Entscheidungsdatum
13.07.2020Index
83 Nazurschutz UmweltschutzNorm
AWG 2002 §2 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 18.02.2020, Zl ***, betreffend einen Behandlungsauftrag nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,
zu Recht erkannt:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Leistungsfrist aus Anlass des Beschwerdeverfahrens mit 30.07.2020 neu festgelegt wird.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1)
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.02.2020 wurde dem Rechtsmittelwerber
- unter Spruchpunkt I. auf der Rechtsgrundlage des § 73 Abs 1 Z 1 AWG 2002 aufgetragen, das auf dem Gst. **1 KG X an der Adresse W, Adresse 2, abgelagerte Altfahrzeug in Form eines PKWs der Marke Peugeot, Type 405 GRDT, Fahrzeugidentifizierungsnummer ***, unverzüglich, längstens jedoch bis 15.04.2020 zu entfernen, einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen und der belangten Behörde unaufgefordert einen Nachweis der ordnungsgemäßen Entsorgung vorzulegen, sowie
- unter Spruchpunkt II. die Zahlung der im Zuge des Verfahrens der belangten Behörde angefallenen Kommissionsgebühren auferlegt.
Die belangte Behörde begründete dabei ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, dass laut vorliegendem Gutachten des kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen das Kraftfahrzeug aufgrund des schlechten Zustandes und aufgrund der Tatsache, dass der Reparaturaufwand den Zeitwert mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erheblich übersteigen werde, als Altfahrzeug und sohin als Abfall im Sinne des AWG 2002 einzustufen sei.
2)
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde des AA, rechtsfreundlich vertreten durch RA BB, mit welcher die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung der Rechtssache an die Erstinstanz begehrt wurde.
Begründend führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass der beanstandete PKW weder als Altfahrzeug noch als Abfall iSd AWG 2002 einzustufen sei. Das Fahrzeug sei vielmehr reparabel. Diesbezüglich werde die Einholung eines kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigengutachtens beantragt.
3)
Vom Landesverwaltungsgericht Tirol wurde in der vorliegenden Beschwerdesache am 03.06.2020 eine öffentliche mündliche Rechtsmittelverhandlung durchgeführt, in deren Rahmen ein kraftfahrzeugtechnischer Amtssachverständiger zum Sachverhalt befragt wurde.
Dem Beschwerdeführer wurde dabei die Gelegenheit geboten, Fragen an den Sachverständigen zu richten und seine Sache dem Gericht darzulegen.
Erstmalig in der Rechtsmittelverhandlung brachte der Beschwerdeführer vor, dass das verfahrensbetroffene Fahrzeug nicht ihm „gehöre“. Er habe dieses zwar von seinem verstorbenen Bruder geerbt, diese Erbschaft allerdings nie angetreten.
In der Verhandlung stellte der Rechtsmittelwerber auch eine Reihe von zusätzlichen Beweisanträgen.
Im Anschluss an die Beschwerdeverhandlung am 03.06.2020 wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol die Rechtsmittelentscheidung mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet. Die Niederschrift über diese Verhandlung wurde den Verfahrensparteien mit einem Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Tirol samt einer Belehrung gemäß § 29 Abs 2a VwGVG übermittelt.
Mit Eingabe vom 23.06.2020 beantragte hierauf der Beschwerdeführer die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung der Entscheidung gemäß § 29 Abs 4 VwGVG.
II. Sachverhalt:
Gegenstand des in Prüfung stehenden Verfahrens ist ein Auftrag zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 an den Beschwerdeführer, nämlich den auf dem Gst. Nr. **1 KG X an der Adresse 2 in W abgelagerten PKW der Marke Peugeot, Type 405 GRDT, Fahrzeug-identifizierungsnummer ***, unverzüglich, längstens jedoch bis 15.04.2020 nachweislich zu entsorgen und der Behörde darüber eine Bestätigung vorzulegen.
Das streitverfangene Altauto ist dabei an der vorangeführten Örtlichkeit im Freien ohne Schutz vor Witterungseinflüssen seit Jahren abgelagert.
Der verfahrensgegenständliche PKW steht im Besitz des Rechtsmittelwerbers, dieser ist Inhaber dieses Altfahrzeuges. Er hat dieses Auto von seinem verstorbenen Bruder erworben.
