TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/4 I408 2229017-1

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Entscheidungsdatum

04.03.2020

Norm

AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z5
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §53 Abs3
FPG §55 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §8a
ZPO §64 Abs1 Z1 lita

Spruch

I408 2229017-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, StA. Serbien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl RD Wien vom XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I) Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids zu lauten hat:

"Gemäß §10 Abs 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG wird gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen"

II.) Die Verfahrenshilfe wird im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr bewilligt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde am 25.01.2019 in Wien bei einem Ladendiebstahl betreten.

2. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom XXXX, des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.) und festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig ist (Spruchpunkt III.). Unter einem wurde gegen den BF ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde nicht gewährt (Spruchpunkt V.) und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

3. Am 30.01.2020 erfolgte die Außerlandesbringung des BF.

4. Mit der, über seinen Rechtsberater am XXXX beim BFA, RD Wien, eingebrachten, Beschwerde bekämpfte der BF den verfahrensgegenständlichen Bescheid zur Gänze, beantragte die Gewährung der Verfahrenshilfe sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

5. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.02.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger Serbiens. Der BF reiste am 19.01.2010 mit einem gültigen Reisepass der Republik Serbien in das Bundesgebiet ein und wurde am 25.01.2020 bei einem Ladendiebstahl betreten, in diesem Zusammenhang verhaftet, in weiterer Folge in Schubhaft genommen und am 30.01.2020 in einem Sammeltransport über Ungarn abgeschoben.

Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung hatte der BF keine Barmittel zur Verfügung, ging in Österreich zumindest keiner legalen Beschäftigung nach und hatte auch keinen gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet. Er beherrscht weder die deutsche Sprache noch verfügt er im Bundesgebiet über näheren private oder familiäre Kontakte.

Sein Aufenthalt erweist sich damit als nicht rechtmäßig.

Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF befindet sich in Serben, seine Mutter und sein außerehelicher Sohn leben dort. Nach eigenen Angaben bestreitet er dort seinen Lebensunterhalt als Maler und Anstreicher sowie fallweise als Fahrer.

In Österreich ist der BF bisher strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser, in den bekämpften Bescheid sowie in den Beschwerdeschriftsatz.

2.2. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf der Kenntnis und Verwendung der serbischen Sprache.

Die Identität des BF ergibt sich aus seinem am XXXX ausgestellten Reisepass, Nr. XXXX.

Die Feststellungen betreffend die privaten und familiären Verhältnisse und die persönlichen Lebensumstände des BF beruhen auf dem Umstand, dass der BF über keinerlei familiäre Anknüpfungspunkte verfügt, sein bisherige private und familiäre Lebensmittelpunkt des BF in Serbien gelegen ist und vom BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde gegenteilige Angaben getätigt wurden.

Aus den Eintragungen in seinem Reisepass sowie seine Angaben vor der belangten Behörde ergibt sich auch der Einreisezeitpunkt am XXXX.

Die Begehung des Ladendiebstahles wurde vom BF in seiner Einvernahme bei der belangten Behörde nicht in Abrede gestellt und mit seiner Aussage "Ich schäme mich sehr! Ich werde so etwas nie wieder machen und verdiene nicht die strengste Strafe" (AS 18) auch eingestanden.

Seine Mittelosigkeit ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des BF in dieser Einvernahme und findet auch im Vermögensbekenntnis zu seinem Antrag auf Verfahrenshilfe ihre Deckung.

Die Feststellung der bisherigen strafgerichtlichen Unbescholtenheit ist dem Strafregister der Republik Österreich entnommen.,

Der Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat beruht darauf, dass der BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Serbien gemäß § 46 aus vom BF zu vertretenden Gründen nicht möglich wäre (§ 52 Abs. 9 FPG).

3. Rechtliche Beurteilung:

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt werden konnte, unterblieb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine Beschwerdeverhandlung, von der keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist.

Zu A I) Abweisung der Beschwerde

Zu Spruchpunkt I., II. und III. des angefochtenen Bescheides:

Der BF ist als Staatsangehöriger von Serbien, Fremder iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehöriger iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen und diese auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Herkunftsstaat festgestellt.

Gemäß § 52 Abs. 1 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (Z 1) oder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde (Z 2).

Der Aufenthalt eines Fremden in Österreich ist gemäß § 31 Abs. 1a FPG nicht rechtmäßig, wenn kein Fall des § 31 Abs. 1 FPG vorliegt. Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts Befristungen und Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer eingehalten haben.

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 1 FPG halten sich Fremde unter anderem rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthalts oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben.

