuerkannt gilt.
II.3.2.2. Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht (1. Fall) oder nicht mehr (2. Fall) vorliegen. Diese Bestimmung verfolgt das Ziel, sicherzustellen, dass nur jenen Fremden, die die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz erfüllen, der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153). Es würde nämlich der allgemeinen Systematik und den Zielen der Richtlinie 2011/95/EU über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (im Folgenden: Statusrichtlinie) widersprechen, die in dieser Richtlinie vorgesehenen Rechtsstellungen Drittstaatsangehörigen zuzuerkennen, die sich in Situationen befinden, die keinen Zusammenhang mit dem Zweck des internationalen Schutzes aufweisen. Der Verlust des subsidiären Schutzstatus unter solchen Umständen steht mit der Zielsetzung und der allgemeinen Systematik der Statusrichtlinie, insbesondere mit Art. 18, der die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus nur an Personen vorsieht, die die Voraussetzungen erfüllen, in Einklang (EuGH 23.05.2019, Bilali, C-720/17, Rn 44 ff).
Art. 16 Abs. 1 Statusrichtlinie, der im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation zu berücksichtigen ist, lautet: "Ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser hat keinen Anspruch auf subsidiären Schutz mehr, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist." Nach Absatz 2 leg.cit. berücksichtigen die Mitgliedstaaten, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, tatsächlich nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
Dabei ist es Aufgabe des BFA - beziehungsweise im Beschwerdeverfahren des Bundesverwaltungsgerichts - offen zu legen, weshalb es davon ausgeht, dass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen. Diesem Grundsatz der Amtswegigkeit korrespondiert die Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken. In Bezug auf das Begehren auf Zuerkennung von subsidiärem Schutz wurde in der Rechtsprechung im Besonderen festgehalten, dass grundsätzlich der Fremde das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abwendbaren Bedrohung im Sinn des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG - diese Bestimmungen stellen auf dieselben Gründe ab, wie sie in §§ 3 und 8 AsylG enthalten sind - glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Die Beweislast für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für eine Person liegt grundsätzlich bei dieser, dabei sind aber gleichzeitig die Schwierigkeiten, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert ist, in Betracht zu ziehen und bei einem entsprechend substantiierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von jener anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheidet, im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden. Soweit es um die allgemeine Lage im Herkunftsstaat geht, ist jedoch ein anderer Ansatz heranzuziehen. Diesbezüglich haben die Asylbehörden vollen Zugang zu den relevanten Informationen und es liegt an ihnen, die allgemeine Lage im betreffenden Staat (einschließlich der Schutzfähigkeit der Behörden im Herkunftsstaat) von Amts wegen festzustellen und nachzuweisen (vgl. zum Ganzen VwGH 10.08.2018, Ra 2018/20/0314).
Diese Sichtweise hat - auch vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Regelungen in Art. 19 Abs. 4 Statusrichtlinie - im Aberkennungsverfahren nicht uneingeschränkt Platz zu greifen, hat die Behörde die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz doch bereits geprüft und bejaht. Das bedeutet jedoch nicht, dass der betroffene Fremde im Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiären Schutzes jeglicher Mitwirkungsverpflichtungen enthoben wäre, was sich auch aus Art. 19 Abs. 4 iVm Art. 4 Abs. 1 Statusrichtlinie ergibt. Es ist daher Aufgabe der Behörde, näher darzulegen, worin sie im konkreten Fall Umstände erblickt, sodass davon auszugehen ist, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen. Ausgangspunkt dieser Betrachtungen haben jene Umstände zu sein, die ursprünglich zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben. Vermag die Behörde insoweit ihre Ansicht ordnungsgemäß zu belegen, liegt es am betroffenen Fremden, ein entsprechendes Vorbringen ins Treffen zu führen, weshalb die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten weiterhin vorliegen. Dies gilt vor allem dann, wenn er dies auf andere als die bisher maßgeblichen Gründe stützen möchte. Er hat das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung in den (in der Regel) Heimatstaat dort gegebenen Bedrohung glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Unter Berücksichtigung der Rechtskraftwirkungen der Zuerkennungsentscheidung ist es zwar nicht zulässig, die Aberkennung auszusprechen, obwohl sich der Sachverhalt seit der Zuerkennung des subsidiären Schutzes beziehungsweise der erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung nach § 8 Abs. 4 AsylG nicht geändert hat. Soweit aber neue Sachverhaltselemente hinzutreten, die für die Frage der Aberkennung von Bedeutung sein können, ist es der Behörde nicht verwehrt, auch Elemente, die vor Zuerkennung des subsidiären Schutzes beziehungsweise vor Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung liegen, in die Gesamtbeurteilung einfließen zu lassen. Eine Änderung der maßgeblichen Umstände wird sich regelmäßig daraus ergeben, dass sich die tatsächlichen Umstände im Herkunftsland geändert haben und durch diese Änderung die Ursachen, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt haben, beseitigt worden sind, jedoch sieht weder § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG noch Art. 16 Statusrichtlinie vor, dass deren Anwendungsbereich auf einen solchen Fall beschränkt ist (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
Eine Änderung der Sicherheitslage vermag eine Aberkennung des subsidiären Schutzes jedenfalls zu rechtfertigen (VwGH 21.03.2018, Ra 2017/18/0416). Es kann aber auch eine Änderung des Kenntnisstands der Behörde hinsichtlich der persönlichen Situation der betroffenen Person in gleicher Weise dazu führen, dass die ursprüngliche Befürchtung, der Fremde habe eine Verletzung der in § 8 Abs. 1 AsylG genannten Rechte zu gewärtigen oder er werde einen ernsthaften Schaden im Sinne von Art. 15 Statusrichtlinie erleiden, im Licht der neuen Informationen, die nunmehr zur Verfügung stehen, nicht mehr begründet erscheint. Der EuGH hat zudem - unter Bezugnahme auf Art. 16 Abs. 2 Statusrichtlinie - festgehalten, dass dies jedoch nur gilt, soweit die neuen Informationen, über die der Aufnahmemitgliedstaat verfügt, zu einer Änderung seines Kenntnisstands führen, die hinsichtlich der Frage, ob die betreffende Person die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfüllt, hinreichend bedeutsam und endgültig sind (vgl. EuGH 23.05.2019, Bilali, C-720/17, Rn. 49f).
Gerade in Bezug auf die Frage, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, sodass Anspruch auf subsidiären Schutz nicht länger besteht, kommt es regelmäßig nicht allein auf den Eintritt eines einzelnen Ereignisses an. Der Wegfall der Notwendigkeit, auf den Schutz eines anderen Staates angewiesen zu sein, kann sich durchaus auch als Ergebnis unterschiedlicher Entwicklungen von Ereignissen, die sowohl in der Person des Fremden als auch in der in seinem Heimatland gegebenen Situation gelegen sind, darstellen. Es sind daher nicht isoliert nur jene Sachverhaltsänderungen zu berücksichtigen, die zeitlich nach der zuletzt erfolgten Bewilligung der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung eingetreten sind, sondern es dürfen im Rahmen der bei der Beurteilung vorzunehmenden umfassenden Betrachtung bei Hinzutreten neuer Umstände alle für die Entscheidung maßgeblichen Elemente einbezogen werden, selbst wenn sie sich vor der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ereignet haben (VwGH 27.05.2019, Ra 2019/14/0153).
II.3.2.3. Im gegenständlichen Fall stützt sich das BFA zwar nicht ausdrücklich aber doch implizit auf den zweiten Fall des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG, nämlich, dass die Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorlägen. Dazu führt es insoweit aus, der BF sei nunmehr im Gegensatz zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten selbsterhaltungsfähig und verfüge über langjährige Arbeitserfahrung.
Richtig ist zunächst die Auffassung des BFA, dass die Sicherheitslage alleine nicht entscheidungsrelevant für die Unzulässigkeit der Abschiebung war. Die Sicherheitslage ist daher im konkreten Fall nicht entscheidungsrelevant, sodass dazu keine Feststellungen zu treffen waren. Das BFA bringt in seiner weiteren Begründung jedoch die Rechtsauffassung zum Ausdruck, es sei ausschließlich auf jene Entscheidung abzustellen, mit der dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigte zuerkannt beziehungsweise erstmals eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten erteilt worden sei. Diese Ansicht ist jedoch verfehlt, zumal die letzte erfolgte Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung in dieser Frage maßgeblich ist (VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0367). Wie festgestellt wurde die befristete Aufenthaltsberechtigung des BF im Dezember 2016 letztmals verlängert. Zu diesem Zeitpunkt war der BF jedoch ebenfalls bereits mehrere Jahre im Bundesgebiet berufstätig und selbsterhaltungsfähig. Entscheidungsrelevante Änderungen im oben beschriebenen Sinn, die seitdem eingetreten sein sollten, sind nicht ersichtlich. Darüber hinaus war der BF auch bereits in Afghanistan berufstätig und selbsterhaltungsfähig, sodass selbst seit der Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in diesen Punkten keine Änderungen eingetreten sind, die eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten rechtfertigen würden.