Im Rahmen der Begutachtung des verfahrensmaßgeblichen Fahrzeuges durch den kraftfahrzeugtechnischen Amtssachverständigen konnte Folgendes festgestellt werden:
„Das Fahrzeug befindet sich auf Grund der optisch feststellbaren Mängel in einem nicht verkehrs- und betriebssicheren Zustand. Die Fahrbereitschaft des Fahrzeuges konnte nicht überprüft werden. Ein Austritt von Betriebsflüssigkeiten war nicht festzustellen. Zur Wiederherstellung der Verkehrs- und Betriebssicherheit (Mindestaufwand: Erneuerung Starterakku, Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden, sämtliche Bremsbeläge und Bremsscheiben neu, Erneuerung beider Hauptscheinwerfer, Instandsetzung Türe links vorne, Bereifung erneuern, Überprüfung nach § 57a KFG) ist ein Kostenaufwand von ungefähr 1.500,- Euro zu veranschlagen. Der Zeitwert des Fahrzeugs liegt laut Internetrecherche durchschnittlich bei unter 1.000,- Euro. Da der Reparaturaufwand den Zeitwert des Fahrzeugs überschreitet, ist aus kraftfahrtechnischer Sicht von Abfall auszugehen.“
Die am verfahrensbetroffenen Fahrzeug angebrachte Begutachtungsplakette gemäß § 57a KFG ist Ende März 2009 abgelaufen, erstmalig zugelassen wurde der PKW am 03.11.1992.
Der beschwerdegegenständliche PKW ist nach der allgemeinen Verkehrsauffassung im Kraftfahrzeughandel keinesfalls mehr als „neu“ zu betrachten. Das streitverfangene Fahrzeug ist – wenn überhaupt – jedenfalls nicht mehr sicher fahrbar, demgemäß kann es also auch nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden.
Die Kosten für eine Reparatur bzw Instandsetzung des strittigen PKW, um diesen wieder bestimmungsgemäß verwenden zu können, überschreiten den Zeitwert des Fahrzeuges.
Zur ordnungsgemäßen Entsorgung des gegenständlichen PKWs entsprechend den abfallrechtlichen Bestimmungen muss dieses Fahrzeug auf einen geeigneten Lastkraftwagen aufgeladen und zu einer Entsorgungsanlage gebracht werden, da mit diesem nicht mehr selbständig zu einem Entsorgungsunternehmen gefahren werden kann.
Die Entfernung und Entsorgung des streitverfangenen PKWs kann innerhalb eines Tages durchgeführt werden, dies ohne Berücksichtigung der Zeit für die Organisation der Entsorgung.
III. Beweiswürdigung:
Beweiswürdigend ist in der vorliegenden Rechtssache festzuhalten, dass sich der zuvor festgestellte Sachverhalt aus den vorliegenden Aktenunterlagen (insbesondere aus den sehr aussagekräftigen Lichtbildern über den strittigen PKW) und aus den Fachausführungen des dem Beschwerdeverfahren beigezogenen KFZ-technischen Sachverständigen, aber auch aus den eigenen Angaben des Rechtsmittelwerbers ergibt.
So gehen die Feststellungen, dass der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen PKW von seinem verstorbenen Bruder erworben hat und er Besitzer desselben ist, zunächst auf die erste Erklärung des Rechtsmittelwerbers in der gegenständlichen Rechtssache zurück, die er am 18.10.2019 gegenüber einem Sachbearbeiter der belangten Behörde abgab. Damals erklärte er, dass das strittige Fahrzeug ihm „gehöre“ und er dieses im Laufe der Kalenderwoche 43 (2019) bei einer näher bezeichneten Firma in W entsorgen werde.
Diese ersten Angaben des Rechtsmittelwerbers in der vorliegenden Sache stehen dabei mit jenen seiner Schwägerin CC am 17.10.2019 gegenüber einem Vertreter der belangten Behörde in Einklang, wonach eben der Beschwerdeführer das verfahrensbetroffene Fahrzeug von ihrem verstorbenen Ehemann – dem Bruder des Rechtsmittelwerbers – erworben hat, weswegen sie sich nicht getraut habe, die Entsorgung des Fahrzeugwracks zu veranlassen, da das Altauto dem Beschwerdeführer „gehöre“.
Diese übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und dessen Schwägerin ergeben nach Auffassung des entscheidenden Gerichts ein stimmiges Bild darüber, in wessen Besitz der streitverfangene PKW steht.
Wenn der Beschwerdeführer nunmehr erstmalig in der Rechtsmittelverhandlung am 03.06.2020 vorgebracht hat, das verfahrensgegenständliche Fahrzeug von seinem verstorbenen Bruder geerbt zu haben, diese Erbschaft aber nie angetreten zu haben, weshalb ihm das Altauto jetzt nicht gehöre, so ist dieses Vorbringen nach Meinung des erkennenden Verwaltungsgerichts als Schutzbehauptung zu werten, um sich der Verantwortung für das Fahrzeug zu entledigen.
Es entspricht nämlich der Lebenserfahrung, dass Angaben ohne Kenntnis eines Verfahrens bzw die ersten Angaben in einem laufenden Verfahren der Wahrheit am Nächsten kommen (VwGH 12.07.2019, Ra 2016/08/0086).