Gemäß Art. 20 Abs. 1 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) können sich sichtvermerkfreie Drittausländer im Hoheitsgebiet der Vertragsstaaten frei bewegen, höchstens jedoch drei Monate innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Datum der ersten Einreise an und soweit sie die nunmehr im Schengener Grenzkodex vorgesehenen Einreisevoraussetzungen erfüllen.

Für einen geplanten Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen, wobei der Zeitraum von 180 Tagen, der jedem Tag des Aufenthalts vorangeht, berücksichtigt wird, gelten für einen Drittstaatsangehörigen die in Art. 6 Abs. 1 Schengener Grenzkodex, VO (EU) 2016/399, genannten Einreisevoraussetzungen. So muss der Drittstaatsangehörige im Besitz eines gültigen Reisedokuments und, sofern dies in der sog. Visumpflicht-Verordnung VO (EG) Nr. 539/2001 vorgesehen ist, im Besitz eines gültigen Visums sein. Er muss zudem den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunftsstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügen oder in der Lage sein, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben; er darf nicht im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein und keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaates darstellen und insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden sein.

Gemäß Art. 6 Abs 4 Schengener Grenzkodex werden die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem betreffenden Mitgliedstaat nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden. Die Feststellung ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts kann anhand von Bargeld, Reiseschecks und Kreditkarten erfolgen, die sich im Besitz des Drittstaatsangehörigen befinden. Sofern in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen, können auch Verpflichtungserklärungen und - im Falle des Aufenthalts eines Drittstaatsangehörigen bei einem Gastgeber - Bürgschaften von Gastgebern im Sinne des nationalen Rechts Nachweise für das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts darstellen.

Im Zusammenhang mit der Prüfung ausreichender Unterhaltsmittel muss der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer des Aufenthalts gesichert sein, wobei diese Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen dürfen (VwGH 29.04.2010, 2007/21/0262). Der Fremde hat initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156 und 22.01.2013, 2012/18/0191 jeweils zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG idF vor Inkrafttreten des FrÄG 2011).

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (§ 9 Abs. 2 BFA-VG).

Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Vor dem Hintergrund der soeben genannten Bestimmungen erwies sich der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet als rechtswidrig, weil er nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verfügte. Er hielt sich seit XXXX in Österreich auf, konnte weder den Zweck und die Umstände des beabsichtigten Aufenthalts belegen, hatte keinen gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet sowie keine Barmittel zur Bestreitung seines Unterhaltes zur Verfügung und wurde zudem bei der Begehung eines Diebstahles von Lebensmittel betreten. Da der BF keine Möglichkeit hatte, auf legalem Weg weitere finanzielle Mittel zu erwerben, verfügte er nicht über ausreichende Unterhaltsmittel für seinen Aufenthalt und für die Rückkehr in seinen Herkunftsstaat. Da der BF die Bedingungen für den visumfreien Aufenthalt gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c iVm Abs. 4 Schengener Grenzkodex (ausreichende finanzielle Mittel) nicht einhielt, sondern von Anfang an eine Umgehung der fremdenrechtlichen Bestimmungen beabsichtigte, hielt er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Das BFA ist somit im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass sich der BF zum Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat. Die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, diese Sach- und Rechtslage in Frage zu stellen.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme aus dem Blickwinkel des § 9 BFA-VG iVm. Art. 8 EMRK zulässig ist, ist eine gewichtende Gegenüberstellung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit dem Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen.

Der BF verfügt in Österreich weder über private noch berufliche Bindungen und sein Lebensmittelpunkt liegt in Serbien sodass eine Rückkehrentscheidung nicht in das Privat- und Familienleben des BF eingreift. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung (auf Dauer oder vorübergehend) unzulässig erscheinen ließen.

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist die Abschiebung des BF nach Serbien zulässig. Es liegen unter Berücksichtigung der Situation dort und der Lebensumstände des BF in diesem Land keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Dafür spricht nicht zuletzt, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat gemäß § 1 Z 6 HStV gilt, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (siehe VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Konkrete Gründe für die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung bzw. einer Abschiebung wurden zudem in der Beschwerde nicht einmal ansatzweise behauptet.

Die Rückkehrentscheidung wurde im angefochtenen Bescheid zutreffend auf § 52 Abs 1 Z 1 FPG gestützt. Nunmehr ist zu berücksichtigen, dass der BF bereits am 30.01.2020 aus dem österreichischem Bundesgebiet abgeschoben wurde. Bei einer während des Beschwerdeverfahrens erfolgten Ausreise ist der Fall erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs 1 Z 2 FPG zu beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abzuweisen (VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 12 und 21). Seit der Abschiebung des BF findet die Rückkehrentscheidung daher in § 52 Abs 1 Z 2 FPG ihre weitere Rechtsgrundlage, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon vor der Ausreise und daher jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist eingeleitet wurde. Mit dieser Maßgabe ist Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids somit zu bestätigen.

