TE Bvwg Erkenntnis 2020/4/1 W183 2210745-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.04.2020
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Entscheidungsdatum

01.04.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W183 2210745-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Dr. PIELER über die Beschwerde von XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch RA Dr. Benno WAGENEDER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.11.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.03.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte I.-V. als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt VI. mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise mit 18.05.2020 endet.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer verließ im Jahr 2015 Iran, stellte am 18.12.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Der Beschwerdeführer legte einen Taufschein der XXXX der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX vom 24.09.2017 vor. Am 01.10.2018 wurde der Beschwerdeführer von der nunmehr belangten Behörde, dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), zu seinen Fluchtgründen niederschriftlich einvernommen. Im Zuge der Einvernahme legte der Beschwerdeführer die Anzeige des Austritts aus der islamischen Glaubensgemeinschaft, Deutschkursbestätigungen, eine Bestätigung vom 30.9.2018 über den Besuch eines Glaubenskurses sowie Unterstützungsschreiben und eine Geburtsurkunde vor; mit Schreiben vom 16.10.2018 legte der Beschwerdeführer einen iranischen Identitätsausweis vor.

Im behördlichen Verfahren gab der Beschwerdeführer als Fluchtgrund im Wesentlichen an, dass er in Iran mehrmals eine Hauskirche besucht habe, nach einigen Monaten habe der Geheimdienst von ihm ein Foto gemacht und nach ihm gesucht. In Österreich sei er nun getauft worden.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid (zugestellt am 19.11.2018) wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, sondern gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung nach Iran zulässig ist (Spruchpunkte III. bis V.). Unter Spruchpunkt VI. wurde ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Das BFA stellte dem Beschwerdeführer amtswegig einen Rechtsberater zur Seite.

3. Mit Schriftsatz vom 30.11.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang. Darin wurde im Wesentlichen das Fluchtvorbringen wiederholt und betont, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran als Konvertit und Apostat asylrelevante Verfolgung drohe.

4. Mit Schriftsatz vom 04.12.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 28.03.2019 wurde die gegenständliche Rechtssache der bislang zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und der nun zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen (eingelangt am 15.05.2019).

5. Mit Schreiben vom 22.01.2020 wurden der Beschwerdeführer sowie das BFA zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 03.03.2020 geladen und wurde in den Ladungen darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht beabsichtigt, die Länderberichte gemäß dem "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Iran, Gesamtaktualisierung am 14. Juni 2019" sowie dem "Länderreport 10 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Iran - Situation der Christen, Stand 3/2019" als Grundlage für die Feststellungen zur Situation in Iran heranzuziehen. Es wurde Gelegenheit zur Einsicht- und Stellungnahme gegeben.

6. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.03.2020 unter Beiziehung eines Dolmetschs für die Sprache Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer sowie dessen Rechtsvertretung und eine Vertreterin des BFA teilnahmen. Der Beschwerdeführer wurde ausführlich zu seiner Person, seinen Fluchtgründen sowie religiösen Aktivitäten in Österreich befragt. Es wurde ihm Gelegenheit gegeben, alle Gründe umfassend darzulegen, zu den ins Verfahren eingeführten Länderberichten Stellung zu nehmen und seine Situation in Österreich darzustellen. Seitens der Rechtsvertretung wurden mehrere Unterstützungsschreiben, u.a. vom Taufpfarrer des Beschwerdeführers, vorgelegt. Das BFA legte in der Verhandlung eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Meldung von Religionsaustritten und Social Media betreffend Iran vor, aus der hervorgeht, dass die Islamisch-Schiitische Glaubensgemeinschaft in Österreich die Austrittsanzeigen nicht an andere Stellen (etwa iranische Behörden) weiterleitet.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte zuletzt am 26.03.2020 eine Strafregisterabfrage durch.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger. Er trägt den im Erkenntniskopf genannten Namen und ist am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Nähe von XXXX in der Provinz Gilan und lebte zuletzt in XXXX in der Provinz Hormozgan. Er gehört der Volksgruppe der Perser an, spricht Farsi (Muttersprache) sowie ein wenig Arabisch und Englisch, hat mehrere Jahre die Schule besucht und arbeitete in Iran als Wasserinstallateur auf einem Schiff.

Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder. In Iran leben seine Mutter, vier Schwestern und sechs Brüder. Zu allen hat der Beschwerdeführer regelmäßig Kontakt. Das Verhältnis ist gut. Die wirtschaftliche Situation der Familie in Iran ist sehr gut.

Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung von Passkontrollen aus Iran aus, illegal nach Österreich ein und stellte am 18.12.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht besteht nicht.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner physischen oder psychischen Erkrankung und ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären oder sonstigen verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen sozialen Bindungen in Österreich. Der Beschwerdeführer lebt hier in keiner Lebensgemeinschaft. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht Mitglied in Vereinen oder anderen Organisationen. Der Beschwerdeführer absolviert keine Ausbildung. Zum Freundeskreis des Beschwerdeführers zählen unter anderem österreichische Staatsbürger, welche er vorwiegend von der Pfarre kennt. Die sozialen Kontakte entstanden zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer bereits seinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat.