Im Lichte dieser höchstgerichtlichen Judikatur ist fallbezogen festzuhalten, dass die erste verfahrenserhebliche Erklärung des Beschwerdeführers gegenüber der belangten Behörde, das in Rede stehende Altfahrzeug „gehöre“ ihm, zudem durch die übereinstimmenden Angaben seiner Schwägerin gestützt wird. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer den angefochtenen Entsorgungsauftrag der belangten Behörde nach dem AWG 2002 auch nicht mit der Argumentation bekämpft hat, das betroffene Fahrzeug „gehöre“ nicht ihm und könne er deshalb zu seiner Entsorgung nicht verpflichtet werden. Vielmehr hat er in seinem Rechtsmittelschriftsatz ausgeführt, das Fahrzeug sei reparabel und unterliege nicht dem Abfallwirtschaftsgesetz.
Stünde der streitverfangene PKW tatsächlich nicht in seinem Besitz, würde es den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen, dass der Beschwerdeführer dies sogleich bei seinem Erstbehördenkontakt kundtut und hier nicht eine gegenteilige Erklärung abgibt, dass der PKW ihm „gehöre“. Zudem wäre nach der allgemeinen Lebenserfahrung zu erwarten gewesen, dass er jedenfalls in seiner Beschwerde den Umstand ins Treffen führt, er sei mangels Verantwortlichkeit für das strittige Fahrzeug nicht zu dessen Entsorgung heranziehbar.
Die erstmalig in der Verhandlung des Landesverwaltungsgerichts Tirol erfolgten Darlegungen, das verfahrensbetroffene Fahrzeug gehöre ihm gar nicht, werden daher als Schutzbehauptung gewertet, um sich der gesetzlichen Verantwortung nach dem AWG 2002 zu entziehen.
Die Feststellungen zum derzeitigen Fahrzeugzustand, zu dessen nicht mehr gegebener Verkehrs- und Betriebssicherheit, zu dessen Reparaturaufwand und Zeitwert basieren auf den schlüssigen, in sich widerspruchfreien, gut nachvollziehbaren und sehr einleuchtenden Fachausführungen des verfahrensbeteiligten Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Fahrzeugtechnik.
Insoweit der Beschwerdeführer die Fachdarlegungen des KFZ-technischen Sachverständigen zum Zustand des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges teilweise in Zweifel zu setzen versuchte, indem er etwa einwandte, dass Fahrzeug sei weder als Altfahrzeug noch als „Abfall“ einzustufen, sondern sei dieses reparabel, so ist vom erkennenden Verwaltungsgericht Folgendes auszuführen:
Der Beschwerdeführer vermochte den Fachausführungen des verfahrensbeteiligten Sachverständigen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten, vor allem brachte er gegen die Sachverständigenausführungen keine fundierten bzw plausiblen Argumente vor, die in irgendeiner Weise Zweifel an der Richtigkeit der Fachdarlegungen erzeugen hätten können. Der Beschwerdeführer beschränkte sich auf bloße gegenteilige (substanzlose) Behauptungen, die aber mit den aktenkundigen Lichtbildern über das Fahrzeug nicht in Einklang gebracht werden können.
Er begehrte auch keine Frist zur Vorlage eines privaten Gegengutachtens, um die fachlichen Darlegungen des verfahrensbeteiligten Sachverständigen zu entkräften.
Insgesamt besteht für das Landesverwaltungsgericht Tirol daher kein Grund, den sehr einleuchtenden und durch zahlreiche Lichtbilder eindrucksvoll untermauerten Fachausführungen des dem Beschwerdeverfahren beigezogenen Sachverständigen aus dem Fachbereich der KFZ-Technik nicht zu folgen. Vielmehr konnten dessen Fachaussagen der vorliegenden Beschwerdeentscheidung ohne Bedenken zu Grunde gelegt werden.
Gleichermaßen verhält es sich mit dem festgestellten Zeiterfordernis für eine ordnungsgemäße Entsorgung des strittigen Altfahrzeugs. Dieser Fachbeurteilung des beigezogenen Sachverständigen ist der Beschwerdeführer im Übrigen auch gar nicht entgegengetreten.
Dass das verfahrensbetroffene Fahrzeug im Freien ohne Schutz vor den Witterungseinflüssen abgelagert ist, geht klar aus den aktenkundigen Lichtbildern hervor.
IV. Rechtslage:
Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 24/2020, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:
„Ziele und Grundsätze
§ 1.
[…]
(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls
1. die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,
2. Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,
3. die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,
4. die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,
5. Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6. Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7. das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9. Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
[…]
Begriffsbestimmungen
§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.
(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.