Umstände, dass vom BFA allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

Ein Ausspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hat seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005, wonach das BFA die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung des BVwG über die gegen den Bescheid des BFA erhobene Beschwerde befand sich der BF allerdings nicht mehr im Bundesgebiet, weshalb die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen ist. Die in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 hat daher zu entfallen (siehe VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 23).

Zu Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt eine Rückkehrentscheidung mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist dieses vorbehaltlich Abs. 3 für die Dauer von höchsten fünf Jahren zu bemessen, wobei bei der Bemessung der Dauer das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen einzubeziehen und zu berücksichtigen ist, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

Die Anwendung dieser Rechtslage auf den hier maßgeblichen Sachverhalt ergibt Folgendes:

Der sich in Österreich nicht rechtmäßig aufgehaltene BF war bereits nach einem Aufenthalt von sechs Tagen ohne Barmittel, konnte weder den Zweck dieses Aufenthaltes im Bundesgebiet noch einen Wohnsitz angeben und wurde bei der Begehung eines Diebstahles aufgegriffen. Die belangte Behörde hat dieses Verhalten sowie die Lebensumstände des BF umfassend gewürdigt (vgl. Bescheid S 17-18) und die Dauer des Einreiseverbotes deshalb mit 3 Jahre bemessen. Wenn in der Beschwerde gerügt wird, dass der Unbescholtenheit und dem reumütigen Geständnis nicht berücksichtigt bzw. zu wenig Beachtung geschenkt wurde, ist dem entgegenzuhalten, dass gemäß § 53 Abs. 3 FPG bei einer rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung des BF wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat eine Bemessung bis zu 10 Jahren möglich gewesen wäre. Die belangte Behörde ist aufgrund des Verhaltens des BF zu Recht von einer Gefährdungsprognose ausgegangen und hat im gegenständlichen Fall sowohl das reumütige Geständnis als auch die die strafgerichtliche Unbescholtenheit entsprechend berücksichtigt. Weitere Anhaltspunkte, die eine Reduzierung der Dauer des Einreiseverbotes oder eine Behebung rechtfertigen würden, sind nicht hervorgekommen und auch nicht vorgebracht worden.

Zu Spruchpunkt V. und VI. des angefochtenen Bescheides:

Das BFA hat mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt. Die Feststellung, dass keine Frist für die Ausreise besteht, wurde vom BFA nicht getroffen.

Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Gemäß § 55 Abs. 4 FPG ist von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, erweist sich die sofortige Ausreise des unrechtmäßig in Österreich aufhältigen und mittellosen BF im Interesse der öffentlichen Ordnung (zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) als erforderlich. Die Mittellosigkeit und die bereits in Österreich begangene Straftat des BF birgt die Gefahr der Beschaffung von Unterhaltsmitteln aus illegalen Quellen in sich. Der BF hat durch sein bisheriges Verhalten bereits gezeigt, dass er bislang nicht gewillt war, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Dies zeigt sich auch darin, dass er in Österreich auch über keinen gemeldeten Wohnsitz oder ein Beschäftigungsverhältnis verfügt. Es hat sich auch nicht ergeben, dass vor einer Ausreise noch dringliche persönliche Verhältnisse zu regeln wären, die die Einräumung einer Frist für die freiwillige Ausreise erforderlich machen würden.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung durch das BFA ist daher nicht zu beanstanden; eine Zuerkennung durch das BVwG kam nicht in Betracht

Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides war daher als unbegründet abzuweisen.

Zu A I) Gewährung von Verfahrenshilfe:

Der gegenständliche Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabengebühr findet somit in § 8a VwGVG iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO grundsätzlich eine geeignete Rechtsgrundlage.

Mit dem vorliegenden Vermögensbekenntnis wurde glaubhaft dargelegt, dass die antragstellende Partei nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügt und sie daher außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

Es war daher gemäß § 8a iVm. § 64 Abs. 1 Z 1 lit. a ZPO dem Antrag stattzugeben und durch Beschluss die Verfahrenshilfe im Umfang der Befreiung von der Entrichtung der Eingabegebühr zu bewilligen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Abschiebung Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltstitel aufschiebende Wirkung - Entfall berücksichtigungswürdige Gründe Bewilligung der Verfahrenshilfe Einreiseverbot Einreiseverbot rechtmäßig freiwillige Ausreise Frist Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose illegaler Aufenthalt Interessenabwägung Ladendiebstahl Mittellosigkeit öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen Rückkehrentscheidung Straffälligkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2229017.1.00

Im RIS seit

14.08.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.08.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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