Entscheidungsdatum
21.04.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W185 2225012-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Skopje vom 15.10.2019, Zl. KONS/1669/2019, aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Kosovo, vertreten durch RA Mag. Nikolaus Rast, Schottengasse 10, 1010 Wien, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Skopje vom 13.08.2019, Zl. Skopje-ÖB/KONS/1957/2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 15b FPG iVm Art. 32 Abs. 1 lit. a sublit. vi der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Kosovo, stellte am 08.05.2019 bei der österreichischen Botschaft Skopje (ÖB Skopje) einen Antrag auf Ausstellung eines zur mehrfachen Einreise berechtigenden Schengen-Visums der Kategorie "C" für die Gültigkeitsdauer von 90 Tagen (geplantes Ankunftsdatum im Schengenraum: 25.05.2019). Als Hauptzweck der Reise wurde "Family reunion" angegeben. Als einladende Person wurde der Ehemann der Beschwerdeführerin, ein slowenischer Unionsbürger, wohnhaft in XXXX , genannt. Zum Familienstand der Beschwerdeführerin wurde "verheiratet", zur derzeitigen beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin "Student" angegeben. Als Ehemann wurde XXXX , geb. XXXX , StA. Slowenien, angeführt.
Mit dem Antrag legte die Beschwerdeführerin folgende Dokumente vor:
- Kopien der Reisepässe der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes
- Gehaltszettel betreffend den Ehemann
- Mietvertrag betreffend den Ehemann
- Dienstvertrag betreffend den Ehemann
- KSV Infopass betreffend den Ehemann
- Deutschprüfungszertifikat auf Niveau A1 betreffend die Beschwerdeführerin
- Diverse slowenische und kosovarische Dokumente (Geburtsurkunden, Heiratsurkunde, Strafregisterauszug)
- Anmeldebescheinigung der Republik Österreich für EWR- Bürger/-innen und Schweizer Bürger/-innen gemäß NAG betreffend den Ehemann der Beschwerdeführerin vom 19.03.2015
- Meldezettel betreffend den Ehemann
Am 31.05.2019 wurde die Beschwerdeführerin an der ÖB Skopje zur Ehe mit dem genannten, in Österreich lebenden slowenischen Staatsangehörigen, einvernommen. Hierbei gab diese unter anderem an, keine Vorstrafen und - ebenso wie ihr Gatte - keine Schulden zu haben. Es sei die erste Ehe für sie; Kinder habe sie keine. Dasselbe gelte auch für ihren Ehemann. Sie habe mit der Familie ihres Ehemannes, welche in Slowenien lebe, Kontakt über das Internet. Ihr Gatte arbeite als Lagerarbeiter bei XXXX . Die Beschwerdeführerin studiere seit 2016 Jura. Sie spreche die Sprachen Albanisch und Deutsch (Niveau A1). Ihr Ehemann spreche Slowenisch, Albanisch, etwas Deutsch, Mazedonisch und etwas Englisch. Die Familie des Ehemannes stamme ursprünglich aus dem Kosovo, sei jedoch bereits vor dem Krieg nach Slowenien gezogen. Der Cousin der Beschwerdeführerin habe ihren nunmehrigen Ehemann im Kosovo kennen gelernt und diesem die Beschwerdeführerin als Ehefrau "vorgeschlagen". Die Beschwerdeführerin habe ihrem Ehemann 2016 eine Freundschaftsanfrage auf Facebook geschickt. Sie hätten sich erstmals im August 2017 persönlich im Kosovo getroffen; dort sei es lediglich zu einem Treffen in einem Restaurant gekommen. Das nächste Treffen habe dann im August 2018 stattgefunden. Am 16.08.2018 habe man Verlobung gefeiert und am 24.08.2018 sei die Ehe geschlossen worden. Die Familien hätten die Heirat beschlossen. Der Ehemann habe den Heiratsantrag am 14.08.2018 in Anwesenheit des Vaters und zweier Onkel des Ehemannes und der Eltern der Beschwerdeführerin gemacht. Man habe gemeinsam das Aufgebot bestellt und die Hochzeit organisiert. Sie habe, ebenso wie ihr Gatte, keine Hochzeitsgeschenke erhalten; eine Hochzeitsreise habe nicht stattgefunden. Die Verlobungsringe seien aus Gold und hätten jeweils den Namen des Ehepartners und das Verlobungsdatum eingraviert. Der Ehemann sei seit der Eheschließung lediglich einmal zu Besuch im Kosovo gewesen, da er vorher keinen Urlaub bekommen hätte. Ihr Gatte verdiene ? 1.600,-- netto und zahle ? 650,-- Wohnungsmiete. In der Wohnung ihres Gatten sei die Beschwerdeführerin noch nie gewesen. Die Frage, ob sie zur Eheschließung gezwungen worden sei bzw ob es sich um eine Scheinehe handeln würde, verneinte die Beschwerdeführerin.
