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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer, Senatspräsident Dr. Stoll und Hofrat Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des R in A, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Außenstelle Mistelbach, vom 22. Juli 1997, Zl. Senat-GF-96-578, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Juli 1997 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe am 13. Juni 1996 um 21.15 Uhr einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw an einem näher umschriebenen Ort gelenkt, obwohl er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe; er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO begangen. Es wurde eine Geldstrafe von S 12.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 288 Stunden) verhängt.
In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe in der Berufung vorgebracht, er habe am 13. Juni 1996 an einer Geburtstagsfeier auf einem Betriebsgelände in A. teilgenommen und dort auch Alkohol konsumiert. Gegen 20.00 Uhr habe er seine Lebensgefährtin (die Zeugin B.) angerufen und sie ersucht, ihn abzuholen. Nach etwa 20 bis 30 Minuten sei diese dann mit ihrem Pkw nach A. gekommen. Sie sei dann mit dem Pkw des Beschwerdeführers, einem Mercedes, zum Wohnort des Beschwerdeführers gefahren. Das Fahrzeug der Zeugin sei von Kollegen des Beschwerdeführers, von denen einer mit einem Dienstfahrzeug hinterhergefahren sei, zum Wohnort des Beschwerdeführers überstellt worden. Zu Hause angekommen habe sich dieser niedergelegt und sei eingeschlafen. Er sei dann von einschreitenden Gendarmeriebeamten, welche in sein Schlafzimmer gekommen seien, geweckt und zu einem Alkotest aufgefordert worden. Er habe sich - so der Beschwerdeführer -, obwohl er den Beamten gegenüber zum Ausdruck gebracht habe, daß er nicht wisse, wozu er einen solchen Test ablegen solle, weil er nicht gefahren sei, dennoch bereit erklärt, sich von der Zeugin zum Gendarermieposten bringen zu lassen, um sich dort der Atemluftuntersuchung zu unterziehen.
Im Rahmen der Beweisaufnahme - so die belangte Behörde weiter - sei die Einvernahme der Zeugin B. erfolgt. Ihre Aussagen seien nahezu deckungsgleich mit der Verantwortung des Beschwerdeführers gewesen. Der Zeuge K. (einer der eingeschrittenen Gendarmeriebeamten) habe angegeben, er habe gemeinsam mit seinem Kollegen R. einen Funkspruch hinsichtlich einer Anzeige, betreffend einen alkoholisierten Lenker, erhalten. Auf Grund des Kennzeichens des "verdächtigen Fahrzeuges" sei der Zulassungsbesitzer (der Beschwerdeführer) ausgeforscht worden und habe man sich an die erhobene Adresse begeben. Dort habe die Zeugin B. geöffnet, der der Grund des Einschreitens bekanntgegeben worden sei. Diese habe zunächst gesagt, sie selbst sei mit dem Pkw des Beschwerdeführers gefahren. Über Vorhalt, daß ja dann ihr Pkw in A. stehen müsse, habe sie ihre Verantwortung geändert und angegeben, sie habe ihren Lebensgefährten (den Beschwerdeführer) abholen wollen, ihn aber, als er bereits selbst den Mercedes gelenkt habe, auf halbem Wege getroffen; jeder der beiden sei dann mit seinem Fahrzeug zum Wohnort des Beschwerdeführers gefahren. Der Zeuge R. (der zweite eingeschrittene Gendarmeriebeamte) habe - so die belangte Behörde unter anderem weiter - angegeben, die Zeugin B. habe beim Eintreffen gesagt, daß sie selbst mit dem nun vor dem Haus abgestellten Mercedes gefahren sei; nach genauerem Befragen sei diese unsicher geworden und habe zugegeben, daß doch der Beschwerdeführer selbst gefahren sei. Sie habe ihn abholen wollen, habe ihn jedoch auf halbem Weg getroffen, worauf dann beide jeder mit seinem Fahrzeug zum Wohnort des Beschwerdeführers gefahren sei.
Auf Grund der Ermittlungsergebnisse - so die belangte Behörde - stehe als erwiesen fest, daß sich der Beschwerdeführer am 13. Juni 1996 in A. aufgehalten und dort an einer Geburtstagsfeier teilgenommen habe. Gegen 20.00 Uhr habe er seine Lebensgefährtin B. angerufen und sie ersucht, ihn von dort abzuholen. B. habe sich mit ihrem eigenen Pkw in Richtung A. begeben. Auf etwa Hälfte der Wegstrecke sei ihr der Beschwerdeführer bereits entgegengekommen; darauf sei man übereingekommen, daß der Beschwerdeführer seine Fahrt mit dem Mercedes fortsetzen und B. mit ihrem Pkw zum Wohnort des Beschwerdeführers zurückkehren solle. Die Fahrt sei auch in der genannten Weise beendet und die beiden Fahrzeuge seien in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses des Beschwerdeführers abgestellt worden. Den einschreitenden Gendarmeriebeamten sei von der Zeugin B. geöffnet worden, welche zunächst über Befragen angegeben habe, selbst den Mercedes gelenkt zu haben, der Beschwerdeführer sei mitgefahren. Nachdem die Beamten der Zeugin vorgehalten hätten, daß zutreffendenfalls ihr eigener Pkw in A. stehen müßte, habe B. ihre Aussage diesen gegenüber dahingehend abgeändert, daß sie zugegeben habe, zwar mit ihrem Pkw nach A. aufgebrochen zu sein, den Beschwerdeführer aber dann, dieser seinen Mercedes lenkend, auf halbem Wege getroffen zu haben, worauf beide mit jeweils dem eigenen Fahrzeug zum Wohnort des Beschwerdeführers gefahren seien.