Der Beschwerdeführer bezieht in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung. Er hat mit Suchtgift gehandelt, davon abgesehen jedoch nicht gearbeitet und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer absolvierte zuletzt eine Deutschprüfung auf A2-Niveau.

Der Beschwerdeführer wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall SMG, wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG sowie wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 2. Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Mildernd wurden das Geständnis und die Unbescholtenheit gewertet, erschwerend das Zusammentreffen strafbarer Handlungen gleicher und verschiedener Art.

Der Beschwerdeführer wurde schuldig erkannt, I) vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b) SMG übersteigenden Menge anderen überlassen zu haben, indem er in der Zeit von etwa Sommer 2015 bis zuletzt am 16.07.2019 insgesamt etwa 1400 Gramm Cannabiskraut mit einem durchschnittlichen Reinheitsgehalt von zumindest etwa 10% THCA und etwa 1% Delta-9-THC an gesondert verfolgte sowie unbekannte Abnehmer verkaufte sowie an einen gesondert verfolgten Abnehmer zum Zwecke des Weiterverkaufes übergab; sowie II) vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut in der Zeit von etwa Sommer 2015 bis zumindest am 16.07.2019 in wiederholten Angriffen erworben und besessen zu haben, wobei er die Tat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch beging; sowie III) am 16. und 17.07.2019 eine näher genannte Person dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt zu haben, dass er vor Beamten der Polizeiinspektion behauptete, dieser hätte ihn zum Zwecke des Ankaufs von insgesamt etwa 800 Gramm Cannabiskraut an einen gesondert verfolgten Abnehmer vermittelt, ihn somit einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 6. Fall SMG falsch verdächtigt, wobei er wusste (§ 5 Abs. 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch war.

Für die mit gegenständlichem Urteil bestraften Tathandlungen übernimmt der Beschwerdeführer nicht umfassend die Verantwortung, weil er die Verurteilung auf Nachfrage zunächst verschwieg und auf Vorhalt angab, eine "falsche Freundin" habe ihn dazu animiert und habe er nicht von Sommer 2015 bis Juni 2019, sondern erst vor sechs Monaten Suchtgift verkauft.

Zuvor wurde der Beschwerdeführer am 22.01.2016 wegen Alkoholisierung (mit Sachbeschädigung und Erbrechen als Folgen) und somit Verstoßes gegen die Hausordnung, sowie am 30.11.2016 wegen Verstoßes gegen das Rauchverbot, verwarnt.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer am 31.05.2019 angezeigt, da er als Beifahrer in einem KFZ den vorhandenen Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendete. Er verantwortete sich den einschreitenden Polizeibeamten gegenüber dahingehend, er sei ohnehin angegurtet gewesen, habe kein Geld und wolle nur fortgehen und Spaß haben.

Das Bundesverwaltungsgericht wurde vom zuständigen Landesgericht mit Schreiben vom 12.02.2020 informiert, dass am 08.04.2020 eine Hauptverhandlung in einer Strafsache gegen den Beschwerdeführer wegen § 288 Abs. 1 StGB (falsche Beweisaussage) stattfinden werde.

1.2. Zum Fluchtvorbringen

Der Beschwerdeführer wuchs in Iran als schiitischer Moslem auf und entstammt einer religiösen, muslimischen Familie.

Es wird festgestellt, dass sich der Beschwerdeführer in Iran nicht tiefergehend dem Christentum zuwandte oder christlich missionierte. Es wird festgestellt, dass dies dem Beschwerdeführer von iranischen Behörden oder Privatpersonen auch nicht unterstellt wird.

In Österreich besucht der Beschwerdeführer seit Frühjahr 2016 gelegentlich, jedoch nicht wöchentlich Gottesdienste, zunächst in der XXXX in XXXX , nach seinem Umzug in der XXXX in XXXX (beide sind der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. XXXX zuzurechnen). Der Beschwerdeführer wurde von der XXXX in XXXX am 24.09.2017 nach Besuch eines Vorbereitungskurses getauft und meldete seinen Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich. Der Beschwerdeführer verfügt über kein tiefergehendes Wissen zum Christentum oder zum evangelischen Glauben.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht aus einem inneren Entschluss zum Christentum konvertiert ist und die christliche Glaubensüberzeugung aktuell nicht derart ernsthaft ist, sodass sie Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers wurde. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran nicht privat oder öffentlich zum christlichen Glauben bekennen wird.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht missionarisch tätig und beabsichtigt nicht ernsthaft, dies in Zukunft zu tun. Die iranischen Behörden wissen von den oben festgestellten christlichen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich nicht Bescheid. Von den Verwandten des Beschwerdeführers, die davon wissen, geht keine Bedrohung aus.

Der Beschwerdeführer brachte keine weiteren Gründe, warum er eine Rückkehr in den Heimatstaat fürchtet, vor.

1.3. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Aus dem ins Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran vom 14. Juni 2019 (LIB 2019) ergibt sich wie folgt:

Zur Sicherheitslage

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken.

Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 11.6.2019).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 11.6.2019, vgl. AA 11.6.2019b). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 11.6.2019b). Im ganzen Land, besonders außerhalb von Teheran, kann es immer wieder zu politisch motivierten Kundgebungen mit einem hohen Aufgebot an Sicherheitskräften kommen (BMEIA 11.6.2019).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen.

Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 11.6.2019).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK im September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 11.6.2019b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. (EDA 11.6.2019). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 12.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (11.6.2019b): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396, Zugriff 11.6.2019

* BMeiA - Bundesminsterium für europäische und internationale Angelegenheiten (11.6.2019): Reiseinformation Iran, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/iran/, Zugriff 11.6.2019

* EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (11.6.2019): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html, Zugriff 11.6.2019

* ÖB - Österreichische Botschaften (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 11.6.2019

Zu Apostasie und Konversion

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel "mohareb" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen "mohareb" (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf "Organisation von Hauskirchen" und "Beleidigung des Heiligen", wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen "Missionsarbeit" verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit "Konversion" vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese "Konversion" ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich "konvertierte" Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).

Die Schließungen der "Assembly of God"-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie - obwohl sie verboten sind - trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch "low-profile" Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt - oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein "high-profile"-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).

Zu Grundversorgung und Rückkehr:

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 14 Mio. IRR im Monat (ca. 97 Euro). Das durchschnittliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 388 Euro (AA 12.1.2019).

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus. In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. (AA 12.1.2019)

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der

* Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 3.6.2019

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 3.6.2019

* DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 3.6.2019

* FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 3.6.2019

* HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002197.html, Zugriff 3.6.2019

* ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

* Open Doors (2019): Weltverfolgungsindex 2019 Länderprofil Iran, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 3.6.2019

* US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 3.6.2019

Aus dem Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019) ergibt sich wie folgt:

Ein Mitglied einer Hauskirche, das Mission betreibt, an christlichen Konferenzen außerhalb Irans teilnimmt, sich möglicherweise auch im Besitz christlicher Materialen befindet und insofern in den Fokus der Ordnungskräfte oder Geheimdienste geraten kann, wird bestenfalls vernommen und verwarnt. Es kann aber auch zu einer Festnahme mit anschließendem Strafverfahren führen. Das Ziel der vorgenannten Sicherheitskräfte ist nicht die Privatperson, sondern die Hauskirche als Organisation und die aktiv missionierenden Führungspersonen. Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen "Verbrechen gegen Gott" angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall eines Konvertiten bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hat. Mitglieder von Hauskirchen, die nicht der Leitung der Gemeinschaft zugerechnet werden, werden oftmals nach einer zweitägigen Haft und verschiedenen Vernehmungen, in deren Verlauf sie zu der Organisation der Hauskirche und eventuellen noch nicht bekannten Mitgliedern befragt werden, wieder auf freien Fuß gesetzt. (S 8f.)

Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung. In den vergangenen zehn Jahren wurde seitens der in Iran vertretenen westlichen Botschaften, die grundsätzlich Rückführungen iranischer Staatsangehöriger vor Ort kontrollieren, kein Fall der Festnahme eines Konvertiten bei der Einreise gemeldet. (S 11)

Die zu Apostasie und Konversion festgestellte Situation stellt sich im gesamten iranischen Staatsgebiet gleichermaßen dar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB) und durch das BFA (EV) sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VH), der Beschwerdeschriftsatz, das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Iran vom 14. Juni 2019 mit den darin enthaltenen, bei den Feststellungen näher zitierten Berichten, der Länderreport 10 Iran zur Situation der Christen des Deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Stand 3/2019), die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente (Taufschein vom 24.09.2017, Unterstützungsschreiben des Pfarrers vom 24.02.2020, Austrittsanzeige vom 25.06.2018, Sprachkurse), das Strafurteil vom XXXX und die Strafregisterabfrage vom 26.03.2020.

2.2. Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:

2.2.1. Zur Person des Beschwerdeführers

Die Identität konnte mangels Vorlage unbedenklicher Dokumente nicht bewiesen werden, weshalb hinsichtlich des Namens und Geburtsdatums Verfahrensidentität vorliegt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet den Beschwerdeführer - betreffend weitere Personenmerkmale (Alter, Staatsangehörigkeit, ethnische Zugehörigkeit, Herkunftsregion, Sprachkenntnisse, Ausbildung und Berufserfahrung, Familienstand, Familienverhältnisse und Gesundheitszustand) sowie seine Situation in Österreich für persönlich glaubwürdig, weil er im Verfahren im Wesentlichen gleichbleibende Angaben dazu machte. Es gibt keine Gründe, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln, und war der Beschwerdeführer diesbezüglich auch in der mündlichen Verhandlung persönlich glaubwürdig.

Die Feststellung der illegalen Aus- und Einreise ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Verhandlung (VH, S. 5), ebenso wie die Feststellung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers (VH, S. 3).

Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus den vorgelegten Unterstützungsschreiben und der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung (VH, S. 20f.). Betreffend die Deutschkenntnisse legte der Beschwerdeführer im Administrativverfahren eine Bestätigung über die Absolvierung einer Deutschprüfung auf A2-Niveau vor. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer für die mit gegenständlichem Urteil bestraften Tathandlungen nicht die Verantwortung übernimmt, ergibt sich aus seinen Angaben in der Verhandlung (VH, S. 21f.).

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer jahrelang mit Suchtgift gehandelt hat, ergibt sich ebenso wie die Feststellungen zu seiner Verurteilung aus dem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .

Die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer am 22.01.2016 wegen Alkoholisierung (und nachfolgender Sachbeschädigung und Erbrechen) sowie am 30.11.2016 wegen Rauchens verwarnt wurde, ergeben sich aus dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung.

Die Feststellungen zur Anzeige des Beschwerdeführers wegen nicht bestimmungsgemäßer Verwendung des Sicherheitsgurts in einem KFZ als Beifahrer sowie zu seinem Verhalten gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten ergibt sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion XXXX vom 31.05.2019.

Die Feststellung, dass das Bundesverwaltungsgericht vom Landesgericht XXXX über eine bevorstehende Hauptverhandlung in einer Strafsache gegen den Beschwerdeführer informiert wurde, ergibt sich aus einem Schreiben des Landesgerichts XXXX vom 12.02.2020.

2.2.2. Zum Fluchtvorbringen

Die belangte Behörde führte im Wesentlichen ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren und kam bereits zu dem Schluss, dass das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht glaubwürdig ist. In der Folge wird auf die inzwischen erfolgte religiöse Praxis des Beschwerdeführers sowie seine Verurteilung wegen mehrerer Verbrechen und Vergehen einzugehen sein. Der Beschwerdeführer brachte in der Beschwerde keine weiteren Fluchtgründe vor und gab in der Verhandlung selbst an, es sei seit Erlassung des Bescheides weder in Iran noch in Österreich etwas für seinen Asylantrag Relevantes passiert (VH, S. 5).

Hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers ist einleitend auszuführen, dass er im Administrativverfahren eine verfälschte Geburtsurkunde vorlegte, in der Einvernahme angab, er habe die Dolmetscherin in der Erstbefragung nicht verstanden, da sie eine Afghanin gewesen sei und Dari gesprochen habe, wobei in der Einvernahme tatsächlich dieselbe Dolmetscherin, eine gerichtlich beeidete Farsi-Dolmetscherin, tätig war. Weiters wurde er bereits wegen Verleumdung verurteilt und ist ein weiteres Verfahren wegen falscher Beweisaussage anhängig. Weiters versuchte er in der Verhandlung seine Verurteilungen zu verschleiern bzw. zu verharmlosen, indem er sie zunächst auf Nachfrage bestritt, und auf Vorhalt seine Taten verharmloste bzw. vorbrachte, das Urteil sei nicht richtig.

2.2.2.1. Zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Vorfällen in Iran

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer seine Motivation, in Iran eine Hauskirche zu besuchen, in unterschiedlichen Befragungen widersprüchlich angab.

In der EV gab der Beschwerdeführer an, er habe im Juni 2015 von einer Kirche geträumt, daraufhin habe er mit einem befreundeten armenischen Christen über seinen Traum gesprochen. Dieser habe ihn daraufhin in eine Hauskirche mitgenommen. Es sei immer sein Wunsch gewesen, in eine Kirche zu gehen, um den Ablauf zu sehen. Er habe jedoch nicht immer an der Hauskirche teilnehmen dürfen, sondern nur gelegentlich. (EV, AS 68)

Angesichts der in Iran üblichen behördlichen Überwachungsmethode, Informanten in Hauskirchen einzuschleusen, widerspricht es jeglicher Vernunft und allgemeinen Erfahrung, dass eine Person muslimischen Glaubens bereits nach kurzer Zeit zu einer Hauskirche mitgenommen wird. Jedenfalls wäre angesichts der in Iran herrschenden Verhältnisse in einer derartigen Situation eine größere Vorsicht zweifelsfrei geboten gewesen. Es ist nicht nachvollziehbar, dass ein Christ in Iran ohne Weiteres eine kirchenfremde Person zum Besuch von Hauskirchen einlädt, wo ihr doch die Gefährlichkeit dieses Verhaltens bewusst sein musste.

In der Verhandlung gab der Beschwerdeführer hingegen an, dieser befreundete armenische Christ habe immer wieder übers Christentum, die Liebe und Zuneigung dort gesprochen, daher sei es wie ein Traum für ihn geworden, das habe sein Interesse geweckt (VH, S. 9).