Der Ehemann der Beschwerdeführerin wurde am 15.06.2019 vor der Landespolizeidirektion XXXX niederschriftlich einvernommen. Hierbei gab dieser an, dass seine Familie eigentlich aus dem Kosovo stammen würde, wo diese seit 2016 ein Haus besitze; dorthin würden er und seine Familie seither jedes Jahr auf Urlaub fahren. Er habe die Beschwerdeführerin am 24.08.2018 aus Liebe geheiratet. Er selbst habe in Slowenien gelebt, bevor er im Herbst 2014 nach Österreich gekommen sei. Er arbeite bei der Firma XXXX im Lager. Albanisch sei seine Muttersprache; er spreche auch noch Slowenisch, Serbokroatisch, ein bisschen Englisch und Deutsch. Die Beschwerdeführerin spreche Albanisch und lerne derzeit Deutsch. Sie würden sich auf Albanisch unterhalten. Er habe der Beschwerdeführerin im Spätsommer/Herbst 2017 via Internet einen Heiratsantrag gemacht. Die Beschwerdeführerin habe als Hochzeitsgeschenke Ringe, eine Halskette, diverses Make-up und 50,-- Euro bekommen. Er habe ihr eine Halskette mit einem "Swarovski"-Stein geschenkt. Die Eheringe hätten keine Gravur. Eine Hochzeitsreise habe nicht stattgefunden. Es bestünde kein gemeinsamer Haushalt.
Im entsprechenden "Abschlussbericht" der Landespolizeidirektion XXXX vom 17.06.2019 wurde festgehalten, dass sowohl dem Ehemann als auch der Beschwerdeführerin dieselben Fragen gestellt worden seien und dabei auch "fast zur Gänze" dieselben Angaben gemacht hätten. Es könne daher wohl davon ausgegangen werden, dass sich die Genannten gut kennen würden. Der Ehemann habe wiederholt angegeben, dass er die Beschwerdeführerin liebe und nur aus diesem Grund geheiratet habe.
In der Folge wurde der genannte Abschlussbericht der ÖB Skopje zur Kenntnis gebracht.
Diese räumte der Beschwerdeführerin mit "Aufforderung zur Stellungnahme" vom 31.07.2019 Parteiengehör ein und teilte mit, dass Bedenken gegen die Erteilung des Einreisetitels bestehen würden. "Die Behörde hat Ihnen Rechtsmissbrauch oder Betrug nachgewiesen: Die von Ihnen behauptete Ehe wurde von der Behörde als Scheinehe gewertet." Bei der niederschriftlichen Befragung seien teils (näher dargestellte) widersprüchliche Angaben gemacht worden. So habe die Beschwerdeführerin etwa angegeben, dass ihr der nunmehrige Gatte am 16.08.2018 einen Heiratsantrag gemacht habe; demgegenüber habe der vermeintliche Gatte erklärt, den Heiratsantrag via Internet im Spätsommer oder Herbst 2017 gemacht zu haben. Entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin habe der Gatte ausgesagt, der Genannten als Hochzeitsgeschenk eine silberne Halskette gegeben zu haben. Weitere Hochzeitsgeschenke habe der Interviewte aufgezählt. Der Ring, den der vorgebliche Ehemann trage, weise - entgegen den Angaben der Beschwerdeführerin - keine Gravur auf. Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche in schriftlicher Form und in deutscher Sprache diese Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Die Beschwerdeführerin brachte keine Stellungnahme ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.08.2019, übernommen am 19.08.2019, verweigerte die ÖB Skopje die Erteilung des Visums gemäß § 15b FPG iVm Art. 27 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten (Freizügigkeitsrichtlinie EU ABl. L 158/77 vom 30.04.2004). Begründend wurde ausgeführt, die Behörde habe der Beschwerdeführerin Rechtsmissbrauch oder Betrug nachgewiesen. Die behauptete Ehe sei von der Behörde als Scheinehe gewertet worden. Im Zuge der niederschriftlichen Befragungen seien zahlreiche (Anm: hier erneut angeführte) widersprüchliche Angaben erstattet worden. Da die Beschwerdeführerin von der Gelegenheit Stellung zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht habe, sei aufgrund der Aktenlage spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen den Bescheid der ÖB Skopje erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 24.08.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Vorgebracht wurde darin im Wesentlichen, dass es sich um eine aufrechte Ehe und nicht um eine Scheinehe handle. Bei den seitens der ÖB herangezogenen "Widersprüchen" handle es sich nicht um Widersprüche, sondern um ein kulturelles Missverständnis. Die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann hätten sich so selten getroffen, da dieser den Job gewechselt habe und daher für sechs Monate keinen Urlaubsanspruch gehabt habe. Nach der Krebserkrankung seiner Mutter habe ihr Ehemann alle seine freien Tage dazu verwendet, seine Mutter in Slowenien zu besuchen. Betreffend den Zeitpunkt des Heiratsantrages sei festzuhalten, dass es in der albanischen Kultur schwer sei, den genauen Zeitpunkt des Antrages zu bestimmen. Ihr Ehemann habe tatsächlich erstmals im Spätsommer/Herbst 2017 über das Internet über Heirat gesprochen und dies in der vorliegenden Einvernahme als Heiratsantrag definiert. Die formelle Verlobung habe später in Anwesenheit der Familien stattgefunden. Die Ehe sei aber nicht von der Familie beschlossen worden; es habe sich nicht um eine Zwangsehe gehandelt. Betreffend die Hochzeitsgeschenke brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie die Frage so verstanden hätte, ob sie Geschenke von ihrem Ehemann erhalten habe. Die Geschenke, die sie erhalten habe, seien alle am Tag der Verlobung gebracht worden, wie dies Tradition sei. Die widersprüchlichen Angaben betreffend die Gravur der Eheringe könne sie sich nicht erklären. Sie fügte ihrer Mail Links zu Anruflisten, Fotos und Posts aus diversen sozialen Medien, Fotos aus 2017, 2018 und 2019 sowie zu Fotos der Eheringe mit Gravur, an.