Was die Verantwortung des Beschwerdeführers betreffe, so könne ihr auf Grund der gleichlautenden, klaren und schlüssigen Aussagen der beiden eingeschrittenen Gendarmeriebeamten nicht gefolgt werden. Von einer Vorgangsweise des "mehrfachen Fahrzeugtransfers", wie dies sowohl vom Beschwerdeführer als auch von der Zeugin B. beschrieben worden sei, sei am 13. Juni 1996 nicht die Rede gewesen; es sei davon auszugehen, daß sich die beiden Beamten an die Schilderung einer derart ungewöhnlichen und umständlichen Konstruktion wohl erinnern hätte können. Die Schilderung der Überstellung des Beschwerdeführers von A. zu seinem Wohnort unter Zuhilfenahme von gleich drei Fahrzeugen und mit einem "Personaleinsatz" von insgesamt drei Beteiligten außer dem Beschwerdeführer erscheine darüber hinaus auch unglaubwürdig, zumal weder der Beschwerdeführer noch die Zeugin B. bereit gewesen seien, die Namen derjenigen Kollegen zu nennen, welche mit einem Dienstfahrzeug angeblich die Verbringung der in Rede stehenden Fahrzeuge unterstützt hätten. Die diesbezügliche Argumentation, die betreffenden Kollegen könnten ob ihres Tätigwerdens innerhalb der Dienstzeit disziplinäre Folgen zu befürchten haben, erscheine im Hinblick auf die beweiskräftige Möglichkeit der Abwendung eines Strafübels im verfahrensgegenständlichen Ausmaß als basislose Schutzbehauptung, welche zur schlüssigen Annahme führen müsse, daß die ungenannten Kollegen in Wahrheit gar nicht in der beschriebenen Weise tätig geworden seien. Letztlich erscheine die Version, wie sie die Zeugin B. am 13. Juni 1996 gegenüber den Beamten dargestellt habe, durchaus lebensnah und nachvollziehbar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:
Das Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß der Beschwerdeführer zwar nicht bestreitet, zum Tatzeitpunkt eine relevante Alkoholisierung aufgewiesen zu haben, jedoch die von der belangten Behörde angenommene Lenkereigenschaft in Abrede stellt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag jedoch diese Annahme der belangten Behörde im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keineswegs als rechtswidrig zu erkennen:
Was zunächst das Vorbringen des Beschwerdeführers anlangt, die Angaben der eingeschrittenen Gendarmeriebeamten seien widersprüchlich, wobei der Beschwerdeführer insoweit auf die mit dem Zeugen R. am 23. Juli 1996 vor der Behörde erster Instanz aufgenommene Niederschrift verweist, so ist dieses Vorbringen als geradezu mutwillig zu bezeichnen: Aus der diesbezüglichen, vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Passage dieser Niederschrift läßt sich nämlich zweifelsfrei entnehmen, daß die Zeugin B. gegenüber dem Zeugen R. zugegeben habe, der Beschwerdeführer sei mit dem Mercedes von A. zu seinem Wohnort und sie selbst mit ihrem Pkw ebenfalls dorthin gefahren. Bei der Einfügung des Wortes "Sie" vor dem Namen des Beschwerdeführers im bezüglichen Satz der Niederschrift handelt es sich um einen - wie sich aus dem Kontext eindeutig ergibt - unwesentlichen Schreibfehler.
Auch macht es der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde keinen Abbruch, daß die beiden Gendarmeriebeamten anläßlich ihres Einschreitens in der Folge am Gendarmerieposten - wo der Beschwerdeführer den Alkotest abgelegt hat - die von ihnen wahrgenommene Aussage der Zeugin B. nicht "protokolliert" haben, wie es der Beschwerdeführer vermißt; auf eine diesbezügliche Verpflichtung der Gendarmeriebeamten vermag er sich im übrigen nicht zu berufen. Daß der Beschwerdeführer und die Zeugin B. "von Beginn an dieselben Angaben gemacht haben", mußte die belangte Behörde auf Grund der Zeugenaussagen der beiden Gendarmeriebeamten eben nicht als erwiesen ansehen. Damit geht auch das Vorbringen des Beschwerdeführers, es habe vor dem Einschreiten der Gendarmeriebeamten "keine Verabredung" zwischen ihm und der Zeugin B. stattgefunden, ins Leere. Ob aber die Zuhilfenahme von zwei weiteren Fahrzeugen - neben den Fahrzeugen des Beschwerdeführers und der Zeugin B. - zum Zwecke des Transportes des Beschwerdeführers nach Hause "lebensfremd ist" oder nicht, kann dahinstehen, weil dem im Hinblick auf die der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Beweismittel keine Entscheidungswesentlichkeit zukommt. Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.
Aber auch die Strafbemessung ist keineswegs als rechtswidrig zu erkennen; ein Überschreiten des der belangten Behörde eingeräumten Ermessensspielraumes wäre selbst bei ungünstigen Einkommensverhältnissen (was der Beschwerdeführer ohnedies nicht behauptet) nicht erkennbar. Vielmehr ist die verhängte Geldstrafe im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellte einschlägige Vorstrafe sowie das extreme Ausmaß der Alkoholisierung des Beschwerdeführers (der geringere Wert bei der - ersten - Messung um 22.10 Uhr des Tattages hatte einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,89 mg/l ergeben) als geradezu unverständlich milde zu bezeichnen, was allerdings - im Hinblick auf das Verbot der "reformatio in peius" - die Behörde erster Instanz zu verantworten hat.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verfahrensrecht BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1998:1997020400.X00Im RIS seit
12.06.2001