Die Schilderung des Beschwerdeführers betreffend den Ablauf von Veranstaltungen in Hauskirchen in Iran blieb oberflächlich und war dieser auch wenig emotional in der Erzählweise. Die Ausführungen ließen jeglichen individuellen Bezug zur Person des Beschwerdeführers vermissen, auch eine Motivation für das Christentum lässt sich daraus nicht erschließen. Der Beschwerdeführer gab vage an, dass er lediglich in die Hauskirche gegangen sei und die Leute hätten aus der Bibel gelesen, über Gott und über Liebe gesprochen sowie gebetet; sie hätten genau das getan, was man hier in der Kirche tue (VH, S. 11). Dies erscheint gerade vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer in der EV angegeben hatte, es sei immer sein Wunsch gewesen, den Ablauf in einer Hauskirche zu sehen, und auch vorgibt, mehrmals eine Hauskirche besucht zu haben, äußerst vage. Nähere Details dazu schilderte er nicht und erwiesen sich seine Angaben als völlig oberflächlich. Die Angaben sind vergleichbar mit jenen, welche iranische Asylwerber über Kirchenbesuche in Österreich schildern und sind daher diese Ausführungen kein Beleg dafür, dass er diese tatsächlich in einer Hausmesse in Iran erlebt hätte; dies insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er selbst behauptete, sich in Iran noch nicht tiefergehend mit dem Christentum beschäftigt zu haben. Darüber hinaus ist diesbezüglich festzuhalten, dass man um solche Angaben machen zu können, keinesfalls tatsächlich eine Hauskirche besucht oder sich anderweitig näher mit dem Christentum befasst haben muss. Der Beschwerdeführer hat nunmehr Einblick in eine evangelische Gemeinde in Österreich erhalten, sodass es überhaupt keine Schwierigkeit darstellen konnte, den Gegenstand von kirchlichen Sitzungen genauso einleuchtend wie nichtssagend anzugeben, ohne jemals in Iran Hauskirchensitzungen besucht zu haben.

Auf weitere Nachfragen gab der Beschwerdeführer an, jeder, der wollte, habe kommen können und seien die Leute sehr herzlich aufgenommen worden (VH, S. 11), obwohl er selbst in der Einvernahme angegeben hatte, er habe nicht immer, sondern nur gelegentlich teilnehmen dürfen. Außerdem ist dazu anzumerken, dass es vor dem Hintergrund der Länderberichte unrealistisch erscheint, dass in Iran einfach jeder, der wollte, habe kommen können. Auch gab der Beschwerdeführer an, keine spezielle Verantwortung oder führende Position in der Hauskirche gehabt zu haben, er sei nur dort gewesen (VH, S. 9).

Weiters gab der Beschwerdeführer in der EV an, der Geheimdienst habe während seines letzten Hauskirchenbesuchs Fotos von ihm gemacht und in seiner Wohnung nach ihm gesucht, das habe ihm ein Mitbewohner erzählt (EV, AS 69). Widersprüchlich dazu - sowie im Widerspruch zu den Länderberichten - gab er in der Verhandlung dazu an, die Sepah würde nie auf die Idee kommen, Spitzel in Hauskirchen einzuschleusen (VH, S. 11). Insgesamt hielt sich der Beschwerdeführer bei der Wiedergabe dieses Fluchtgrunds sehr kurz und wiederholte nur in gleichen Sätzen, er sei fotografiert worden, sein Mitbewohner habe ihm erzählt, dass der Geheimdienst nach ihm suche, daher habe er das Land verlassen müssen. Auch auf Nachfrage vermochte der Beschwerdeführer nicht erhellend zu antworten. So konnte er etwa nicht erklären, warum er erst im November Iran verlassen habe, wenn der Geheimdienst schon im Juli nach ihm gesucht habe. Dass der Geheimdienst drei bis vier Monate gebraucht habe, um sicherzugehen, dass der Beschwerdeführer in die Kirche gehe, ist vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer nach Juli die Kirche nicht mehr besuchte und der Geheimdienst ihn schon im selben Monat gesucht habe, keine schlüssige, sondern eher eine ausweichende Antwort (VH, S. 13). Auffallend ist hierbei, dass die Bedrohungen nach Angabe des Beschwerdeführers indirekt erfolgt seien und deutet das darauf hin, dass es sich um ein konstruiertes Fluchtvorbringen handelt. Die mangelnde eigenständige Wahrnehmung soll letztendlich eine vage Erzählweise erlauben; mangels eigener Wahrnehmung gründet das Vorbringen des Beschwerdeführers auf Vermutungen. Eine unmittelbare und persönliche Kontaktierung durch Beamten erfolgte nicht (vgl. VH, S. 8).

Aufgrund des in der Verhandlung offenkundig gewordenen mangelnden Wissens zum Christentum (vgl. die näheren Ausführungen dazu weiter unten) ergibt sich zusätzlich, dass sich der Beschwerdeführer in Iran noch nicht tiefergehend mit dem Christentum auseinandergesetzt haben kann. Hätte er - wie angegeben - tatsächlich bereits mehrfach Hauskirchen besucht und diese Veranstaltungen inhaltlich verfolgt, so müsste er auch aktuell über vermehrte und grundlegende Kenntnisse zum Christentum verfügen. In der Verhandlung gab er selbst an, in Iran nicht öffentlich missioniert zu haben, weil er über kein Wissen verfügte (VH, S. 9).

Auch der persönliche Eindruck des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (gleichgültige Erzählweise, knappe Antworten, emotionsloser Ausdruck) lässt nicht auf ein tatsächliches Erleben der geschilderten Ereignisse schließen. Bei der Schilderung der Fluchtgeschichte soll der Zuhörer in die Lage versetzt werden können, den Eindruck zu gewinnen, dass der Beschwerdeführer all dies selbst höchstpersönlich durchlebt hat. Es kann in diesem Zusammenhang auch nicht als amtswegige Aufgabe gesehen werden, jede vage und pauschale Abgabe bzw. Andeutung durch mehrmaliges Nachfragen zu konkretisieren. Es obliegt dem Beschwerdeführer, ein detailliertes und stimmiges Vorbringen zu erstatten, um die nötige persönliche Glaubwürdigkeit zu erlangen.

Aufbauend darauf, dass nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer in Iran Hauskirchen besuchte, kann auch der Behauptung, die Behörden hätten mit einem Foto nach ihm in seiner Wohnung gesucht, kein Glauben geschenkt werden.

Alle geschilderten Umstände zusammen lassen für das Gericht keine Zweifel übrig, dass es sich hinsichtlich der in Iran angeblich vorgefallenen Umstände um eine Konstruktion handelt.

Im Rahmen einer ganzheitlichen Würdigung des Vorbringens des Beschwerdeführers ist somit nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Visier der iranischen Behörden stand oder ihm religiöse oder missionarische Tätigkeit unterstellt wurde bzw. wird.

2.2.2.2. Zu den vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten Aktivitäten

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, dass sobald auf Grund äußerer Tatsachen ein Wechsel der Religion aus innerer Überzeugung nicht unwahrscheinlich ist, sich das Gericht auf Grund einer ausführlichen Beurteilung der Persönlichkeit und aller Umstände der persönlichen Glaubwürdigkeit sowie darauf aufbauend einer ins einzelne gehenden Beweiswürdigung und allenfalls der Einvernahme von Personen, die Auskunft über den Glaubenswechsel und die diesem zugrunde liegenden Überzeugungen geben können, einen detaillierten Eindruck darüber verschaffen muss, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruht; dies selbst dann, wenn sich der Asylwerber zunächst auf unwahre Angaben betreffend seinen Fluchtgrund gestützt hat (vgl. VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0260 unter Bezugnahme auf VfGH 27.02.2018, E 2958/2017).

Im gegenständlichen Fall ergeben sich die Feststellungen zu den christlich-religiösen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich aus den von ihm vorgelegten Bestätigungen (Taufschein vom 24.09.2017, Unterstützungsschreiben des Pfarrers vom 24.02.2020, Austrittsanzeige vom 25.06.2018) sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

In der Beschwerde wurde keine Zeugeneinvernahme beantragt. Trotz konkreter Aufforderung in der Ladung zur mündlichen Verhandlung, alle verfügbaren Beweismittel mitzubringen, legte der Beschwerdeführer - abgesehen von Unterstützungsschreiben (wobei das Schreiben des Pfarrers des Beschwerdeführers vom 24.02.2020 nahezu wortgleich mit seinem Schreiben vom 22.09.2018 ist, das der Beschwerdeführer im Administrativverfahren vorlegte) - keine weiteren Beweismittel vor, beantragte keine Zeugeneinvernahme und machte bei der Verhandlung auch keine Zeugen, welche die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung belegen hätten können, stellig (vgl. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, 23.01.2019, Ra 2018/19/0453 mwN). In der Verhandlung wurde kein Beweisantrag gestellt. Die aktuelle innere Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers ist mangels weiterer Beweismittel wie insbesondere Zeugen anhand dessen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung zu prüfen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung prüfte das erkennende Gericht die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Konversion entsprechend den in der Folge unter Punkt 3.1.1. zitierten Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes und befragte den Beschwerdeführer zu seiner Motivation für den Glaubenswechsel, seinem Wissen in Bezug auf das Christentum, seinen Gottesdienstbesuchen und sonstigen religiösen Aktivitäten und einer allfälligen Verhaltens- und Einstellungsänderung. Die Befragung widmete sich der Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers sowohl im Hinblick auf eine öffentliche Ausübung des Glaubens als auch auf die persönliche, innere Beziehung zum Christentum.

Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht diente insbesondere dazu, einen Eindruck vom persönlichen Empfinden des Beschwerdeführers zu seiner neuen Religion zu gewinnen. Gerade darin konnte der Beschwerdeführer aber keinen emotionalen Bezug glaubwürdig darlegen. Die Erzählweise war knapp, wenig lebendig in der Ausdrucksweise und erschöpfte sich in Stehsätzen, welche dem erkennenden Gericht aus vergleichbaren Verfahren nahezu wortgleich bekannt sind. Eine individuelle Motivation und Bezugsebene zum Christentum konnte beim Beschwerdeführer demnach nicht festgestellt werden.

Die Antworten auf Fragen in Bezug auf die Rolle, welche der neue Glaube für den Beschwerdeführer persönlich spiele, begnügten sich mit Allgemeinplätzen, waren oberflächlich und ließen jegliche Individualität vermissen. Es besteht kein erkennbarer Bezug zur persönlichen Glaubensüberzeugung. Dies wird etwa anhand der Ausführungen zu seiner Taufe deutlich, welche sich auf die äußeren Umstände beschränkten, eine individuelle Bedeutung erläuterte der Beschwerdeführer nicht. Die eigeninitiativen Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinem neuen Glauben waren knapp und allgemein gehalten.

Der Beschwerdeführer konnte nur inhaltsleere, floskelhafte Aussagen zu seinem neuen Glauben tätigen (Vergebung, Liebe), er konnte diese stereotypen Aussagen aber nicht auf seine Person bezogen näher erläutern. Bezeichnend ist, dass der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Nennung von "Vergebung" als Motivation für die Konversion (vgl. etwa VH, S. 13f.) diese nicht in Bezug zu seinen eigenen Straftaten setzen konnte, sondern die Taten vielmehr versuchte zu verdecken.

Mit dem Vorbringen, es habe sich bei ihm viel verändert, nämlich seine Art des Denkens, sein Verhalten, er sei "jetzt ein anderer XXXX ", er sei nicht derselbe wie im Jahr 2015, Jesus habe ihm den Weg des Lebens gezeigt (VH, S. 14) konnte er keine Wesensänderung nachvollziehbar darlegen, weil er einerseits nur Floskeln bediente und andererseits sein festgestelltes Verhalten über mehrere Jahre, während derer er auch angab, sich mit dem Christentum zu beschäftigen, die Kirche zu besuchen und schließlich auch getauft wurde, Straftaten beging (so handelte er etwa Jahre lang mit Drogen) oder sich durch anderes Verhalten als nicht mit den rechtlichen Werten verbunden zeigte. An diesen Taten zeigt sich weiters, dass der Beschwerdeführer seinen Lebenswandel auch nicht am Inhalt christlicher Lehren auszurichten vermochte.

Der Beschwerdeführer konnte nicht darlegen, dass ihn persönliche Gründe dazu veranlasst hätten, konkret den Glaubenszweig des Protestantismus zu wählen oder dass speziell die Glaubenslehren dieser Richtung für ihn persönlich wesentlich sind. Vielmehr war die Nähe der evangelischen Kirche zum Asylheim ausschlaggebend ("Ich war im Asylheim in XXXX . In der Nähe war eine evangelische Kirche. Ich ging hin, die Leute waren sehr nett zu mir. Ich habe es dann akzeptiert." VH, S. 14). Auch vermochte er keine Unterschiede zwischen dem orthodoxen Zweig (dem seinen Angaben zufolge die von ihm vorgeblich in Iran besuchte Hauskirche angehört habe) oder dem evangelischen Zweig zu nennen (VH, S. 15). Auch konnte er nicht näher die evangelische Glaubensrichtung erläutern ("Sie glauben, dass Jesus Gottes Sohn ist. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie ich es beschreiben soll." VH, S. 15). Vor dem Hintergrund, dass er nach Angaben seines Pfarrers Mitglied der Gemeinde ist, seit 2017 getauft ist und Glaubenskurse besucht hat, ist einerseits die Aussage "sie glauben" statt "wir glauben", andererseits das Unvermögen, irgendeinen Aspekt der evangelischen Glaubensrichtung zu beschreiben, bezeichnend. Die vorgebrachte Motivation ist somit nicht nachvollziehbar.

Aus der Einvernahme in Verbindung mit dem Unterstützungsschreiben des Pfarrers des Beschwerdeführers ergibt sich, dass der Beschwerdeführer gelegentlich Gottesdienste besucht. Der Beschwerdeführer gab in der Verhandlung an, er nehme an allen Veranstaltungen in der Kirche teil und gehe einmal in der Woche in die Kirche. Zuletzt habe er an einer Veranstaltung im Advent teilgenommen, vier Wochen vor Weihnachten werde eine Kerze angezündet. Zuletzt sei er vorletzten Sonntag beim Gottesdienst gewesen, könne sich aber "ehrlich gesagt" nicht genau daran erinnern. Sie hätten gebetet, "wie immer" habe es nichts Spezifisches gegeben. (VH, S. 15f.) Demgegenüber gab der Pfarrer in seinem Schreiben an, der Beschwerdeführer komme oft in den Gottesdienst, sofern es seine Zeit erlaube, da er auch ehrenamtlich in einem Restaurant am Stadtplatz arbeite, wo er meist am Wochenende eingesetzt werde - was der Beschwerdeführer selbst in der Verhandlung jedoch nicht erwähnte.

Ein Austausch mit der Glaubensgemeinschaft in religiösen, glaubensmäßigen Belangen wurde damit nicht dargelegt. Es ist somit nicht hervorgekommen, dass das Praktizieren des Glaubens innerhalb einer Gemeinschaft, was auch eine christliche Lebensweise kennzeichnet, für den Beschwerdeführer zu einem wesentlichen Bestandteil seiner Glaubensausübung wurde.

In Bezug auf die in der mündlichen Verhandlung gestellten Wissensfragen zum Christentum und zu der vom Beschwerdeführer gewählten Glaubensrichtung verlangt das Bundesverwaltungsgericht bewusst keine tiefgehenden, theologisch-wissenschaftlichen Kenntnisse und soll diesem Aspekt kein überzogenes Gewicht beigemessen werden. Von einer Person, welche sich im Erwachsenenalter und unter Kenntnis der grundsätzlichen Gefahrenlage, die eine Konversion für sie und ihre Familie mit sich bringen kann, bewusst für einen neuen Glauben entscheidet, kann aber verlangt werden, dass sie sich mit den Wesensmerkmalen dieses Glaubens auseinandergesetzt hat und über ein entsprechendes Grundwissen zum Christentum sowie der gewählten Glaubensrichtung verfügt. Schließlich handelt es sich bei einer Konversion um den Beitritt zu einer anderen Glaubensgemeinschaft, welche auf einer religiösen Lehre mit spezifischen Geboten bzw. Verboten und Praktiken basiert, und nicht lediglich um einen Lebenswandel hin zu einem "besseren" Lebensgefühl, welches auch unabhängig vom Beitritt zu einer Religionsgemeinschaft erreicht werden kann. Folglich sollte ein Konvertit nachvollziehbar sowohl die persönlich-individuelle Ebene des Konversionsprozesses beschreiben als auch die Charakteristika der neuen Religion in objektiver Hinsicht anführen können. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei den Wissensfragen als Maßstab die Glaubensinhalte jener Religionsgemeinschaft herangezogen, der der Beschwerdeführer angehört (vgl. VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0350).

Obwohl sich der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge bereits seit mindestens vier Jahren mit dem Christentum befasst, war er nicht in der Lage, grundlegende Fragen zum Christentum zu beantworten. Der Beschwerdeführer begnügte sich mit oberflächlichen Angaben, welche in ihrer Allgemeinheit nicht geeignet sind, das Christentum zu beschreiben.

Von einem Konvertiten kann verlangt werden, dass er zumindest (und auch bloß mit eigenen Worten) die grundsätzlichen Lehren und Eckpfeiler seiner neuen Religion beschreiben kann, andernfalls nicht nachvollziehbar ist, woran er nun glaubt. Der Beschwerdeführer nannte auf diese Frage "Vater, Sohn und den Heiligen Geist", doch handelt es sich hierbei um Stichwörter, die zwar einen Bezug zum Christentum haben, die Eckpfeiler der christlichen Glaubenslehre sind damit aber nicht umrissen worden. Auf weitere Nachfrage nannte er zwar einerseits die Gotteswesenheit in drei Gestalten, andererseits auch "Liebe und Zuneigung", die zwar nicht mit dem Christentum in Widerspruch stehen, jedoch wiederum nicht die Glaubenslehre näher darlegen. (VH, S. 17) Der Begriff der Sakramente war ihm fremd und verwechselte er sie mit den Zehn Geboten (VH, S. 18).

Tatsächlich konnte der Beschwerdeführer nur sehr oberflächliche Kenntnisse vorweisen und zeugten die Antworten des Beschwerdeführers von Unkenntnis und einem mangelnden Interesse am Christentum.

Im Ergebnis ist bei einer Gesamtbetrachtung aller Beweismittel und insbesondere aufgrund der Einvernahme des Beschwerdeführers eine ernsthafte und innere Glaubensüberzeugung in Bezug auf das Christentum nicht ableitbar. Der Beschwerdeführer hat sich im Zusammenhang mit der Ausübung seines Glaubens auf außenwirksame Akte (Taufe und Gottesdienstbesuche) beschränkt, lässt aber eine tatsächliche, tiefergehende Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten im Sinne einer nachhaltigen, persönlichen Hinwendung vermissen, sodass in weiterer Folge auch nicht von der Weitergabe von Glaubensinhalten und dem Verbreiten der christlichen Glaubenslehre ausgegangen werden kann. Dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran missionieren würde, hat er selbst nicht behauptet. Eine solche Tätigkeit erscheint aber auch aufgrund des geringen Wissens und mangels persönlicher Identifikation mit dem christlichen Glauben ausgeschlossen.

Dass Privatpersonen in Iran mit den christlichen Aktivitäten des Beschwerdeführers in Österreich ein ernsthaftes Problem haben, ist im Verfahren nicht hervorgekommen und ist auch zu berücksichtigen, dass die Familie des Beschwerdeführers seine "neue" Religion akzeptiert (VH, S. 12).

Die vom Beschwerdeführer vorgelegte Erklärung über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft wurde weder offiziellen Stellen des Iran noch sonstigen Personen in Iran übermittelt und es ist nicht ersichtlich, warum aus dieser Erklärung eine Bedrohung resultieren soll.

2.2.3. Zur Situation in Iran

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat ergeben sich aus den unter Punkt 1.3. genannten Länderberichten samt den darin zitierten Quellen. Die a

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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