TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/30 W272 2211005-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

30.03.2020

Norm

AsylG 2005 §70
AVG §17 Abs1
AVG §76 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §35

Spruch

W272 2211005-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX 1070 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.11.2018, Zl. 1095956106/151825132, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

II. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Verfahrenskosten wird abgewiesen.

B)

Die Revision Spruchpunkt I. betreffend ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Die Revision Spruchpunkt II. betreffend ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Asylwerber XXXX brachte mit Schreiben vom 04.05.2018 eine Anzeige über die an den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Herrn Rechtsanwalt XXXX , erteilte Vollmacht für sein gegenständliches Asylverfahren ein und beantragte, seinem Rechtsvertreter Akteneinsicht und die Erstellung von Aktenkopien beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) zu gewähren. Vorgebracht wurde, dass ein 1:1 anwaltlicher Handakt zu dem bestehenden Behördenakt hergestellt werden müsse, um die einem anwaltlichen Vertreter entsprechenden Standards herstellen zu können. Der Antrag des Asylwerbers auf internationalen Schutz wurde mit Bescheid vom 27.04.2018 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl abgewiesen.

2. Am 08.05.2018 stellte der BF im Namen des Asylwerbers einen Antrag auf Aktenübermittlung an die Regionaldirektion Wien.

3. Mit Schreiben vom 16.05.2018 bestätigte der BF, den für den 18.05.2018, 13:15 Uhr vereinbarten Termin zur Akteneinsicht und merkte an, dass die Akteneinsicht länger als bis zu dem mit Kassaschluss bekanntgegebenen Termin dauern dürfte und verwies hinsichtlich der Kopierkosten, unter Vorlage eines RIS-Auszuges des § 70 AsylG 2005 (im Folgenden AsylG), auf die dort normierte Befreiung von Barauslagen.

4. Am 18.05.2018 nahm der BF als rechtsfreundlicher Vertreter des Asylwerbers im Amtsgebäude der Regionaldirektion Wien Akteneinsicht in den Papierakt des Asylverfahrens und ließ durch seinen Mitarbeiter, Herrn XXXX , im Zuge der Akteneinsicht 90 Stück Fotokopien des Aktes zu je ? 0,32, sohin insgesamt zu einem Betrag von ? 28,80, anfertigten. Der Mitarbeiter des BF wies im Zuge der Zahlungsaufforderung auf die Gebührenbefreiung gem. § 70 AsylG und das dazu bereits im Vorfeld verfasste Schreiben vom 16.05.2018 hin. Der Mitarbeiter teilte der anwesenden juristischen Mitarbeiterin mit, dass über die ausstehenden Kosten ein Bescheid auszustellen sei, wenn die Behörde der Ansicht sei, dass die Gebühren zu entrichten seien. Am 24.05.2018 brachte der Asylwerber, vertreten durch den BF, Beschwerde beim BFA in seinem Asylverfahren ein.

5. Mit Schreiben der Regionaldirektion Wien vom 17.07.2018 stellte die Behörde fest, dass der BF am 18.05.2018 als rechtsfreundlicher Vertreter des Asylwerbers im Amtsgebäude des BFA Wien Akteneinsicht in den Papierakt des Asylwerbers nahm und durch seinen Mitarbeiter 90 Fotokopien anfertigen ließ. Dem BF wurde im diesbezüglichen Kostenvorschreibungsverfahren die Möglichkeit gegeben, binnen 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahme zu der in § 17 AVG normierten Ersatzpflicht der Kopierkosten abzugeben.

6. In der am 01.08.2018 eingebrachten Stellungnahme erklärte der BF im Wesentlichen, dass er als ausgewiesener Parteienvertreter berechtigt sei, die Parteienrechte seines Mandanten auszuüben und daher auch zur Durchführung der Akteneinsicht berechtigt sei. Die dadurch entstandenen Kopierkosten seien "unmittelbar für Zwecke des Asylverfahrens" entstanden und seien daher gem. § 70 AsylG nicht zu entrichten.