Die Situation des BF ist daher seit der letzten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung im Wesentlichen unverändert, zumal er auch bereits bei Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan hatte, wie er sie auch im jetzigen Entscheidungszeitpunkt hat. Das BFA würdigte damit dieselbe Situation lediglich anders als zum Zeitpunkt der Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung beziehungsweise der letzten erfolgten Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, was jedoch nicht zulässig ist, da eine bloße unterschiedliche Beweiswürdigung eines im Wesentlichen gleichen Vorbringens ohne maßgebliches neues Sachverhaltssubstrat für sich genommen nicht zu einer Aberkennung berechtigt, weil darin keine Änderung des Kenntnisstandes des Aufnahmemitgliedstaates liegt (VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0262 mit Verweis auf EuGH 23.05.2019, Bilali, C- 720/17, Rn 50).
Eine maßgebliche Änderung wurde vom BFA somit nicht aufgezeigt und war auch vom Bundesverwaltungsgericht nicht festzustellen.
II.3.2.4. Letztlich läuft die Begründung des BFA darauf hinaus, dem BF den Status aufgrund von § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG abzuerkennen, weil das BFA im Gegensatz zur Ansicht des Bundesasylamts davon ausgeht, dem BF wäre die Rückkehr in sein Heimatland beziehungsweise die Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative möglich und zumutbar.
Auch damit ist das BFA nicht im Recht. Auch zum AsylG 1997 hatte das Bundesasylamt die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung in diesen Staat zu beurteilen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559). Es war also auch damals eine Zumutbarkeitsprüfung anhand der konkreten Situation des Fremden durchzuführen. Diese hat das Bundesasylamt auch durchgeführt und ist trotz der Schulbildung, der Berufserfahrung und der familiären Anknüpfungspunkte zum Ergebnis gekommen, dem BF sei eine Rückkehr nach Afghanistan nicht zumutbar. Unabhängig davon, ob diese Beurteilung zutreffend war, kann eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht auf § 9 Abs. 1 Z 1 erster Fall AsylG gestützt werden. Nach dem Akteninhalt lässt sich nämlich kein Irrtum über die Tatsachen im Zeitpunkt der Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung feststellen. Das BFA ist jedoch nunmehr bei im Wesentlichen gleichbleibender Tatsachenlage, die bereits die Grundlage für die Entscheidung des Bundesasylamts im Jahr 2005 bildete, zu einer anderen rechtlichen Beurteilung gekommen. In diesem Zusammenhang ist auf die Entscheidung des EuGH in der Rs Bilali (C-720/17) hinzuweisen, wonach vor dem Hintergrund einer unveränderten Tatsachenlage auch dann nach § 9 Abs. 1 Z 1 1.Fall AsylG abzuerkennen wäre, wenn die Gewährung des subsidiären Schutzes erfolgte, ohne dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung erfüllt waren. Im Fall Bilali lag ein Irrtum über die Staatsangehörigkeit des BF, also ein Irrtum über Tatsachen, seitens der Behörde vor. Ein solcher Irrtum lag im vorliegenden Fall nicht vor. Vielmehr beurteilte das BFA den im Wesentlichen gleich gebliebenen Sachverhalt rechtlich anders. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen "Umstand" im Sinne von Art. 16 der Statusrichtlinie, der eine Aberkennung rechtfertigen könnte (vgl. näher BVwG 28.11.2019, W270 2222172-1). Eine bloße unterschiedliche Beweiswürdigung eines im Wesentlichen gleichen Vorbringens ohne maßgebliches neues Sachverhaltssubstrat berechtigt für sich genommen nicht zu einer Aberkennung, da darin keine Änderung des Kenntnisstandes des Aufnahmemitgliedstaates liegt (VwGH 29.01.2020, Ra 2019/18/0262, mit Verweis auf EuGH 23.05.2019, Bilali, C- 720/17, Rn 50).
Auch EASO geht davon aus, dass es unter der geltenden Unionsrechtslage nicht ausreicht, dass eine Verwaltungsbehörde zum Schluss gelangt, dass der subsidiäre Schutz nicht hätte gewährt werden dürfen, und sich darum bemüht, ihre ursprüngliche Entscheidung zu revidieren (vgl. EASO, Richterliche Analyse Beendigung des internationalen Schutzes: Artikel 11, 14, 16 und 19 der Anerkennungsrichtlinie, abrufbar unter: https://www.easo.europa.eu/sites/default/ files/ending-international-protection_de.pdf, S. 57).
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall AsylG zu Unrecht erfolgte. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. II. und IV. bis VII. des angefochtenen Bescheides war daher stattzugeben und diese ersatzlos zu beheben.
