TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/28 W226 2183949-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.05.2020
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Entscheidungsdatum

28.05.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §54 Abs1 Z2
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch

W226 2183952-1/8E

W226 2183968-1/7E

W226 2183961-1/7E

W226 2183965-1/10E

W226 2183955-1/6E

W226 2183949-1/6E

W226 2183958-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerden von 1.) XXXX (BF1), geb. XXXX , 2.) XXXX (BF2), geb. XXXX , 3.) XXXX (BF3), geb. XXXX , 4.) XXXX (BF4), geb. XXXX , 5.) XXXX (BF5), geb. XXXX , 6.) XXXX (BF6), geb. XXXX und 7.) XXXX (BF7), geb XXXX , alle StA: Russische Föderation, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.12.2017 bzw. 19.12.2017, Zlen. 1.) 1025437302-14796638, 2.) 635258100-14796705, 3.) 635258209-14796735, 4.) 638959807-14796760, 5.) 638959600-14796824, 6.) 1025437106-14796808 und 7.) 1125587002-161088399, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.05.2020 zu Recht erkannt:

A) I. Die Beschwerden werden gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 57 AsylG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird den Beschwerden stattgegeben und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG iVm § 9 Abs. 2 und 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt. XXXX und XXXX wird eine "Aufenthaltsberechtigung plus" für die Dauer von zwölf Monaten gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG erteilt. XXXX , XXXX , XXXX , XXXX und XXXX wird gemäß § 54 Abs. 1 Z 2 und § 58 Abs. 2 iVm § 55 Abs. 1 Z 1 AsylG der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1.1 Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden: BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2) sind Ehegatten. Die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer (im Folgenden BF3, BF4, BF5 und BF6) sind ihre gemeinsamen (minderjährigen) Kinder. Die BF7 ist die in Österreich geborene minderjährige Tochter der BF3. Das Vorbringen der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) ist untrennbar miteinander verknüpft bzw. beziehen sich die BF auf dieselben Verfolgungsgründe, weshalb die Entscheidung unter Berücksichtigung des Vorbringens aller BF abzuhandeln war.

Die BF sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der tschetschenischen Volksgruppe an und bekennen sich zum muslimischen Glauben.

1.2. Die BF1 bis BF5 reisten im Juni 2013 - über Polen - ins Bundesgebiet ein und stellten am 17.06.2013 Anträge auf internationalen Schutz.

Bei der Erstbefragung am 17.06.2013 gab der BF1 zu seinem Fluchtgrund befragt an, er habe am XXXX - als er von der Arbeit am Heimweg gewesen sei - einen Tschetschenen per Autostopp mitgenommen. Er habe ihn nicht gekannt, habe ihm nur geholfen und ihn anschließend auf eine Tasse Tee zu sich nach Hause eingeladen. Am nächsten Tag in der Früh seien drei Männer in Zivilkleidung zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn mitgenommen. Sie hätten ihn fünf Tage in einem Keller festgehalten, ihn geschlagen und gedroht. Sie hätten Informationen über den Mann, welchen er per Autostopp mitgenommen habe, haben wollen. Er habe beschlossen mit seiner Familie zu flüchten, da er Probleme vermeiden habe wollen, welche er sicher bekommen würde.

Die BF2 gab bei der Erstbefragung an, sie sei wegen der Probleme ihres Mannes geflüchtet. Am XXXX habe ihr Mann einen Unbekannten per Autostopp mitgenommen und ihn danach zu ihnen nach Hause eingeladen. Da ihr Sohn Geburtstag gehabt habe, sei dies bei ihnen so üblich. Am nächsten Tag in der Früh sei ihr Mann von unbekannten Männern von zu Hause abgeholt, fünf Tage lang festgehalten und gefoltert worden. An diesem Tag sei sie nicht zu Hause gewesen, ihre Kinder hätten sie aber per Telefon informiert. Die Verwandten ihres Mannes hätten ihn von den Entführern freigekauft und hätten ihn - wegen der schweren Misshandlungen - am nächsten Tag ( XXXX .) in ein Krankenhaus nach XXXX gebracht. Aus Angst um sein Leben hätten sie am 16.04. in den Abendstunden beschlossen zu den Verwandten nach Inguschetien zu reisen. Dort hätten sie sich bis zum 11.06.2013 aufgehalten. Die Verwandte des BF1 hätten sie angerufen und darüber informiert, dass ihr Mann eine Vorladung zur Polizei XXXX bekommen habe. Deswegen hätten sie beschlossen zu flüchten. Eigene Fluchtgründe habe sie nicht.

Die BF3 führte in der Erstbefragung aus, dass sie mit ihren Eltern nach Österreich geflüchtet sei, da diese es beschlossen hätten. Sie wisse nur, dass ihr Vater in der Heimat Probleme gehabt habe. Sie kenne die genauen Hintergründe jedoch nicht. Sie habe keine eigenen Fluchtgründe.

Die BF4 gab in der Erstbefragung an, mit ihren Eltern nach Österreich geflüchtet zu sein, da diese es beschlossen hätten. Sie wisse nur, dass ihr Vater in der Heimat Probleme habe. Er sei von irgendwelchen Leuten von zu Hause abgeholt und geschlagen worden. Sie kenne die genauen Hintergründe jedoch nicht. Sie habe keine eigenen Fluchtgründe.

1.3. Diese Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes, jeweils vom 13.07.2013, gem. §§ 5, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG zurückgewiesen und die BF1 bis BF5 aus dem Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen. Die gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 08.08.2013 gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

1.4. Eine Überstellung nach Polen konnte nicht durchgeführt werden und sind die BF1 bis BF5 wegen Ablauf der Überstellungsfrist im Bundesgebiet verblieben.

1.5. Am XXXX wurde der BF6 im österreichischen Bundesgebiet geboren.

1.6. Am 16.07.2014 stellten die BF1 bis BF6 (erneut) Anträge auf internationalen Schutz und fand am selben Tag die Erstbefragung des BF1, der BF2, der BF3 und der BF4 statt.

Der BF1 gab zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates an, dass er sich am 09.04.2013 mit seinem PKW am Weg von XXXX nach XXXX befunden habe. Dabei habe er einen - ihm unbekannten - Tschetschenen mitgenommen und hätten sie bei ihm zu Hause anschließend einen Tee getrunken. Er sei weniger als eine Stunde bei ihnen zu Hause gewesen, anschließend sei er gegangen. Am nächsten Tag seien drei bewaffnete Männer zu ihnen nach Hause gekommen und hätten den BF1 zu einem Verhör mitgenommen. Er sei 4-5 Tage in Haft gewesen, geschlagen, misshandelt und zu dem Tschetschenen befragt worden. Nach fünf Tagen sei er von Verwandten gegen Bezahlung von Lösegeld freigekauft worden. Nach der Entlassung sei er von seinen Verwandten nach Inguschetien geschickt worden, wo er sich bis zum 11.06.2013 versteckt gehalten habe. Er und seine Verwandten hätten sich dann dazu entschlossen, dass die gesamte Familie aus Tschetschenien flüchte.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF1 an, er sei in XXXX geboren, seine Muttersprache sei Tschetschenisch, er spreche aber auch gut Russisch. Er habe von 1985 bis 1995 die Grundschule in XXXX besucht, zuletzt sei er Elektriker gewesen. In Tschetschenien würden seine Eltern, ein Bruder und zwei Schwestern leben. Er habe in XXXX gelebt, seinen Herkunftsstaat habe er -- gemeinsam mit seiner Familie - am 11.06.2013 von Inguschetien aus - mit einem Zug von XXXX über Moskau nach Weißrussland und Polen - verlassen. Er sei mit einem russischen Reisepass und Inlandsreisepass, ausgestellt vom Passamt XXXX , gereist. Die Reisepässe seien in Polen, die Inlandsreisepässe in Österreich.