Mit Verbesserungsauftrag vom 05.09.2019 wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, näher genannte Unterlagen (Geburtsurkunde, Heiratsurkunde, Strafregisterauszug) unter Anschluss einer Übersetzung in die deutsche Sprache innerhalb einer Woche ab Zustellung vorzulegen.
Mit Mail vom 09.09.2019 kam die Beschwerdeführerin dieser Aufforderung nach.
Am 09.09.2019 legte die Beschwerdeführerin eine Vollmachtsbekanntgabe für RA Mag. Nikolaus Rast, Schottengasse 10/IV, 101 Wien, vor.
Am 15.10.2019 erließ die ÖB Skopje eine Beschwerdevorentscheidung und wies die Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.08.2019 gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab. Bereits bei der ersten Befragung im Zuge der Antragstellung sei der Verdacht des Vorliegens einer Aufenthaltsehe gemäß § 117 FPG und § 30 Abs 1 und 3 NAG aufgetreten. Das Ergebnis der Einvernahmen der Beschwerdeführerin und ihres Gatten habe den Verdacht bestätigt. Die Beschwerdeausführungen betreffend den Heiratsantrag seien nicht geeignet, die diesbezüglichen Bedenken zu widerlegen. Bei der Feier vor der offiziellen, standesamtlichen Eheschließung im albanischen Kulturkreis handle es sich nicht um die Verlobung, sondern um die tatsächliche traditionelle Eheschließung. Bei der standesamtlichen Trauung handle es sich lediglich um einen formellen Akt. Den Angaben der Beschwerdeführerin und deren Ehemann zu Folge habe es weder anlässlich der Verlobung noch der Eheschließung eine Feier gegeben. Unabhängig des Kulturkreises würden im Anschluss an aufrichtige Eheschließungen naturgemäß Hochzeitsfeiern stattfinden, welche gegenständlich aber nicht stattgefunden hätten. Auch habe der Ehemann der Beschwerdeführerin diese seit der Eheschließung nur einmal besucht. Dies spreche weiters dafür, dass kein Verlangen an persönlichen Begegnungen und einem gemeinsamen Eheleben bestehe. Betreffend das Vorbringen, ihr Ehemann hätte den Cousin der Beschwerdeführerin kennen gelernt und dieser hätte die Ehepartner vorgeschlagen, wurde ausgeführt, dass dies unglaubwürdig sei. Der Ehemann habe angeblich Dokumente vom Gemeindeamt im Kosovo benötigt, in welchem der Cousin der Beschwerdeführerin arbeite. Welche Dokumente der slowenische Staatsangehörige von einem kosovarischen Gemeindeamt benötigt haben sollte, habe die Beschwerdeführerin nicht beantworten können. Der Ehemann habe hiezu ausgeführt, ursprünglich aus dieser Gemeinde zu stammen. Dass die Falschangabe betreffen die Gravur der Eheringe bloß aufgrund eines Fehlers getätigt worden sei, sei unglaubwürdig. Betreffend die widersprüchlichen Angaben zu den Hochzeitsgeschenken sei festzuhalten, dass der Ehemann selbst angegeben habe, der Beschwerdeführerin persönlich eine silberne Halskette als Hochzeitsgeschenk gegeben zu haben. Die erst mit der Beschwerde per Mail vorgelegten Unterlagen - welche nicht geöffnet hätten werden können - würden dem Neuerungsverbot gemäß §11a Abs. 2 FPG unterliegen und sei auf diese somit nicht näher einzugehen. Zusammenfassend sei zu sagen, dass sich im Zuge der Einvernahme beider Ehegatten zahlreiche Ungereimtheiten ergeben hätten. Es liege zweifellos eine Aufenthaltsehe vor. In diesem Zusammenhang wurde auf ein aktuelles Erkenntnis des BVwG vom 16.01.2019, Zl. W239 2209590-1/5E verwiesen, wonach, angelehnt an eine Entscheidung des VwGH, die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger der Wahrnehmung einer Aufenthaltsehe nicht entgegenstehe, sondern nur bedeute, dass sich die Konsequenzen dieser Aufenthaltsehe nach den für begünstigte Drittstaatsangehörige geltenden Regeln bestimmen. Bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet käme etwa die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nach § 67 Abs. 1 FPG in Betracht, da aufgrund des persönlichen Verhaltens des begünstigten Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet sein könne. Aber auch die Versagung eines Visums sei auf dieser Basis zulässig. Daran könne auch auf Grundlage der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38 EG) kein Zweifel bestehen, würde doch deren Art. 35 vorsehen, dass die Mitgliedstaaten die Maßnahmen erlassen könnten, die notwendig seien, um die durch die Richtlinie verliehenen Rechte "im Falle von Rechtsmissbrauch oder Betrug - wie z.B. durch Eingehung von Scheinehen - zu verweigern." Ergänzend werde auch auf Art. 31 Abs. 4 der Freizügigkeitsrichtlinie verwiesen. Es ergebe sich klar, dass eine maßgebliche Verletzung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit - etwa durch Schluss einer Scheinehe - auch vor Einreise in das Staatsgebiet, durch die Verweigerung des Visums, wahrgenommen werden könne.
