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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
ABGB §1332Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des L D in L, vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8/5.01, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 10. Februar 2020, Zl. LVwG-S-2306/006-2018, betreffend Wiedereinsetzung iZm. Übertretungen des AVRAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Melk), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Beschluss vom 28. Mai 2020, Ro 2020/11/0008, hat der Verwaltungsgerichtshof die Revision des Revisionswerbers gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 19. November 2019, Zl. LVwG-S-2306/001-2018, betreffend Übertretungen des AVRAG, wegen Verspätung zurückgewiesen.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht den Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist gemäß § 46 VwGG ab und erklärte gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision dagegen für nicht zulässig. Begründend stützte sich das Verwaltungsgericht im Wesentlichen auf die im Wiedereinsetzungsantrag fehlende Darlegung eines in der Kanzlei der Rechtsvertreter des Revisionswerbers eingerichteten Kontrollsystems zur Sicherstellung, dass Irrtümer beim Ermitteln und Dokumentieren des tatsächlichen Zustelldatums, insbesondere durch Anbringen eines Eingangsstempels, verhindert werden.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, zu der das Verwaltungsgericht die Verfahrensakten vorgelegt hat.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).
5 Aus der ständigen hg. Rechtsprechung ergibt sich eine Verpflichtung des Wiedereinsetzungswerbers zur Konkretisierung aller Umstände, die es ermöglichen, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes zu beurteilen. Der Wiedereinsetzungswerber hat von sich aus initiativ alles vorzubringen, was die Annahme eines die Rechtzeitigkeit der Vornahme einer Prozesshandlung hindernden Umstandes begründen kann (VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0209, mwN). Dazu zählt auch die Darstellung des in der Kanzlei des Rechtsvertreters eingerichteten Kontrollsystems zur Sicherstellung, dass dem Vertreter tatsächlich die gesamte eingehende Post rechtzeitig vorgelegt wird. Fehlt es an einer derartigen Darstellung im Wiedereinsetzungsantrag, kann die belangte Behörde bzw. das Verwaltungsgericht vom Fehlen solcher Kontrollmaßnahmen und Anordnungen ausgehen, und es kann am Vorliegen eines (dem Wiedereinsetzungswerber zuzurechnenden) den Grad minderen Versehens übersteigenden Verschuldens des Vertreters kein Zweifel bestehen (vgl. VwGH 19.4.2007, 2007/09/0019; 18.9.2017, Ra 2017/11/0234, jeweils mwN).
6 Entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen in der Revision ist das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund der unbedenklichen Aktenlage nicht von der hg. Judikatur abgewichen, wenn es angesichts des Vorbringens im Wiedereinsetzungsantrag, das keine Darstellung einer systematischen Kontrolle des Zustelldatums und des mit diesem verbundenen Beginns von Rechtsmittelfristen durch Juristen der Kanzlei enthielt, vom Fehlen eines diesbezüglichen Kontrollsystems (Hinweis auf VwGH 13.12.1989, 89/03/0091; 8.7.1992, 92/03/0093; 8.10.1996, 96/04/0192) ausging und daher das Vorliegen eines nur minderen Grads des Versehens verneinte.
Soweit ein solches, den Posteingang betreffendes Kontrollsystem in den Zulässigkeitsgründen der Revision dargestellt wird, handelt es sich dabei um eine im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unbeachtliche Neuerung.
7 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. Juli 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110102.L00Im RIS seit
03.09.2020Zuletzt aktualisiert am
03.09.2020