Zum Grunde für das Verlassen des Herkunftsstaates gab die BF2 an, persönlich keinen Fluchtgrund gehabt zu haben, es sei der ihres Mannes gewesen. Ihr Mann habe sich eines Tages mit seinem PKW am Weg von XXXX nach XXXX befunden und habe einen unbekannten Tschetschenen mitgenommen. Dieser sei kurz bei ihnen zu Hause gewesen und habe einen Tee getrunken. Am nächsten Tag hätten ihre Kinder sie verständigt, dass der BF1 von unbekannten Personen mitgenommen worden sei. Der BF1 sei ca. fünf Tage lang festgehalten, geschlagen und misshandelt worden. Über die Verletzungen des Mannes habe sie eine ärztliche Bestätigung vom 16.04.2013. Man habe Geld von ihnen gefordert und hätten die Verwandten Geld gesammelt und ihren Mann freigekauft. Nach der Entlassung des Mannes hätten sie sich erst mal in ein Krankenhaus und gleich danach nach Inguschetien begeben, wo sie sich bis zu ihrer Flucht am 11.06.2014 aufgehalten hätten.

Für den minderjährigen BF5 und BF6 würden die gleichen Fluchtgründe gelten und stellte die BF2 für den minderjährigen BF5 und BF6 einen Asylantrag.

Die BF2 gab zu ihren persönlichen Verhältnissen an, in XXXX geboren zu sein. Ihre Muttersprache sei Tschetschenisch, sie spreche auch gut Russisch. Sie habe von 1986 bis 1996 die Grundschule in XXXX besucht und sei zuletzt Hausfrau gewesen. Sie leide an Epilepsie. Ihr Vater sei bereits verstorben. Ihre Mutter und ihre beiden Brüder würden in Tschetschenien leben. Ihre Schwester lebe seit 13 Jahren als anerkannter Flüchtling in Österreich. Sie habe in XXXX gelebt und habe sie ihren Herkunftsstaat - gemeinsam mit ihrer Familie - am 11.06.2014 mit dem Zug über Moskau und Weißrussland nach Polen verlassen.

Die BF3 gab zum Grunde für das Verlassen des Herkunftsstaates an, dass ihre Eltern dies entschieden hätten. Ihr Vater habe in der Heimat ein Problem gehabt. Er sei einmal von unbekannten Personen festgenommen und geschlagen worden. Mehr könne sie dazu nicht angeben.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab die BF3 an, in XXXX geboren zu sein. Sie sei ledig, ihre Muttersprache sei Tschetschenisch, sie spreche auch gut Russisch. Sie habe von 2004 bis 2013 die Grundschule in XXXX besucht. Im April 2013 sei sie mit ihrer Familie von XXXX nach Inguschetien und von dort mit einem Zug über Moskau nach Weißrussland und nach Polen gereist.

Die BF4 gab zum Grunde für das Verlassen des Herkunftslandes an, dass ihre Eltern dies entschieden hätten. Sie könne dazu nur angeben, dass ihr Vater am 10.04.2013 von unbekannten Personen von zu Hause mitgenommen worden sei. Dabei sei er geschlagen worden. Wann er freigelassen worden sei, wisse sie nicht mehr.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab die BF4 an, in XXXX geboren zu sein. Sie sei ledig, ihre Muttersprache sei Tschetschenisch, sie spreche auch gut Russisch. Sie habe von 2006 bis 2013 die Grundschule in XXXX besucht. Im April 2013 sei sie mit ihrer Familie von XXXX nach Inguschetien und von dort mit einem Zug über Moskau nach Weißrussland und nach Polen gereist.

Der russischen Inlandsreisepässe der BF, die Geburtskunde sowie eine Kraftfahrerkarte des BF1 samt deutscher Übersetzung wurden sichergestellt.

1.7. Am XXXX wurde die BF7 (Tochter der BF3) im österreichischen Bundesgebiet geboren. Für diese wurde am 08.08.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz (Antrag auf Familienverfahren) gestellt. Im Antrag wurde angegeben, dass die BF7 keine eigenen Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen habe und sich der Antrag ausschließlich auf die Gründe des Vaters bzw. der Mutter beziehe.

1.8. Am 05.09.2017 wurden der BF1, die BF2, die BF3 und die BF4 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Der BF1 gab zu seinen persönlichen Verhältnissen ergänzend an, neben Tschetschenisch und Russisch auch Aserbaidschanisch und Türkisch zu sprechen. Er habe ein Magengeschwür, ansonsten sei er gesund, nehme keine Medikamente und sei auch nicht in ärztlicher Behandlung. Seinen Inlandsreisepass habe er sich persönlich ausstellen lassen, es habe keine Probleme gegeben. Seine Eltern würden im Bezirk XXXX leben und seien Pensionisten. Seine Schwester würde mit ihrem Mann und den Kindern bei den Eltern leben. Auch der Bruder leben mit seiner Ehefrau und den Kindern im Elternhaus. Der Bruder arbeite als Hilfsarbeiter auf Baustellen. Ansonsten habe er noch Onkel und Tanten, zu denen er aber keinen Kontakt habe. Zu den Eltern und Geschwistern habe er ca. 2-3 Mal pro Monat Kontakt. Früher - als er nach Österreich gekommen sei - hätten seine Angehörige Probleme wegen ihm gehabt. Sein Bruder sei anfangs öfters aufgesucht worden. Jetzt gäbe es keine Probleme mehr. Zuletzt sei er drei Monate lang in Inguschetien (Stadt XXXX n) aufhältig gewesen, er habe sich dort anmelden und arbeiten wollen. Aufgewachsen sei er bei seinen Eltern im Bezirk XXXX (Dorf XXXX ), dort habe er bis 2004 gelebt, danach seien sie nach XXXX gezogen, wo sie dann bis zu ihrer Reise nach Iguschetien aufhältig gewesen seien. Seine Familie sei ca. eine Woche nach ihm nach Inguschetien nachgekommen. Sie seien drei Monate dort geblieben, dann sei der BF1 mit seiner Familie (Mitte April) nach Österreich gefahren. Zu seiner Ausbildung gab der BF1 ergänzend an, er habe 8 Jahre die Grundschule besucht und eine Lehre als Elektromonteuer gemacht. Er habe als Elektriker und Sanitärtechniker gearbeitet, nebenbei habe er verschiedene Tätigkeiten ausgeübt wie z.B. Hilfsarbeiter auf Baustellen.

Zum Gesundheitszustand seiner Frau gab er an, dass diese seit 2014 an Epilepsie leide. Zu seinen Kindern führte der BF1 aus, dass diese etwas Russisch und Tschetschenisch und gutes Deutsch sprechen würden. Sie würden die Schule besuchen. Bis auf den BF5 seien seine Kinder gesund. Dieser habe bei der Geburt ein Loch im Herzen gehabt, hier sei er behandelt worden. Er habe öfters Nasenbluten und hätten die Ärzte gesagt, dass das Loch im Alter zuwachsen werde.

Zu seinem Fluchtgrund gab der BF1 zusammengefasst in freier Erzählung erneut an, dass er am XXXX einen unbekannten Mann mit dem Auto nach XXXX mitgenommen habe, dieser bei ihm anschließend am Abend einen Tee getrunken habe und dann gegangen sei. Der BF1 sei dann schlafen gegangen und seien am XXXX sehr früh - als er noch geschlafen habe - drei Männer in schwarzen Uniformen gekommen, hätten den BF1 mitgenommen und ihn über den fremden Mann bei ihm zu Hause befragt bzw. wo dieser Mann hingegangen sei. Er sei so stark geschlagen worden, dass er erst in einem Keller zu sich gekommen sei. Dort hätten ihn verschiedene Männer zu dem Mann befragt. Seine Frau sei zu diesem Zeitpunkt bei ihrer Mutter nebenan gewesen, die Mutter habe am XXXX einen Schwächeanfall gehabt. Die Töchter seien zu Hause gewesen. Es sei alles sehr schnell gegangen und würden sie die Eingangstüren ihrer Häuser nicht absperren. Der BF1 habe fünf Tage im Keller verbracht, dort sei er (mit Stromstößen) gefoltert worden. Seine Familie habe ihn dann freigekauft. Wie viel Geld die Familie bezahlt habe, wisse er nicht. Seine Verwandten und zwei Freunde hätten ihn von dort in ein Spital gebracht und sei er dort nur sehr oberflächlich untersucht worden. Nach ca. einer Stunde sei er nach Hause gekommen und sei er dann von zu Hause kurz danach mit einem Taxi alleine nach Iguschetien gefahren. In Iguschetien habe er sein Vermögen verkauft, seine Frau und die Kinder seien in der Zwischenzeit zu ihm gekommen. Dann hätten sie beschlossen ihre Heimat zu verlassen. Es habe sich herausgestellt, dass der Mann gesucht werde. Als sie weggefahren seien, seien die Leute in seinem Haus gewesen und hätten den Bruder nach ihm befragt. Sein Bruder habe ihm am Telefon gesagt, dass er nicht zurückkommen solle, weil er gesucht werde.