Dagegen brachte die Beschwerdeführerin am 16.10.2019 fristgerecht einen Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG ein.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 30.10.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 04.11.2019, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige des Kosovo, stellte am 08.05.2019 unter Verwendung des dafür vorgesehenen Standardformulars einen Antrag auf Erteilung eines Schengen-Visums der Kategorie "C" bei der ÖB Skopje.
Die Beschwerdeführerin ist seit 24.08.2018 mit dem slowenischen Staatsangehörigen Dard XXXX , geb. XXXX , verheiratet; dieser lebt und arbeitet in Österreich. Die Beschwerdeführerin ist daher begünstigte Drittstaatsangehörige.
Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann eine Ehe nicht zum Zweck des Eingehens einer Familiengemeinschaft und eines Ehelebens geschlossen haben, sondern um der Beschwerdeführerin einen Aufenthalt in Österreich zu ermöglichen (Aufenthaltsehe).
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Antragstellung sowie zur Eheschließung ergeben sich aus den im Akt der ÖB Skopje aufliegenden unbedenklichen Unterlagen.
Dass die Eheschließung nicht zum Zweck des Eingehens einer Familiengemeinschaft und eines gemeinsamen Ehelebens erfolgt ist, sondern gegenständlich eine Aufenthaltsehe vorliegt, ergibt sich aus wesentlichen Widersprüchen im Zuge der getrennten Befragung der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes durch die ÖB Skopje bzw. durch die Landespolizeidirektion XXXX .
Vorweg ist festzuhalten, dass - wie bereits von der belangten Behörde zu Recht ausgeführt - die erst mit der Beschwerde vorgelegten Unterlagen dem Neuerungsverbot des § 11a Abs. 2 2. Satz FPG widersprechen und daher unbeachtlich sind. Insofern ist auch die Tatsache, dass diese von der Behörde nicht geöffnet werden haben konnten, ohne Belang.
Bezüglich der Feststellung des Vorliegens einer Aufenthaltsehe waren für das erkennende Gericht insbesondere folgende Überlegungen maßgeblich:
Wie der Kontakt der Beschwerdeführerin mit ihrem nunmehrigen Gatten zustande kam, ist nicht mehr nachvollziehbar, jedoch auch nicht von Relevanz für den Verfahrensausgang. Nach ihrem Vorbringen, habe die Beschwerdeführerin dem Genannten (nicht näher konkretisiert) "im Jahr 2016" eine Freundschaftsanfrage auf Facebook geschickt. Das erste persönliche Treffen der Beschwerdeführerin und ihres nunmehrigen Gatten habe dann im Sommer 2017 im Kosovo stattgefunden. Das zweite persönliche Treffen habe im August 2018 stattgefunden. Im Zuge dessen habe man am 16.08.2018 Verlobung gefeiert und schließlich am 24.08.2018 auch standesamtlich geheiratet. Demgegenüber gab der Ehemann der Beschwerdeführerin im Zuge seiner Einvernahme vor der LPD XXXX am 15.06.2019 an, der Beschwerdeführerin im Spätsommer oder Herbst 2017 via Internet einen Heiratsantrag gemacht zu haben. Bereits im Hinblick auf die Kontaktanbahnung wie auch auf die Finalisierung der Absicht der Eheschließung liegen divergierende Aussagen der Eheleute vor. Davon abgesehen ist sowohl den Angaben der Beschwerdeführerin als auch des Ehegatten zum Zeithorizont zu entnehmen, dass es jedenfalls an einer, einer Eheschließung üblicherweise vorangehenden Phase des gegenseitigen Kennenlernens gefehlt hat.
Seit der Eheschließung im August 2018 ist es nach den übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Gatten, welcher seit Oktober 2014 in Österreich lebt und - nach eigenen Angaben seit 24.08.2018 oder 24.09.2018 - bei der Firma XXXX arbeitet, lediglich zu einem persönlichen Treffen im Kosovo gekommen. In der Beschwerde wurde in Hinblick darauf ausgeführt, dass weitere Besuche des Ehemannes im Kosovo nicht möglich gewesen seien, da dieser aufgrund eines Jobwechsels sechs Monate keinen Urlaubsanspruch gehabt habe (Anm: was auch dieser bestätigt hat), sowie, dass dessen Mutter an Krebs erkrankt sei und der Ehemann seine freien Tage dafür genutzt habe, um seine Mutter in Slowenien zu besuchen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass Arbeitnehmern nach der österreichischen Rechtslage grundsätzlich eine aliquote Inanspruchnahme des Urlaubs möglich ist, sodass Urlaubstage auch im Falle eines erst sechs Monate dauernden Dienstverhältnisses konsumiert werden können.
