TE Bvwg Beschluss 2020/2/18 W259 2221780-1

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Veröffentlicht am 18.02.2020
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Entscheidungsdatum

18.02.2020

Norm

AVG §38
BDG 1979 §38
B-VG Art133 Abs4
DVG §2
VwGVG §17

Spruch

W259 2221780-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX in XXXX , gegen den Bescheid der XXXX vom 07.06.2019, GZ. XXXX :

A) Das gegenständliche Beschwerdeverfahren wird gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen die Beschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Zahl GZ W146 2226042-1 geführten Disziplinarverfahrens ausgesetzt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Am 07.02.2019 erstattete das XXXX unter der GZ.: XXXX eine Disziplinaranzeige gegen die Beschwerdeführerin.

2. Mit Bescheid der XXXX vom 22.03.2019, GZ.: XXXX , wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 131 BDG iVm § 91 Abs. 1 Z 1 BDG als Disziplinarstrafe ein Verweis ausgesprochen (Disziplinarverfügung). Durch ihr Verhalten habe sie gegen die Bestimmungen der §§ 43, 43a und 44 BDG, des § 100 Abs. 2 und Z 3 StPO, der Polizeiuniformvorschrift 2018 sowie gegen schriftliche und mündliche Weisungen ihrer Vorgesetzten verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG begangen.

3. Am 08.04.2019 hat die Disziplinaranwältin innerhalb offener Frist Einspruch gegen die angeführte Disziplinarstrafe erhoben.

4. Mit Schreiben vom 02.05.2019 wurde die Beschwerdeführerin im Sinne des § 38 Abs. 6 BDG verständigt, dass die XXXX beabsichtige, sie von Amts wegen von der XXXX zur XXXX ( XXXX Abteilung) bei der XXXX , zu versetzen und dort als Mitarbeiterin in Verwendung zu nehmen.

5. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.05.2019 Einwendungen und widersprach damit der beabsichtigten Versetzung. Begründend führte sie u.a. aus, dass eine amtswegige Versetzung nur bei Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses nach § 38 BDG 1979 zulässig sei. Ein wichtiges dienstliches Interesse liege auch nach den § 38 Abs. 3 Z 1 bis 5 BDG 1979 nicht vor. Sie sei disziplinär unbescholten.

6. Mit Bescheid der XXXX vom 07.06.2019 wurde die Beschwerdeführerin gemäß den Bestimmungen des § 38 BDG iVm § 2 Dienstrechtsverfahrensgesetz und § 1 Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellen-verordnung-Inneres aus wichtigen dienstlichen Gründen, insbesondere aus Gründen, die in ihrer Person gelegen sind, mit Wirkung vom 01.07.2019 von Amts wegen von der XXXX zur XXXX Abteilung bei der XXXX , Fachbereich XXXX - XXXX versetzt und dort als Mitarbeiterin in Verwendung genommen. Begründend wurde u.a. ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihres gesamten Verhaltens das in sie gesetzte Vertrauen massiv, nachhaltig und irreparabel beeinträchtigt habe. Alle Vorfälle seien in ihrer Gesamtheit nicht geeignet, zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen und würden in ihrer Gesamtbetrachtung, insbesondere der Ausspruch eines Verweises, wichtige dienstliche Interessen darstellen, die eine Belassung auf der XXXX bzw. XXXX nicht vertretbar erscheinen lassen würden.

7. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die gegenständliche Beschwerde.

8. Die gegenständliche Beschwerde und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 29.07.2019 von der belangten Behörde vorgelegt.

9. Mit Einleitungsbeschluss vom 08.07.2019 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 4, wurde gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung ihrer Dienstpflichten nach § 91 BDG, gemäß § 123 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

10. Mit Disziplinarerkenntnis vom 28.10.2019 wurde die Beschwerdeführerin schuldig befunden, Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 und 2, § 43a und § 44 Abs. 1 BDG gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben. Gegen dieses Disziplinarerkenntnis wurden Beschwerden sowohl von der Beschwerdeführerin als auch vom stellvertretenden Disziplinaranwalt u.a. wegen Höhe und Bemessung der Geldstrafe erhoben. Die Beschwerden und der bezugshabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt. Dieses Beschwerdeverfahren wird unter der Geschäftszahl W146 2226042-1 geführt und ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Am 07.02.2019 erstattete das XXXX unter der GZ. XXXX eine Disziplinaranzeige gegen die Beschwerdeführerin.