Nach Befragung durch das BFA, führte der BF1 ua. ergänzend aus, dass die Männer vom Geheimdienst gewesen seien. Der fremde Mann sei ca. eine Stunde bei ihm zu Hause gewesen. Seine Ehefrau sei auch zu Hause gewesen, sie habe den Tee vorbereitet und serviert. Seine Kinder seien auch da gewesen. Seine Frau sei dann zur Mutter gegangen, als der Mann gegangen sei. Wie der Mann geheißen habe, wisse er nicht. Als die Männer zu ihm nach Hause gekommen seien, sei der BF1 noch im Bett gewesen und habe geschlafen, sie hätten die Eingangstüre aufgebrochen, seien ins Zimmer hereingestürmt und hätten ihn geschlagen. Er vermute, dass seine Töchter was gesehen haben, aber ein Mann habe geschrien, dass sie im Zimmer bleiben sollen. Die Männer hätten Waffen gehabt und hätten den BF1 mit dem Gewehrkolben am Kopf und am ganzen Körper geschlagen. Er sei auch in Österreich untersucht worden und gäbe es dazu Befunde (vom 23.09.2015). Weiters gab der BF1 nach Befragung des BFA an, man habe ihm im Keller erzählt, dass es ein Mann von den Kämpfern sei und sie über diesen Mann einen anderen wichtigen Mann verhaften wollen würden. Am ersten Tag der Gefangenschaft sei er ordentlich zugerichtet worden. Zudem gab er an, dass seine Tochter nach der Festnahme zu seiner Frau gelaufen sei und ihr alles erzählt habe. Damals sei seine Frau schon an Epilepsie erkrankt.

Seine Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Zur vorgelegten Ladung gab der Dolmetscher in der Einvernahme an, dass der BF1 darin ersucht werde, sich zwecks Befragung als Verdächtiger am XXXX um 8:30 im Zimmer 09, Bezirk XXXX , Abteilung im Innenministerium, bei XXXX betreffend § 73, 147 Strafprozessgesetzbuch einzufinden.

Zu seinem Leben in Österreich gab der BF1 an, dass er staatliche Unterstützung bekomme, etwas Deutsch spreche und österreichische Bekannte habe.

Die BF2 gab in der Einvernahme zu ihrem Gesundheitszustand befragt an, dass sie gesund sei. Sie nehme Medikamente und sei auch in ärztlicher Behandlung. Sie leide an Epilepsie und Eisenmangel. Zudem habe sie Medikamente vom Psychiater. Konkret nehme sie Tresleen 50mg, Levebon 500mg, Trittico retard 150mg und Stesolid 5mg. Der BF6 nehme auch Medikamente gegen Epilepsie, es gäbe Anzeichen auf Epilepsie. Der BF6 habe schon vier Anfälle gehabt. Der letzte Anfall sei Anfang 2017 gewesen. Befragt, ob Epilepsie in der Russischen Föderation behandelbar sei, gab die BF2 an, dass sie zu Hause keine Anfälle gehabt habe. Erst als ihr Ehemann abgeholt worden sei, habe sie einen Anfall gehabt. Die Ärzte hätten ihr die Diagnose auf schilddrüsenbedingten Eisenmangel erstellt. In Österreich habe man die Diagnose Epilepsie erstellt. Die psychischen Probleme habe sie seit dem Vorfall mit dem Ehemann, vorher habe sie so etwas nicht gehabt. Sie gehe jede zweite Woche zum Psychologen (Gespräch).

Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab sie ergänzend an, dass ihre Mutter nach wie vor in XXXX lebe und eine staatliche Pension bekomme. Ihre Brüder würden samt Familie bei der Mutter in XXXX / XXXX leben und als LKW-Fahrer arbeiten. Ihre Schwester lebe seit 13 Jahren in Österreich und sei anerkannter Flüchtling. Sie habe zu ihrer Schwester Kontakt, diese wohne in der Nähe. Die Schwester habe in Österreich noch nie gearbeitet und habe fünf Kinder, zwei davon hätten eine leichte Behinderung. Ansonsten würden noch Cousinen/Cousins in der Russischen Föderation leben. Mit diesen sei sie auch in Kontakt. Auch zur Mutter habe sie täglich bzw. zu den Brüdern ca. einmal wöchentlich Kontakt. Die Angehörigen hätten keine Probleme in der Russischen Föderation und sei es auch zu keinen Vorfällen gekommen. Jetzt würden sie in Ruhe leben. Als sie weggegangen seien, habe ihre Mutter Besuch gehabt, Leute bzw. die Polizei hätten gefragt, wieso sie nicht da seien und wo sie sich aufhalten würden. Die Mutter wohne einige Häuser weiter von ihrem Haus entfernt.

Zuletzt seien sie in Iguschetien in der Stadt XXXX (konkrete Adresse: XXXX ) - nicht ganz drei Monate lang - aufhältig gewesen. Nach Vorhalt, dass der BF1 angegeben habe, sie hätten sich in der Stadt XXXX , XXXX aufgehalten, gab die BF2 an, dass dieser sich geirrt habe. Weiters gab die BF2 an, die 8. oder 9. Schulstufe nicht abgeschlossen zu haben. Sie habe ein Jahr lang eine Ausbildung für Maniküre und als Friseurin absolviert und ein halbes Jahr in ihrem Beruf gearbeitet. Der BF1 habe den Lebensunterhalt finanziert, sie hätten keine finanziellen Schwierigkeiten gehabt.

Zum Verlassen des Herkunftsstaates befragt, gab die BF1 an, sie habe die Russische Föderation gemeinsam mit ihrer Familie am 14. oder 15. April verlassen. Als der BF1 nach Hause gekommen sei, habe er übernachtet und seien die am nächsten Tag ins Spital und dann gemeinsam nach Inguschetien gefahren. Sie hätten gedacht, dass sie dort in Ruhe leben können. Als ihr Ehemann arbeiten und sich anmelden habe wollen, sei die erste Ladung gekommen. Dann seien sie legal nach Weißrussland ausgereist. Bei der polnisch-weißrussischen Grenze habe man die Pässe angeschaut. Sie hätten ohne Probleme über die Grenze gekonnt.

Nach Vorhalt, wonach der BF1 angegeben habe, dass er nach seiner Entführung alleine nach Inguschetien gereist sei, gab die BF2 an, sie seien gemeinsam gereist. Sie wisse es im Gegenteil zu ihrem Mann genau. Die Kinder hätten eigene Reisepässe gehabt. Ihre Kinder würden Tschetschenisch und nicht so gut Russisch sprechen. Der BF5 und die BF4 würden gut Deutsch sprechen. Die BF4 spreche auch etwas Türkisch und Westtürkisch. Der BF5 sei in der Russischen Föderation in den Kindergarten gegangen, die Töchter hätten dort mehrere Jahre die Schule besucht. Außer ihrer Familie und ihrer Schwester habe sie in Österreich noch einen Cousin in XXXX und eine Cousine in XXXX .

Ihre Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe.

Zu ihren Fluchtgründen befragt, gab die BF2 zusammengefasst an, dass sie wegen der Probleme ihres Ehemannes ihr Heimatland verlassen hätten. Sie selbst habe keine Fluchtgründe.

Befragt, was sie zu den Fluchtgründen ihres Ehemannes wisse, gab die BF2 an, dass es ihrer Mutter am Geburtstag ihres Sohnes schlecht gegangen sei, dann sei sie zu ihr gegangen, weil sie alleine gewohnt habe. In der Früh habe sie ihre Tochter angerufen und ihr erzählt, was passiert sei. Sie sei gleich nach Hause gelaufen. Zu Hause habe ihr Sohn starkes Nasenbluten gehabt und habe sie sich gedacht, dass man ihrem Sohn etwas angetan habe. Sie hätten gesagt, dass der BF1 mitgenommen worden sei und sei es ihr so schlecht gegangen, dass sie einen Epilepsieanfall bekommen habe. Sie hätten nicht gewusst, wo der BF1 sei und hätten seine Verwandten überall nachgefragt, was mit ihm passiert sei. Auf Umwegen hätten sie dann erfahren, dass der BF1 für die Unterstützung oder Zusammenarbeit mit dem fremden Mann beschuldigt werde. Sie habe diesen Mann gesehen, der BF1 habe ihn zu ihnen gebracht, weil es stark geregnet habe. Der BF1 habe gemeint, dass dieser Mann zu ihnen nach Hause kommen solle um etwas zu trinken und dann mit dem Taxi weiterfahren könne. Bei ihnen sei es üblich, dass man fremde Leute als Gäste einlade. Sie sei mit den Kindern in einem anderen Zimmer gewesen. Der Mann sei kurz bei ihnen gewesen, er habe es eilig gehabt. Er habe nichts gegessen, sondern nur den Tee getrunken, dann sei er gegangen.