7. Mit Bescheid vom 02.11.2018 wurde dem BF gem. § 17 Abs. 1 iVm § 76 Abs. 1 AVG aufgetragen, dem Bund die Kopierkosten iHv ? 28,80 zu ersetzen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beauftragung eines rechtsfreundlichen Vertreters im Innenverhältnis zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter auf einem zivilrechtlichen Auftrag zur Beratung und Vertretung unter gleichzeitiger Erteilung einer Vollmacht basiere, die nach außen hin als Gesamtschuldverhältnis in Erscheinung trete. Es ergebe sich allein aus der im Antrag enthaltenen Begründung, dass die Akteneinsicht und Kopien aus Gründen der anwaltlichen Sorgfaltspflicht und nicht aus den in § 70 AsylG genannten Amtshandlungen erfolgen würden. Insoweit gelange die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG nicht zur Anwendung. Selbst unter der Annahme, dass die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG auf die Anfertigung der Kopien des Verfahrensaktes im Rahmen der Akteneinsicht durch einen rechtsfreundlichen Vertreter Anwendung finde, sei auszuführen, dass die Bestimmung dem sozialen Aspekt diene, Flüchtlingen keine von ihnen nicht leistbare Kosten aufzubürden. Die Aspekte einer aus sozialen Gründen erfolgten Befreiung von den Kopierkosten im Rahmen der Akteneinsicht, insbesondere im Zuge einer rechtsfreundlichen Vertretung zur Erstellung eines 1:1 Handaktes zum Behördenakt, könne im vorliegenden Fall weder aus dem AsylG noch aus dem AVG entnommen werden. Es ergebe sich aus den Erläuterungen viel mehr, dass die Intention des § 70 AsylG darauf gerichtet sei, Asylwerber von Gebühren und Barauslagen zu befreien, nicht jedoch den Vertretern von Asylwerbern die Kopierkosten zu ersparen. § 70 AsylG sei daher im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden.

8. Mit Schreiben vom 30.11.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde im eigenen sowie im Namen des Asylwerbers und brachte vor, dass der Bescheid an inhaltlicher Rechtswidrigkeit leide, da im Asylverfahren aus humanitären Gründen eine generelle Kostenbefreiung geschaffen worden sei, weil es sich bei Asylwerbern regelmäßig um mittellose Personen handle. Die Einhebung der Kopierkosten widerspreche dem Grundsatz eines fairen Verfahrens. Die Ausführungen der Behörde, dass die Intention des § 70 AsylG darauf ausgerichtet sei, Asylwerber von Gebühren zu befreien, nicht jedoch Vertretern von Asylwerbern Kopierkosten zu ersparen, sei verfehlt und denkunmöglich, da eine Akteneinsicht durch den Vertreter einer Akteneinsicht durch den Mandanten gleichkomme. Die Kosten würden daher dem Asylwerber, nicht dem Vertreter, entstehen. Darüber hinaus leide der Bescheid an einem Begründungsmangel und wurden Verfahrensvorschriften infolge von Aktenwidrigkeit verletzt. Außerdem begehrte der BF, dem Rechtsträger der belangten Behörde gem. § 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl II 517/2013 die dem BF entstandenen Verfahrenskosten im gesetzlichen Ausmaß aufzutragen, da im gegenständlichen Verfahren analog zum Maßnahmenbeschwerdeverfahren Kostenersatz gebühre. Der Ausschluss eines Kostenersatzes diskriminiere den BF im Bescheidbeschwerdeverfahren - sachlich nicht nachvollziehbar und damit verfassungswidrigerweise - gegenüber BF in so genannten Maßnahmenbeschwerdeverfahren.

9. Am 11.12.2018 langte die Beschwerdevorlage des BFA beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde dem für das Asylverfahren zuständigen Richter zugeteilt. Die belangte Behörde gab hinsichtlich der vorliegenden Beschwerde eine Stellungnahme ab, in der sie vorbrachte, dass die Geltendmachung der Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren ins Leere gehe, da dem Asylwerber mit Verfahrensanordnung ein kostenloser Rechtsberater in Form der ARGE Rechtsberatung für das Verfahren vor dem BVwG zur Verfügung gestellt worden sei und alle Parteienrechte gewährt worden seien. Hinsichtlich der zu Unrecht vorgeschriebenen Kopierkosten werde auf die Ausführungen der Richtlinie des BMF vom 22.02.2007 als Auslegungshilfe zum Gebührengesetz verwiesen.

10. Mit Schreiben vom 07.01.2020 wurde das BVwG darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Asylwerber nun von Herrn XXXX mit der Vertretung seines Verfahrens bevollmächtigt worden sei. Der Asylwerber halte die Beschwerde aufrecht. Herr RA XXXX vertrete sich nach wie vor selbst. Das Gericht möge sich direkt mit Herrn RA XXXX Kontakt aufnehmen.

11. Am 15.01.2020 erging durch das Gericht ein Schreiben an den BF, mit dem Ersuchen bekanntzugeben ob die Beschwerde weitergeführt wird oder ob dieses im Zusammenhang mit dem Verfahren zum Antrag auf internationalen Schutz des Asylwerbers nunmehr ebenfalls abgetreten wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen unter Punkt I.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A) Zu Spruchpunkt I. - Stattgabe der Beschwerde und Behebung des Bescheides

§ 8 AVG idgF lautet:

Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, sind Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

§ 17 AVG idgF lautet:

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muss auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.