Zudem handelt es sich um bloße, in keiner Weise belegte Behauptungen. Nachweise wurden nicht in Vorlage gebracht. Was die behauptete schwere Erkrankung der Mutter des Ehegatten betrifft, so fällt auf, dass der Ehegatte eine solche Erkrankung seiner Mutter in diesem Zeitraum mit keinem Wort erwähnt hat; im Interview am 15.06.2019 gab dieser zu seinen Angehörigen befragt, lediglich an, dass seine Eltern und zwei Schwestern in Slowenien leben würden. Von einer schweren Erkrankung seiner Mutter und daraus resultierend von erforderlichen Besuchen, die Besuchen bei seiner Gattin entgegengestanden wären, wurde seitens des Ehemannes der Beschwerdeführerin nicht berichtet. Bei Vorliegen einer ernsthaften (Liebes)Beziehung wäre nach menschlichem Ermessen wohl davon auszugehen, dass man sich um persönliche Treffen - wenn auch nur von kurzer Dauer - bemüht hätte.
Weitere Ungereimtheiten zwischen den Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Gatten liegen bezüglich des Themas Hochzeitsgeschenke vor. Die Beschwerdeführerin gab im Rahmen ihrer Befragung vor der ÖB Skopje an, keine Geschenke erhalten zu haben. Ihr Ehemann führte in seiner Einvernahme hingegen aus, die Beschwerdeführerin habe von der Familie Schmuck, Make-Up sowie 50,- Euro erhalten. Er selbst habe seiner Gattin eine silberne Kette mit einem "Swarovski"-Stein geschenkt. Die Erklärungsversuche der Beschwerdeführerin zu diesem Widerspruch in der Beschwerde, erscheinen wenig plausibel. Sie will diese Frage so verstanden haben, ob sie Geschenke von ihrem Mann erhalten hätte. Dem steht die dezidierte Aussage des Gatten der Beschwerdeführerin gegenüber, wonach er seiner Gattin eine silberne Kette mit einem "Swarovski"-Stein geschenkt habe. Es wäre zu erwarten gewesen, dass die Beschwerdeführerin als Studentin in der Lage sein müsste, die Frage der Behörde "Haben Sie Hochzeitsgeschenke bzw Geldgeschenke erhalten, wenn ja welche und in welcher Höhe und von wem?" zu verstehen und tatsachengemäß zu beantworten. Der Hinweis, wonach es sich um Verlobungsgeschenke und nicht um Hochzeitsgeschenke gehandelt hätte, vermag jedenfalls nicht zu überzeugen.
Ein gewichtiger weiterer Hinweis auf das Vorliegen einer Scheinehe ist nach Ansicht des Gerichts darin zu erkennen, dass die Beschwerdeführerin vor der ÖB Skopje angab, die Eheringe würden eine Gravur (Namen des jeweiligen Ehepartners und das Verlobungsdatum) aufweisen. Demgegenüber gab der Ehemann im Zuge seiner Befragung vor der LPD XXXX an, die Ringe seien nicht graviert. Er habe sie selbst im Kosovo gekauft. Das Beschwerdevorbringen zu diesem offenkundigen Widerspruch erschöpfte sich in der Aussage, dass sich die Beschwerdeführerin diesen Widerspruch nicht erklären könne; es könne wohl am Stress gelegen haben. Beim Verlobungs- bzw. Ehering handelt es sich unbestritten auch im Kosovo um ein zentrales Element der Eheschließung und wohl nicht um ein unwesentliches Detail. Sich hier in einem entscheidenden Punkt (Gravur der Namen des Ehepartners) zu "irren" und keinerlei Erklärung für einen solchen "Irrtum" zu haben, ist nicht nachvollziehbar. Die mit der Beschwerde vorgelegten Fotos mit den Namen der Beschwerdeführerin und ihres Gatten gravierter Ringe sind, abgesehen vom bestehenden Neuerungsverbot, kein geeigneter Nachweis, zumal eine Gravur leicht im Nachhinein bewerkstelligt bzw beauftragt werden kann.
Demnach liegen divergierenden Aussagen zu den Hochzeitsgeschenken und der Gravur der Ehe- bzw Verlobungsringe vor, welche nicht aufgelöst werden konnten.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass die Angaben der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes in zentralen und somit verfahrensrelevanten Punkten nicht übereinstimmen. Der Beurteilung der ÖB Skopje, wonach gegenständlich eine Aufenthaltsehe vorliege, war somit im Ergebnis nicht entgegenzutreten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
§§ 11, 11a, 15b Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:
"Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs 1 Z 9 sind Art 9 Abs 1 erster Satz und Art 14 Abs 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für die Entscheidungen über die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs 4 Z 13) oder Praktikanten (§2 Abs 4 Z 13a) ist Art 23 Abs 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Begünstigte Drittstaatsangehörige
§ 15b (1) Begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 4 Z 11) haben das Recht auf Aufenthalt für einen Zeitraum von drei Monaten, unterliegen aber der Visumpflicht, sofern Anhang I zur Visumpflichtverordnung (§ 2 Abs. 4 Z 20) auf sie Anwendung findet. Sie haben Anspruch auf Erteilung eines Visums.