Auf die Frage, welche Tochter sie angerufen habe, gab die BF2 an, dies nicht zu wissen. Befragt, um welche Zeit die Tochter angerufen habe, führte die BF2 aus, es sei schon hell gewesen, aber nicht ganz hell. Nach weiterer Befragung durch das BFA, gab die BF2 an, der Mann sei ca. 10 Minuten bei ihnen gewesen, er habe es eilig gehabt. Nach Vorhalt, dass der BF1 von einer Stunde gesprochen habe, gab die BF2 an, dass dies nicht stimmen könne. Es sei kürzer gewesen, das wisse sie ganz genau. Eine Stunde sei er sicher nicht bei ihnen gewesen. Nach Aufforderung den Mann zu beschreiben, führte die BF1 aus, er sei jung, etwas älter als sie gewesen, sie wisse es nicht so genau. Der Tisch sei schon gedeckt gewesen, sie habe den Tee nicht hintragen müssen. Der Mann habe nur gegrüßt, dann sei sie zu den Kindern gegangen. Der BF1 sei fünf Tage lang verschwunden gewesen. Am Anfang habe er nicht gesprochen, es sei sichtbar gewesen, dass er schwach gewesen sei. Er habe Augenringe gehabt, sei ausgehungert gewesen, seine Fingerkuppen seien geschwollen gewesen und die Nägel seien von den Schlägen kaputt gewesen. Er habe am ganzen Körper blaue Flecken und Hämatome gehabt. Am Hinterkopf habe er offene Wunden von den Schlägen gehabt und sei ein Finger gebrochen gewesen. Er sei in einem schlechten Zustand gewesen. Der BF1 habe erzählt, dass er in einem Keller gewesen sei, geschlagen worden sei und die ganze Zeit nach dem Mann befragt worden sei. Nach Vorhalt, dass es nicht sehr glaubwürdig sei, dass der BF1 nur deswegen entführt werde, weil er einen fremden Mann für kurze Zeit auf einen Tee eingeladen habe, gab die BF2 an, der BF1 habe erzählt, dass die Leute ihm gesagt hätten, der Mann komme von den Kämpfern vom Gebirge. Hinsichtlich der Freilassung des BF1 gab sie an, seine Verwandten hätten Geld bezahlt, die Summe wisse sie nicht.

Zu ihrem Leben in Österreich gab sie an, sie würden von XXXX Unterstützung bekommen und auch in einer Wohnung des Vereins wohnen. Sie sei kein Mitglied in Vereinen und sei nicht ehrenamtlich tätig gewesen. Sie spreche etwas Deutsch und besuche einen Deutschkurs.

Die BF3 gab bei ihrer Einvernahme an, gesund zu sein, keine Medikamente einzunehmen und nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab sie ergänzend an, dass ihr Vater als Elektriker gearbeitet habe. Sie habe neun Jahr die Grundschule besucht, bevor sie dann ausgereist seien. Ihr Vater habe den Lebensunterhalt finanziert, sie habe nicht gearbeitet. Den genauen Ausreisezeitpunkt wisse sie nicht. Sie sei traditionell mit XXXX verheiratet, die BF7 sei ihre in Österreich geborene Tochter. Sie lebe mit ihrem Ehemann nicht in einem gemeinsamen Haushalt, ihr Mann wohne in XXXX . Sie besuche ihn manchmal am Wochenende, ein gemeinsames Familienleben bestehe nicht. Ihr Ehemann habe eine Aufenthaltskarte (Rot-Weiß-Rot-Karte). Er arbeite seit drei Monaten in einer Fensterfabrik.

Zu ihrem Fluchtgrund führte sie aus, mit den Eltern wegen der Probleme des Vaters geflüchtet zu sein. Weitere Fluchtgründe habe sie nicht.

Befragt, was sie über die Fluchtgründe ihres Vaters wisse, gab die BF3 an, sie wisse nur, dass ihr Vater einen Mann zum Tee eingeladen habe. Am nächsten Tag seien Leute gekommen und hätten den Vater mitgenommen. Die Mutter sei bei der Großmutter gewesen, sie hätten Geburtstag gefeiert. Sie hätten alles für die Feier vorbereitet. Die Mutter habe die Großmutter mit nach Hause begleitet. Als der Vater wieder freigelassen worden sei, sei zuerst der Vater nach Inguschetien gereist. Jemand habe ihnen gesagt, dass sie zum Vater nach Inguschetien fahren sollen. Sie sei dann mit der Mutter und den Geschwistern zum Vater gefahren.

Zu ihrem Leben in Österreich gab sie an, Unterstützung von XXXX zu bekommen. Auch ihr Ehemann gebe ihr Geld. Ihren Mann sehe sie ca. 2-3 Mal im Monat. Sie habe einen A1 Deutschkurs gemacht, wo das Zeugnis sei, wisse sie nicht. Sie verstehe viel auf Deutsch, traue sich aber nicht zu sprechen.

Die BF4 gab bei ihrer Einvernahme an, gesund zu sein, keine Medikamente einzunehmen und nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen.

Zu ihren persönlichen Verhältnissen gab sie ergänzend an, in Russland sieben Klassen der Grundschule absolviert zu haben. Hier gehe sie auf ein Gymnasium. Sie wolle Matura machen und Krankenschwester werden. Im Heimatland habe der Vater den Lebensunterhalt finanziert, sie habe nicht gearbeitet. Sie sei ledig.

Zur Ausreise aus Russland gab sie an, sie sei im Jahr 2013 mit ihrer Familie von Tschetschenien nach Inguschetien gereist.

Zu ihrem Fluchtgrund gab sie an, dass ihr Vater Probleme gehabt habe. Sie persönlich habe keine Probleme in der Russischen Föderation gehabt.

Befragt, was sie über die Fluchtgründe des Vaters wisse, gab sie an, dass Leute zu ihnen gekommen seien und den Vater mitgenommen hätten. Sie hätten geschrien, dass sie nicht rausgehen sollen. Sie oder ihre Schwester hätten dann die Mutter angerufen. Die Mutter habe den Vater gesucht. Er sei fünf Tage weggewesen. Dann sei er nach Hause gekommen und ihre Reise habe begonnen. Zum Gesundheitszustand des Vaters bei seiner Rückkehr gab die BF4 an, er sei ganz kaputt gewesen. Seine Nase sei kaputt gewesen, er habe nicht aufstehen können. Er sei geschlagen worden. Ob der Vater im Spital gewesen sei, wisse sie nicht. Der Vater sei freigekommen, weil jemand aus der Familie Geld bezahlt habe.

Zu ihrem Leben in Österreich gab sie an, sie glaube, sie würden Unterstützung von XXXX und der XXXX bekommen. Sie habe österreichische Freunde. Sie würde sich mit ihnen treffen, tanzen und über Frauenrechte sprechen. Sie spreche schon sehr gutes Deutsch. Sie wolle die Schule fertigmachen und als Krankenschwester arbeiten.