(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.

§ 76 Abs. 1 AVG idgF lautet:

(1) Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen. Kosten, die der Behörde aus ihrer Verpflichtung nach § 17a erwachsen, sowie die einem Gehörlosendolmetscher zustehenden Gebühren gelten nicht als Barauslagen. Im Falle des § 52 Abs. 3 hat die Partei für die Gebühren, die den nichtamtlichen Sachverständigen zustehen, nur soweit aufzukommen, als sie den von ihr bestimmten Betrag nicht überschreiten.

§ 70 AsylG idgF lautet:

Die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten. Die Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen gilt auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Daraus ergibt sich fallbezogen folgendes:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 04.12.2019, Ra 2019/12/0065 entschieden, dass Voraussetzung für die Gestattung von Akteneinsicht nach § 17 AVG ist, dass - von der Behörde, der gegenüber Akteneinsicht begehrt wird - ein Verwaltungsverfahren ("behördliches Verfahren" iSd Art II EGVG 2008) geführt wird bzw. geführt wurde, in dem der Akteneinsichtswerber Parteistellung hat. Damit ein Verfahren als "behördliches Verfahren" iSd Art II EGVG 2008 qualifiziert werden kann, in dem von der Verwaltungsbehörde das AVG anzuwenden und gegebenenfalls Akteneinsicht zu gewähren ist, muss es individuelle Verwaltungsakte der Hoheitsverwaltung zum Gegenstand haben bzw. "auf Bescheiderlassung zielen" (Hinweis Erkenntnisse vom 27. Februar 2009, 2008/17/0019, und vom 19. Oktober 1994, 94/12/0186).

Des Weiteren hat der VwGH in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass ein Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG den Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verfahrens - unter den sonstigen Beschränkungen - unabhängig davon zukommt, zu welchem Zweck sie die Akteneinsicht begehrt haben. Die Partei ist daher auch nicht verpflichtet zu begründen, zu welchem Zweck sie Akteneinsicht benötigt (Hinweis E vom 29. April 2014, 2013/04/0157, mit Verweis auf das E eines verstärkten Senates vom 22. Oktober 2013, 2012/10/0002). Das von § 17 AVG eingeräumte subjektive Recht auf Einsicht in die Akten eines Verwaltungsverfahrens steht jedoch nur den Parteien des Verwaltungsverfahrens, in dessen Akten Einsicht genommen werden soll, zu (VwGH 24.04.2018, Ra 2018/05/0032).

§ 8 AVG verleiht allen (natürlichen und juristischen) Personen Parteistellung iSd AVG, die entweder vermöge eines Rechtsanspruchs oder vermöge eines rechtlichen Interesses (VwGH 9. 9. 2003, 2002/01/0133) an der Sache beteiligt sind.

Partei im Asylverfahren kann wohl nur der Asylwerber selbst, nicht jedoch dessen rechtlicher Vertreter sein. Im gegenständlichen Fall ersuchte der Asylwerber im eigenen Namen die belangte Behörde, seinem rechtsfreundlichen Vertreter Akteneinsicht und die Erstellung von Aktenkopien zu gewähren.

Daraus folgt, dass der BF niemals im eigenen, sondern lediglich im Namen seines Mandanten das Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen konnte, da ihm im eigenen Namen das Recht auf Akteneinsicht gem. § 17 AVG nicht zugekommen wäre, war er doch nie Partei des Asylverfahrens.

Allein durch die Bestellung eines Bevollmächtigten wird die Parteistellung der am Verwaltungsverfahren Beteiligten nicht berührt (VwGH 28.04.1966, 0041/66). Tritt eine Person im Verwaltungsverfahren nicht im eigenen Namen, sondern im Namen eines anderen auf, so ist die Verfahrenshandlung - das Vorliegen einer Vollmacht vorausgesetzt - diesem zuzurechnen (VwGH 26.06.1995, 92/18/0199). Daraus folgt, dass der Vertreter iSd § 10 AVG berechtigt ist, im Namen des Beteiligten zu handeln (vgl VwGH 25. 5. 2011, 2011/08/0084), ohne dass er dadurch selbst zum Beteiligten würde. Die Bevollmächtigung bewirkt zunächst, dass dem Beteiligten alle Verfahrenshandlungen des Vertreters (vgl auch VwGH 25. 5. 2011, 2011/08/0084) unmittelbar zuzurechnen sind, vorausgesetzt, dass er im Namen des Beteiligten einschreitet.

