TE Bvwg Beschluss 2020/3/30 W182 2215241-2

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Veröffentlicht am 30.03.2020
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Entscheidungsdatum

30.03.2020

Norm

AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §57 Abs1
VwGVG §17

Spruch

W182 2215241-2/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Anträge von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch RA Dr. Peter LECHENAUER, vom 03.03.2020 und 05.03.2020 beschlossen:

A) Die Anträge werden zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), einem chinesischen Staatsangehörigen, wurde mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 10.10.2019, Zl. 1217385310 - 190154883 / BMI-EAST_WEST_TEAM_04, aufgetragen, gemäß § 57 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. I Nr. 51/1991, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in einer namentlich genannten Betreuungseinrichtung zu nehmen. Dieser Verpflichtung habe er binnen drei Tagen nachzukommen.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gegen den BF nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 20.09.2019, Zl. W278 2215241-1/14E, eine seit 23.09.2019 in Rechtskraft erwachsene Rückkehrentscheidung bestehe und der BF seiner Ausreiseverpflichtung bis dato nicht nachgekommen sei. Weiters habe er sowohl durch sein Verhalten als auch seine Aussagen im Rahmen seines Asylverfahrens als auch im Rahmen seines faktischen Handelns gegenüber dem Bundesamt unmissverständlich zu erkennen gegeben, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen. So habe er im Rahmen seines Asylverfahrens, des Verfahrens zur Erlassung der Rückkehrentscheidung als auch von Rückkehrberatungsgesprächen erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen zu wollen.

Der BF wurde im Bescheid belehrt, dass die Missachtung der Wohnsitzauflage eine Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs. 1a FPG darstelle und mit Geldstrafen vom 100,- bis 1.000,- Euro bzw. im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafen bis zu zwei Wochen bestraft werden könne. Eine Missachtung der Wohnsitzauflage könne ein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Fluchtgefahr sein und bei der Prüfung der Anordnung einer Sicherungsmaßnahme nach dem FPG (Schubhaft oder gelinderes Mittel) herangezogen werden.

Am 04.03.2020 wurde beim Bundesverwaltungsgericht der Eingang eines mit 03.03.2020 datierten, durch einen rechtsfreundlichen Vertreter des BF für diesen verfassten Antrages auf Aufhebung der Schubhaft protokolliert. Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF sich seit etwa vier Monaten in Schubhaft befinde und der Grund für die Schubhaft, nämlich die zeitnahe Abschiebung nach China, nicht mehr gegeben sei. Die Behörde könne durchaus ein gelinderes Mittel wie z.B. die behördliche Meldung bei einer Polizeiinspektion, bewilligen. Der BF werde sich auf Anraten seiner Rechtsvertretung dem vorliegenden Verwaltungsverfahren nicht entziehen. Er könne überdies in der Wohnung eines Freundes eine Unterkunft erhalten, weshalb er dem österreichischen Staat während seines Verfahrens auch nicht zur Last fallen werde. Da somit keine Fluchtgefahr vorliege, werde ersucht, den BF aus der Schubhaft zu entlassen und/oder die Möglichkeit des gelinderen Mittels gemäß § 76 FPG zu bewilligen. Infolge der nicht zeitnahen Abschiebungsmöglichkeit nach China und entsprechend des Verhältnismäßigkeitsprinzips werde beantragt, die Schubkraft zumindest vorläufig aufzuheben.

Eine mit 05.03.2020 datierte Mitteilung des rechtsfreundlichen Vertreters des BF "wegen Antrag auf Aufhebung der Schubhaft" langte am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde ausgeführt, dass dem BF am 12.10.2019 ein Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 10.10.2019 mit der Anordnung, sich binnen drei Tagen in eine namentlich genannten Unterkunft zu begeben, zugestellt worden sei, dies mit der Begründung, eine aufrechte Duldung liege nicht vor und sei der BF der Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Der BF befindet sich seit 21.10.2019 in der namentlich genannten Unterkunft. Um antragsgemäße Erledigung werde höflichst ersucht. Dem Schreiben war in Kopie der Mandatsbescheid sowie eine Klientenkarte eines Rückkehrberatungszentrums beigelegt.

Mit Verbesserungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.03.2020, dem rechtsfreundlichen Vertreter des BF zugestellt am 09.03.2020, wurde der BF unter dem Hinweis, dass eine Suchanfrage in der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres keinen Eintrag hinsichtlich einer Schubhaft des BF ergeben habe, aufgefordert binnen einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens unmissverständlich den konkreten Gegenstand der mit Schriftstück vom 05.03.2020 ersuchten "antragsgemäßen Erledigung" darzutun. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass bei Nichterfüllung des Verbesserungsauftrages nach fruchtlosem Ablauf der genannten Frist das Anbringen zurückgewiesen werde.