Im Zuge der Einvernahme wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

- Ärztlicher Befundbericht vom 23.09.2015, wonach der BF1 angegeben habe, er sei im April 2013 am ganzen Körper ua. mit einem Holzstück geschlagen worden, hätte Verletzungen am Kopf und eine gebrochene Nase gehabt. In der ärztlichen Beurteilung wurde Folgendes zusammengefasst festgehalten: Pathologischer Knochenumbau in der Occipitalregion (Hinterhautlappen) und rechts temporal, höchstwahrscheinlich posttraumatisch bedingt, zusätzlich finde sich eine erhöhte Aktivitätsanreicherung im Bereich der Nasenwurzel bei Zustand nach traumatischer Nasenfraktur und im Bereich der Maxilla beidseits. Auch die kleinen pathologischen Knochenumbauherde in der distalen Ulna links und im Digit l der Hände und Füße beidseits seien in erster Linie posttraumatisch bedingt. Hinweis für degenerative Veränderungen in den Handgelenken und im Großzehengrundgelenk beidseits. Die pathologischen Knochenumbauherde im Knochenscan seien auf jeden Fall in Korrelation zu den angegebenen schweren körperlichen Misshandlungen;

- Ladungen für den BF1 (AS 89 und 119 im Akt des BF1);

- Österreichischer Führerschein des BF1;

- Schreiben der Volksschule betreffend Schulförderkurse;

- Schulbesuchsbestätigungen für den BF5 für das Schuljahr 2015/16 und 2016/17 (2. und 3. Klasse einer Öffentlichen Volksschule);

- Schulnachricht des BF5 der 1. Klasse Volksschule;

- Jahreszeugnis des BF5 der 3. Klasse Volksschule (2016/17);

- Österreichische Geburtsurkunde des BF6;

- Österreichische Geburtsurkunde und Vaterschaftsanerkenntnis betreffend die BF7;

- Eidesstattliche Erklärung, wonach die BF3 XXXX am XXXX nach muslimischen Recht geheiratet habe;

- Arztbericht vom 06.02.2017, wonach die BF7 an einer schweren Bronchitis mit Verengung der Bronchien in der Lunge leide (Grund: Zigarettenrauch);

- Anmeldebestätigung des BF1 vom 07.03.2017 für einen Deutschkurs (A1);

- Mietvertrag, Untermietvertrag, Verlängerung des Mietvertrages und Bestätigungsschreiben betreffend eine Wohnung eines Flüchtlingsvereins in der die BF kostenlos wohnen;

- Schreiben, wonach der BF5 während der Ferien wöchentlich an einem Sprachförderprogramm teilgenommen habe;

- Schreiben der BF2 von November 2014 betreffend eine offene Forderung (Ambulanzgebühren iHv 279,64?) und die Bitte auf Verzicht der Forderung;

- Schreiben des BF1 von November 2014 betreffend eine offene Forderung (143,70? und 144,30?) mit der Bitte um Zahlungsaufschub;

- Schreiben der BF3 und der BF4 von November 2014 mit der Bitte um Zahlungsaufschub von offenen Forderungen;

- Konvolut an russischen Befundberichten (AS 155 bis 249 im Akt des BF1);

- EKG-Befund der BF2 vom 16.11.2016;

- Zeugnisse der BF4 für das Wintersemester 2014/15, Sommersemester 2015, Wintersemester 2015/16 betreffend Basis- und Pflichtschulabschlusskurse;

- Patientenbrief vom 19.01.2017 betreffend den BF6, wonach dieser vom 18.01.2017 bis 19.01.2017 in stationärer Behandlung gewesen sei. Als Diagnosen bei der Entlassung wurden "V.a. ersten generalisierten Krampfanfall, St.p. fraglicher Fieberkrampf, Systolikum- aberranter Sehnenfaden" festgehalten. Als Medikation wurde Stesolid Rektiole 5mg rektal im Krampfanfall empfohlen und sei der BF6 am 19.01.2017 in gutem Allgemeinzustand wieder entlassen worden;

- Schulbesuchsbestätigung und Schulnachricht der BF4 (Schuljahr 2013/14, 8. Schulstufe) einer Hauptschule/Kooperativen Mittelschule;

- Zeugnis über die Pflichtschulabschlussprüfung für die BF4 (Neue Mittelschule mit naturkundlich-technischem Schwerpunkt) von Juni 2016;

- Teilnahmebestätigung für einen Sommerkurs (Mathematik) für die BF4 im Jahr 2015;

- Zertifikat, wonach die BF4 an einem einwöchigen Projekt im Oktober 2015 mit der TU XXXX teilgenommen habe;

- Therapiebestätigung vom 29.08.2017, wonach die BF2 seit 16.06.2015 in Psychotherapie stehe (Diagnose: F.33.1. und F.43.1.);

- Deutschkurs-Anmeldebestätigung (A1) für die BF2 von März 2017;

- Bestätigung vom 03.09.2014, wonach die BF2 derzeit psychologische Beratungsgespräche in Anspruch nehme und derzeit auf der Warteliste für Psychotherapie stehe;

- Diverse Laborbefunde der BF2 von Jänner 2015, Februar 2016 und April 2017;

- Rezept der BF2 von März 2016, aktuelle Medikation: Tresleen 50mg Filmtabletten;

- Ambulanzkarte (Neuro-Ambulanz) aus dem Jahr 2014 betreffend die Behandlungen der BF2;

- Echokardiographiebefund des BF6 vom 22.12.2016, Diagnose: "Aberranter Sehnenfaden, Normalbefund";

- Unauffälliger MRT-Befund des BF6 (Schädel) von Jänner 2017;

- Ambulante Patientenbriefe des BF6 vom 16.03.2015 und 18.03.2015, Diagnose: "Akute Tonsillitis";

- Laborbefund des BF5 vom 10.05.2017;

- Befund eines Kinderspitals (Zentrum für Kinder- und Jugendheilkunde) des BF5 vom 20.05.2015, Diagnose: "Epistaxis, St.p. Akute tubulointerstitielle Nephritits";

- Elektroenzephalogramm-Befund des BF6 von Dezember 2016, Zusammenfassung: "EEG im Rahmen der altersgemäßen Norm. Keine Herdzeichen, keine Epilepsietypischen Potenziale";

- Familienfotos;

- Intraoperative Anästhesie Dokumentation des BF6 vom 19.01.2017;

- Ambulanzbericht des BF6 vom 12.05.2015, Befund: "Prick Test: negativ auf Kuhmilch";

- Ambulanter Patientenbrief des BF6 vom 10.04.2015, Diagnose: "Akute Bronchitis";

- Ambulanter Patientenbrief des BF6 vom 14.07.2016, Diagnose: "Akute Tonsillitis";

- Ambulanter Patientenbrief des BF6 vom 03.12.2014, Diagnose: "Sonstige Nahrungsmittelunverträglichkeit (Kuhmilchallergie)";

- Ambulanter Patientenbrief des BF6 vom 10.11.2014, wonach sich der BF6 wegen Fieber und einem Ausschlag am gesamten Körper in ambulanter Behandlung befunden habe, Therapie mit Nureflex;

- Ambulanter Patientenbrief des BF6, wonach sich dieser am 25.10.2014 und am 27.10.2014 in ambulanter Behandlung befunden habe, Diagnose: "Sonstige Nahrungsmittelunverträglichkeit";

- Ambulanter Patientenbrief des BF6 vom 23.06.2014, Zuweisung wegen Unruhe und unstillbarem Schreien;

- Unauffällige Ultraschalluntersuchung (Schädel) und Sonografie der Nieren und der Harnblase des BF6 von Juni 2014;

- Patientenbrief des BF5, wonach dieser vom 23.09.2014 bis 27.09.2014 in Behandlung gewesen sei, Diagnose: "Pyelonephritits links", Therapievorschlag: Augmentin;

- Kinderkardiologischer Befund des BF5 vom 12.09.2014, Diagnose: "Akzidentelles Systolikum", es würde sich kein Hinweis auf eine kardinale Ursache für die Symptome finden und könne der BF5 als herzgesund betrachtet werden;

- Normaler EEG-Befund des BF6 vom 24.03.2015;

- Patientenbrief des BF6 vom 23.12.2016, wonach dieser von 21.12.2016 bis 23.12.2016 in Behandlung gewesen sei; Diagnosen bei Entlassung: "Erster generalisierter Krampfanfall, V.a. St.p. Fieberkrampf, Systolikum - aberranter Sehnenfaden", empfohlene Medikation: Stesolid 5mg.

1.9. Mit den im Spruch angeführten Bescheiden wurden jeweils unter Spruchteil I. die Anträge sämtlicher BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil II. gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg. cit. diese Anträge auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Unter Spruchteil III. wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der BF in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). In Spruchpunkt VI. wurde die Frist für die freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1-3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Das BFA führte aus, dass die Identität der BF feststehe. Sie seien Staatsangehörige der Russischen Föderation, würden der tschetschenischen Volksgruppe angehören und sich zum muslimischen Glauben bekennen.