Mit Bescheid der XXXX vom 22.03.2019, GZ.: XXXX , wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 131 BDG iVm § 91 Abs. 1 Z 1 BDG als Disziplinarstrafe ein Verweis ausgesprochen. Durch ihr Verhalten habe sie gegen die Bestimmungen der §§ 43, 43a und 44 BDG, des § 100 Abs. 2 und Z 3 StPO, der Polizeiuniformvorschrift 2018, sowie gegen schriftliche und mündliche Weisungen ihrer Vorgesetzten verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 91 BDG begangen.

Am 08.04.2019 erhob die Disziplinaranwältin innerhalb offener Frist Einspruch gegen die Disziplinarstrafe.

Mit Einleitungsbeschluss vom 08.07.2019 der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 4, wurde gegen die Beschwerdeführerin wegen des Verdachtes der schuldhaften Verletzung ihrer Dienstpflichten nach § 91 BDG, gemäß § 123 Abs. 1 BDG ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Mit Disziplinarerkenntnis vom 28.10.2019 wurde die Beschwerdeführerin schuldig befunden, Dienstpflichten nach § 43 Abs. 1 und 2, § 43a und § 44 Abs. 1 BDG gemäß § 91 BDG schuldhaft verletzt zu haben.

Gegen dieses Erkenntnis wurden Beschwerden sowohl von der Beschwerdeführerin als auch vom stellvertretenden Disziplinaranwalt erhoben.

Dieses Beschwerdeverfahren wird unter der Geschäftszahl W146 2226042-1 geführt und ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Mit Bescheid der XXXX vom 07.06.2019 wurde die Beschwerdeführerin gemäß den Bestimmungen des § 38 BDG iVm § 2 Dienstrechtsverfahrensgesetz und § 1 Dienstrechtsverfahrens- und Personalstellen-verordnung-Inneres aus wichtigen dienstlichen Gründen, insbesondere aus Gründen, die in ihrer Person gelegen sind, mit Wirkung vom 01.07.2019 von Amts wegen von der XXXX zur XXXX Abteilung bei der XXXX , Fachbereich XXXX - XXXX versetzt. Das im oben angeführten Disziplinarverfahren gegenständliche Verhalten der Beschwerdeführerin wurde der Bescheidbegründung als wichtiges dienstliches Interesse zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts. Aus dem gegenständlichen Bescheid in Zusammenschau mit dem angeführten Disziplinarverfahren geht zweifelsfrei hervor, dass sich die bekämpfte Entscheidung auf ein Verhalten der Beschwerdeführerin stützt, das zugleich Gegenstand des noch nicht rechtskräftig entschiedenen Disziplinarverfahrens zu W146 2226042-1 ist. Somit konnten die entsprechenden Feststellungen getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu Spruchpunkt A): Aussetzung des Verfahrens

Gemäß § 38 AVG ist, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

§ 38 BDG 1979 lautet auszugsweise:

"Versetzung

§ 38. (1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. ....

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

...

5. wenn über die Beamtin oder den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihr oder ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung der Beamtin oder des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

..."

Die Regelungen der §§ 38 ff BDG 1979 bezwecken, Beamte vor sachlich nicht gerechtfertigten Versetzungen bzw. qualifizierten Verwendungsänderungen zu schützen. Der Begriff "wichtiges dienstliches Interesse" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Auslegung sich an normativen Inhalten zu orientieren hat.

Nach § 38 Abs. 2 BDG ist "die Versetzung von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht.". Die in Abs. 3 vom Gesetzgeber vorgenommene Aufzählung von Gründen, die ein wichtiges dienstliches Interesse darstellen können, ist von exemplarischem Charakter und nicht abschließend zu verstehen (arg. "insbesondere").