Der BF bzw. seine Rechtsvertretung ist bis dato dem Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

Die unter Punkt I. wiedergegebenen Ausführungen im Verfahrensgang werden der Entscheidung als Feststellungen zugrunde gelegt. Diese ergeben sich zweifelsfrei aus dem vom Bundesamt nachgereichten Akt zur Zl. 1217385310 - 190154883 sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Aufnahme weiterer Beweise war wegen Entscheidungsreife nicht mehr erforderlich.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 13/2013 idgF, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG idgF die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu Spruchteil A):

3.2. Zurückweisung des Antrages

3.2.1. Sowohl der Antrag vom 03.03.2020 als auch die Mitteilung vom 05.03.2020 beziehen sich ihrem Titel und ihrem Inhalt nach ausdrücklich auf eine Schubhaft des BF, wobei die "Aufhebung der Schubhaft" beantragt wird. Eine Suchanfrage in der Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung des Bundesministeriums für Inneres hat keinen Eintrag hinsichtlich einer Schubhaft des BF ergeben. In den beide von einem rechtsfreundlichen Vertreter für den BF verfassten Schriftstücken wird weder auf einen konkreten Schubhaftbescheid Bezug genommen, noch ein konkreter Ort, an dem die Schubhaft vollzogen worden sei oder werde, genannt.

Die vom rechtsfreundlichen Vertreter des BF verfasste Mitteilung vom 05.03.2020 enthält erneut den Betreff "wegen Antrag auf Aufhebung der Schubhaft", verweist nunmehr aber auf einem dem BF am 12.10.2019 zugestellten Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 10.10.2019, der eine Anordnung an den BF enthält, gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG bis zur Ausreise durchgängig Unterkunft in einer namentlich genannten Betreuungseinrichtung zu nehmen. Hinsichtlich einer Missachtung dieser Wohnsitzauflage wird auf die Möglichkeit von Geldstrafen wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 21 Abs. 1a FPG hingewiesen.

Dazu ist vorweg anzumerken, dass gegen einen Mandatsbescheid gemäß § 57 Abs. 1 AVG bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, binnen zwei Wochen Vorstellung erhoben werden kann. Abgesehen von der Verfristung liegt hinsichtlich des genannten Bescheides keine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes vor.

Was die mit Bescheid angeordnete Maßnahme - eine Wohnsitzauflage nach § 57 Abs. 1 FPG - betrifft, ist gleichfalls festzustellen, dass auch diesbezüglich eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nicht gegeben ist. Zwar erkennt das Bundesverwaltungsgericht nach Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG idgF über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit, ein bekämpfbarer Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt kann jedoch in der vorliegenden Konstellation nicht erkannt werden.

Ein durch Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG bekämpfbarer Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - d.h. ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen (vgl. VwGH 14.03.2018, Zl. Ra 2017/17/0937). Die Qualität eines behördlichen Befehls als Maßnahme iSd Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG setzt voraus, dass dem Betroffenen eine bei Nichtbefolgen des Befehls unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird (vgl. VwGH 26.06.2018, Zl. Ra 2018/16/0054 mit Verweis auf VwGH 15.12.2014, Zl. 2011/17/0333, VwGH 20.12.2016, Zl. Ra 2015/03/0048, VwGH 23.02.2017, Zl. Ro 2014/07/0081, und VwGH 18.10.2017, Zl. Ra 2017/02/0041). Derartige Voraussetzungen liegen bei der durch einen Mandatsbescheid angeordneten Wohnsitzauflage nach § 57 Abs. 1 FPG jedenfalls nicht vor.

Sohin ist auch diesbezüglich eine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zu verneinen.

Dies gilt umso mehr, als auch weder im aktuell gültigen FPG noch anderen einschlägigen Fremdenrechtsgesetzen, wie etwa dem BFA-Verfahrensgesetz (BFA), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, oder dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, eine Bestimmung, die dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Aufrechterhaltung bzw. Aufhebung einer Wohnsitzauflage nach § 57 Abs. 1 FPG eine allfällige unmittelbare Prüfungskompetenz zuweist, vorgesehen ist. Eine derartige Zuständigkeit könnte dem Bundesverwaltungsgericht sohin nur - nach einer derartigen Entscheidung durch das Bundesamt - im Rahmen der Bescheidprüfungskompetenz nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG zukommen.

Der Vollständigkeit halber ist noch einmal darauf hinzuweisen, dass hinsichtlich einer allfälligen Schubhaftbeschwerde kein Anhaltspunkt für eine tatsächliche Schubhaft des BF gefunden werden konnte. Einem diesbezüglich dem rechtfreundlichen Vertreter des BF am 09.03.2020 zugestellter Verbesserungsauftrag wurde bis dato nicht entsprochen. Die dazu gewährte einwöchige Frist ist mit 17.03.2010 abgelaufen.

Mangelhafte Beschwerden sind unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 AVG einer Verbesserung zugänglich (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 6 zu § 9 VwGVG).

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Auf die Rechtsfolgen unterlassener Verbesserung wurde der Beschwerdeführer nachweislich hingewiesen.

Da die Frist sohin am 21.03.2020 bereits abgelaufen war, ist diese auch nicht gemäß § 1 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes, BGBl I Nr. 16/2020, idgF, als unterbrochen anzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Da im vorliegenden Fall die Anträge zurückzuweisen waren, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs.1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs.4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die Revision ist sohin gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Schlagworte

Fristablauf Mandatsbescheid Mängelbehebung Maßnahmenbeschwerde Unzuständigkeit BVwG Verbesserungsauftrag Wohnsitzauflage Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W182.2215241.2.00

Im RIS seit

17.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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