Die vorgebrachten Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates seien nicht glaubhaft. Der BF1 habe ein vages, abstraktes Vorbringen dargelegt und seien seine Angaben nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen in der Russischen Föderation zu vereinbaren. Der BF1 habe zu dem unbekannten Mann keine konkreten Angaben machen können. Dies sei nicht nachvollziehbar, zumal der BF1 mit dem unbekannten Mann ca. 40 Minuten gemeinsam mit dem Auto gefahren sei und anschließend einen Tee mit diesem eingenommen habe. Der BF1 habe weder eine konkrete Beschreibung des Mannes, noch etwas über den Inhalt der Unterhaltung erzählen können. Auch die Mitnahme in seinem Haus sei nicht plausibel, zumal der BF1 anfangs angegeben habe, dass er die Eingangstüre nicht absperre, er kurz darauf aber wiederum ausführte, dass die Männer die Eingangstüre aufgebrochen hätten. Auch habe er keine detaillierten Angaben über die Entführung machen können. Da es sich dabei aber um ein einschneidendes Erlebnis gehandelt haben muss, wäre zu erwarten, dass der BF1 dieses Ereignis detailliert schildern kann. Auch den Kellerraum, wo er eingesperrt worden sei, habe der BF1 nicht konkret beschreiben können und habe er ebenso nur oberflächliche Angaben zu seiner angeblichen Freilassung machen können. Er habe zwar angegeben, dass seine Verwandten Lösegeld bezahlt hätten, habe aber nicht einmal den konkreten Betrag gewusst. Hinzu komme Weiters, dass sich der BF1 am XXXX einen Inlandsreisepass in XXXX ausstellen habe lassen, er jedoch angab, bereits Mitte April die Russische Föderation verlassen zu haben. Auch seine Angabe, wonach er am XXXX entführt worden sei, passe zeitlich nicht zusammen, zumal er auch angab drei Monate in Inguschetien aufhältig gewesen zu sein, er aber bereits im Juni 2013 in Österreich eingereist sei und am 16.06.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Insgesamt sei das Vorbringen des BF1 daher nicht glaubwürdig. Die restlichen BF hätten keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern sich lediglich auf die Fluchtgründe des BF1 berufen.

Zu Spruchpunkt II. wurde ausgeführt, dass der BF1 gesund und arbeitsfähig sei und über Schul- und Berufserfahrung in Russland verfüge. Er habe den Lebensunterhalt für sich und seine Familie in der Russischen Föderation durch eigene Arbeitsleistung sichern können. Zudem würden Familienangehörige der BF nach wie vor in Russland leben und würden die BF von diesen Unterstützungen erlangen können. Die BF2 leide an Epilepsie, befinde sich in Psychotherapie und nehme Medikamente ein. An lebensbedrohlichen Krankheiten leide die BF2 nicht und sei die Behandlung ihrer gesundheitlichen Probleme auch in der Russischen Föderation möglich. Die restlichen BF seien gesund. Die BF3 und die BF4 hätten im Heimatland bereits eine fundierte Schulbildung genossen, der BF5 habe den Kindergarten besucht und seien sie daher mit der Sprache und Kultur in der Russischen Föderation vertraut. Insgesamt würden keine Anhaltspunkte vorliegen, dass die BF bei einer Rückkehr in die Russische Föderation einer Gefährdung iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt wären.

Hinsichtlich der Rückkehrentscheidung kam die belangte Behörde zum Schluss, dass die öffentlichen Interessen an der Ausreise der BF gegenüber den persönlichen Interessen überwiegen würden und nicht von einer umfassenden Integration ausgegangen werden könne.

1.10. Gegen diese Bescheide haben die BF fristgerecht vollinhaltliche Beschwerden erhoben. In den Beschwerden werden Rechtswidrigkeit des Inhalts, mangelhafte bzw. unrichtige Bescheidbegründung sowie Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung der Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Weiters wurde ausgeführt, dass der BF1 in seiner Einvernahme angegeben habe, dass die Männer spezielle Waffen getragen hätten, welche nur das FSB (Geheimdienst) benutze. Aus diesem Grund habe er gewusst, um wen es sich handle. Dies sei jedoch nicht protokolliert worden. Während der Rückübersetzung habe der BF1 einige Fehler in der Niederschrift ausgebessert, danach sei es ihm jedoch nicht noch einmal rückübersetzt worden, daher habe er nicht gewusst, was schlussendlich aufgenommen worden sei. Die BF seien im April nach Inguschetien geflohen, im Juni seien sie dann aus der Russischen Föderation ausgereist. Niederschriftlich sei aber aufgenommen worden, dass die BF gesagt hätten, sie hätten Mitte April 2013 Russland verlassen, tatsächlich sei ihnen aber die Frage übersetzt worden, wann sie ihr Zuhause verlassen hätten. Die BF seien Mitte April 2013 nach Inguschetien gegangen, wo sie sich bis Mitte Mai aufgehalten hätten. Der BF1 habe für die Anmeldung und Arbeit seinen Inlandsreisepass gebraucht, dieser sei jedoch so unleserlich geworden, dass er ihn seinem Bruder nach Tschetschenien geschickt habe, damit er einen neuen erhalte. Dies erkläre das Ausstellungsdatum Mai 2013. Sobald sich die BF behördlich gemeldet hätten, hätten sich auch schon die Ladungen von der Polizei erhalten und hätten sie aus diesem Grund Russland komplett verlassen müssen. Das Vorbringen des BF1 sei auch mit den Länderinformationen vereinbar, wonach es Straffreiheit für Menschenrechtsverletzungen, rechtswidrige Verhaftungen, Folter, Verschwindenlassen etc. gäbe. Strafprozesse würden auf Grundlage von fingierten Materialien gegen angebliche Terroristen geführt werden und würden Verdächtige ohne Vorwarnung von der Polizei mitgenommen werden. Soweit dem BF1 vorgeworfen werde, keine detaillierten Angaben über die Entführung gemacht zu haben, so sei dem zu entgegnen, dass sich der BF1 an weitere Details schlichtweg nicht erinnere. Die Folterungen des BF1 werden durch den in der Einvernahme vorgelegten Befund vom 23.08.2015 bestätigt, dieser Befund habe aber bei der Behörde keine Beachtung gefunden. Zudem habe der BF1 auch die Tage während der Gefangenschaft genau beschrieben und von den Stromstößen erzählt. Er habe genau geschildert, wie er verkabelt worden sei - was nicht genau protokolliert worden sei - und er zum Teil im Wasser gewesen sei. Die Höhe des Lösegeldbetrages wisse der BF1 deshalb nicht, weil seine Verwandten gemeint hätten, dass er es nicht zurückzahlen müsse. Auch die weiteren vom BF vorgelegten Beweismittel habe die Behörde nicht gewürdigt. Der BF1 müsse eine Verfolgung durch den Staat fürchten und könne daher keinen Schutz durch diesen erwarten. Auch die Aussagen der BF2, wonach nach ihrer Ausreise Personen nach den BF gefragt hätten, habe das BFA nicht beachtet. Den BF sei somit internationaler Schutz zu gewähren gewesen. Hinsichtlich der BF3 wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass sie seit 2015 traditionell verheiratet sei, mit ihrem Mann ein gemeinsames Kind habe und ihr Mann eine Rot-Weiß-Rot plus Karte besitze. Die Lebensgrundlage der BF3 und der BF7 sei bei einer Rückkehr nicht gesichert. Die BF3 habe keine Berufserfahrung und sei eine Rückkehr als Mutter ohne Ehemann im konservativen Gesellschaftsbild nicht akzeptabel. Dazu werde auf eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation bezüglich alleinstehender Mütter (vom 08.05.2017) verwiesen. Das BFA habe nicht erhoben, ob die BF3 zu Verwandten/Freunden in Tschetschenien Kontakt habe bzw. diese sie bei einer Rückkehr unterstützen würden/können. Der BF3 und der BF7 sei daher subsidiärer Schutz zu gewähren. Auch wenn die BF3 und die BF7 nicht mit dem Vater der BF7 zusammenleben würden, würden sie dennoch ein schützenswertes Familienleben in Österreich führen. Dem Vater der BF7 sei eine Rückkehr in die Russische Föderation nicht zumutbar. Hinsichtlich der BF4 wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass diese in Österreich einen - namentlich genannten - asylberechtigten Verlobten habe, den sie am XXXX standesamtlich heiraten werde. Sie sei von ihm auch schwanger und werde das gemeinsame Kind im April 2018 erwartet. Die BF4 würde mit ihrem Verlobten seit März 2017 in einer Lebensgemeinschaft leben und bestehe auch ein gemeinsamer Haushalt. Im Falle einer Rückkehr könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Lebensgrundlage der BF und ihres Kindes gesichert sei. Die BF4 verfüge über keine Berufserfahrung und sei - wie sich aus der bereits zitierten Anfragebeantwortung ergebe - eine Rückkehr als werdende Mutter ohne Ehemann im konservativen Gesellschaftsbild nicht akzeptabel bzw. der BF4 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren. Ansonsten sei der BF4 ein Aufenthaltstitel zu gewähren, zumal ihr Kind - abgeleitet vom Vater - den Status eines Asylberechtigten bekommen werde. Im Falle einer Rückkehr der BF4 ohne ihr Kind wäre ihr Recht auf Familienleben verletzt.

Mit der Beschwerde wurde ein Mutter-Kind-Pass der BF4 beigelegt.

1.11. Am 11.06.2018 wurde ein Vaterschaftsanerkenntnis betreffend das erste Kind der BF4 vom XXXX sowie der islamische Ehevertrag der BF4 (datiert mit XXXX ), ausgestellt vom islamischen Zentrum, vorgelegt.

1.12. Am 17.09.2019 wurde vom BFA ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion XXXX vom XXXX vorgelegt, wonach der BF1 am XXXX mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und sein Fahrzeug nicht sofort angehalten habe. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen begangen (§ 4 Abs. 1 lit. a StVO und § 4 Abs. 5 StVO seien verletzt) und wurde über ihn eine Geldstrafe im Ausmaß von 220 ? verhängt.

1.13. Am 27.02.2020 wurden folgende Beweismittel betreffend die BF4 vorgelegt:

- Österreichische Heiratsurkunde vom XXXX ;

- Auszug aus dem Geburtseintrag sowie Geburtsurkunde betreffend die Geburt des zweiten Kindes am XXXX ;

- Geburtsurkunde des ersten Kindes XXXX (Sohn, Geburt am XXXX );

- Teilprüfungszeugnis betreffend den Pflichtschulabschluss von Juni 2016;

- Schulbesuchsbestätigung für das Wintersemester 2016/17 eines Gymnasiums;

- Ergebnis eines Lesetests aus dem Jahr 2014;

- Zertifikat über die Teilnahme an einem mehrsprachigen Redewettbewerb 2015/16;

- Russische Geburtsurkunde samt beglaubigte deutsche Übersetzung.

1.14. Am 04.05.2020 langte eine ergänzende Stellungnahme betreffend die BF2 ein, worin ausgeführt wurde, dass diese seit 2013/14 an epileptischen Anfällen leide und das Anfallsleiden nach wie vor gegeben sei. Sie nehme regelmäßig Psychopharmaka und Medikamente gegen Epilepsie einnehme. Sie leide unter Depressionen und einer generalisierten Angststörung. Weiters leide sie an Gran Mal Attacken, wodurch ihr rechtes Bein nach einer solchen Attacke nicht vollständig funktioniere. Die BF2 befinde sich auch weiterhin in psychotherapeutischer Behandlung. Aus der vorgelegten Bestätigung ergebe sich, dass sie neben den Gran Mal Attacken auch an psychogenen Anfällen (aufgrund der Traumatisierung) leide, welche zur Folge hätten, dass sie mehrere Tage danach nicht in der Lage sei, sich selbst zu versorgen. In einer solchen Situation sei sie auf die Pflege ihrer in XXXX lebenden Tochter angewiesen. Aufgrund ihres psychischen und neurologischen Zustandes sei es ihr nur schwer möglich an Deutschkursen teilzunehmen und sei auch eine Teilnahme am Erwerbsleben krankheitsbedingt nicht möglich. Die BF2 habe in Tschetschenien keine Verwandten mehr und sei aufgrund ihrer Erkrankung auf die Pflege ihrer in Österreich lebenden Familienangehörigen angewiesen. Vor allem die BF4 sei die Hauptpflegeperson. Es sei davon auszugehen, dass eine derart umfangreiche, multiprofessionelle medizinische und therapeutische Behandlung - wie sie die BF2 benötige - in Tschetschenien nicht mit ausreichender Sicherheit gewährleistet sei. Der BF2 sei daher subsidiärer Schutz zu gewähren, andernfalls jedenfalls auszusprechen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei.

Folgende Unterlagen der BF2 wurden vorgelegt:

- Psychiatrischer Befund vom 31.07.2019, wonach die BF2 seit November 2015 in unregelmäßiger psychiatrischer Behandlung stehe, psychiatrische Diagnosen (ICD 10): "F33.1 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung, F51.0 Nichtorganische Insomnie, F41.1 Generalisierte Angststörung, G40.0 Lokalisationsbezogene (fokale) (partielle) idiopathische Epilepsie und epileptische Syndrome mit fokal beginnenden Anfällen", aktuelle psychopharmakologische Medikation: Tresleen 50mg Filmtabletten, Trittico retard 150mg Tabletten;

- Arztbriefe eines Facharztes für Neurologie vom 01.04.2019 und 30.07.2019, wonach bei der BF2 die Diagnosen "Rezidivierende Attacken mit Bewusstseinsstörung, GM Anfälle, LWS Schmerzen mit Funktionsstörung, Zeitweise yellow flags rechtes Bein" erstellt wurden und als Therapie Levetiracetam 500mg angegeben wurde.

- Psychotherapeutischer Befundbericht vom 24.03.2020, wonach sie seit 23.10.2019 bei der Psychotherapeutin in Behandlung stehe und generell seit 11.03.2014 in Psychotherapie stehe. Sie sei wegen einer posttraumatischen Belastungsgsstörung (PTBS 43.1), einer Anpassungsstörung (F43.2) sowie wegen dissoziativen Krampfanfällen (F44.5) in Behandlung und leide darüber hinaus an starken Kopfschmerzen, Rückenschmerzen sowie Schlafstörungen mit heftigen Albträumen;

- ÖSD-Zertifikat A1 vom 11.05.2018;

- Zertifikat für die Teilnahme an einem Deutschkurs A1;

- Arbeitsbestätigung vom 03.10.2019, wonach die BF2 seit 03.09.2019 gemeinnützige Hilfsarbeit in einem Spital (Unterstützung bei diversen Bürotätigkeiten, Mithilfe bei der Archivierung von Krankengeschichten) leiste.

1.15. Der BF1, die BF2, die BF3 und die BF4 wurden im Zuge einer Beschwerdeverhandlung vom 07.05.2020 durch das erkennende Gericht nochmals ergänzend zu ihren Verwandten in der Russischen Föderation, zu den Fluchtgründen des BF1 (Mitnahme/Entführung), den vorgelegten Ladungen, dem Krankenhausaufenthalt des BF1, der Ausreise aus ihrem Heimatland bzw. dem Aufenthalt in Inguschetien, zur Ausstellung der russischen Auslandsreisepässe, zu den Krankheiten und der Behandlung der BF2 bzw. des BF5, zu den familiären Verhältnissen der BF3 und BF4 sowie zu ihrer Integration in Österreich befragt.