Gemäß § 76 Abs. 1 AVG ist der Kostenersatz (grundsätzlich) der Partei aufzuerlegen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat (VwGH 25.11.2015, 2013/10/0102).

Allfällige Kosten hätten daher gem. § 76 Abs. 1 AVG lediglich der Partei, sohin dem Asylwerber, nicht jedoch dessen Rechtsvertreter, auferlegt werden dürfen.

§ 17 AVG steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass soweit in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, die Parteien bei der Behörde Akteneinsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen können.

§ 70 AsylG trifft eine zu § 17 AVG abweichende Regelung und normiert, dass Barauslagen zum Zwecke des Asylverfahrens nicht zu entrichten sind. Der vom BF verlangte Akteneinsicht steht in unmittelbaren Zusammenhang und zum Zwecke den Verfahrensstand und Akteninhalt über das Asylverfahren des vertretenen Asylwerbers zu erhalten. Dies wurde der Behörde auch mitgeteilt. Der Gesetzgeber normierte, dass gerade zu diesem Zwecke keine Barauslagen zu entrichten sind. Einen Unterschied darauf, ob ein Rechtsanwalt, ein zugewiesener Rechtsberater oder der Asylwerber selbst Akteneinsicht begehrt und die erforderlichen Kopien verlangt, hat der Gesetzgeber nicht normiert. Wie in den Materialien zu BGBl. I Nr.56/2018, RV 189 ersichtlich, ist die vom BFA vorgebrachte Verfahrenshilfe zum Einbringen von Beschwerde nicht abschließend geregelt (VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/004). So schließt die Möglichkeit der Antragsstellung einer Verfahrenshilfe gem. § 8a VwGVG nicht die Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen mit ein, sodass der § 70 AsylG die Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen nunmehr vor dem verwaltungsbehördlichen Verfahren als auch vor dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren festschreibt, soweit es sich um ein Asylverfahren handelt. Auch wollte der Gesetzgeber eine Verfahrensbeschleunigung, indem nicht ein Verfahrenshelfer bestellt werden muss und iS. des § 8a Abs. 2 VwGVG iVm § 64 Abs. 1 Z 1 lit.f ZPO die auferlegten Barauslagen nachträglich erst wieder entfallen.

Kopierkosten, die aufgrund einer Akteneinsicht und damit einhergehenden Aktenkopien entstehen, fallen daher unter jene Kosten, die grundsätzlich der Verfahrenspartei entstehen und dieser aufzuerlegen sind. Da, wie bereits festgestellt, diese Kopierkosten im Rahmen des Asylverfahrens, zur Beurteilung einer etwaigen Einbringung einer Beschwerde, entstanden sind diese Barauslagen gem. § 70 AsylG generell nicht zu entrichten.

Wenn die belangte Behörde davon ausgeht, dass aufgrund der Erläuterungen zur Gebührenbefreiung im Asylverfahren nur der Asylwerber von Gebühren und Barauslagen zu entlasten ist, nicht jedoch dem Vertreter eines Asylwerbers Kopierkosten zu ersparen sind, so ist dazu anzumerken, dass der Gesetzgeber keine diesbezügliche Ausnahme für rechtsfreundliche Vertreter geschaffen hat und der Vertreter die Akteneinsicht im Namen des Asylwerbers vornimmt, weshalb die Gebührenbefreiung des § 70 AsylG Anwendung findet.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und der gegenständliche, an den BF adressierte Bescheid ersatzlos zu beheben.

Der BF war auch zur Erhebung der Beschwerde legitimiert:

Für die Beschwerdelegitimation ist es nicht erforderlich, dass eine Verletzung des BF in seinen Rechten "erwiesen ist". Sie muss vielmehr (bloß) möglich sein (VwGH 18. 11. 2014, Ra 2014/05/0011).

Um die Voraussetzungen der Beschwerdelegitimation zu erfüllen, muss der BF in einem subjektiven Recht verletzt sein, mit dem über Bescheid abgesprochen wurde. In diesem Sinn judiziert(e) der VfGH seit jeher zur Beschwerde gem. Art 144 Abs 1 B-VG (aF), dass die Beschwerdelegitimation nur dann gegeben ist, wenn durch die bekämpfte Entscheidung irgendein subjektives Recht der beschwerdeführenden Partei verletzt worden sein kann, "dh wenn die bescheidmäßigen Anordnungen oder Feststellungen die subjektive Rechtssphäre des BF berühren, der Bescheid demgemäß subjektive Rechte begründet (verändert) oder feststellt" (zB VfSlg 19.595/2011 und VfGH 20.02.2014, B 1282/2013 bzw 19.02.2015, E 1116/2014 und 10.6.2016, E 427/2016). Das betroffene subjektive Recht bedingt gleichzeitig die Parteistellung gem. § 8 AVG im Verwaltungsverfahren (vgl VfGH 12.06.2015, E 385/2015). Der BF muss damit zumindest materiell betrachtet Adressat des angefochtenen Bescheides sein, der Bescheid also inhaltlich über seine Rechte absprechen (VwGH 26.06.2013, 2011/05/0199; VfSlg 12.540/1990).

