TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/6 W227 2179304-1

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Veröffentlicht am 06.02.2020
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Entscheidungsdatum

06.02.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG §1 Abs4
StudFG §2
StudFG §4 Abs1
StudFG §4 Abs1a

Spruch

W227 2179304-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 13. April 2017, Zl. 375744001, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsbürgerin, stellte am 1. Oktober 2015 einen (ersten) Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien.

2. Mit Bescheid vom 25. Jänner 2016 wies der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien den Antrag gemäß §§ 2 und 4 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 22. November 2016, Zl. W129 2125430-1/4E, ab.

3. Am 13. Oktober 2016 stellte die Beschwerdeführerin einen weiteren Antrag auf Gewährung von Studienbeihilfe für das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien. Dazu gab sie an, dass sie aufgrund ihres erfolgreich fortgesetzten Studiums nunmehr in das österreichische Bildungs- und Gesellschaftssystem integriert sei.

4. Mit dem (nunmehr) angefochtenen Bescheid wies der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien diesen Antrag gemäß §§ 2 und 4 Abs. 1 und 1a StudFG ab. Begründend führte der Senat zusammengefasst aus, dass die Beschwerdeführerin keine der im Gesetz angeführten Gleichstellungsvoraussetzungen erfülle.

5. In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass sie eine "überdurchschnittliche" Zahl positiver Prüfungen absolviert habe. Ihr Studienerfolg habe sich seither weiter fortgesetzt, sodass sie in "naher Zukunft sogar damit rechnen" könne, als Tutorin "eingesetzt" zu werden. Da sie mittlerweile in das österreichische Bildungssystem "völlig" integriert sei, bestehe ein Anspruch auf Bezug von Studienbeihilfe gemäß § 4 Abs. 1a Z 3 StudFG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Beschwerdeführerin ist eine rumänische Staatsangehörige. Am 13. Juli 2015 absolvierte sie ihre Reifeprüfung am (deutschsprachigen) Theoretischen Lyzeum (Gymnasium) " XXXX " in XXXX (Rumänien), das keine österreichische Schule im Ausland ist.

Mit Wintersemester 2015/2016 begann die Beschwerdeführerin das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien, wofür eine Studiendauer von sechs Semestern vorgesehen ist.

Zum Antragszeitpunkt 13. Oktober 2016 hielt sich die Beschwerdeführerin seit 30. September 2015 in Österreich auf und war hier nicht berufstätig; ihre Eltern lebten und arbeiteten in Rumänien.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 1 Abs. 4 StudFG ist zur Beurteilung von Ansprüchen der Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich, soweit nichts anderes festgelegt ist.

Gemäß § 2 StudFG können österreichische Staatsbürger sowie gleichgestellte Ausländer und Staatenlose Förderungen erhalten.

Gemäß § 4 Abs. 1 StudFG sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens zur Schaffung des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) und von Vertragsparteien des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft sowie Drittstaatsangehörige österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt, soweit es sich aus diesen Übereinkommen ergibt.

Gemäß § 4 Abs. 1a StudFG erfüllen EWR-Bürger die Gleichstellungsvoraussetzungen, wenn sie

1. Wanderarbeitnehmer im Sinne des Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU (AEUV) oder Kinder von Wanderarbeitnehmern sind oder

2. das Recht auf Daueraufenthalt in Österreich im Sinne des Artikels 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, haben oder

3. in das österreichische Bildungs- oder Gesellschaftssystem integriert sind.

3.1.2. Vorab ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen nach dem StudFG bezogen auf den Zeitpunkt der Antragstellung und zwar nach Lage der mit dem Antrag erbrachten Nachweise zu erfolgen hat (siehe dazu etwa VwGH 27.09.2018, Ro 2018/10/0021; 25.06.2019, Ro 2018/10/0028, jeweils m.w.N.).

Folglich sind im Fall der Beschwerdeführerin nur jene Umstände zu berücksichtigen, die im Zeitpunkt ihres Antrages am 13. Oktober 2016 vorlagen.

Ausgeschlossen (und unstrittig) ist, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Wanderarbeitnehmerin bzw. um eine Familienangehörige von Wanderarbeitnehmern handeln könnte oder sie über eine ausreichende Aufenthaltsdauer in Österreich verfügte, um das "Recht auf Daueraufenthalt" in Österreich gehabt zu haben. Die Z 1 und 2 des § 4 Abs. 1a StudFG kommen daher nicht zur Anwendung.