[…]
(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes
1. ist „Abfallbesitzer“
a) der Abfallerzeuger oder
b) jede Person, welche die Abfälle innehat;
2. ist „Abfallerzeuger“
a) jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger), oder
b) jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder andere Arten der Behandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;
[…]
Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer
§ 15.
[…]
(3) Abfälle dürfen außerhalb von
1. hiefür genehmigten Anlagen oder
2. für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
[…]
(5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.
(5a) Der Abfallbesitzer ist dafür verantwortlich, dass
a) die Abfälle an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder -behandler übergeben werden und
b) die umweltgerechte Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle explizit beauftragt wird.
(5b) Wer Abfälle nicht gemäß Abs. 5a übergibt, kann bis zur vollständigen umweltgerechten Verwertung oder Beseitigung dieser Abfälle als Verpflichteter gemäß § 73 Abs. 1 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden.
[…]
Behandlungsauftrag
§ 73. (1) Wenn
1. Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder
2. die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,
hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.
[…]“
V. Erwägungen:
1)
Hinsichtlich des streitverfangenen PKWs gilt es wie folgt auszuführen:
Damit eine Sache als Abfall nach § 2 Abs 1 AWG 2002 qualifiziert werden kann, genügt bereits die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffs im Sinne des § 2 Abs 1 Z 2 AWG 2002 (VwGH 22.04.2010, Zl 2007/07/0015). Für die Qualifikation von Abfall im objektiven Sinn dürfen bewegliche Sachen nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht mehr neu sein (§ 2 Abs 3 Z 1 AWG 2002) und wegen ihrer Beschaffenheit ? zB Funktionsuntüchtigkeit ? nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden (§ 2 Abs 3 Z 2 AWG 2002). Es muss sich also um bewegliche Sachen handeln, denen man sich üblicher Weise, dh nach der Verkehrsauffassung, entledigt. Bei der allgemeinen Verkehrsauffassung iSd § 2 Abs 3 AWG 2002 kommt es somit auf die durchschnittliche Auffassung der in Betracht kommenden Verkehrskreise an, nicht hingegen auf die subjektive Betrachtungsweise des Inhabers der Sache.
Dass der vom angefochtenen Behandlungsauftrag erfasste PKW nicht mehr „neu“ ist, wurde nicht nur vom beigezogenen KFZ-technischen Sachverständigen festgestellt, sondern erhellt dies darüber hinaus unzweifelhaft aus den im behördlichen Akt einliegenden Lichtbildern.
Bestimmungsgemäß dient ein PKW dem vorwiegenden Zweck der Personenbeförderung (vgl dazu den Begriff „Personenkraftwagen“ in Wikipedia: ein PKW ist ein mehrspuriges, für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zugelassenes Fahrzeug mit eigenem Antrieb zum vorwiegenden Zweck der Personenbeförderung).
Feststellungsgemäß befindet sich der streitverfangene PKW auf Grund der optisch feststellbaren Mängel in einem nicht verkehrs- und betriebssicheren Zustand, kann dementsprechend also nicht mehr bestimmungsgemäß verwendet werden.
Aus den Ausführungen des KFZ-technischen Sachverständigen folgt weiters, dass der Reparaturaufwand den Zeitwert des gegenständlich in Rede stehenden PKWs überschreitet.
Hinsichtlich der Beeinträchtigung öffentlicher Interessen gemäß § 1 Abs 3 AWG 2002 gilt es auszuführen, dass für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Beeinträchtigung, sondern bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs 3 AWG 2002 ausreicht (VwGH 22.12.2005, Zl 2005/07/0088).
Was nun Fahrzeugwracks betrifft, entspricht es der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales der Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus (§ 1 Abs 3 Z 4 AWG 2002) der tatsächliche Austritt von Öl oder sonstigen Betriebsmitteln aus Autowracks nicht erforderlich ist, vielmehr genügt die Möglichkeit eines Austritts von Betriebsmitteln aus den vorgefundenen Autowracks, womit jedenfalls der objektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 18.02.2010, Zl 2009/07/0131).
Fallbezogen ist mit Blick auf die aktenkundigen Lichtbilder über den verfahrensgegenständlichen PKW und angesichts der Ausführungen des dem Rechtsmittelverfahren beigezogenen Sachenverständigen über den Fahrzeugzustand hier festzuhalten, dass der Austritt von Öl und Betriebsmitteln zweifelsohne in Zukunft zu befürchten steht, da das strittige Fahrzeug den Witterungsverhältnissen ohne Schutz ausgesetzt ist, womit eine weitere Verschlechterung des Fahrzeugzustandes angenommen werden kann, sodass es nur eine Frage der Zeit ist, wann Öl und Betriebsmittel auslaufen werden.
2)
Nach den getroffenen Feststellungen ist der Rechtsmittelwerber Besitzer des verfahrensgegenständlichen PKWs.
Warum seiner erstmals in der Beschwerdeverhandlung vorgebrachten und seiner früheren Erklärung widersprechenden Behauptung, das strittige Altauto „gehöre“ ihm gar nicht, vom erkennenden Verwaltungsgericht nicht gefolgt wurde, wurde in der Beweiswürdigung bereits hinreichend dargetan.
Auf der Basis seiner ersten Erklärung gegenüber der belangten Behörde, das strittige Fahrzeug „gehöre“ ihm, welche Erklärung sich mit den Angaben seiner Schwägerin deckt, kommt der Beschwerdeführer als Besitzer des beschwerdegegenständlichen Altfahrzeuges nach Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts jedenfalls als Adressat des angefochtenen Behandlungsauftrages in Frage.
Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seiner Argumentation, er habe das in Rede stehende Auto zwar von seinem verstorbenen Bruder geerbt, aber die Erbschaft nicht angetreten, darauf hinzuweisen, dass es vorliegend gar nicht auf einen Eigentumserwerb ankommt, sondern es genügt, dass der Beschwerdeführer Besitzer des Altautos geworden ist.
Nach der Judikatur des VwGH ist der Begriff des „Abfallbesitzers“ weit auszulegen, wobei es auf einen „Besitzwillen“ gar nicht ankommt (VwGH 28.05.2019, Ro 2018/05/0019). Zudem ist der Begriff des „Abfallentledigers“ gemäß § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 nicht nur auf denjenigen bezogen, der (zeitlich gesehen) letzter Eigentümer einer Sache ist, sondern auf sämtliche aktuellen wie historischen Besitzer (VwGH 27.11.2012, 2009/10/0088).
Versteht man die Ausführung des Beschwerdeführers, er habe seine Erbschaft nicht angetreten, dahingehend, dass er den streitverfangenen PKW nie von seinem Abstellort an der Adresse 2 in W abgeholt hat, sondern einfach dort seinem Schicksal überlassen hat, ist darin seine Entledigungshandlung nach § 2 Abs 1 Z 1 AWG 2002 und ebenso seine abfallrechtswidrige Handlung bzw Unterlassung zu erblicken, welche seine Verantwortlichkeit nach § 73 Abs 1 Z 1 AWG 2002 begründet (VwGH 22.03.2012, 2010/07/0007).
3)
Das AWG 2002 unterwirft jede Lagerung von Abfällen den Vorschriften des § 15 Abs 3 AWG 2002, auch die Lagerung von Abfällen über kurze Zeiträume. Eine Ausnahmebestimmung für „besonders kurzfristige“ Lagerungen von Abfällen ist dem AWG 2002 nicht zu entnehmen. Auch für Lagerungen „aus einer faktischen Notwendigkeit heraus“ gelten die allgemeinen Pflichten von Abfallbesitzern. Ergibt sich eine solche faktische Notwendigkeit einer Abfalllagerung, so hat diese ebenfalls an einem für die Sammlung geeigneten Ort zu erfolgen. Auch eine kurzfristige Lagerung von Abfällen entgegen der Vorschrift des § 15 Abs 3 AWG 2002 verwirklicht somit den Straftatbestand des § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 (vgl VwGH 15.09.2011, Zl 2009/07/0154).
Mit Blick auf den Umstand, dass die Begutachtungsplakette gemäß § 57a KFG des streitverfangenen Altfahrzeuges bereits Ende März 2009 abgelaufen ist, kann ohne weiteres angenommen werden, dass sich das Fahrzeug bereits längere Zeit an seinem Abstellort an der Adresse 2 in W befindet.
Diese Annahme wird durch die vorliegenden Lichtbilder und den durch diese dokumentierten äußerst schlechten Zustand des Fahrzeugs gestützt.
Gegenständlich kann dementsprechend von einer „Ablagerung“ (also etwas Langfristigem) des strittigen Altautos auf dem Grundstück **1 KG X im Sinn des § 15 Abs 3 AWG 2002 gesprochen werden (VwGH 15.09.2011, Zl 2009/07/0154).
4)
Gemäß § 15 Abs 3 Z 1 und 2 AWG 2002 dürfen Abfälle außerhalb von genehmigten Anlagen (Z 1) oder für die Sammlung und Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten (Z 2) nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen ist nur in genehmigten Deponien zulässig.
Beim Standort des streitverfangenen PKWs auf dem Gst. Nr. **1 KG X an der Adresse W, Adresse 2, handelt es sich unzweifelhaft um keine genehmigte Anlage für Abfälle. Allerdings ist gemäß dem Wortlaut des § 15 Abs 3 AWG 2002 nicht von vornherein auszuschließen, dass eine Lagerung von Abfällen keiner behördlichen Bewilligung bedarf. Dies ergibt sich aus der Bestimmung des § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 (vgl VwGH 21.04.2014, 2013/07/0269).
Ein Ort ist jedenfalls dann geeignet iSd § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002, wenn durch die Sammlung, Lagerung oder Behandlung keine Schutzgüter iSd § 1 Abs 3 AWG 2002 beeinträchtigt werden können und nicht gegen andere bundes-, landes- oder unionsrechtliche Vorschriften verstoßen wird [vgl die Erläuternden Bemerkungen zur RV 672 BlgNR 22. GP 14; Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015) § 15 Rz 18]. Als für die Sammlung oder Behandlung geeignete Orte gelten etwa Abfallbehälter im Haushalt oder auf der Straße (vgl die Erläuternden Bemerkungen zur RV 984 BlgNR 21. GP 92) oder Müllsammelinseln (vgl die Erläuternden Bemerkungen zur RV 2293 BlgNR 24. GP 6). Ein Ort, bei dem es zu einer Verletzung von Schutzinteressen nach § 1 Abs 3 AWG 2002 kommen kann, ist als ungeeignet iSd § 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 anzusehen (vgl VwGH 18.02.2010, Zl 2009/07/0131).
Der Standort des verfahrensbetroffenen PKWs ist nicht als geeigneter Ort im Sinne des
§ 15 Abs 3 Z 2 AWG 2002 für das Ablagern des verfahrensgegenständlichen Altfahrzeuges anzusehen, zumal der PKW entsprechend den aktenkundigen Lichtbildern jedenfalls teilweise (im Heckbereich) auf unbefestigtem Untergrund abgestellt wurde, sodass ein Eindringen von auslaufenden Betriebsmitteln in den Boden nicht verhindert wird.
5)
Die beiden Absätze 5a und 5b des § 15 AWG 2002 wurden mit der AWG-Novelle 2010, BGBl I Nr 9/2011, eingeführt. Die Abs 5a und 5b des § 15 AWG 2002 präzisieren die Sorgfaltspflichten der Abfallbesitzer in Bezug auf die Auswahl ihrer Verwerter und Entsorger und legen in Umsetzung des Verursacherprinzips der Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) eine verstärkte Verantwortlichkeit des Abfallerzeugers oder sonstigen Abfallbesitzers insofern fest, als der Abfallbesitzer nunmehr auch als Verpflichteter gemäß § 73 Abs 1 AWG 2002 mit Behandlungsauftrag in Anspruch genommen werden kann, wenn er die in § 15 Abs 5a AWG 2002 normierten Pflichten bei der Übergabe des Abfalles nicht erfüllt. § 15 Abs 5a AWG 2002 wird durch § 15 Abs 5b AWG 2002 abgesichert, sodass die beiden Absätze in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Gemäß diesen Bestimmungen haben die Abfallerzeuger und Abfallbesitzer die Abfälle so zu bewirtschaften, dass ein hohes Maß an Schutz der Umwelt und der menschlichen Gesundheit garantiert ist (vgl VwGH 26.01.2017, Zl Ra 2015/07/0053 mit Hinweis auf RV 1005 BlgNR XXIV. GP 21 und VwGH 22.03.2012, Zl 2010/07/0007 und VwGH 26.03.2015, Zl Ra 2014/07/0067).
Der Beschwerdeführer ist nicht berechtigt, den verfahrensgegenständlichen PKW zu behandeln. Er ist daher gemäß § 15 Abs 5 AWG 2002 verpflichtet, den als Abfall zu qualifizierenden PKW einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Diese Übergabe hat rechtzeitig zu erfolgen, damit Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen im Sinne des § 1 Abs 3 AWG 2002 vermieden werden.
Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer bislang nicht nachgekommen, zumal die von ihm zu verantwortende Ablagerung des PKWs auf dem Gst. Nr. **1 KG X an der Adresse W, Adresse 2, öffentliche Interessen, insbesondere jene des
§ 1 Abs 3 Z 2, Z 3 sowie Z 4 AWG 2002, zu beeinträchtigen vermag, dies mit Blick auf den schon zuvor näher beschriebenen Fahrzeugzustand.
Der Beschwerdeführer hat somit die spezifische Sorgfaltspflicht des § 15 Abs 5a AWG 2002 verletzt.
6)
Der Beschwerdeführer verletzt mit der Ablagerung des vom bekämpften Bescheid erfassten PKWs, der aus den dargelegten Gründen als Abfall im Sinne der Rechtsvorschriften des AWG 2002 zu bewerten ist, die Rechtsvorschrift des § 15 Abs 3 AWG 2002.
Folglich war die belangte Behörde berechtigt, gegenüber dem Beschwerdeführer als Abfallbesitzer einen auf § 73 Abs 1 Z 1 AWG 2002 gestützten Behandlungsauftrag zu erteilen.
Seit der am 16.02.2011 in Kraft getretenen Novelle zum AWG 2002, BGBl I Nr 9/2011, kann zudem ein Behandlungsauftrag nach § 73 Abs 1 AWG 2002 auch bei Zuwiderhandeln gegen die in § 15 Abs 5a AWG 2002 genannten Verpflichtungen erteilt und eine Qualifikation als „Verpflichteter“ im Falle des § 15 Abs 5b AWG 2002 mit der Verletzung der Verpflichtung zur Übergabe von Abfällen an einen in Bezug auf die Sammlung oder Behandlung der Abfallart berechtigten Abfallsammler oder -behandler nach § 15 Abs 5a AWG 2002 begründet werden. Ist nämlich der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er gemäß § 15 Abs 5 erster Satz AWG 2002 die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben, wofür in § 15 Abs 5 zweiter Satz AWG 2002 bestimmte Fristen normiert sind (vgl VwGH 24.04.2018, Zl Ra 2016/05/0100).
Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Erlassung eines Behandlungsauftrages und auf Grund einer dagegen erhobenen Beschwerde die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 15 Abs 5a und 5b AWG 2002 zu prüfen. Selbst wenn die belangte Behörde auf diese beiden Tatbestände nicht Bedacht genommen hat, überschreitet das Landesverwaltungsgericht Tirol bei der Heranziehung der eben zitierten Bestimmungen nicht seine Zuständigkeit (vgl VwGH 24.04.2018, Zl Ra 2016/05/0100).
Im gegenständlichen Fall liegen (auch) die Voraussetzungen für die Erlassung eines Behandlungsauftrages iSd § 15 Abs 5a und 5b iVm § 73 Abs 1 AWG 2002 vor.
Auf der Basis der vorhergehenden Begründungserwägungen war im Gegenstandsfall der Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002 in Ansehung des verfahrensgegenständlichen PKWs gemäß Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen.
7)
Zur Leistungsfrist ist Folgendes zu bemerken:
Die Angemessenheit einer Fristsetzung bezieht sich nicht allein auf den Aspekt der technischen Umsetzung der vorgeschriebenen Anordnung, sondern ist die Angemessenheit einer gesetzten Frist auch unter dem Gesichtspunkt zu bewerten, ob sie objektiv geeignet ist, dem Bescheid-adressaten unter Anspannung aller seiner Kräfte und der Lage des konkreten Falles nach die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen (VwGH 27.05.2004, Zl 2003/07/0074).
In der vorliegenden Rechtssache wurde der verfahrensbeteiligte KFZ-technische Sachverständige vom erkennenden Gericht auch danach befragt, in welchem Zeitraum eine ordnungsgemäße Entsorgung des streitverfangenen PKWs bewerkstelligt werden kann.
Dazu erklärte der Sachverständige bei der mündlichen Rechtsmittelverhandlung am 03.06.2020, dass die ordnungsgemäße Entsorgung des gegenständlichen PKWs es erfordert, dass mit einem geeigneten Lastkraftwagen vor Ort gefahren und das strittige Fahrzeug aufgeladen wird, da dieses nicht mehr selbständig zu einem Entsorgungsunternehmen gefahren werden kann, wobei der Sachverständige ergänzend erklärte, dass eine derartige Aktion innerhalb eines Tages durchgeführt werden kann.
Seitens der belangten Behörde wurde die Leistungsfrist mit rund acht Wochen bestimmt. Zumal der Rechtsmittelwerber im Rahmen des Beschwerdeverfahrens keine Einwände gegen die achtwöchige Leistungsfrist erhob und diese nach den Fachausführungen des beigezogenen Sachverständigen mehr als ausreichend ist, wurde die nunmehr vom Gericht angeordnete Leistungsfrist neuerlich mit rund acht Wochen – gerechnet ab der Verkündung der Rechtsmittelentscheidung - bestimmt.
Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Organisation der Entsorgung eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, ist die mit der vorliegenden Beschwerdeentscheidung festgelegte Leistungsfrist zweifelsohne ausreichend, da innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitraumes sowohl Organisation als auch Durchführung der aufgetragenen Entsorgung möglich sind.
8)
Mit der Beschwerde wurde der Bescheid der belangten Behörde zur Gänze angefochten, mithin auch in Bezug auf den Spruchpunkt II. mit der darin enthaltenen Vorschreibung von Kommissionsgebühren.
Ausführungen dazu, weshalb auch dieser Spruchteil bekämpft wurde und aufgrund welcher Überlegungen dieser Entscheidungsteil vom Beschwerdeführer für nicht rechtskonform erachtet wird, enthält der Rechtsmittelschriftsatz allerdings nicht.
Eine Überprüfung der Kommissionsgebührenfestsetzung durch das Landesverwaltungsgericht ergab, dass diese rechtsrichtig erfolgte.
9)
Zu den Beweisanträgen wird festgehalten, dass die begehrte Rechtsmittelverhandlung am 03.06.2020 stattfand. In dieser Verhandlung wurde auch der beantragte KFZ-technische Sachbeweis zur Frage des Fahrzeugzustandes aufgenommen.
Die anlässlich der mündlichen Verhandlung zusätzlich begehrten Beweisaufnahmen, nämlich
- auf Ausforschung, Ladung und Einvernahme von Zeugen zur Klärung der Frage, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug auf dem im Bescheid genannten Grundstück abgestellt hat, zum Beweis dafür, dass der Beschuldigte dieses Fahrzeug nicht auf diesem Grundstück abgestellt hat,
- auf Klärung der Frage, wem das Grundstück gehört, auf dem das Fahrzeug abgestellt wurde,
- auf Einholung einer Stellungnahme der Zulassungsbehörde zur Klärung der Frage, auf wen das gegenständliche Fahrzeug zuletzt zugelassen gewesen ist,
- auf Einholung des Verlassakt des verstorbenen Bruders des Beschuldigten und
- auf Durchführung eines Lokalaugenscheins am gegenständlichen Grundstück,
waren nicht mehr durchzuführen, da zum einen diesen Beweisaufnahmen keine Entscheidungsrelevanz zukommt und zum anderen der entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt bereits ausreichend geklärt werden konnte.
So kommt es vorliegend – entgegen der augenscheinlichen Auffassung des Rechtsmittelwerbers – gar nicht darauf an, wem das Grundstück gehört, auf dem das strittige Altfahrzeug abgelagert wurde. Gleichermaßen verhält es sich mit den Umständen, wer letzter Zulassungsbesitzer des PKWs gewesen ist und wer das Altauto dort abgestellt hat, wo es sich nunmehr befindet.
Entscheidend ist vielmehr, dass der Beschwerdeführer als Besitzer des streitverfangenen Fahrzeuges dieses entgegen den abfallrechtlichen Bestimmungen nicht zeitgerecht einem befugten Abfallsammler oder –behandler übergeben hat.
Der Verlassakt musste deshalb nicht eingeholt werden, weil einerseits der Eigentumserwerb am strittigen PKW durch den Beschwerdeführer gegenständlich gar nicht geprüft werden musste und andererseits auf der Basis der ersten Erklärung des Rechtsmittelwerbers gegenüber der belangten Behörde, das verfahrensgegenständliche Altauto „gehöre“ ihm, die Heranziehbarkeit des Beschwerdeführers für den angefochtenen Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002 schon ausreichend geklärt war.
Was schließlich den beantragten Lokalaugenschein anbelangt, ist auszuführen, dass dieser nicht notwendig war, zumal recht anschauliche Lichtbilder über Fahrzeug und Abstellort aktenkundig sind, womit das erkennende Gericht in der Lage war, sich einen ausreichenden Eindruck über die Verhältnisse vor Ort sowie über den Fahrzeugzustand zu verschaffen.
Der beigezogene Sachverständige hat ohnehin einen Lokalaugenschein durchgeführt, sodass er die an ihn gerichteten Fachfragen hinreichend beantworten konnte.
Welchen Erkenntnismehrwert ein gerichtlicher Lokalaugenschein angesichts dieser Umstände erbringen hätte können, vermochte der Rechtsmittelwerber nicht aufzuzeigen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die in der vorliegenden Beschwerdesache zu lösenden Rechtsfragen konnten anhand der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Wien einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden.
Dies betrifft insbesondere die Fragen,
- ob die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes gemäß § 2 Abs 1 Z 2 AWG 2002 genügt, dass der verfahrensgegenständliche PKW als Abfall nach § 2 Abs 1 AWG 2002 qualifiziert werden kann,
- wie die abfallrechtlichen Begriffe „Abfallbesitzer“ und „Abfallentlediger“ zu verstehen sind,
- welche Personen aufgrund welcher (abfallrechtswidrigen) Handlungen und Unterlassungen für einen Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002 herangezogen werden können und
- nach welchen Kriterien eine angemessene Leistungsfristbemessung zu erfolgen hat.
An die im vorliegenden Erkenntnis zitierte Judikatur des Höchstgerichts hat sich das entscheidende Verwaltungsgericht auch gehalten, sodass insgesamt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht hervorgekommen ist.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Aicher
(Richter)
Schlagworte
Behandlungsauftrag;Anmerkung
Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 13.07.2020, Z LVwG-2020/26/0741-4, erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 15.10.2020, Z Ra 2020/05/0178-3, zurück.European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.26.0741.4Zuletzt aktualisiert am
14.12.2020