Entscheidungsdatum
01.07.2020Norm
GewO 1994 §14 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin HR Mag. Marihart über die Beschwerde des Herrn B, wohnhaft in ***, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 27. Februar 2020, Zl. ***, betreffend Feststellung des Nichtvorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des freien Gewerbes der Hausbetreuung sowie Untersagung der Gewerbeausübung zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrens-
gesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Herr B (im Folgenden: Beschwerdeführer) hat am 21.01.2020 das freie Gewerbe „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener einfacher Wartungstätigkeiten“ angemeldet. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (im Folgenden: belangte Behörde) vom 29.01.2020 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert fehlende Unterlagen nachzureichen, woraufhin vom Beschwerdeführer am 30.01.2020 Meldezettel, Aufenthaltsberechtigungskarte und Zustimmungserklärung vorgelegt wurden. Am 29.01.2020 stellte die belangte Behörde an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anfrage, zu welchem Zeitpunkt der Asylantrag des Beschwerdeführers eingebracht worden sei und ob im Rahmen des Asylverfahrens weitere Informationen über den Beschwerdeführer bekannt geworden seien.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte der belangten Behörde mit E-Mail vom 06.02.2020 mit, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers seit 21.08.2019 rechtskräftig negativ abgeschlossen sei.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 27.02.2020, Zl. ***, stellte die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach gemäß § 339 Abs. 3 iVm § 340 Gewerbeordnung 1994 (GewO) fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des am 21.01.2020 angemeldeten Gewerbes „Hausbetreuung, bestehend in der Durchführung einfacher Reinigungstätigkeiten einschließlich objektbezogener Wartungstätigkeiten“ nicht vorliegen würden und die Ausübung dieses Gewerbes zu untersagen sei.
Nach Zitierung der maßgeblichen Rechtsvorschriften (§ 340 Abs. 1 und § 340 Abs. 3 GewO) begründete die belangte Behörde die Untersagung der Ausübung damit, dass laut Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, das Asylverfahren des Antragstellers seit 21.08.2019 rechtskräftig negativ abgeschlossen sei. Aufgrund der Sach-und Rechtslage sei festzustellen gewesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes nicht vorliegen und sei die Ausübung zu untersagen gewesen.
Dagegen wurde vom Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde erhoben und sinngemäß vorgebracht, er habe von einer Firma einen Auftrag als Reinigungskraft.
Mit Schreiben vom 02.04.2020 hat die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach den Verwaltungsakt und die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt. Gleichzeitig wurde auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Mit Schreiben des erkennenden Gerichts vom 16.04.2020 wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass dem Landesverwaltungsgericht NÖ über Auskunft des BFA mitgeteilt wurde, dass dieser weder im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels sei noch die von ihm im Behördenverfahren vorgelegte Aufenthaltsberechtigungskarte gültig sei. Die dem Beschwerdeführer eingeräumte 4-wöchige Frist zur Stellungnahme lies dieser ungenutzt verstreichen.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten unbedenklichen Verwaltungsakt, insbesondere in die Gewerbeanmeldung samt angeschlossenen Unterlagen, sowie in das Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2020.
Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger und war zuletzt in ***, *** wohnhaft.
Am 05.01.2017 wurde ihm vom BFA eine Aufenthaltsberechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 ausgestellt. Spätestens im August 2019 endete sein rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich, nachdem sein Asylverfahren rechtskräftig negativ beendet wurde. Seither ist der Beschwerdeführer nicht mehr in Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels.
Beweiswürdigung:
Zu diesen Feststellungen gelangt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich auf Grund des unbedenklichen Inhaltes des Aktes der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach zur Zahl ***, insbesondere auf Grund der Einsicht in die Gewerbeanmeldung samt angeschlossenen Unterlagen, sowie dem Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.02.2020.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keinen gültigen Aufenthaltstitel verfügt ergibt sich aus der dem Verwaltungsgerichtsakt inneliegenden Mitteilung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.04.2020.
Rechtslage:
Folgende rechtliche Bestimmungen sind im gegenständlichen Verfahren von Relevanz:
(1) Ausländische natürliche Personen dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. Angehörige von Staaten, mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen wurde, Personen, denen Asyl gewährt wird, oder Staatenlose dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den für sie in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits in Österreich aufhalten dürfen. Für Drittstaatsangehörige, die noch nicht rechtmäßig aufhältig sind (Erstantragsteller) und in Österreich ein Gewerbe ausüben wollen, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, zur rechtmäßigen Ausübung dieses Gewerbes erforderlich. […]
(3) Der Anmeldung sind folgende Belege anzuschließen:
1.Urkunden, die dem Nachweis über Vor- und Familiennamen der Person, ihre Wohnung, ihr Alter und ihre Staatsangehörigkeit dienen,
2.falls ein Befähigungsnachweis für das betreffende Gewerbe vorgeschrieben ist, die entsprechenden Belege, im Fall des § 16 Abs. 1 zweiter Satz die Anzeige der erfolgten Bestellung eines Geschäftsführers und
3.ein Auszug aus dem Firmenbuch, der nicht älter als sechs Monate sein darf, falls eine juristische Person oder eine eingetragene Personengesellschaft die Anmeldung erstattet und der Anmelder den Firmenbuchauszug nicht bei der Behörde gemäß § 365g einholt.