Im Zuge der Verhandlung legten die BF folgende Unterlagen vor:

- Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe (Tschetschenien: Gesundheitswesen und Behandlung psychischer Erkrankungen und Störungen) vom 08.09.2015;

- Psychotherapeutischer Befundbericht des BF1 vom 02.05.2020, wonach er von 23.05.2016 bis 16.05.2017 in Psychotherapie gewesen sei und diese mit 01.05.2020 wieder aufgenommen worden sei. Er sei wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS F 43.1) und einer Anpassungsstörung (F43.2) in Behandlung;

- Empfehlungsschreiben der Flüchtlingsbetreuerin (Wohnbetreuung) für die BF;

- Einstellungszusage für den BF1, datiert mit 24.04.2020, wonach der BF1 - sobald als möglich - als Trockenbauer (38,5h/Woche, 2.000 ? brutto/Monat, unbefristet) eingestellt werde;

- Einstellungszusage für den BF1, datiert mit 27.04.2020, wonach der BF1 - ehestmöglich, sobald die Kurzarbeit wegen der Corona-Maßnahmen beendet sei - als Mitarbeiter in der Hausbetreuung aufgenommen werde (40h/Woche, 1.930? brutto/Monat unbefristet);

- Empfehlungsschreiben einer Flüchtlingsbetreuung, wonach der BF5 seit Sommer 2017 in der Lernbetreuung eines Flüchtlingsprojektes nach der Schule seine Hausübungen erledige und die BF2 seit Mai 2018 regelmäßig Deutschkurse (2x2h/Woche) in einem Bildungszentrum besuche;

- Zertifikat "Basisbildung Deutsch A1" des BF1;

- Teilnahmebestätigung am Modul "Sicherheit & Polizei" vom 07.06.2018 für den BF1;

- Heiratsurkunde der BF4;

- Spruch des Bescheides des Bundesasylamtes, wonach dem Ehemann der BF4 ( XXXX ) die Flüchtlingseigenschaft zukomme;

- Spruchpunkte der BFA Bescheide, wonach den beiden minderjährigen Kindern der BF4 ( XXXX und XXXX ) die Flüchtlingseigenschaft zukomme;

- Aufenthaltstitel (Rot-Weiß-Rot-Karte plus) und Geburtsurkunde der zweiten Tochter ( XXXX ) der BF3 (Geburt am XXXX );

- Mutter-Kind-Pass der BF3;

- Kopie der Konventionsreispässe des Ehemannes und Sohnes der BF4;

- Schulnachricht des BF5 für das Schuljahr 2019/20 (2. Klasse einer Neuen Mittelschule, 6. Schulstufe);

- Ambulanzkarte der BF2 vom 18.09.2017, Diagnose: "Contusio capitis - oberflächliche Verletzung des Kopfes" (Sturz auf den Hinterkopf im epileptischen Anfall);

- Bestätigung zum psychisch bedingten Husten (F45.33 nach ICD 10) vom 02.05.2020 für die BF2. Die Behandlung erfolge wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS 43.1 nach ICD 10) sowie dissoziativen Krampfanfällen (F44.5 nach ICD 10). Bei erhöhtem Stress trete bei der BF2 ein stark nervöser Husten auf, welcher psychisch bedingt sei. Der Husten sei als Ausdruck von Furcht und Angst sowie gesteigerter Nervosität und nicht auf eine körperliche Erkrankung der Lunge oder des Atmungssystems zurückzuführen;

- Mehrere Bestätigungen betreffend die psychotherapeutische Behandlung der BF2.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat nach Durchführung einer Beschwerdeverhandlung wie folgt erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der BF, beinhaltend die niederschriftlichen Einvernahmen der BF1 bis BF4 vor dem BFA, die eingebrachten Beschwerden und Stellungnahmen, durch Einsicht in die vor dem BFA und im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen bzw. durch Übersetzung von vorgelegten Unterlagen, durch Einholung von Auszügen aus ZMR, GVS, IZR und Strafregister und schließlich durch Berücksichtigung aktueller Länderinformationen zum Herkunftsstaat.

1. Feststellungen:

Feststellungen zu den BF:

Die BF sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe und bekennen sich zum muslimischen Glauben.

Ihre Identität steht nach Vorlage unbedenklicher Dokumente fest.

Die BF1 bis BF5 reisten - über Polen - im Juni 2013 ins Bundesgebiet ein und stellten am 17.06.2013 Anträge auf internationalen Schutz. Diese Anträge auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden des Bundesasylamtes, jeweils vom 13.07.2013, gem. §§ 5, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG zurückgewiesen und die BF1 bis BF5 aus dem Bundesgebiet nach Polen ausgewiesen. Die gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerden wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 08.08.2013 gemäß §§ 5 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 1 und Abs. 4 AsylG abgewiesen.

Eine Überstellung nach Polen konnte nicht durchgeführt werden und sind die BF1 bis BF5 wegen Ablauf der Überstellungsfrist im Bundesgebiet verblieben.

Am XXXX wurde der BF6 im österreichischen Bundesgebiet geboren. Für die BF1 bis BF6 wurden am 16.07.2014 (erneut) Anträge auf internationalen Schutz gestellt.

Am XXXX wurde die BF7 (Tochter der BF3) in Österreich geboren. Für diese wurde am 08.08.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Nicht festgestellt werden kann, dass den BF in der Russischen Föderation respektive Tschetschenien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

Nicht festgestellt werden kann, dass die BF im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation respektive Tschetschenien in ihrem Recht auf Leben gefährdet wären, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass die BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Die BF waren in der Republik Tschetschenien in XXXX wohnhaft. Die BF waren dazu in der Lage, sich ihren Lebensunterhalt - zuletzt durch die Erwerbstätigkeit des BF1 - zu sichern. In der Russischen Föderation (Tschetschenien) halten sich zudem zahlreiche Verwandte der BF, unter anderem die Eltern sowie die Geschwister des BF1, zwei Brüder der BF2 sowie weitschichtige Verwandte (Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen) auf. Die BF stehen mit ihrer Kernfamilie in der Russischen Föderation in regelmäßigem Kontakt.

Die Mutter der BF2 reiste (mittels Touristenvisum) nach Österreich ein und hält sich nunmehr seit einigen Monaten in Österreich (bei der Schwester der BF2) auf.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF - vor ihrer Ausreise nach Europa - in Inguschetien aufhältig waren.

Die BF leiden an keinen dermaßen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, welche einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen würden. In der Russischen Föderation (Tschetschenien) besteht eine ausreichende medizinische (auch psychologische/psychiatrische) Versorgung.

Die strafgerichtlich unbescholtenen BF1 bis BF5 halten sich seit Juni 2013, sohin seit fast sieben Jahren im Bundesgebiet auf. Der minderjährige BF6 wurde am XXXX in Österreich geboren, die minderjährige BF7 wurde am XXXX in Österreich geboren.

Der BF1 und die BF2 haben Deutschkurse auf dem Niveau A1 besucht. Die BF2 nimmt regelmäßig an Deutschkursen (derzeit A2) in einem Bildungszentrum teil, sie konnte auch eine Bestätigung über eine positiv absolvierte ÖSD-Deutschprüfung (A1) in Vorlage bringen. Der BF1 konnte eine Zertifikat "Basisbildung Deutsch A1" vorlegen und hat am Modul "Sicherheit & Polizei" teilgenommen. Der BF1 ist in Besitz eines österreichischen Führerscheins und wurde über ihn im April 2019 eine Geldstrafe wegen einer Verwaltungsübertretung nach der StPO verhängt. Weiters gerieten die erwachsenen BF bei diversen Geldforderungen in Zahlungsverzug.

Die BF beziehen zwar Leistungen aus der Grundversorgung, der BF1 konnte aber zuletzt zwei Einstellungszusagen (als Trockenbauer und als Mitarbeiter in der Hausbetreuung) vorlegen. Die BF2 übt seit September 2019 gemeinnützige Hilfstätigkeiten (Bürotätigkeiten, Aktensortierung) in einem Spital aus, womit sie 110 ?/Monat verdient.

Der BF1, die BF2, der BF5 und der BF6 wohnen nach wie vor gemeinsam in einer Wohnung eines Flüchtlingsvereines in XXXX und konnten auch ein Empfehlungsschreiben der Flüchtlingsbetreuung in Vorlage bringen.

Die mittlerweile volljährige BF3 hat im März 2014 den Vater der BF7 XXXX - einen dauerhaft in Österreich aufenthaltsberechtigten russischen Staatsbürger (er ist in Besitz einer Rot-Weiß-Rot-Karte plus) - nach traditionell islamischem Recht geheiratet. Die zweite gemeinsame Tochter XXXX wurde am XXXX in Österreich geboren und ist ebenfalls zum dauerhaften Aufenthalt in Österreich berechtigt (Rot-Weiß-Rot-Karte plus). Die BF3 und die BF7 leben mit XXXX und XXXX in einem gemeinsamen Haushalt in der Steiermark. Die BF3 ist aktuell erneut schwanger. Die BF3 hat laut ihren eigenen Angaben einen Deutschkurs (Niveau A1) besucht und einen Deutschkurs A2 begonnen, eine Bestätigung betreffend diese Deutschkurse oder eine Bestätigung über die Absolvierung von Deutschprüfungen brachte sie nicht in Vorlage.

Die mittlerweile volljäh

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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