TE Vwgh Erkenntnis 1998/1/8 96/02/0110

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Veröffentlicht am 08.01.1998
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
41/02 Melderecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

B-VG Art151 Abs9 idF 1994/504;
HauptwohnsitzG 1994 Art8;
StVO 1960 §45 Abs4 idF 1994/518;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer, Senatspräsident Dr. Stoll sowie die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die namens des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 16. Jänner 1996, Zl. MA 65-PB/86/95, betreffend Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 4 StVO 1960, eingebrachte Beschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt (Land) Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit nicht näher datierter Eingabe, die bei der Behörde erster Instanz (lt. Einlaufstempel) am 14. Juni 1995 einlangte, beantragte der Beschwerdeführer für ein in Italien zugelassenes und dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug eine Ausnahmebewilligung (nach § 45 Abs. 4 StVO) für näher bezeichnete Zeiträume. Im Antrag wird u.a. ausgeführt, daß die beantragten Zeiträume einen Gesamtzeitraum von 24 Monaten (verteilt auf mehrere Jahre) ergeben würden. Das Geschäft des Beschwerdeführers, der Eiserzeuger sei, werde von ca. 20. März bis Ende September offengehalten.

Im Zuge des Verwaltungsverfahrens stellte der Beschwerdeführer klar, daß er den Antrag als Bewohner und nicht als Gewerbetreibender eines im 6. Wiener Gemeindebezirk liegenden und näher bezeichneten Hauses gestellt habe.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Jänner 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers "auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO von der im 6. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone dieses Bezirkes für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr geltenden Parkzeitbeschränkung von 2 Stunden" für ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes, in Italien zugelassenes Kraftfahrzeug hinsichtlich Bundesstraßen gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer, ein italienischer Staatsangehöriger, bringt im wesentlichen vor, er betreibe seit Jahren einen Eissalon in Wien, den er jährlich von Mitte März bis Ende September geöffnet halte, weshalb er jedes Jahr während dieses Zeitraumes im 6. Wiener Gemeindebezirk wohnhaft sei.

Er habe im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht "seine allseitigen Verhältnisse" dargetan und auf die bei der belangten Behörde aktenkundigen Tatsachen verwiesen, daß er jährlich seit mehr als 15 Jahren sich länger als 184 Tage im Bundesgebiet im Bereich der belangten Behörde aufhalten müsse, wolle er sein etabliertes Geschäft ordentlich betreiben.

Es entspricht der ständigen hg. Rechtsprechung, daß der Antragsteller für eine Bewilligung gemäß § 45 Abs. 4 StVO im betreffenden Gebiet einen Wohnsitz haben muß; hinsichtlich der örtlichen Anknüpfung eines Antragstellers ist durch die 19. StVO-Novelle als zusätzliches und einschränkendes Kriterium normiert worden, daß der Antragsteller in dem betreffenden Gebiet auch den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen haben muß (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1996, Zlen. 95/02/0532, 0533, m.w.N.).

Weiters hat der Gerichtshof im Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zlen. 96/02/0221, 0222, klargestellt, daß die Regelung im § 45 Abs. 4 StVO (in der zitierten Fassung) weder durch die B-VG-Novelle, BGBl. Nr. 504/1994, noch durch das Hauptwohnsitzgesetz BGBl. Nr. 505/1994, die beide nach der 19. StVO-Novelle in Kraft getreten sind, eine Änderung erfahren hat und daß in diesem Regelungszusammenhang nur ein Mittelpunkt von Lebensinteressen (der durch Berücksichtigung sämtlicher Lebensumstände zu finden ist) in Betracht kommt, wobei bei der Beurteilung, an welchem Ort sich der "Mittelpunkt der Lebensinteressen" eines Antragstellers befindet, nicht nur dessen berufliche, sondern auch die privaten Lebensumstände zu berücksichtigen sind.

Daß der Beschwerdeführer diesen Mittelpunkt seiner Lebensinteressen nicht im 6. Wiener Gemeindebezirk hat, konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum annehmen: Sie führte im wesentlichen aus, dem (im Verwaltungsakt in Kopie erliegenden) Meldezettel des Beschwerdeführers sei zu entnehmen, daß er seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in Wien, sondern in Italien habe. Weiters sei zu berücksichtigen, daß der Beschwerdeführer sein Kraftfahrzeug ebenfalls nicht in Wien, sondern in Italien zugelassen habe, was im Sinne der entsprechenden kraftfahrrechtlichen Vorschriften den Schluß rechtfertige, daß dort auch der überwiegende Standort, d. h. jener Ort gelegen sei, von dem aus hauptsächlich über das Fahrzeug verfügt werde. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung könne daher davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer zu seinem Wohnsitz in Italien "das überwiegende Naheverhältnis" habe, und daß sohin das Bestehen des Lebensmittelpunktes im

6. Wiener Gemeindebezirk nicht gegeben sei.

Diesen Ausführungen der belangten Behörde vermag der Beschwerdeführer nichts Entscheidendes entgegenzusetzen, zumal er im Verwaltungsverfahren ausschließlich berufliche Lebensumstände wie die Führung seines Eisgeschäftes, nicht jedoch auch private Lebensumstände, welche die belangte Behörde bei der Beurteilung der Frage, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers tatsächlich liegt, berücksichtigen hätte können, vorgebracht hat. Es ist auch nicht ersichtlich, daß österreichische Antragsteller, denen hinsichtlich der dargestellten örtlichen Anknüpfung gleichfalls die entsprechenden Voraussetzungen fehlen, aufgrund des Gesetzes anders als etwa aus einem anderen Mitgliedstaat der EU stammende Personen behandelt würden, weshalb der allgemein gehaltenen Rüge des behaupteten Verstoßes gegen den Unionsvertrag keine Berechtigung zukommt.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich rügt, die Ansicht der belangten Behörde, die Zulassung des Kraftfahrzeuges in Italien schließe eine stattgebende Erledigung seines Antrages aus, verstoße gegen den "Unionsvertrag" hinsichtlich der Freizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit, so übersieht er, daß die belangte Behörde die Zulassung des Kraftfahrzeuges in Italien lediglich als ein weiteres Indiz für das Fehlen des Mittelpunktes seiner Lebensinteressen in Wien gewertet hat.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, daß schon aufgrund des Wortlautes des § 45 Abs. 4 StVO ("... kann ... auf die Dauer von höchstens zwei Jahren erteilt werden ...") erkennen läßt, daß damit ein unmittelbar zusammenhängender Zeitraum von höchstens zwei Jahren für die Geltung der Ausnahmebewilligung gemeint ist.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996020110.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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