§ 340 Abs. 1 und Abs. 3 GewO:
(1) Auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) hat die Behörde zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Liegen die Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes vor und hat die Anmeldung nicht ein in Abs. 2 genanntes Gewerbe zum Gegenstand, so hat die Behörde den Anmelder längstens binnen drei Monaten in das GISA einzutragen und durch Übermittlung eines Auszugs aus dem GISA von der Eintragung zu verständigen. Ist im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung ein Verfahren über eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e anhängig, so hat die Behörde die innerhalb der im zweiten Satz festgelegten dreimonatigen Frist rechtskräftig erteilte Nachsicht, Anerkennung oder Gleichhaltung zu berücksichtigen. Als Tag der Gewerbeanmeldung gilt jener Tag, an welchem alle erforderlichen Nachweise (§ 339 Abs. 3) bei der Behörde eingelangt sind und die allenfalls erforderliche Feststellung der individuellen Befähigung gemäß § 19, eine erforderliche Nachsicht, eine Anerkennung gemäß § 373c oder eine Gleichhaltung gemäß § 373d oder § 373e rechtswirksam erfolgt ist. Als Mangel der gesetzlichen Voraussetzungen gilt auch, wenn der Firmenwortlaut im Hinblick auf den Inhalt des Gewerbes eine erhebliche Irreführung bedeuten würde.
(3) Liegen die im Abs. 1 genannten Voraussetzungen nicht vor, so hat die Behörde - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z 1 - dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen.
1) Einem Asylwerber, dessen Verfahren zuzulassen ist und dem ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 zukommt, ist eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Karte ist bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gültig.
Erwägungen:
Gemäß § 14 Abs. 1 GewO 1994 dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, ausländische natürliche Personen Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist. Angehörige von Staaten, mit denen kein derartiger Staatsvertrag abgeschlossen wurde, Personen, denen Asyl gewährt wird, oder Staatenlose dürfen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn sie sich nach den für sie in Betracht kommenden Rechtsvorschriften zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit bereits in Österreich aufhalten dürfen. Für Drittstaatsangehörige, die noch nicht rechtmäßig aufhältig sind (Erstantragsteller) und in Österreich ein Gewerbe ausüben wollen, ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels, der die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit zulässt, zur rechtmäßigen Ausübung dieses Gewerbes erforderlich.
Asylwerber zählen nicht zu den in § 14 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994 genannten „Personen, denen Asyl gewährt wird“ und sind daher nach dieser Bestimmung nicht gewerberechtsfähig. Jedoch ist gemäß § 7 Abs. 2 erster Satz GVG-B 2005 die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit (nur) in den ersten 3 Monaten nach Einbringung des Asylantrages unzulässig (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, Gewerbeordnung 19943, § 14, Rz 9).
„Asylwerber“ ist gemäß § 2 Abs. 1 Z 14 AsylG 2005 ein Fremder ab Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz bis zum rechtskräftigen Abschluss, zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens.
„Asylwerber im Zulassungsverfahren“ iSd § 1 Z 1 GVG – B 2005 ist ein Asylwerber, der einen Asylantrag eingebracht hat, über dessen Zulässigkeit noch nicht entschieden und dessen Verfahren nicht gemäß § 24 AsylG 2005 eingestellt wurde.
Gemäß § 13 AsylG 2005 ist ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Verlust des Aufenthaltsrechtes (Abs. 2) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt.
Gemäß § 51 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Asylwerber, dessen Verfahren zuzulassen ist und dem ein Aufenthaltsrecht gemäß § 13 Abs. 1 zukommt, eine Aufenthaltsberechtigungskarte auszustellen. Die Karte ist bis zu einer durchsetzbaren Entscheidung, zur Einstellung oder zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens gültig. Gemäß Abs. 2 dient die Aufenthaltsberechtigungskarte dem Nachweis der Identität für Verfahren nach diesem Bundesgesetz und der Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes im Bundesgebiet. Nach Beendigung des Verfahrens oder bei Verlust des Aufenthaltsrechts ist die Aufenthaltsberechtigungskarte vom Fremden dem Bundesamt zurückzustellen.
Gemäß § 32 NAG bedarf (mit Ausnahme der Fälle einer bloß vorübergehenden selbständigen Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 7) die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit - unbeschadet zusätzlicher Berechtigungen nach anderen Bundes- oder Landesgesetzen - der Ausstellung eines Aufenthaltstitels mit entsprechendem Zweckumfang.
Aufgrund der aktenkundigen Mitteilung des BFA vom 14.04.2020 an das erkennende Gericht steht unstrittig fest, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers am 21.08.2019 rechtskräftig negativ abgeschlossen wurde und ergaben sich im Verfahren bis zum Entscheidungszeitpunkt durch das erkennende Gericht auch keinerlei Anhaltspunkte, dass ein neues Aufenthaltsrecht – aus welchem Titel auch immer – erwirkt wurde. Die der belangten Behörde vorgelegte Aufenthaltsberechtigungskarte nach § 51 AsylG 2005 ist daher inzwischen ungültig und wäre dem BFA zurückzustellen.
Der Beschwerdeführer ist aufgrund seiner irakischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger, der für die rechtmäßige Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich grundsätzlich einen entsprechenden Aufenthaltstitel benötigt. Da das gegenständliche Verfahren ergeben hat, dass sich der Beschwerdeführer nicht aufgrund eines behördlich zuerkannten Aufenthaltstitels zulässigerweise in Österreich aufhält, liegen die Voraussetzungen für die Untersagung der Ausübung des Gewerbes vor. Der angefochtene Bescheid war vollinhaltlich zu bestätigen.
Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, da die gegenständliche Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu kommt und darüber hinaus nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Hausbetreuung; Ausländer; Gewerbeausübung; Untersagung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.392.001.2020Zuletzt aktualisiert am
13.08.2020