Strittig ist hingegen, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1a Z 3 StudFG erfüllt sind. Dazu führte der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 2019, Ro 2018/10/0028, zusammengefasst Folgendes aus:

Aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (vgl. EuGH 15.03.2005, Bidar, C-209/03; 23.10.2007, Morgan und Bucher, C-11/06 und C-12/06; 18.11.2008, Förster, C-158/07; 18.07.2013, Prinz und Seeberger, C-523/11 und C- 585/11; 26.02.2015, Martens, C-359/13) folgt, dass zur Beurteilung einer ausreichenden Integration des Antragstellers in die Gesellschaft des Leistungsstaates im Rahmen einer Einzelfallprüfung alle Umstände zu berücksichtigen sind, die eine besondere Verbundenheit mit diesem Staat auszudrücken vermögen, wie etwa - jeweils bezogen auf den Leistungsstaat - die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, die Staatsangehörigkeit, die Absolvierung eines erheblichen Teils der Schulausbildung, Familie, Beschäftigung, Sprachkenntnisse und sonstige soziale oder wirtschaftliche Bindungen.

In diesem Sinn ist auch die im Lichte der EuGH-Rechtsprechung entstandene innerstaatliche Vorschrift des § 4 Abs. 1a Z 3 StudFG hinsichtlich der Integration in das österreichische Gesellschaftssystem zu verstehen.

Da darüber hinaus innerstaatlich alternativ auch die Integration in das österreichische Bildungssystem gesondert angeführt ist, sind diesbezügliche Integrationsmaßnahmen nicht nur - soweit damit auch eine gesellschaftliche Verbindung zu dem Mitgliedstaat, der die Leistung erbringen soll, einhergeht - bei der Integration in die Gesellschaft dieses Staates zu berücksichtigen, sondern auch als Integrationsmaßnahme ins Bildungssystem. Eine bloße Bildungsintegration könnte etwa dann vorliegen, wenn eine österreichische Schule im Ausland besucht wird.

Das österreichische Bildungssystem umfasst alle Stufen der Internationalen Standardklassifikation im Bildungswesen (ISCED), beginnend mit dem frühkindlichen Bildungsbereich vor Schuleintritt (Kindergarten) bis zur höchsten Bildungsstufe, den Doktoratsstudien oder gleichwertigen Bildungsabschlüssen.

Im Rahmen einer Einzelfallprüfung ist der Integrationsgrad einer Person in das Bildungs- oder Gesellschaftssystem zu beurteilen. Bei der Bewertung der einzubeziehenden Kriterien spielen naturgemäß jedenfalls die Intensität der Integrationsmaßnahmen sowie deren Dauer und zeitliches Naheverhältnis zum Antragszeitpunkt eine maßgebliche Rolle, wobei auch die in den anderen Ziffern des § 4 Abs. 1a StudFG zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers zu berücksichtigen ist.

Für den Fall der Beschwerdeführerin bedeutet das:

Die rumänische Beschwerdeführerin absolvierte die Reifeprüfung an keiner österreichischen Schule im Ausland. Zum Antragszeitpunkt 13. Oktober 2016 lebten und arbeiteten die Eltern der Beschwerdeführerin in Rumänien; die Beschwerdeführerin war in Österreich nicht berufstätig und hielt sich erst ein Jahr in Österreich auf. Damit war sie zum Antragszeitpunkt noch nicht ausreichend in das österreichische Gesellschaftssystem integriert (vgl. dazu auch Marinovic/Egger, Studienförderungsgesetz7 [2018], Erl. zu § 4 Abs. 1a). Das wird von der Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede gestellt.

Es kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin bereits ausreichend in das österreichische Bildungssystem integriert war, weil für das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien eine Studiendauer von sechs Semestern vorgesehen ist und die Beschwerdeführerin zum Antragszeitpunkt erst zwei Semester lang dieses Studium betrieb. Sie wies daher erst ein Drittel eines Bildungsabschlusses auf. Dem Beschwerdevorbringen, wonach die Beschwerdeführerin eine überdurchschnittliche Zahl positiver Prüfungen absolviert habe, ist zu entgegnen, dass Prüfungsergebnisse keine tauglichen Integrationskriterien i.S.d. § 4 Abs. 1a StudFG darstellen (vgl. wieder VwGH 25.06.2019, Ro 2018/10/0028).

Folglich ist der Senat der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien zutreffend davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1a Z 3 StudFG zum Antragszeitpunkt (noch nicht) erfüllt waren, weshalb sich die Beschwerde als unbegründet erweist.

Eine Verhandlung (sie wurde nicht beantragt) konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass hier die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1a Z 3 StudFG nicht erfüllt waren, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Antragszeitpunkt gleichgestellter Ausländer Gleichstellung Studienbeihilfe Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2179304.1.00

Im RIS seit

17.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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