(2) Amtshandlungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa an begünstigte Drittstaatsangehörige sind prioritär zu führen und von Verwaltungsabgaben befreit.
(3) Über den dreimonatigen Zeitraum nach Abs. 1 hinaus besteht ein Aufenthaltsrecht nach Maßgabe des 4. Hauptstückes des 2. Teiles des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes. Inhaber von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten (§§ 54 und 54a NAG) oder von Aufenthaltskarten und Daueraufenthaltskarten anderer Mitgliedstaaten sind zur visumfreien Einreise berechtigt."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (Freizügigkeitsrichtlinie) lauten:
"Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
1. "Unionsbürger" jede Person, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt;
2. "Familienangehöriger"
a) den Ehegatten;
b) den Lebenspartner, mit dem der Unionsbürger auf der Grundlage der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats eine eingetragene Partnerschaft eingegangen ist, sofern nach den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats die eingetragene Partnerschaft der Ehe gleichgestellt ist und die in den einschlägigen Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Bedingungen erfüllt sind;
c) die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird;
d) die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers und des Ehegatten oder des Lebenspartners im Sinne von Buchstabe b, denen von diesen Unterhalt gewährt wird;
3. "Aufnahmemitgliedstaat" den Mitgliedstaat, in den sich der Unionsbürger begibt, um dort sein Recht auf Freizügigkeit oder Aufenthalt auszuüben.
Artikel 3
Berechtigte
(1) Diese Richtlinie gilt für jeden Unionsbürger, der sich in einen anderen als den Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, begibt oder sich dort aufhält, sowie für seine Familienangehörigen im Sinne von Artikel 2 Nummer 2, die ihn begleiten oder ihm nachziehen.
(2) Unbeschadet eines etwaigen persönlichen Rechts auf Freizügigkeit und Aufenthalt der Betroffenen erleichtert der Aufnahmemitgliedstaat nach Maßgabe seiner innerstaatlichen Rechtsvorschriften die Einreise und den Aufenthalt der folgenden Personen:
a) jedes nicht unter die Definition in Artikel 2 Nummer 2 fallenden Familienangehörigen ungeachtet seiner Staatsangehörigkeit, dem der primär aufenthaltsberechtigte Unionsbürger im Herkunftsland Unterhalt gewährt oder der mit ihm im Herkunftsland in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat, oder wenn schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege des Familienangehörigen durch den Unionsbürger zwingend erforderlich machen;
b) des Lebenspartners, mit dem der Unionsbürger eine ordnungsgemäß bescheinigte dauerhafte Beziehung eingegangen ist.
Der Aufnahmemitgliedstaat führt eine eingehende Untersuchung der persönlichen Umstände durch und begründet eine etwaige Verweigerung der Einreise oder des Aufenthalts dieser Person.
Artikel 5
Recht auf Einreise
(1) Unbeschadet der für die Kontrollen von Reisedokumenten an den nationalen Grenzen geltenden Vorschriften gestatten die Mitgliedstaaten Unionsbürgern, die einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit sich führen, und ihren Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die einen gültigen Reisepass mit sich führen, die Einreise. Für die Einreise von Unionsbürgern darf weder ein Visum noch eine gleichartige Formalität verlangt werden.
(2) Von Familienangehörigen, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, ist gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 oder gegebenenfalls den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften lediglich ein Einreisevisum zu fordern. Für die Zwecke dieser Richtlinie entbindet der Besitz einer gültigen Aufenthaltskarte gemäß Artikel 10 diese Familienangehörigen von der Visumspflicht.
Die Mitgliedstaaten treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um diesen Personen die Beschaffung der erforderlichen Visa zu erleichtern. Die Visa werden so bald wie möglich nach einem beschleunigten Verfahren unentgeltlich erteilt.
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Artikel 6
Recht auf Aufenthalt bis zu drei Monaten
(1) Ein Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, wobei er lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen braucht.
(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige im Besitz eines gültigen Reisepasses, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen.
Artikel 7
Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er
a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist oder
b) für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder
c) - bei einer privaten oder öffentlichen Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und
- über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder
d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger, der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.
(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.
(3) ...
KAPITEL VI
Beschränkungen des Einreise- und Aufenthaltsrechts aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit
Artikel 27
Allgemeine Grundsätze
(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.
(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
(3) Um festzustellen, ob der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, kann der Aufnahmemitgliedstaat bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder - wenn es kein Anmeldesystem gibt - spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt der Einreise des Betroffenen in das Hoheitsgebiet oder nach dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet gemäß Artikel 5 Absatz 5 gemeldet hat, oder bei Ausstellung der Aufenthaltskarte den Herkunftsmitgliedstaat und erforderlichenfalls andere Mitgliedstaaten um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.