Das für eine Versetzung erforderliche "wichtige dienstliche Interesse" ist ausschließlich nach objektiven Kriterien und nicht danach zu beurteilen, inwieweit ein Beamter diese Momente schuldhaft herbeigeführt hat. Ein konkretes Verhalten eines Beamten vermag unbeschadet seiner disziplinären Verfolgung oder Ahndung auch ein wichtiges dienstliches Interesse an seiner Versetzung zu begründen (VwGH 13.09.2002, 99/12/0139; 28.01.2010, 2006/12/0195). Auch ein disziplinär nicht zu ahndendes Verhalten kann ein wichtiges dienstliches Interesse an einer Versetzung begründen (VfSlg 8450; VfGH 29.02.2000, B 1422/98).

Im Falle einer Versetzung ist die Dienstbehörde wie auch das Bundesverwaltungsgericht befugt, unter dem Gesichtspunkt der wichtigen dienstlichen Interessen die Frage zu beurteilen, ob ein Verhalten eines Beamten gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat (VfGH 11.12.1978, B 294/77 und B 462/77, GZ 78/10-BK/01).

Die Dienstbehörde ist nur im Falle eines rechtskräftigen Schuldspruches durch die Disziplinarkommission an die Feststellung des im Spruch des Disziplinarerkenntnisses umschriebenen Fehlverhaltens und der dadurch bewirkten schuldhaften Verletzung von Dienstpflichten gebunden.

Das Disziplinarverfahren gegen die Beschwerdeführerin ist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Die belangte Behörde begründet das wichtige dienstliche Interesse an der Abberufung der Beschwerdeführerin von ihrer bisherigen Funktion im Wesentlichen mit dem durch das der Beschwerdeführerin vorgeworfene Verhalten eingetretenen Vertrauensverlust. Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 13.09.2002, 99/12/0139) Folgendes ausgeführt:

"Ein wichtiges dienstliches Interesse wird jedenfalls dann berührt, wenn eingetretene, objektiv festgestellte Tatsachen den Schluss rechtfertigen, dass der Wille oder die Fähigkeit zur Erfüllung der durch die Rechtsordnung vorgezeichneten Aufgaben nicht oder nicht mehr gegeben sind (Hinweis E 27.11.1975, 1014/75). Vertrauensentzug kann ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung nicht begründen, wenn es an Feststellungen im obigen Sinn fehlt. Andernfalls wäre nämlich der Beamte Entschlüssen, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen seiner Vorgesetzten in der Frage seiner Versetzung ausgeliefert, selbst wenn diese Entschlüsse, Gesinnungen oder Gesinnungsänderungen durch nur in der subjektiven Sphäre der Vorgesetzten eingetretene und daher der Rechtskontrolle unzugängliche Momente bewirkt wären (Hinweis E 9.11.1981, 2525/77)."

Demnach kann ein relevanter Vertrauensverlust nur dann vorliegen, wenn er sich auf Grund eindeutiger Sachverhaltsdarstellungen ergibt. Der bloße Entzug des Vertrauens ist hiefür nicht ausreichend.

Nun beruhen aber gerade die für den Vertrauensverlust ins Treffen geführten Gründe überwiegend auf den im Raum stehenden, disziplinarrechtlich noch nicht endgültig abgeklärten Vorwürfen gegen die Beschwerdeführerin. Bezüglich dieser Vorwürfe ist ein Disziplinarverfahren anhängig und liegt somit eine Vorfrage nach § 38 AVG vor.

Für eine selbstständige Beurteilung dieser Vorfrage durch das Bundesverwaltungsgericht könnte sprechen, dass dadurch das Versetzungsverfahren rascher abgeschlossen würde. Allerdings müsste auch vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Beweisverfahren, unter Umständen mit Durchführung der von der Beschwerdeführerin begehrten mündlichen Verhandlung unter Einvernahme von Zeugen durchgeführt werden.