Da der Bescheid an den BF adressiert war und auch über seine subjektiven Rechte (jene auf Nichtzahlung der Kosten) abgesprochen wurde, war der BF im gegenständlichen Verfahren beschwerdelegitimiert.

Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung

Eine mündliche Verhandlung kann gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz Antrags gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, da über die Beschwerde ausschließlich auf Grund der Aktenlage entschieden werden konnte. Das Bundesverwaltungsgericht konnte nach Einsicht in den Verfahrensakt aufgrund des schriftlichen Beschwerdevorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 Grundrechtecharta bedeutet hätte (VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146 und VwGH 27.02.2013, 2010/05/0080, jeweils mit Hinweisen auf die Judikatur des EGMR).

Zu Spruchpunkt II. - Nichterstattung der Verfahrenskosten

Mit § 35 VwGVG ist ein Kostenersatz lediglich für Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorgesehen. Sonstige Regelungen über die Kostentragung sind nicht statuiert. Nach der Grundregel des § 74 Abs. 1 AVG hat jeder Beteiligte die ihm im Verwaltungsverfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten. Im Anwendungsbereich des AVG gilt damit der Grundsatz der Kosten-selbsttragung (VwGH 27.06.2007, 2005/04/0257). Dieser Grundsatz gilt auch gegenüber der Behörde (VwGH 02.05.2006, 2004/07/0089). Ein Kostenersatz zwischen den Beteiligten findet nur dort statt, wo er in der Verwaltungsvorschrift geregelt ist. Da im verwaltungsgerichtlichen Verfahren kein Kostenersatz vorgesehen ist, findet somit gemäß § 74 Abs. 1 AVG iVm § 17 VwGVG ein solcher nicht statt. Bezüglich einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes judizierte bereits der VwGH, dass diese Bedenken nicht geteilt werden, zumal der Gesetzgeber hier einen Gestaltungsspielraum hat. Weites wurde auch ausgesprochen, dass es keine Bedenken wegen Art. 6 Abs. 3 lit. c MRK bestehen. (VwGH 09.10.2007, 97/21/0466). Wenn es zur Geltendmachung von pauschalierten Vertretungskosten betrifft, so besteht hier ebenfalls keine Anwendung, da hier die Bestimmungen des § 74 Abs. 1 AVG anzuwenden sind. Da das RechtsanwaltstarifG gem. § 1 Abs. 1 nur für das Zivilverfahren und das Privatanklageverfahren (sowie für die Privatbeteiligten in Strafverfahren) gilt, ist der Rechtsanwaltstarif im gegenständlichen Verfahren unmittelbar nicht anwendbar. Für eine geforderte Anwendung der Regeln des Zivilrechts besteht ebenfalls kein Raum. Der Abspruch des angefochtenen Bescheides steht auch nicht einer allfälligen Geltendmachung dieser Kosten im Amtshaftungsverfahren entgegen (VwGH 13.09.2002, 99/12/0200). Der Antrag ist somit mangels Rechtsgrundlage abzuweisen.

B) Zur Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wurde.

Hinsichtlich Spruchpunkt A.I.

Die Revision war zuzulassen, weil bislang keine Rechtsprechung des VwGH zur Frage vorliegt, ob entstandene Barauslagen, die im Rahmen einer Akteneinsicht zum Zwecke eines Asylverfahrens, welche nicht durch einen Asylwerber oder einer zugewiesenen Rechtsberatung erfolgt, von der Gebührenbefreiung des § 70 AsylG umfasst sind.

Hinsichtlich Spruchpunkt A.II.

Gegen Spruchpunkt A.II. ist eine Revision nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren in diesem Punkt keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt zum einen keine erhebliche Rechtsfrage vor, da das Gesetz selbst eine klare, das heißt eindeutige Regelung trifft bzw. auch eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt (VwGH 02.05.2006, 2004/07/0089).

Schlagworte

Aktenabschrift Akteneinsicht Barauslagen ersatzlose Behebung Gebührenbefreiung Kopienerstellung Kostentragung Rechtsvertreter Revision teilweise zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W272.2211005.1.00

Im RIS seit

17.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten