TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/13 I413 2219576-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.05.2020
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Entscheidungsdatum

13.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I413 2219576-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Mag. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, StA. Nigeria, vertreten durch RA Mag. Sabine ZAMBAI, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 19.04.2019, Zl. 1090020101-181129014, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehörigkeit reiste am 25.09.2015 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am 26.09.2015 den einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 31.01.2016 gemäß § 5 Abs 1 AsylG als unzulässig zurück und sprach aus, dass Kroatien gemäß Art 13 Abs 1 Dublin III-VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß § 61 Abs 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Kroatien zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 02.03.2016, W144 2122084-1/3E, ab. Dieses Erkenntnis erwuchs am 04.03.2016 in Rechtskraft

2. Am 24.11.2018 wurde der Beschwerdeführer von Organen der Polizei in Wien angehalten und sein unrechtmäßiger Aufenthalt in Österreich festgestellt und in das Polizeianhaltezentrum überstellt. Am 25.11.2018 stellte der Beschwerdeführer im Zuge eine Einvernahme durch die belangte Behörde betreffend die Erlassung einer Rückkehrentscheidung und die Verhängung der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz.

3. Im Rahmen der Erstbefragung vor Organen der Sicherheitsbehörde am 25.11.2018 gab der Beschwerdeführer an, homosexuell zu sein. In Nigeria sei er aufgrund seiner Gesinnung verfolgt und mit dem Umbringen bedroht worden. Bei einer Rückkehr in seine Heimat habe er Angst um sein Leben. Weitere Fluchtgründe bestünden nicht.

4. Am 19.03.2019 wurde der Beschwerdeführer erneut von der belangten Behörde einvernommen und zu seiner persönlichen Situation sowie seinen Fluchtgründen befragt. .

5. Mit Bescheid des BFA vom 19.04.2019 wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 in Verbindung mit § 2 Abs 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Antrag wurde gemäß § 8 Abs 1 in Verbindung mit § 2 Abs 1 Z 13 AsylG auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs 1 bis 3 mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Als Begründung führte die Behörde an, dass der Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung in Nigeria glaubhaft machte.

6. Gegen den Bescheid des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2019 erhob der Beschwerdeführer am 27.05.2019 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

7. Am 09.10.2019 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, in welcher der Beschwerdeführer insbesondere nochmals zu seinem Fluchtgrund, zur Situation im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat sowie zu seiner sexuellen Orientierung befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1 Zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, kinderlos, Staatsangehöriger von Nigeria, bekennt sich zum christlichen Glauben und gehört der Volksgruppe der Ika an. Seine Identität steht nicht fest.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären oder maßgeblichen privaten Kontakte. Sein Vater und seine 6 Geschwister leben nach wie vor in Nigeria. Seine Mutter ist 2008 verstorben. Mit seinem älteren Bruder steht er über Facebook in Kontakt.

Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und gesund. Zur Kontrolle seines hohen Blutdrucks geht er regelmäßig zum Arzt. Er leidet an keiner tödlichen oder lebensbedrohlichen Krankheit.

Der Beschwerdeführer hält sich seit 25.09.2015 im Inland auf. Zwischen 04.03.2016 und 25.11.2018 hielt sich der Beschwerdeführer in Österreich unrechtmäßig auf.

Er verfügt über eine 12-jährige Schulausbildung und war im Herkunftsstaat als Frisör tätig. In Österreich geht der Beschwerdeführer derzeit offiziell keiner beruflichen Tätigkeit nach, inoffiziell ("schwarz") arbeitet er als Frisör und bezieht Leistungen aus der sozialen Grundversorgung. Er ist nicht selbsterhaltungsfähig. Seit 01.12.2015 ist er im XXXX der Caritas der Erzdiözese Wien gemeldet.

Es besteht kein schützenswertes Privat und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich. Zwar besuchte er einen Deutsch-Integrationskurs auf Niveau A2 und ist sowohl Mitglied einer Freikirche als auch Mitglied des Vereins Hosi, jedoch kann noch nicht von einer Verfestigung gesprochen werden.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

1.2 Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers:

Dass der Beschwerdeführer homosexuell ist und aufgrund seiner sexuellen Orientierung verfolgt wird, konnte nicht festgestellt werden.

Der Beschwerdeführer wird in seinem Herkunftsland Nigeria weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch aufgrund seiner politischen Gesinnung verfolgt und ist in seinem Herkunftsstaat nicht ernsthaft gefährdet, aus solchen Gründen verfolgt zu werden.

Der Beschwerdeführer wird im Fall seiner Rückkehr nach Nigeria mit hoher Wahrscheinlichkeit keiner realen Gefahr der Folter, einer unmenschlichen Bestrafung oder Behandlung, der Todesstrafe ausgesetzt sein und ihm droht in seinen Herkunftsstaat auch keine reale Gefahr, in seiner Existenz bedroht zu werden. Aufgrund seiner Ausbildung sowie Berufserfahrung ist der Beschwerdeführer in der Lage, einer Beschäftigung nachzugehen, um seine Existenz zu sichern.

1.3 Zur Situation in Nigeria:

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People¿s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives¿ Congress (APC) unter Präsident Muhammadu Buhari an der Macht.

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation, allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt und das Nigerdelta von Unruhen und Spannungen geprägt. Für einzelne Teile Nigerias besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben, doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Der nigerianischen Armee wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere haben Angriffe auf die Ölinfrastrukturen in den letzten zwei Jahren wieder zugenommen. Abgelegene Gebiete im Nigerdelta sind teils auch heute noch unter der Kontrolle separatistischer und krimineller Gruppen.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch diskriminierende Strafverfolgung ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme benachteiligt. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. In insgesamt zwölf nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet, Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Der Polizei, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders "Radio Biafra" im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll.

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 bis 45% Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen ("Juju"); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet.

Insgesamt gibt es (je nach Zählweise) mehr als 250 oder 500 Ethnien in Nigeria. Die wichtigsten sind die Hausa/Fulani im Norden, die Yoruba im Südwesten und die Igbo im Südosten. Generell herrscht in Nigeria Bewegungsfreiheit und ist Diskriminierung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie verboten. Allerdings diskriminieren Gesetze jene ethnischen Gruppen, die am jeweiligen Wohnort nicht eigentlich indigen sind. So werden etwa Angehörige der Volksgruppe Hausa/Fulani im Bundesstaat Plateau diskriminiert.

Generell besteht aufgrund des fehlenden Meldewesens in vielen Fällen die Möglichkeit, Verfolgung durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen. Dies kann aber mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen verbunden sein, wenn man sich an einen Ort begibt, in dem keinerlei Verwandtschaft oder Bindung zur Dorfgemeinschaft besteht.

Nigeria verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, der Großteil der Bevölkerung ist aber in der Landwirtschaft beschäftigt. Abgesehen vom Norden gibt es keine Lebensmittelknappheit. Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung leben in absoluter Armut. Offizielle Arbeitslosenstatistiken gibt es nicht, allerdings gehen verschiedene Studien von einer Arbeitslosigkeit von 80% aus. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die medizinische Versorgung ist mit jener in Europa nicht vergleichbar, sie ist vor allem im ländlichen Bereich problematisch. Leistungen der Krankenversicherung kommen nur etwa 10 % der Bevölkerung zugute. In den Großstädten ist eine medizinische Grundversorgung zu finden, doch sind die Behandlungskosten selbst zu tragen. Medikamente sind verfügbar, können aber teuer sein.

Besondere Probleme für abgeschobene Asylwerber nach ihrer Rückkehr nach Nigeria sind nicht bekannt. Das "Decree 33", das eine Doppelbestrafung wegen im Ausland begangener Drogendelikte theoretisch ermöglichen würde, wird nach aktueller Berichtslage nicht angewandt.

3.4.4. Geschlechtsspezifische Verfolgung (Homosexualität und häusliche Gewalt)

§ 214 des Strafgesetzbuchs sieht 14 Jahre Haft für gleichgeschlechtliche Beziehungen vor.

In den nördlichen Bundesstaaten sieht das Scharia-Strafgesetz die Todesstrafe für gleichgeschlechtlichen sexuellen Verkehr vor: "Whoever has anal coitus with any male person is said to commit the offence of Sodomy." "Whoever commits the offence of Sodomy shall be liable to rajm punishment."

Der im Jänner 2014 verabschiedete Same Sex Marriage Prohibition Act sieht vor, dass homosexuelle Paare, die heiraten oder öffentlich ihre Zuneigung zeigen, mit Haft bestraft werden können. Das Gesetz sieht bis zu 14 Jahre Haft für Eheschließungen und zivilrechtliche Partnerschaften zwischen zwei Frauen oder zwei Männern vor. Wer seine Liebesbeziehung zu einem Menschen des gleichen Geschlechts direkt oder indirekt öffentlich zeigt, soll dem Gesetz zufolge mit bis zu 10 Jahren Haft bestraft werden. Die gleiche Strafe ist für die Gründung und Unterstützung von Clubs, Organisationen oder anderen Einrichtungen für Schwule und Lesben vorgesehen.

Das Gesetz ist vor allem unter dem Gesichtspunkt zu verstehen, dass man dem wachsenden Druck aus dem westlichen Ausland zur Gleichberechtigung Homosexueller die Stirn bieten möchte, da in Nigeria noch niemals zwei Männer oder zwei Frauen zu heiraten versucht haben. Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes und der negativen internationalen Reaktionen kam es zu vermehrten Fällen von Verhaftungen und physischer Gewalt gegen vermeintlich Homosexuelle, die in etwas verringerter Intensität auch in jüngster Zeit anhielten. In seltenen Einzelfällen wurden Haftstrafen verhängt. Eine generelle "staatliche Verfolgung" im engeren Sinne ist derzeit allerdings nicht feststellbar. Gesellschaftliche Diskriminierung bei offenem Zurschaustellen der sexuellen Orientierung ist jedoch vorhanden.

Eine nach Nigeria zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt.

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. ausgeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichts, in denen die Entscheidungen in den bisherigen Beschwerdeverfahren Aktenbestandteile bilden.

2.2 Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Gesundheitszustand, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Herkunft, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit sowie seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokoll vom 25.11.2018, S 2 f sowie Protokoll vom 19.03.2019, S 3 ff) und vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 (Protokoll S. 5 ff). Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

Da der Beschwerdeführer den österreichischen Behörden keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen konnte, steht seine Identität nicht zweifelsfrei fest.

Die Feststellungen zu seinen familiären und privaten Kontakten ergeben sich unzweifelhaft aus seinen diesbezüglichen Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019, in der er verneinte, verheiratet oder in einer Lebensgemeinschaft zu leben und auch nicht verlobt sei oder die Absicht habe zu heiraten (Protokoll vom 09.10.2019, S 5). Nach seinen eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung beschränken sich die sozialen Kontakte auf Treffen im Rahmen einer Freikirche, deren Mitglied er ist und monatlichen Treffen im Rahmen des Vereins Hosi und einer weiteren Homosexuellenorganisation (Protokoll vom 09.10.2019, S 15). Aus seinen diesbezüglichen Aussagen und aus dem persönlichen Eindruck, den der erkennende Richter vom Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewann, bestehen keine über lose Bekanntschaften hinausgehende Kontakte, weshalb die diesbezügliche Feststellung zu treffen war. Die Feststellungen zu seiner Familie in Nigeria und zu den Kontakten mit dortigen Familienmitgliedern ergibt sich zweifelsfrei aus seiner diesbezüglich glaubhaften Aussage im Rahmen der Einvernahme durch das BFA am 19.03.2019 (Protokoll S 4).

Dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig und gesund ist, ergibt sich aus seiner diesbezüglich glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 (Protokoll S 4). Hierbei gab er an, wegen hohen Blutdrucks behandelt zu werden und auch Medikamente zu nehmen. Dass der Beschwerdeführer an einer tödlichen oder lebensbedrohlichen Krankheit leiden würde, ist aus diesen Aussagen nicht hervorgekommen.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer seit 25.09.2015 im Inland aufhältig ist, ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und aus seinen Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 sowie aus dem eingeholten Auszug aus dem ZMR. Aus dem Gerichtsakt zu W144 2122084-1 ergibt sich zweifelsfrei, dass seine Beschwerde gegen den Bescheid, mit dem Kroatien nach der Dublin-Verordnung für zuständig erklärt wurde und der Beschwerdeführer nach Kroatien zulässigerweise abgeschoben werden dürfe. Hieraus und aus den im Akt einliegenden Anhalteprotokollen sowie dem Protokoll vom 25.11.2018 ergibt sich zweifelsfrei, dass der Beschwerdeführer das Land nicht zwischenzeitig verlassen hatte und ohne Aufenthaltstitel - sohin unrechtmäßig - im Bundesgebiet verblieben ist.

Dass er über eine 12-jährige Schulausbildung verfügt und war als Frisör tätig war, ergibt sich aus seiner diesbezüglich glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 (Protokoll S. 6). Dass der Beschwerdeführer in Österreich derzeit keiner offiziellen beruflichen Tätigkeit nachgeht, ergibt sich aus seiner diesbezüglich glaubhaften Aussage in der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 (Protokoll S 14). Er gibt dort an, dass er inoffiziell im Camp Haare schneide und auch Hausbesuche mache (Protokoll vom 09.10.2019 S. 14), was er an anderer Stelle nochmals angibt (Protokoll S. 15). Daher war festzustellen, dass er "schwarz", ohne Steuern und Sozialabgaben zu bezahlen, anderen Leuten die Haare schneidet. Dass der Beschwerdeführer Leistungen aus der sozialen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus dem Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich, wonach er laufend Unterbringung, Krankenversicherung und Taschengeld bezieht. Dass er nicht selbsterhaltungsfähig ist, ist eine Folge des Bezuges von Grundversorgung. Die Feststellung, dass er seit 1.12.2015 im XXXX der Caritas der Erzdiözese Wien wohnhaft ist, ergibt sich aus dem eingeholten Auszug aus dem ZMR.

Die Feststellung, dass beim Beschwerdeführer in Österreich kein schützenswertes Privat und Familienleben besteht, ergibt sich aus seinen diesbezüglich glaubhaften Angaben vor dem Bundesverwaltungsgericht (Protokoll vom 09.10.2019 S 5 ff und 14 f) sowie aus dem in der mündlichen Verhandlung gewonnen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer, dass dieser weder über familiäre noch über private Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, die über Grußkontakte hinausgehen. Der erkennende Richter erhielt vielmehr aufgrund der Schilderung des Alltags des Beschwerdeführers in Österreich (Protokoll vom 09.10.2019 S 15) den Eindruck, dass der Beschwerdeführer primär soziale Kontakte im Heim, in dem er lebt hat und seine sonstigen Interessen vielmehr am Haareschneiden orientiert sind. Nicht zuletzt erwähnt er ausdrücklich, dass er erst lernen habe müssen, das Haar von Weißen zu schneiden und dass er lese und dann arbeite (Protokoll vom 09.10.2019 S 15). Sowohl der Besuch einer Freikirche - die mit seinem katholischen Glaubensbekenntnis nicht in Einklang zu bringen ist - als auch der Besuch von Homosexuellenorganisationen werden hingegen als unwichtig geschildert, zumal sie nicht als Teil des Alltages empfunden werden, hätte sonst der Beschwerdeführer doch diese Besuche auf die entsprechende Frage hin erwähnt, stattdessen musste der erkennende Richter extra nachfragen (Protokoll vom 09.10.2019, S 15), was zeigt, dass es sich hier um wohlkalkulierte, nicht mit dem Alltagsleben des Beschwerdeführers in Verbindung stehende soziale Kontakte handelt, weshalb diese auch dementsprechend zu würdigen waren. Die Feststellung zum Besuch eines Deutsch-Integrationskurs auf dem Niveau A2 und der - wie gerade dargelegt, als rein formal anzusehenden - Mitgliedschaft in einer Freikirche und beim Verein Hosi ergeben sich aus seinen diesbezüglichen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019. Wie bereits dargelegt, kann hieraus jedoch nicht von einer Verfestigung gesprochen werden.

Dass der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten ist, ergibt sich aus dem eingeholten Strafregisterauszug.

2.3 Zum Fluchtmotiv und zur sexuellen Orientierung des Beschwerdeführers:

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers erweist sich - wie bereits die belangte Behörde ausführte - als unglaubhaft. Für die Glaubhaftigkeit eines Vorbringens spricht, wenn das Vorbringen genügend substantiiert ist. Das Erfordernis der Substantiierung ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder nicht in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Zudem muss das Vorbringen, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen. Ferner muss das Vorbringen plausibel sein, sprich mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Außerdem muss der Asylwerber persönlich glaubwürdig sein. Gerade diese Kriterien sind, wie im Weiteren erörtert wird, im vorliegenden Fall nicht erfüllt und das Fluchtvorbringen ist deswegen als unglaubhaft zu werten.

Der Beschwerdeführer ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes persönlich als unglaubwürdig zu betrachten, da er in der Einvernahme am 19.03.2019 vor der belangten Behörde widersprüchliche Angaben gemacht hat:

Hinsichtlich seines Fluchtgrundes gab er als Erstes wortwörtlich an "Ich bin homosexuell. Ich bin damit aufgewachsen". Auf die Frage, "wann und unter welchen Umständen haben sie gemerkt, dass sie sich zu gleichgeschlechtlichen Personen angezogen fühlen?" antwortete er, "seit der Pubertät, im Alter von 13 oder 14 Jahren". Ab und zu sei er von einem Mann eingeladen worden, der sein Glied berührt habe. Seitdem habe er nur mehr Gefühle für Männer.

Bei der Frage "Wann und unter welchen Umständen haben Sie für sich erkannt, dass sie homosexuell sind?" erklärte er hingegen, kein exaktes Datum zu wissen und im Alter von 20 Jahren erkannt zu haben, homosexuell zu sein. Dies steht im Widerspruch zur vorher genannten Angabe, wonach er im Alter von 13 oder 14 Jahren von einem Mann eingeladen worden sei, der sein Glied berührt habe und er seitdem nur Gefühle für Männer empfinde.

Des Weiteren wurde die Frage gestellt, in welchem Alter, in welcher Situation und mit wem er erstmals gleichgeschlechtlichen sexuellen Kontakt hatte. Der Beschwerdeführer behauptete, das genaue Datum nicht sagen zu können, es sei in seiner Jugend gewesen. Diese Antwort ist ebenfalls auffallend, da nach seinen Angaben der erste sexuelle Kontakt mit dem Mann, der sein Glied berührt haben soll, stattgefunden haben müsste. Außerdem entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der erste sexuelle Kontakt etwas Besonderes darstellt und deswegen gut in Erinnerung bleibt. Es ist daher kritisch zu betrachten, wenn der Beschwerdeführer nur eine so oberflächliche Angabe über den ersten sexuellen Kontakt machen kann.

Darüber hinaus waren auch die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Kontakts mit Männern in Österreich äußerst vage.

Zudem ergeben sich auch weitere Zweifel an der Glaubhaftigkeit der vom Beschwerdeführer angegeben sexuellen Orientierung.