(4) Der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, lässt den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird.
Artikel 31
Verfahrensgarantien
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(4) Die Mitgliedstaaten können dem Betroffenen verbieten, sich während des anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens in ihrem Hoheitsgebiet aufzuhalten, dürfen ihn jedoch nicht daran hindern, sein Verfahren selbst zu führen, es sei denn, die öffentliche Ordnung oder Sicherheit können durch sein persönliches Erscheinen ernsthaft gestört werden oder der Rechtsbehelf richtet sich gegen die Verweigerung der Einreise in das Hoheitsgebiet.
Artikel 35
Rechtsmissbrauch
Die Mitgliedsstaaten können die Maßnahmen erlassen, die notwendig sind, um die durch diese Richtlinie verliehenen Rechte im Falle von Rechtsmissbrauch oder betrug- wie z.B. durch Eingehung von Scheinehen - zu verweigern, aufzuheben oder zu widerrufen. Solche Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein und unterliegen den Verfahrensgarantien nach den Artikeln 30 und 31."
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) idgF lauten wie folgt:
"Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung
Art. 21 (1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.
(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüfen das Konsulat oder die zentralen Behörden,
a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;
e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist, die für den Zeitraum des geplanten Aufenthalts, oder, falls ein Visum für die mehrfache Einreise beantragt wird, für den Zeitraum des ersten geplanten Aufenthalts gilt.
(4) Das Konsulat oder die zentrale Behörden prüfen gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Höchstdauer des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger Aufenthalte, die aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines Aufenthaltstitels genehmigt wurden.
(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.
(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüfen das Konsulat oder die zentralen Behörden insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.
(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.
(8) Im Verlauf der Prüfung eines Antrags können das Konsulat oder die zentralen Behörden den Antragsteller in begründeten Fällen befragen und zusätzliche Unterlagen anfordern.
(9) Die Ablehnung eines früheren Visumantrags bewirkt nicht automatisch die Ablehnung eines neuen Antrags. Der neue Antrag wird auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen beurteilt.
Visumverweigerung
Art. 32 (1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,
a) wenn der Antragsteller:
i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
iia) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Flughafentransits nicht begründet;
iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
iv) sich im laufenden Zeitraum von 180 Tagen bereits 90 Tage im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;
v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder
vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder
b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI in der Sprache des Mitgliedstaates, der die endgültige Entscheidung über den Antrag getroffen hat, und in einer anderen Amtssprache der Organe der Union mitgeteilt.
(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.
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Rechtsgrundlage für die gegenständliche Beurteilung ist primär die Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates frei bewegen und aufhalten zu dürfen (Freizügigkeitsrichtlinie), deren Regelungen durch den österreichischen Gesetzgeber in § 15b FPG und §§ 51-56 NAG umgesetzt wurden und welche gemäß Beschluss der Kommission K (2010) 1620 endgültig vom 19.03.2010 über ein Handbuch für die Bearbeitung von Visumanträgen und die Änderung von bereits erstellten Visa als "lex specialis" in Bezug auf den Visakodex anzusehen ist.
Laut EuGH C-84/12 vom 19.12.2013 sind Art. 23 Abs. 4, Art. 32 Abs. 1 und Art. 35 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) sind dahin auszulegen, dass die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats nach Abschluss der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum einem Antragsteller nur dann ein einheitliches Visum verweigern dürfen, wenn ihm einer der in diesen Bestimmungen aufgezählten Gründe für die Verweigerung des Visums entgegengehalten werden kann. Die betreffenden Behörden verfügen bei der Prüfung dieses Antrags über einen weiten Beurteilungsspielraum, der sich sowohl auf die Anwendungsvoraussetzungen dieser Vorschriften als auch auf die Würdigung der Tatsachen bezieht, die für die Feststellung maßgeblich sind, ob dem Antragsteller einer dieser Verweigerungsgründe entgegengehalten werden kann (EuGH C-84/12 vom 19.12.2013, Tenor).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Entscheidungen vom 07.04.2011, 2011/22/0005, und vom 14.04.2016, Ro 2016/21/0005, festgehalten, dass einem Fremden, der mit einem in Österreich lebenden, sein unionsrechtliches Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmenden EU-Bürger aufrecht verheiratet ist (unabhängig davon, ob die Ehe als Aufenthaltsehe bzw. Scheinehe zu qualifizieren ist), die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG zukommt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Entscheidung vom 14.04.2016 ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass die Rechtsposition als begünstigter Drittstaatsangehöriger der Wahrnehmung einer Scheinehe aber nicht entgegensteht, sondern nur bedeutet, dass sich die Konsequenzen dieser Scheinehe nach den für begünstigte Drittstaatsangehörige geltenden Regeln bestimmen. Bei einem Aufenthalt im Bundesgebiet käme etwa die Erlassung eines Aufenthaltsverbots nach § 67 Abs. 1 FPG in Betracht, weil aufgrund des persönlichen Verhaltens des begünstigten Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet sein kann (vgl. in diesem Sinne etwa das noch zur Vorgängerregelung des nunmehrigen § 67 FPG - § 86 FPG idF vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 - ergangene Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2013, 2011/23/0647, das auf die aktuelle Rechtslage übertragbar ist). Aber auch die Versagung eines Visums ist auf dieser Basis zulässig (vgl. die, wenngleich noch zu § 21 Abs. 5 Z 4 FPG idF vor dem FNG-Anpassungsgesetz ergangenen, behauptete Scheinehen mit österreichischen Staatsbürgern betreffenden Erkenntnisse den VwGH vom 19.06.2008, 2007/21/0266, und vom 26.03.2015, Ro 2014/22/0026).