Zu Spruchpunkt II.
II.3.2.5. Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG gilt die einem Fremden erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Mit Spruchpunkt III. wurde der Antrag des BF auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung abgewiesen, da ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wurde. Wie oben ausgeführt, erfolgte diese Aberkennung zu Unrecht, sodass dem Antrag des BF auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung stattzugeben war.
Auch bei der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung ist die Gültigkeitsdauer der zu erteilenden Berechtigung ausgehend vom Entscheidungszeitpunkt festzulegen. Da die rechtlichen Wirkungen eines Erkenntnisses erst mit dessen Zustellung eintreten und aufgrund der maßgeblichen Rechtsvorschriften eine zweijährige Gültigkeitsdauer der zu verlängernden Aufenthaltsberechtigung vorzusehen ist, hat die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung ab dem Datum der Zustellung des Erkenntnisses zu erfolgen (VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281).
II.3.2.6. Der Vollständigkeit halber ist abschließend noch Folgendes festzuhalten: Soweit der BF in seiner Beschwerde eine individuelle Verfolgung aufgrund von Grundstücksstreitigkeiten und von Angehörigen eines Mädchens, das er hätte heiraten sollen, sowie aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit behauptet, ist er darauf hinzuweisen, dass diese von ihm vorgebrachten Gründe bereits im Verfahren auf internationalen Schutz sowohl vom Bundesasylamt als auch vom Asylgerichtshof in dessen Erkenntnis vom 30.11.2012 zu C10 266699-0/2008 als nicht glaubhaft beurteilt wurden, weswegen ihm auch kein Status des Asylberechtigten gewährt wurde. Diesen Gründen stünde daher das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen, zumal der BF dazu kein neues Vorbringen erstattet. Darüber hinaus sind diese Gründe nicht verfahrensgegenständlich, weswegen darauf auch nicht näher einzugehen war. Völlig unverständlich bleibt auch der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, weil das BFA der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht aberkannte und ihr daher nach § 17 VwGVG von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukam, wie im Übrigen auch richtigerweise in der Rechtsmittelbelehrung des BFA festgehalten ist.
Dem BFA wiederum ist eine mangelhafte Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts vorzuwerfen. Wie der BF in seiner Einvernahme angab und vom BFA auch nicht in Zweifel gezogen wurde, lebt der BF seit Jahren mit seiner Freundin und deren Sohn im gemeinsamen Haushalt. Der Sohn sei wie sein eigener Sohn und er wäre für diesen wie sein eigener Vater. Das BFA hat jedoch keinerlei Ermittlungen dahingehend getätigt, wie das Zusammenleben im Detail gestaltet ist, ob also der BF etwa, wie von ihm vorgebracht, tatsächlich zum "Vaterersatz" des Sohnes seiner Lebensgefährtin, dokumentiert etwa durch Übernahme von Aufsichtspflichten, geworden ist. Diese Ermittlungsergebnisse hätten dann nicht nur unter dem Aspekt der Begründung eines Familienlebens, sondern auch unter dem Blickwinkel des Kindeswohls in Bezug auf die Rückkehrentscheidung Beachtung zu finden gehabt (VwGH 16.05.2019, Ra 2019/21/0050). Da aufgrund der Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung diese Frage nicht mehr entscheidungswesentlich ist, waren diese Ermittlungen vom Bundesverwaltungsgericht nicht nachzuholen. Aus diesem Grund war auch dem Antrag des BF auf Einvernahme seiner Lebensgefährtin nicht nachzukommen.
Zudem hat das BFA in Bezug auf die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung auch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des unbescholtenen Fremden - der hier vorliegt -- regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist, nicht beachtet. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren - wovon im gegenständlichen Fall jedoch nicht auszugehen ist, zumal dieser zumeist berufstätig war und eine Lebensgefährtin, einen Ziehsohn und einen großen Freundeskreis im Bundesgebiet hat - , wurden Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (VwGH 04.02.2020, Ra 2020/14/0026).
II.3.3. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die vom BF beantragte mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben und den Anträgen des BF stattzugegeben ist.
II.3.4. Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
Schlagworte
Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten Aberkennungstatbestand § 9 Abs. 1 befristete Aufenthaltsberechtigung Behebung der Entscheidung Berufserfahrung ersatzlose Teilbehebung EuGH Rechtskraftwirkung Rückkehrentscheidung behoben Selbsterhaltungsfähigkeit Verlängerung wesentliche Änderung ZumutbarkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W204.1266699.2.00Im RIS seit
18.08.2020Zuletzt aktualisiert am
18.08.2020