Zur Vereinsmitgliedschaft:

Der Beschwerdeführer bescheinigte durch Vorlage einer Karte, Mitglied des Vereins Hosi zu sein. Die bloße Mitgliedschaft in einem Verein, selbst wenn er eine dezidierte Initiative für homosexuelle Menschen ist, bescheinigt jedoch nicht, dass der Beschwerdeführer homosexuell ist. Auch heterosexuelle Menschen können sich für Rechte homosexueller Menschen engagieren, etwa indem sie Mitglied dieses Vereins werden oder an von diesem organisierten Treffen teilnehmen. Daher belegt eine Mitgliedskarte keine sexuelle Orientierung und kann auch nicht als Hinweis auf eine bestimmte sexuelle Orientierung interpretiert werden.

Zum vorgelegten Zeitungsbericht:

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen des Verfahrens eine Ausgabe der Zeitung "Ika weekly" vom 27.6.2015 vor. Auf Seite 3 der Ausgabe ist zu lesen, dass XXXX und sein Liebhaber Mr. XXXX bei einem homosexuellen Akt erwischt worden seien. Mr. XXXX sei daraufhin von Mitgliedern der Gemeinschaft getötet worden. Anschließend habe eine Gruppe von Polizisten mit den Eltern (Mr. Und Mrs. XXXX) des Beschwerdeführers geredet.

Diese Zeitung lässt die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers in zweifacher Hinsicht erschüttern. Einerseits gab er vor der belangten Behörde in der Einvernahme vom 19.3.2019 an, dass seine Mutter 2008 gestorben sei, andererseits wisse er nichts vom Verbleib seines Partners. Da der Beschwerdeführer selbst die Zeitung vorgelegt hat, um seinen Fluchtgrund bzw. eine Gefahr für sein Leben glaubhaft zu machen, wirkt es unglaubwürdig, wenn er angibt, nicht zu wissen, dass sein Partner laut dem Bericht getötet worden sei.

Im Übrigen ist die Echtheit der Zeitung in Frage zu stellen, da laut dem Asylländerbericht der Österreichischen Botschaft (Stand Oktober 2019) in Nigeria keine Dokumentensicherheit gegeben ist. Überdies steht die Identität des Beschwerdeführers nicht fest. Der Beschwerdeführer konnte nicht mit Dokumenten darlegen, dass er tatsächlich der in der Zeitung genannte Mr. XXXX ist.

Zum vorgelegten Schreiben:

Am 16 Oktober 2019 übermittelte der Beschwerdeführer ein Schreiben der "Emuhu Community", aus dem hervorgeht, dass XXXX ein Sakrileg oder Tabu begangen habe und mit dem Tod bezahlen müsse.

Dieses Schreiben kann jedoch jeder aufgesetzt haben. Weder sind die Unterschriften von den Verfassern lesbar noch besteht eine Datumsangabe. Das Länderinformationsblatt verweist unter Verweis auf das Auswärtige Amt, die Österreichische Botschaft und das US Department of State glaubhaft darauf, dass es in Nigeria aufgrund verschiedener Umstände, insbesondere der verbreiteten Korruption, gefälschte Dokumente, und zwar auch auf dem ersten Blick nicht als Fälschungen erkennbare, gefälschte Dokumente ohne Schwierigkeiten erhältlich sind. Auch inhaltlich unwahre Bescheinigungen oder Fahndungsersuchen sind häufig. Die Angaben des Beschwerdeführers, wie er kurz vor der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 zu diesem Schreiben gekommen sei, sind vage und vermögen nicht zu erklären, weshalb fast vier Jahre nachdem der Beschwerdeführer Nigeria verlassen hatte, plötzlich, einen Monat vor der mündlichen Verhandlung am 09.10.2019 ein Interesse der Emuhu Community an seiner Person, die weder eine bekannte Persönlichkeit in Nigeria ist, noch sonst auffallend erscheint, geweckt wurde. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung datiert vom 17.07.2019, was vor dem Hintergrund der schon aufgezeigten Ungereimtheiten darauf hindeuten könnte, dass hier ein Dokument zur Unterstützung des wenig glaubhaften Vorbringens beschafft wurde, was vor dem Hintergrund des Länderinformationsblattes und seinen Ausführungen zu Dokumenten und ihrer Unsicherheit in Nigeria für das Bundesverwaltungsgericht weit plausibler erscheint als die - wenig glaubhafte - Erklärung des Beschwerdeführers, wie er zu diesem Dokument (Beilage ./A) gekommen sei. Auch der Umstand, dass dieses Dokument zunächst nur in Kopie vorgelegt wurde, spricht für dieses Würdigung. Daher kommt das Bundesverwaltungsgericht in Abwägung aller Gründe zum Ergebnis, dass das vorgelegte Schreiben nicht echt ist und unwahre Tatsachen bescheinigt und somit nicht eine Verfolgung des Beschwerdeführers in Nigeria glaubhaft macht.