Darüber hinaus kommt im Falle des Verdachts von Dienstpflichtverletzungen die primäre Klärung der Sachverhalte den Disziplinarbehörden zu. Wie sich aus den Bestimmungen des BDG im Zusammenhang mit dem Prinzip der Einheit der Rechtsordnung und dem Prinzip der Verfahrensökonomie ergibt, soll ein und derselbe Sachverhalt tunlichst nicht unabhängig voneinander gleichzeitig in mehreren Verfahren geprüft werden. Dieser Gedanke liegt auch der Bestimmung des § 114 BDG zu Grunde, welche die ex-lege-Unterbrechung des Disziplinarverfahrens bei einem anhängigen Strafverfahren nach der StPO oder einem verwaltungsbehördlichen Strafverfahren normiert. Damit werden auch die Gefahr von Divergenzen bei der Sachverhaltsfeststellung und die damit verbundenen Rechtsfolgen (Wiederaufnahme etc.) hintan gehalten. Gleichfalls wird das Entstehen zusätzlicher Kosten, die durch jeweils gesonderte Beweisaufnahmen der einzelnen Verwaltungsbehörden oder Gerichte verursacht werden, vermieden.

Vorrangig erscheint demnach die Abklärung der angelasteten Dienstpflichtverletzungen in einem Disziplinarverfahren.

Bei Verfahren nach den §§ 38 und 40 BDG haben zwar die dienstlichen Interessen im Vordergrund zu stehen und ist die Verschuldensfrage nicht zu klären. Allerdings soll mit einer Versetzung lediglich die Behebung eines den rechtmäßigen, reibungslosen und effizienten Dienstbetrieb behindernden Missstandes erreicht werden. Gründet sich der Missstand nicht auf einen offensichtlich unbestrittenen Sachverhalt, sondern auf einen klärungsbedürftigen Sachverhalt, der gleichzeitig den Verdacht des Tatbestandes einer Dienstpflichtverletzung begründet, wird in der Regel im Sinne der Verfahrensökonomie, insbesondere auch um die Gefahr von Divergenzen bei der Sachverhaltsfeststellung und zusätzliche Kosten zu vermeiden, der Ausgang des entsprechenden Straf- oder Disziplinarverfahrens abzuwarten sein (vgl. dazu zu einer ähnlichen Konstellation BerK 22.08.2007, GZ 87/15-BK/07).

Bei dem in die Interessensabwägung einfließenden erwähnten dienstlichen Interesse am reibungslosen Dienstbetrieb sind auch andere dienstrechtliche Maßnahmen sowie die schutzwürdigen Interessen des betroffenen Beamten zu berücksichtigen. Die §§ 38 und 40 BDG sollen einen Ausgleich zwischen der als schützenswert anerkannten Rechtssphäre des betroffenen Beamten und den qualifizierten dienstlichen Notwendigkeiten schaffen, wobei zu beachten ist, dass der Versetzung keine pönale Bedeutung zukommt und der Dienstbehörde ein Gestaltungsspielraum im Rahmen der dienstrechtlichen Möglichkeiten eingeräumt ist.

Ein dienstliches Interesse an einem Abschluss des Versetzungsverfahrens vor dem Disziplinarverfahren kann somit nur darin liegen, dass allein auf Grund der Abberufung der Arbeitsplatz des abberufenen Beamten nicht auf Dauer neu besetzt werden kann. Dies erfordert eine rechtskräftige Abberufung. § 38 Abs. 7 BDG sieht nämlich vor, dass bis zur Rechtskraft des Versetzungs- oder Verwendungsänderungsbescheides (somit für die Dauer des Berufungsverfahrens) der bisherige Arbeitsplatz nicht auf Dauer nachbesetzt werden darf.

Untersagt ist durch § 38 Abs. 7 BDG lediglich die Nachbesetzung des nicht besetzten Arbeitsplatzes durch dauernde Betrauung, nicht aber die Setzung anderer Maßnahmen. Das Dienst- und Besoldungsrecht hat auf diesen Fall Bedacht genommen und sieht die Möglichkeit einer vorläufigen Betrauung vor (vgl. hiezu auch § 77a GehG).

Das im konkreten Fall allenfalls verbleibende dienstliche Interesse am Bestehen einer endgültigen Funktionsbetrauung steht somit schwerwiegenden dagegen sprechenden Rechtsgütern (Einheit der Rechtsordnung, Verfahrensökonomie) gegenüber, die letztlich eine Aussetzung des Verfahrens rechtfertigen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Aussetzung Disziplinarverfahren Versetzung Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W259.2221780.1.00

Im RIS seit

17.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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