Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.
Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau, Dr. Hargassner, Mag.
Korn und Dr.
Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei t*****rechtsanwälte gmbh, *****, gegen die beklagte Partei K***** L*****, vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in Schruns,
wegen 9.649,40 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 8.006,89 EUR) gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2019, GZ 3 R 283/19v-48, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Bludenz vom 12. November 2019, GZ 2 C 445/18f-44, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Revision wird
zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
I. Gegenstand der Revision der Beklagten ist die der vom Berufungsgericht mit 8.006,89 EUR als zu Recht bestehend erkannten und vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr strittigen Klageforderung entgegengehaltene, auf Anwaltshaftung gegründete Kompensandoforderung. Der Rechtsanwalt ist aufgrund des Bevollmächtigungsvertrags zu sachgemäßer Vertretung seines Klienten verpflichtet, haftet aber nicht für den Erfolg (RS0038695 [T5]). Ob er im Einzelfall die gebotene Sorgfalt eingehalten hat, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls geprüft werden und stellt regelmäßig keine Frage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (RS0023526 [T16]). Eine aufzugreifende grobe Fehlbeurteilung dieser Frage durch das Berufungsgericht vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
II. Die Gegenforderung wird von der Beklagten zum einen damit begründet, dass die klagende Anwaltsgesellschaft von ihr beauftragt gewesen sei, den Vertrag über den Verkauf der ihr gemeinsam mit ihrer Mutter eigentümlichen Liegenschaft an B***** W***** zu errichten und zu verbüchern, wozu auch die Erlangung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung erforderlich gewesen sei. Die Klägerin sei auftragswidrig nicht mehr gegen die am 15. 9. 2015 zum zweiten Mal erfolgte Ablehnung eines Antrags auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung vorgegangen. Zur Erlangung der Genehmigung sei deshalb der Beklagtenvertreter namens der Beklagten
– letztlich mit Erfolg – eingeschritten. Die durch sein Einschreiten entstandenen Kosten stellten die Gegenforderung dar.
Abgesehen davon, dass fraglich erscheint, inwiefern hierdurch der Beklagten ein Schaden entstanden sein soll, wäre doch auch ein Einschreiten der Klägerin gegen den Bescheid vom 15. 9. 2015 zu honorieren gewesen, zumal die im Kaufvertrag enthaltene Verpflichtung des Käufers zur Tragung der mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrags verbundenen Kosten nur das Innenverhältnis der Kaufvertragsparteien betraf, ist nach den Feststellungen ein auftragswidriges Verhalten der Klägerin zu verneinen. Es steht nämlich fest, dass der Käufer mit E-Mail vom 16. 9. 2015 an die Klägerin erklärte, er gehe davon aus, dass dieser Entscheid nicht beeinsprucht und daher in vier Wochen rechtskräftig werde. Dieses E-Mail übermittelte die Klägerin an den damals bereits die Beklagte vertretenden Beklagtenvertreter mit dem Ersuchen zur Rückäußerung. Mangels einer solchen wiederholte die Klägerin am 22. 9. 2015 dieses Ersuchen und ersuchte um Mitteilung, ob die Beklagte gegen den negativen Bescheid vom 15. 9. 2015 Beschwerde einbringen werde. Erneut unterblieb unstrittig eine Antwort. Mangels Rückäußerung bzw Auftragserteilung durfte die Klägerin das Verhalten der anderweitig anwaltlich vertretenen Beklagten auf ihre Anfrage dahingehend werten, dass die Beklagte ein Einschreiten der Klägerin nicht (mehr) wünsche. Damit ist aber nicht ersichtlich, dass die Klägerin dadurch, dass sie kein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 15. 9. 2015 erhob, gegenüber der Beklagten auftragswidrig handelte.
III. Grundlage der Gegenforderung ist zum anderen der Vorwurf der Beklagten, bereits der von der Klägerin eingebrachte Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung sei fehlerhaft gewesen. Dies wird insbesondere – und so die Revision wörtlich – damit begründet, dass „man nicht Selbstbewirtschaftung hineinschreiben darf in den Grundverkehrsantrag, sondern die Bereitschaft formulieren muss, dass man als Nichtlandwirt den landwirtschaftlichen Grund einem Landwirt zu ortsüblichen Bedingungen überlässt“. Die Beklagte weist in der Revision darauf hin, dass es (sodann) der Beklagtenvertreter gewesen sei, der den Käufer dazu bewogen habe, mit einem Landwirt Pachtverträge abzuschließen, die letztlich vom Landesverwaltungsgericht auch akzeptiert worden seien.
Die dem Rechtsanwalt in § 9 Abs 1 RAO auferlegte Pflicht, die übernommenen Vertretungen dem Gesetz gemäß zu führen und die Rechte seiner Partei gegen jedermann mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten, lässt es nicht zu, dass er wissentlich unrichtige Behauptungen aufstellt, um sich oder seinem Klienten Vorteile zu verschaffen (RS0036733 [T1]; Lehner in Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, § 9 RAO Rz 7). Es kann daher dem anwaltlichen Verfasser eines Antrags auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht angelastet werden, in demselben eine Bereitschaft des (hinkünftigen) Eigentümers in bestimmter Hinsicht nicht zu erklären, wenn diese zum Zeitpunkt der Verfassung des Antrags noch nicht vorlag. Der behandelte Vorwurf eines „unrichtigen“ oder „falsch formulierten“ Grundverkehrsansuchens geht insofern fehl. Ob eine anderweitige Fehlerhaftigkeit des Antrags vorlag, ist eine vom Einzelfall abhängige und daher grundsätzlich nicht revisible Frage.
IV. Die nachträgliche Zulassung der Revision gemäß § 508 ZPO wurde vom Berufungsgericht damit begründet, dass „eine gesicherte neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu, ob eine Novation eines infolge Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bereits beendeten Vertragsverhältnisses rechtlich möglich ist (vgl RIS-Justiz RS0038627 [T11] und die Aufrechterhaltung des 'Schwebezustands' für eine Novation unerlässlich ist“, nicht bestehe. Auf diese Thematik geht die Beklagte in der Revision jedoch nicht ein.
Der Oberste Gerichtshof ist an den Zulassungsausspruch des Berufungsgerichts nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Ist – wie hier – keine erhebliche Rechtsfrage zu lösen, so ist die Revision zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 5 letzter Satz ZPO).
V. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, zumal der bloße Antrag auf Zurückweisung der Revision keinen hinreichenden Hinweis auf den wahren Zurückweisungsgrund – hier das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO – darstellt (vgl RS0035979 [T2, T12, T13, T23, T25]). Sie hat damit die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen (RS0035979).
Textnummer
E128807European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0090OB00016.20Y.0625.000Im RIS seit
14.08.2020Zuletzt aktualisiert am
14.08.2020