Insgesamt ist das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers für das Bundesverwaltungsgericht unglaubhaft und konstruiert. Aufgrund der Verstrickung in Widersprüche und der unschlüssigen Angaben, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, ein asylrelevantes Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen.

2.4 Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat beruhen auf dem aktuellen Länderinformationsbericht der Staatendokumentation für Nigeria vom 12.04.2019 samt den dort publizierten Quellen und Nachweisen sowie auf dem aktuellen Bericht der österreichischen Botschaft in Abuja, Stand Oktober 2019.

Dieser Länderinformationsbericht stützt sich auf Berichte verschiedener ausländischer Behörden, etwa die allgemein anerkannten Berichte des Deutschen Auswärtigen Amtes, als auch jene von Nichtregierungsorganisationen, wie bspw. Open Doors, sowie Berichte von allgemein anerkannten unabhängigen Nachrichtenorganisationen.

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat in Nigeria ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

- AA - Auswärtiges Amt (10.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand Oktober 2018)

- AA - Auswärtiges Amt (12.4.2019): Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeriasicherheit/ 205788#content_6, Zugriff 12.4.2019

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Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1 Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.):

Nach § 3 Abs 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK droht und keiner der in Art 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, wird der behauptete Fluchtgrund des Beschwerdeführers als nicht glaubhaft erachtet. Anhaltspunkte für das tatsächliche Vorliegen asylrelevanter Fluchtmotive sind weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch in jenem des Bundesverwaltungsgerichts hervorgekommen. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

3.2 Zum Status der subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.):

Gemäß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs 2 leg. cit. ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Umstände, welche die Gewährung von subsidiärem Schutz begründen würden, sind nicht hervorgekommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach erkannt, dass auch die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten kann, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vgl u.a. VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (vgl ua VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443 und zuletzt VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19/0036). Dies ist gegenständlich nicht erfolgt. Zudem verfügt er in seiner Heimat über familiäre Kontakte und ist gesund als auch arbeitsfähig, so dass sein Lebensunterhalt jedenfalls gesichert erscheint.

Es darf auch nicht vergessen werden, dass die Gewährung eines Status nach § 8 Abs 1 AsylG voraussetzt, dass die reale Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse und somit eine Verletzung des Art 3 EMRK aufgezeigt wird (vgl zuletzt VwGH, 25.05.2016, Ra 2016/19/0036); die bloße Möglichkeit einer Existenzbedrohung kann diese Schwelle nicht erreichen. Eine reale Gefahr hinsichtlich existenzbedrohender Verhältnisse aufgrund einer besonderen Vulnerabilität des Beschwerdeführers wurden von diesem in concreto nicht aufgezeigt.

Es ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage gerät, sodass die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen war.

3.3 Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels (Spruchpunkt III.):

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, ist weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG.

Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen und die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. daher als unbegründet abzuweisen.

3.4 Zur Zulässigkeit Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.):

Nach § 52 Abs 2 Z 2 FPG ist eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Somit ist auch im vorliegenden Fall die Rückkehrentscheidung vorgesehen.

Das gilt nur dann nicht, wenn eine Rückkehrentscheidung wegen eines Eingriffs in das Privat- oder Familienleben eines Fremden auf Basis des § 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG für dauernd unzulässig zu erklären ist. Zu entscheiden ist dabei nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen gegenüber den öffentlichen, ob ein Eingriff im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig ist.