Daran kann auch auf Grundlage der Freizügigkeitsrichtlinie (RL 2004/38/EG) kein Zweifel bestehen, sieht doch deren Art. 35 vor, dass die Mitgliedstaaten die Maßnahmen erlassen können, die notwendig sind, um die durch die Richtlinie verliehenen Rechte "im Falle von Rechtsmissbrauch oder Betrug - wie z.B. durch Eingehung von Scheinehen - zu verweigern". Ergänzend wird noch auf Art. 31 Abs. 4 der Freizügigkeitsrichtlinie verwiesen, wonach es die Mitgliedstaaten dem Betroffenen, der sich gegen eine zu seinen Lasten getroffene Entscheidung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit wendet, verbieten können, sich während eines anhängigen Rechtsbehelfsverfahrens in ihrem Hoheitsgebiet aufzuhalten, ihn jedoch nicht daran hindern dürfen, "sein Verfahren selbst zu führen, es sei denn, [...] der Rechtsbehelf richtet sich gegen die Verweigerung der Einreise in das Hoheitsgebiet". Daraus ergibt sich klar, dass eine maßgebliche Verletzung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, wie sie allgemein im Kapitel VI der Freizügigkeitsrichtlinie angesprochen wird, - konkret durch Abschluss einer Scheinehe - auch vor Einreise in das Staatsgebiet, namentlich durch Verweigerung eines notwendigen Visums, wahrgenommen werden kann.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in der oben angeführten Entscheidung, welcher ein gleichgelagerter Fall (Scheinehe zwischen einem ägyptischen Staatsbürger und einer in Österreich lebenden ungarischen Staatsangehörigen) zugrunde lag, die Revision zurückgewiesen.
Gegenständlich beruht die Entscheidung der belangten Behörde daher auf Art. 32 Abs. 1 lit. a sublit. vi). Aufgrund der vorliegenden Aufenthaltsehe kam die Vertretungsbehörde zu dem Schluss, dass der Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit darstellen würde. Wie in der oben angeführten Beweiswürdigung ausgeführt, ist die Feststellung, dass eine Aufenthaltsehe vorliegt, ausreichend substantiiert. Die von der belangten Behörde angenommene Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist aufgrund der vorliegenden Sachverhaltslage gegeben.
Bezugnehmend auf die Entscheidung des VwGH vom 17.10.2013, 2013/21/0132, wonach in der Aufforderung zur Stellungnahme die konkreten Umstände anzuführen sind, die beim Botschaftsorgan die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit begründen, ist festzuhalten, dass die Botschaft die der Ausstellung eines Schengen-Visums entgegenstehenden Bedenken, nämlich eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, aufgrund des Eingehens einer Aufenthaltsehe, mitgeteilt hat. Die Gründe für diese Bedenken, nämlich die eigenen Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme, waren der Beschwerdeführerin naturgemäß bekannt. Im Beschwerdeschriftsatz wurde auf diesen Vorwurf allerdings nicht substantiiert eingegangen. Die (nachträglich) angebotenen Beweismittel verhelfen zu keiner anderen Beurteilung der vorliegenden Ehe und vermögen die widersprüchlichen Angaben der Eheleute in zentralen Punkten nicht zu entkräften und waren diese nicht geeignet, die schlüssige und im Akt nachvollziehbare Beweiswürdigung der ÖB Skopje in Zweifel zu ziehen. Nicht unerwähnt bleiben soll auch, dass die Beschwerdeführerin von ihrem Recht auf Stellungnahme im Verfahren vor der Behörde bezeichnender Weise keinen Gebrauch gemacht hat und den an sie herangetragenen Bedenken somit nicht einmal entgegengetreten ist. Der Versuch, die von ihr und ihrem Ehemann getätigten einschlägigen Aussagen, in einem zweckdienlichen Licht erscheinen zu lassen, wurde vielmehr erst im Zuge des Beschwerdeverfahrens unternommen. Wie bereits erwähnt, sind auch die mit der Beschwerde vorgelegten "Nachweise" aufgrund des Neuerungsverbotes des § 11a FPG unbeachtlich.
Zusammenfassend ist es der Beschwerdeführerin somit nicht gelungen, die sich nach Durchführung von umfassenden Ermittlungen begründet ergebenden Bedenken durch unter Beweis zu stellendes substantiell geeignetes Vorbringen zu zerstreuen, sodass die Ablehnung des Antrages zu Recht erfolgte.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Aufenthaltsehe Einreisetitel Einvernahme öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit ScheineheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W185.2225012.1.00Im RIS seit
18.08.2020Zuletzt aktualisiert am
18.08.2020