In Weiterer Folge ist eine individuelle Abwägung der berührten Interessen vorzunehmen, um zu beurteilen, ob ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers durch seine Außerlandesbringung als im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK verhältnismäßig angesehen werden kann.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und die Rechtmäßigkeit seines Aufenthalts basiert auf seinem erst am 25.11.2018 gestellten Asylantrag. Er hielt sich rund 20 Monate im Bundesgebiet ohne eine Berechtigung zum Aufenthalt zu haben auf. Der seit diesem Zeitpunkt andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers beruht somit auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage und durfte er während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen, dass er sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Ein allfälliges Privat- und Familienleben, das in dieser Zeit entstanden ist, verliert dadurch deutlich an Gewicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VwGH 28.02.2019, Ro 2019/01/0003, bereits ausführlich dargelegt, dass es maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitraum gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK muss nicht akzeptiert werden, dass ein Fremder mit seinem Verhalten letztlich versucht, in Bezug auf seinen Aufenthalt in Österreich vollendete Tatsachen zu schaffen (VwGH 27.02.2020, Ra 2019/01/0471). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch jüngst ausgesprochen, dass (VwGH 27.02.2020, Ra 2019/01/0471), dass im Zusammenhang mit einem im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts erst etwa vierjährigen Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet noch von keiner solchen Verdichtung seiner persönlichen Interessen auszugehen ist, dass bereits von "außergewöhnlichen Umständen" im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gesprochen werden könnte und ihm schon deshalb unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK ein dauernder Aufenthalt in Österreich ermöglicht werden müsste (vgl dazu etwa VwGH jeweils vom 10.4.2019, Ra 2019/18/0049 und Ra 2019/18/0058; 30.10.2019, Ra 2019/01/0181, mwN).

Daher fällt angesichts des erst seit 25.11.2018 bestehenden aufgrund des Asylantrages legalen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet - die Zeit zuvor ist aufgrund der mangelnden Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht einzubeziehen - im Sinne der obigen Rechtsprechung etwaige Integrationsbemühungen gegenüber dem Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung nicht ins Gewicht.

Zudem besteht kein Familienlebens iSd Art 8 EMRK in Österreich und liegen auch keine Hinweise vor, dass der Beschwerdeführer in Österreich im Hinblick auf die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich einen maßgeblichen Grad an Integration erlangt hätte, der seinen persönlichen Interessen ein entscheidendes Gewicht verleihen würde.

Es fehlen somit alle Sachverhaltselemente, aus denen sich die Existenz gewisser unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens relevanter Bindungen allenfalls hätte ergeben können.

Dementgegen kann auch nach wie vor von einem Bestehen von Bindungen des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat ausgegangen werden. Er wurde dort hauptsozialisiert, spricht nach wie vor seine Muttersprache und ist mit den regionalen Gebräuchen und Eigenheiten seiner Kultur vertraut. Außerdem lebt seine Familie nach wie vor in seinem Herkunftsstaat. Von einer vollkommenen Entwurzelung des Beschwerdeführers kann daher nicht ausgegangen werden.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zu wiederlaufen. Überdies würde dies dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtliche Einreise und Aufenthaltsbestimmungen beachten, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vergleiche VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007; vergleiche dazu auch das Erkenntnis VfSlg 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

Den - nicht gewichtigen und de facto nicht vorhandenen - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich steht somit das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber; diesem gewichtigen öffentlichen Interesse kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl VwGH 12.03.2002, 98/18/0260; 18.01.2005, Zl. 2004/18/0365).

Auch die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers vermag seine Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet nicht entscheidend zu verstärken.

Vor diesem Hintergrund und nach einer individuellen Abwägung der berührten Interessen kann ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers jedenfalls im Sinne des Art 8 Abs 2 EMRK als verhältnismäßig angesehen werden und die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. war daher gemäß § 28 Abs 2 VwGVG als unbegründet abz

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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